Kann man verluste aus kapitalvermögen aus vorjahren noch geltend machen

Verlustrücktrag und Verlustvortrag

Auch bei den Arbeitnehmereinkünften kann mal in einem Jahr ein Verlust entstehen. Mögliche Beispiele sind:

  • Ein Studierender hat 2021 noch keine Einnahmen, aber hohe Ausgaben für sein Masterstudium (zum Beispiel Studienkosten für diese zweite Ausbildung, Fachbücher und Fahrtkosten). Auch seine Bewerbungskosten für seinen ersten Job im nächsten Jahr zählen zu den vorweggenommenen Werbungskosten.
  • Eine Auszubildende hat hohe berufliche Fahrtkosten und nur sehr geringe Einnahmen.
  • Ein Arbeitnehmer investiert 2021 sehr viel in seine Weiterbildung und reduziert zugleich seine Arbeitszeit massiv. Im Jahr 2021 übersteigen seine Werbungskosten sein erzieltes Gehalt.
  • Eine Arbeitnehmerin ist arbeitslos geworden.

Verlustabzug als Sonderausgabe

Kann der Verlust nicht vollständig mit positiven Einkünften im selben Jahr verrechnet werden, kann der nicht ausgeglichene Betrag von einem positiven Gesamtbetrag der Einkünfte in einem anderen Jahr abgezogen werden.

Für den Verlustabzug (Verlustrücktrag und Verlustvortrag) können Verluste aus allen Einkunftsarten in Betracht kommen, wenn sie im Jahr des Entstehens zu einem negativen Gesamtbetrag der Einkünfte geführt haben (§ 10d EStG). Der Verlustabzug gehört zu den Sonderausgaben.

Paragraf 10d EStG durchbricht das Grundprinzip, wonach die Summe aller positiven und negativen Einkünfte für jedes Steuerjahr (Veranlagungszeitraum) gesondert der Einkommensteuer unterliegt. Die periodengerechte Besteuerung wird insoweit außer Kraft gesetzt, indem der Paragraf 10d EStG erlaubt, dass der nicht ausgeglichene Verlust aus einem Veranlagungszeitraum im vorangegangenen Veranlagungszeitraum als Verlustrücktrag oder in einem der folgenden Veranlagungszeiträume als Verlustvortrag abgezogen wird.

Beispiel: Das Corona-Jahr 2020 hat Dir als Unternehmer wirtschaftlich zugesetzt. 2019 hattest Du noch einen Gewinn versteuert, 2020 erzielst Du aber einen Verlust. Mit einem Verlustrücktrag wird Dein Verlust aus dem Jahr 2020 Deinem bereits versteuerten Gewinn 2019 gegengerechnet. Der Verlust reduziert Dein zu versteuerndes Einkommen. Das Finanzamt ändert den Steuerbescheid für 2019 und Du bekommst eine Steuererstattung.

Begrenzung des Verlustrücktrags kann sich lohnen

Hierbei hast Du ein Wahlrecht zwischen dem Verlustrücktrag in das Vorjahr und den Verlustvortrag in die Folgejahre. Du kannst einen Verlust also teilweise rück- und vortragen. Einen Verlustrücktrag kannst Du beschränken, sodass Du zusätzlich vom steuerfreien Grundfreibetrag profitierst. Den gewünschten Betrag trägst Du in Zeile 8 der Anlage Sonstiges in Deiner Steu­er­er­klä­rung ein. Willst Du komplett darauf verzichten, trägst Du eine Null ein. Ohne Eintrag wird das Finanzamt immer vorrangig einen Verlustrücktrag in voller Höhe ansetzen und einen verbleibenden Verlust vortragen. 

Grundsätzlich ist der Verlustrücktrag auf 1 Million Euro begrenzt, bei zusammen veranlagten Ehepaaren gilt der doppelte Betrag. Wegen der Corona-Pandemie ist der Höchstbetrag in den Steuerjahren 2020/2021 auf 10 Millionen Euro (20 Millionen Euro bei Verheirateten) deutlich erhöht worden.

Der rückgetragene Verlust wird vom Gesamtbetrag der Einkünfte des Vorjahres abgezogen. Andere Sonderausgaben, außergewöhnliche Belastungen des Vorjahres und andere Abzugspositionen werden nachrangig abgezogen.

Beim Verlustvortrag gibt es keine zeitliche Begrenzung auf ein Jahr. Dein Verlust wird so lange Jahr für Jahr vorgetragen, bis er komplett mit positiven Einkünften verrechnet ist. Begrenzen kannst Du ihn nicht. Du beantragst ihn auf der ersten Seite im Hauptvordruck Deiner Steu­er­er­klä­rung (Kreuz bei „Erklärung zur Feststellung eines verbleibenden Verlustvortrags“).

Der Verlustvortrag muss vom Finanzamt in einem Verlustfeststellungsbescheid gesondert festgestellt werden. Wurde vom Finanzamt ein noch verbleibender Verlustvortrag festgestellt, musst Du im Folgejahr eine Steu­er­er­klä­rung abgeben (samt Anlage Sonstiges). Falls im Folgejahr der Verlust nicht vollständig verrechnet wird, fließt er in den Verlustfeststellungsbescheid dieses Jahres.

Nicht ausgeglichene negative Einkünfte (Verluste) können in den folgenden Veranlagungszeiträumen bis zu einem Gesamtbetrag der Einkünfte von 1 Million Euro unbeschränkt und darüber hinaus bis zu 60 Prozent des 1 Million Euro übersteigenden Gesamtbetrags der Einkünfte vorrangig vor Sonderausgaben, außergewöhnlichen Belastungen und sonstigen Abzugsbeträgen abgezogen werden (§ 10d EStG).

Beispiel: Gesamtbetrag der Einkünfte im laufenden Jahr 2 Millionen Euro. Berechnung: 1 Million plus 60 Prozent des darüberliegenden Betrages, macht zusammen 1,6 Millionen maximal im Veranlagungszeitraum verrechenbarer Verlust.

Die steuerfreien Einnahmen sind im Paragrafen 3 EStG aufgezählt. Sie mindern nicht den ausgleichsfähigen Verlust (BFH, Urteil vom 28. Juli 1959, BStBl. III S. 366). Auch steuerfreie Ver­äuß­er­ungs­ge­winne mindern nicht den ausgleichsfähigen Verlust (BFH, Urteil vom 16. Dezember 1975, BStBl. 76 II S. 360). Zwar wird im Veranlagungsverfahren der Paragraf 10d EStG von Amts wegen angewendet. Hat aber ein Arbeitnehmer Anspruch auf Verlustausgleich und wird er nicht von Amts wegen veranlagt (§ 46 Abs. 2 Nr. 1 bis 7 EStG), so werden die negativen Einkünfte nur berücksichtigt, wenn der Arbeitnehmer eine Veranlagung beantragt (§ 46 Abs. 2 Nr. 8 EStG). Über die Höhe des Verlustabzugs ergeht vom Finanzamt eine gesonderte Feststellung.

Mit Beschluss vom 17. Dezember 2007 (GrS 2/04, BStBl II 2008, 608) hat der Große Senat des BFH die Vererblichkeit des Verlustvortrags des Erben beseitigt. Danach kann der Erbe einen vom Erblasser nicht ausgenutzten Verlustvortrag nicht mehr zur Minderung seiner eigenen Einkommensteuer geltend machen. Eine Vererblichkeit des Verlustvortrags würde dem Grundsatz der Individualbesteuerung und dem Prinzip der Besteuerung nach der individuellen Leistungsfähigkeit widersprechen.

Wie lange ist eine Verlustbescheinigung gültig?

Die gesetzliche Frist für die Verlustbescheinigung läuft am 15. Dezember eines jeden Jahres ab. Danach wird die Verlustbescheinigung nicht mehr rückwirkend ausgestellt und die Verrechnung ist für das laufende Jahr verwirkt.

Kann Verlustvortrag verfallen?

Anders als beim Verlustrücktrag gibt es beim Verlustvortrag keine zeitliche Begrenzung auf ein Jahr. Die negativen Einkünfte werden so lange Jahr für Jahr vorgetragen, bis davon nichts mehr übrig ist.

Wie lange bleiben Verluste im Verlusttopf?

Die beiden Verlusttöpfe werden auch über den 31.12. jeden Jahres hinaus fortgeführt. Solange bis alle Verluste verrechnet sind oder wir uns eine Verlustbescheinigung ausstellen lassen.

Können Verluste aus Kapitalvermögen zurückgetragen werden?

Grundsätzlich können negative Einkünfte aus Kapitalvermögen seit dem 1. Januar 2009 nicht mehr mit positiven Einkünften aus anderen Einkunftsarten verrechnet werden und auch nicht in den vorangegangenen Veranlagungszeitraum zurückgetragen werden.