Was ist der unterschied zwischen barrierefrei und rollstuhlgerecht gastronomie

Barrierefreiheit – was heißt das?

Inklusion funktioniert nicht ohne Barrierefreiheit. Denn wo Orte, Räume oder Kommunikationsmittel nicht barrierefrei sind, bleibt Teilhabe am kulturellen und politischen Leben, an der Arbeitswelt und in der Freizeit verwehrt. Doch was bedeutet Barrierefreiheit eigentlich genau?

Die meisten Menschen verstehen unter Barrierefreiheit Rampen statt Treppen, breite Türen und absenkbare Busse. Doch bauliche Veränderungen und speziell ausgerüstete Fahrzeuge reichen nicht aus, um den Alltag barrierefrei zu gestalten. Barrierefreiheit heißt, dass Gebäude und öffentliche Plätze, Arbeitsstätten und Wohnungen, Verkehrsmittel und Gebrauchsgegenstände, Dienstleistungen und Freizeitangebote so gestaltet werden, dass sie für alle ohne fremde Hilfe zugänglich sind. Konkret bedeutet Barrierefreiheit also, dass nicht nur Stufen, sondern auch ein Aufzug oder eine Rampe ins Rathaus führen, dass Formulare nicht in komplizierter Amtssprache, sondern auch in Leichter Sprache vorhanden sind, und dass auch gehörlose Menschen einen Vortrag verfolgen können – zum Beispiel mit Hilfe eines Gebärdensprachdolmetschers. Außerdem muss bei der Definition auch die digitale Barrierefreiheit mitgedacht werden. Das bedeutet, Internetseiten müssen so gestaltet sein, dass jeder sie nutzen kann. Dazu gehört zum Beispiel das Hinterlegen von Bildbeschreibungen für blinde Menschen und die Möglichkeit, Videos in barrierefreien Formaten abzuspielen.

Warum ist Barrierefreiheit so wichtig?

Barrierefreiheit nutzt allen: Menschen mit und ohne Behinderung, Senioren, Kindern, Eltern und Menschen, die nur vorübergehend in ihrer Mobilität eingeschränkt sind. So hilft ein Aufzug Eltern mit Kinderwagen, alten und gehbehinderten Menschen gleichermaßen. Und was Menschen mit Lernschwierigkeiten benötigen – nämlich Texte in Leichter Sprache oder mit Bebilderungen – nutzt auch vielen anderen: Menschen, die wenig Deutsch sprechen, die nicht oder kaum lesen können oder sich an einem Ort nicht auskennen.

Barrierefreiheit geht Menschen ohne Behinderung auch deswegen an, weil sie irgendwann womöglich selbst auf gut zugängliche Gebäude, Leichte Sprache oder die Kommunikation über Computer angewiesen sind. Denn Tatsache ist: Nur vier Prozent aller Behinderungen sind angeboren. In den allermeisten Fällen löst eine Krankheit die Behinderung aus, auch Unfälle können eine Ursache sein. Und so gehen Alter und Behinderung oft einher: Gut ein Viertel der Menschen mit Schwerbehinderung ist 75 Jahre und älter, die Hälfte ist zwischen 55 und 75 Jahren alt. Das durchschnittliche Lebensalter steigt – für jeden von uns. Ein Grund mehr, sich für ein Leben ohne Barrieren stark zu machen.

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Welche Gesetze befassen sich mit Barrierefreiheit?

UN-BRK

Die UN-Behindertenrechtskonvention (UN-BRK) ist ein Völkerrechtsvertrag und ein Übereinkommen der Vereinten Nationen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen von 2006. Sie gilt in allen 177 Staaten, die die UN-BRK bisher ratifiziert haben. Für Deutschland ist sie seit dem 26. März 2009 rechtsgültig.
In dem Abkommen werden die Menschenrechte konkretisiert und auf die Lebenssituation von Menschen mit Behinderung zugeschnitten. Es macht deutlich, dass die Menschenrechte uneingeschränkt für alle Menschen gelten und gibt rechtliche Standards vor. Beispielsweise die barrierefreie Gestaltung von öffentlichen Plätzen und Gebäuden oder von öffentlichen Internet-Seiten. Um Teilhabe zu ermöglichen, sind aber auch die Arbeitgeber dazu angehalten, sich für Mitarbeiter mit Behinderung zu öffnen. 

BGG

Das Behindertengleichstellungsgesetz (BGG) soll die gleichberechtigte Teilhabe von Menschen mit Behinderungen am Leben in der Gesellschaft gewährleisten (§ 1). Es gilt allerdings ausschließlich für staatliche Institutionen wie zum Beispiel die Agentur für Arbeit (§ 7). Es enthält aber auch Vorschriften dazu, wie in den Bereichen Bau und Verkehr Barrierefreiheit geschaffen werden kann (§ 8). Das BGG legt das Recht auf Verwendung von Gebärdensprache und andere Kommunikationshilfen fest (§ 9), bestimmt die Gestaltung von Bescheiden und Vordrucken  (§ 10) und beschäftigt sich mit barrierefreier Informationstechnik (§ 11). Weiterhin legt es fest, dass zwischen Verbänden und Unternehmen Zielvereinbarungen getroffen werden sollen. Es sei denn, besondere gesetzliche oder verordnungsrechtliche Vorschriften machen dies unmöglich (§ 13). So ist auch einer der Hauptkritikpunkte von Behinderten-Verbänden, dass das BGG der Privatwirtschaft keine bindenden Verpflichtungen auferlegt. 

Die Web Content Accessibility Guidelines (WCAG) 2.0 aus dem Jahr 2008 legen Standards für barrierefreies Internet fest. Sie verbinden moderne Webgestaltung mit Barrierefreiheit. Die Web-Inhalte müssen für alle Nutzer wahrnehmbar, bedienbar, verständlich und robust sein. Das kann zum Beispiel mit Hilfe von Alternativ-Texten gelingen, die über Fotos gelegt oder Videos beigefügt werden. Nützlich ist es auch, wenn Inhalte auf verschiedene Arten dargestellt werden können, ohne dass Informationen oder Struktur verloren gehen. Und: Die Texte einer Internet-Seite sollten beispielsweise lesbar und verständlich sein.
Die WCAG wurde inzwischen um einige Punkte ergänzt und liegt in der Fassung WCAG 2.1 vor, allerdings bisher nur in Englisch.

Richtlinien für barrierefreie Web-Inhalte (WCAG) 2.0
Richtlinien für barrierefreie Web-Inhalte (WCAG) 2.1

Die Barrierefreie-Informationstechnik-Verordnung (BITV) ergänzt das Behindertengleichstellungsgesetz (BGG). Die Verordnung ist auf Grundlage der WCAG entstanden und gilt für alle Internetauftritte sowie öffentlich zugänglichen Internet-Angebote von Behörden und Bundesverwaltung (§ 1). So müssen seit 2006 alle Internet-Seiten des Bundes barrierefrei sein. Die Länder haben für ihre Internet-Angebote jeweils eigene Bestimmungen.
Ähnlich wie in den WCAG geht es in der BITV um die vier Prinzipien der Wahrnehmbarkeit, Bedienbarkeit, Verständlichkeit und Robustheit. Die Belange von gehörlosen und hörbehinderten Menschen und die von Menschen mit Lernschwierigkeiten sind in einem aktuellen Entwurf noch einmal stärker berücksichtigt worden.

Barrierefreie-Informationstechnik-Verordnung (BITV) 2.0
BITV-Test zur Überprüfung der Barrierefreiheit von Webseiten

Wer Wohnraum barrierefrei planen oder umgestalten möchte, braucht Informationen darüber, welche konkreten Anforderungen die Barrierefreiheit an eine Wohnung stellt. Diese Informationen finden sich in DIN-Normen, die vom Deutschen Institut für Normung erarbeitet wurden. Sie sind in Deutschland rechtlich gesehen Empfehlungen und müssen nicht zwingend angewendet werden. Die einzelnen Landesregierungen können in ihren Bauordnungen aber die Einhaltung dieser Normen fordern und sie so zu verbindlich geltendem Recht machen. Unabhängig davon kann der Inhalt der DIN-Normen auch dadurch bindend werden, dass er in einem Bauvertrag aufgenommen wird.  
Aktuell gilt für den barrierefreien Neu- und Umbau von Wohnungen die DIN-Norm 18040-2. Sie legt Mindeststandards für Barrierefreiheit fest und entspricht dem aktuellen Stand der Technik.

Informationen zum barrierefreien Bauen im Familienratgeber
Informationen zur DIN-Norm auf nullbarriere.de

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Von „rollstuhlgerecht“ spricht die DIN 18040 Teil 2, wenn die Türen mindestens 90 cm breit sind. In der Praxis bedeutet das: Ein älterer Mensch mit einer Gehbehinderung zieht in eine nach DIN 18040 Teil 2 „barrierefreie“ Wohnung ein und kann sich dort ungehindert mit seinen Unterarmgehstützen fortbewegen.

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Wer braucht Barrierefreiheit?

Barrierefreiheit nutzt allen: Menschen mit und ohne Behinderung, Senioren, Kindern, Eltern und Menschen, die nur vorübergehend in ihrer Mobilität eingeschränkt sind. So hilft ein Aufzug Eltern mit Kinderwagen, alten und gehbehinderten Menschen gleichermaßen.

Wie rollstuhlgerecht ist Deutschland?

Laut Auskunft der Bundesregierung ergeben Hochrechnungen aus dem Mikrozensus 2018, dass nur rund 1,5 Prozent der Wohnungen in Deutschland barrierefrei oder barrierearm sind (vgl. Bundestags-Drucksache 19/28569, S. 2).

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