Krankenkassen halten bei eingereichten Anträgen nicht immer die gesetzlich vorgeschriebenen Bearbeitungsfristen ein. Da kann es schon mal passieren, dass
ein Pflegegrad zu spät genehmigt wird. Im Jahr 2018 wurden knapp 19 % der Fristüberschreitungen durch die Pflegeversicherung verschuldet. Dabei sind die Bearbeitungszeiten von Anträgen auf Pflegeleistung oder ein Hilfsmittel strikt geregelt. Und der Gesetzgeber ging sogar noch einen Schritt weiter: Hält die Pflegekasse die Fristen nicht ein, muss sie zahlen. Mehr dazu weiter unten. Das Wichtigste im Überblick Fristen für Antrag auf Pflegeleistungen (Pflegegrad)Anträge auf Leistungen aus der Krankenversicherung dürfen nicht verschleppt oder willentlich verzögert werden. Deshalb hat der Gesetzgeber feste Fristen eingeführt, an die sich die Kranken- und Pflegekassen zu halten haben. Wenn Sie einen Pflegegrad beantragt haben, muss die Pflegekasse innerhalb folgender Bearbeitungsfristen eine Entscheidung über die Anerkennung oder Ablehnung eines Pflegegrades getroffen haben:
Meine Lese-Empfehlung: Tipps, wie Sie Fehler bei der MDK-Begutachtung vermeiden Besonderheiten:
Ganz wichtig: Damit die Krankenkassen die Bearbeitungsfristen besser einhalten, hat der Gesetzgeber veranlasst, dass die Kasse für jede Woche Fristüberschreitung dem Antragsteller 70 €uro bezahlen muss. Dies gilt jedoch nur für Fristüberschreitungen, welche durch die Pflegekasse entstanden sind. Genauso wenig gilt diese Regelung für Höherstufungen eines Pflegegrades. Siehe § 18, Abs. 3b, SGB XI Krankenkassen: Erschreckende Statistik der FristüberschreitungenDer Spitzenverband der Gesetzlichen Krankenkasse (GKV) gibt auf seiner Internetseite einen jährlichen Report der Fristüberschreitungen bei Anträgen auf Pflegebedürftigkeit heraus. Statistik der Fristüberschreitungen bei Anträgen auf Pflegebedürftigkeit
Quelle: GKV Der GKV gibt bei den von der Pflegekasse zu vertretenden Fristüberschreitungen (Zeile 4) lediglich eine Prozentzahl von 4,4 % an. Da wurden leider zwei unterschiedliche Ausgangswerte angewendet. Denn: ☛ Favoriten: ✚ Senkrechtlift - Die moderne Alternative zum Treppenlift
Ob es sich bei der nicht korrekten Aufrechnung um einen Fehler oder ein Versehen des GKV handelt, kann ich so nicht beurteilen. Fristüberschreitungen, die NICHT von der
Pflegekasse zu verantworten sind, kommen z.B. dadurch zustande, dass der Antragsteller nicht rechtzeitig für die Antragsbearbeitung notwendige Unterlagen heranschaffen konnte, dass der Begutachtungstermin verschoben werden musste, weil der pflegende Angehörige keine Zeit hatte usw. Fazit: Knapp 19 % der Fristüberschreitungen bei Anträgen auf Pflegebedürftigkeit sind von der Pflegekasse zu vertreten! Das ist beinahe jeder 5. Antrag. Wer seine Rechte nicht kennt und auch nicht in Anspruch nimmt, wartet also länger auf seine ihm zustehenden Leistungen. Gerade für Menschen, die dringend auf die Leistungen angewiesen sind, eine ganz schlechte Situation. Fristen für die erste PflegeberatungSie haben einen Antrag auf Pflegeleistungen gestellt? Die Pflegekasse ist verpflichtet, Ihnen nach Eingang des Pflegegrad-Antrags innerhalb von 2 Wochen eine Pflegeberatung anzubieten. Bei dieser Pflegeberatung geht es vorrangig darüber, Ihnen einen Überblick über die Leistungen der Pflegekasse zu geben. Aber auch über die Möglichkeiten einer behindertengerechten Wohnumfeldverbesserung, wie z.B. ein Umbau Wanne zur Dusche, der Einbau eines Treppenlifts uvm. Kann die Pflegekasse die Pflegeberatung nicht selbst durchführen, muss Sie Ihnen, gemäß § 7b SGB XI, einen Beratungsgutschein
ausstellen. Sie können sich dann an eine im Beratungsgutschein genannte Stelle wenden.
Fristen für HilfsmittelAuch der Antrag auf Kostenübernahme für Hilfsmittel ist im Patientenrechtegesetz § 13 des SGB V (Sozialgesetzbuch) geregelt. Bei Hilfsmittel für Therapiezwecke sind deshalb die Antrags-Fristen gleich wie bei der Antragstellung auf Pflegeleistungen. Also:
Vorsicht: Bei Hilfsmittel zum Behinderungsausgleich kann es zu abweichenden Bearbeitungsfristen kommen, denn hier wird nach dem §18 SGB IX entschieden. TiPP: Der Gutachter des MDKs kann bei der Pflegebegutachtung bereits im Gutachten vermerken, ob und welche Hilfsmittel benötigt werden. Das erleichtert den Genehmigungsprozess. Sagen Sie dem Gutachter auch aus Ihrer Sicht, ob Sie für die Pflege z.B. ein Pflegebett, eine Toilettensitzerhöhung, Haltegriffe im Bad, Badewanneneinstiegshilfen o. ä. benötigen. Ab 01.01.2022 ist es gemäß der Pflegereform 2021 auch möglich, dass Pflegekräfte konkrete Empfehlungen für Hilfsmittel und Pflegehilfsmittel aussprechen können. Dies ist im Rahmen ihrer Leistungserbringung nach den § 36 SGB V, § 37 und 37c SGB V sowie bei Beratungseinsätzen nach § 37 Abs. 3 SGB XI möglich. Meine Lese-Empfehlung: Hilfsmittel abgelehnt – Widerspruch und Klage Auch Pflegehilfsmittel müssen genehmigt werden Wer einen Pflegegrad 1 bis 5 hat, kann Pflegehilfsmittel im Wert von monatlich 40 Euro beantragen. Auch die Pflegehilfsmittel können Sie bereits beim Gutachtertermin mit beantragen. Zu den Pflegehilfsmitteln zählen unter anderem Bettschutzeinlagen, Desinfektionsmittel, Einmalschürzen, Fingerlinge, Einmalhandschuhe. Einfach und zuzahlungsfrei → Kostenlose Pflegehilfsmittel im Abo bestellen. Was tun, wenn die Krankenkassen die Fristen nicht einhalten?Der beste Weg ist natürlich immer eine gütliche Lösung. Kann die Krankenkasse die Bearbeitungsfristen nicht einhalten, muss sie jedoch den Antragsteller darüber schriftlich – und mit Angabe von Gründen – informieren. Wird die Frist zur Genehmigung eines Hilfsmittels nicht eingehalten und erfolgt von der Krankenkasse keine Mitteilung, tritt § 13 Abs 3a SGB V mit folgender Konsequenz in Kraft:
Fazit: Stillschweigen bedeutet Genehmigung. Achtung: Hier noch einmal ganz deutlich! Die oben genannten Schritte können nur eingeleitet werden, wenn die Krankenkasse für die Nichteinhaltung der Frist verantwortlich ist. Die Krankenkasse kann nicht haftbar gemacht werden, wenn der Antragsteller für die Fristüberschreitung verantwortlich ist. Fristen für wohnumfeldverbessernde MaßnahmenMenschen mit einem Pflegegrad haben Anspruch auf einen Zuschuss von max. 4.000 Euro für wohnumfeldverbessernde Maßnahmen, also einen Zuschuss für einen behindertengerechten Wohnungsumbau. Auch hier muss innerhalb von 3 Wochen ein Bescheid zum Antrag ausgefertigt werden. Wird ein Gutachter benötigt, verlängert sich die Bearbeitungsfrist auf 5 Wochen. Zwei wichtige Anmerkungen zu den wohnumfeldverbessesrnden Maßnahmen:
Die Bearbeitungsfristen sind im Bürgerlichen Gesetzbuch, § 40 Abs. 7 SGB XI, geregelt. Fristen für die Auszahlung von PflegeleistungenPflegegeld: Die Krankenkasse muss das Pflegegeld am ersten Werktag des Monats auf Ihr Konto überweisen. Wenn das erste Mal Pflegegeld ausbezahlt wird, kann es sein, dass die Krankenkasse noch nicht ganz termingerecht das Geld überweist. Das ist dem Umstand geschuldet, dass unter Umständen auch rückwirkend noch Pflegegeld berechnet werden muss oder einfach die Bearbeitungszeit zu kurz ist. Pflegegeld bei Kombinationspflege: Hier ist es natürlich nicht möglich, das anteilige Pflegegeld im Voraus zu erhalten. Die Pflegekasse muss die Abrechnung des Pflegedienstes abwarten, erst dann kann das anteilige Pflegegeld berechnet werden. Dann kann das Pflegegeld auch leider mit ein paar Wochen oder Monaten Verspätung ausbezahlt werden. Abrechnung Verhinderungspflege: Gesetzlich, laut dem Sozialgesetzbuch, gibt es keine Frist, an die sich die Pflegekasse halten muss, um den ausstehenden Betrag der Verhinderungspflege zu erstatten. Manche Kranken-, bzw. Pflegekassen haben in ihrer Satzung zwar Fristen für die Bearbeitung und Bezahlung der Leistung stehen, jedoch zeigt die Realität, dass unter gewissen Umständen auch die selbstauferlegten Bearbeitungsfristen nicht eingehalten werden können. Als Beispiel dienen Urlaubszeit oder saisonale Krankheitszeiten (im Winter zum Beispiel). Leider gibt es keinen Anspruch darauf, dass die Bearbeitung und Bezahlung der Leistungen innerhalb einer gewissen Frist sichergestellt werden muss. Wir empfehlen Ihnen deshalb, die Leistungen frühzeitig bei der Kasse einzufordern, um dadurch zu vermeiden, dass Sie über einen langen Zeitraum in Vorleistung gehen müssen. Meine Erfahrungen zu der Einhaltung der BearbeitungsfristenWir haben bei unseren 4 Pflegefällen die persönlichen Erfahrungen gemacht, dass die Kranken- /Pflegekassen ihre Bearbeitungsfristen immer sauber eingehalten haben. Die Mitarbeiter der Kasse waren auch stets sehr hilfsbereit und fair. Das habe ich immer sehr geschätzt, weil ich weiß, dass es auch ganz andere Fälle gibt. Meine Empfehlung: Reichen Sie alle Anträge immer schriftlich bei der Krankenkasse ein. Auf dem Antrag muss das Antragsdatum stehen. Wer ganz sicher gehen will, schickt den Antrag auch per Fax mit Versandbestätigung. Sie können den Antrag aber auch direkt bei der Kasse abgeben und auf Ihrer Kopie den Eingang des Antrags bestätigen lassen. Und warum das so umständlich und doppelt gemoppelt? Weil es hier um richtig viel Geld gehen kann. Angenommen, Ihr Antrag auf Pflegeleistungen geht aus irgendeinem Grund verloren. Sie hören dann ja auch nichts von der Pflegeversicherung. Bis Sie herausfinden, dass der Pflegekasse kein Antrag vorliegt, können einige Wochen ins Land ziehen. Sie müssen einen neuen Antrag stellen. Die Zeit zwischen dem ersten Antrag und dem zweiten fehlt und Sie erhalten dann erst Leistungen ab dem Eingang des 2. Antrags bei der Pflegekasse. Meine Lese-Empfehlung: Was tun bei Ärger mit der Krankenkasse? Weitere AnsprechpartnerHier noch einige Ansprechpartner, die Ihnen helfen können.
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Wie oft Wiederholungsbegutachtung?Da sich der Zustand gerade bei kleineren Kindern rasch ändern kann und die Pflegeversicherungen prüfen wollen, ob eine Verbesserung eingetreten ist, wird in aller Regel nach zwei Jahren die Wiederholungsbegutachtung angesetzt.
Wie lange dauert es bis das Pflegegeld nachgezahlt wird?Wie lange dauert die Bearbeitungszeit meines Pflegegeld-Antrags? Sobald Ihr Pflegegrad von der Pflegeversicherung anerkannt wurde, wird das Pflegegeld etwa zwei bis drei Wochen nach der Beantragung ausgezahlt.
Wem steht das Geld von der Pflegekasse zu?Voraussetzung für den Bezug von Pflegegeld ist, dass die häusliche Pflege selbst sichergestellt ist, zum Beispiel durch Angehörige oder andere ehrenamtlich tätige Pflegepersonen, und mindestens Pflegegrad 2 vorliegt. Das Pflegegeld wird der pflegebedürftigen Person von der Pflegekasse überwiesen.
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