Was tun wenn man ein vogelbaby findet

Wer einen vermeintlich hilflosen jungen Vogel im Garten findet, sollte ihn erst einmal beobachten und ihn möglichst vor Katzen und Kindern schützen. Während sogenannte Ästlinge ihre ersten Flugversuche machen, sind herausgefallene Nestlinge besser im Nest aufgehoben.

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Vermeintlich hilflos: ein Blaumeisen-Küken

Unterscheidung Ästlinge und Nestlinge

Nestlinge sind frisch geschlüpfte, meist noch nackte oder nur teilweise befiederte Vögel, die am besten im Nest der Eltern aufgehoben sind. Die Augen sind oft noch geschlossen. Erkennbar sind sie auch daran, dass sie noch sehr wackelig auf den Beinen stehen. Fällt ein Nestling aus Versehen aus dem Nest, benötigt er schnelle Hilfe. Ist er unverletzt, kann man ihn vorsichtig und behutsam in sein Nest zurück setzen. Bedenken Sie, laut Gesetz ist es verboten, ein Vogelnest zu stören.

Sie dürfen den Vogel berühren, natürlich nur möglichst sanft. Im Gegensatz zu Rehkitzen wird er von den Vogeleltern wieder angenommen. Sollte das Nest zerstört sein, wendet man sich am besten an eine Auffangstation oder zieht den Vogel auf.

Siehe auch: Erste Hilfe für Singvogel-Nestlinge vom LBV Dingolfing

Anders dagegen bei den sogenannten Ästlingen. Man erkennt sie an ihrem Gehopse und an ihrem vollständig ausgebildeten Gefieder. Wenn junge Vögel ihre ersten Flugversuche unternehmen wirken sie oft hilflos und verlassen. Doch das täuscht! Die Baby-Vögel sind im Fliegen noch ungeübt. Sie hüpfen und flattern herum, sitzen im Rasen, unter dem Strauch und versuchen mit ihren Rufen Kontakt zu den Eltern zu halten, die evtl. unterwegs auf Futtersuche für ihren Nachwuchs sind.

Ästling gefunden

Der Landesbund für Vogelschutz (LBV) warnt davor, die Tiere aufzunehmen. Greift der Mensch in diese sensible Phase ein, wird die Verbindung zwischen Jung- und Altvogel unterbrochen. Die sogenannten Ästlinge lässt man am besten dort wo sie sind in Ruhe und holt ggf. Kinder und Katzen ins Haus. Leider fallen oftmals die kleinen Vögel nicht nur Räubern, sondern falsch verstandener Fürsorge zum Opfer.

Ästlinge, die beim Spaziergang mitgenommen wurden, werden am besten schnell wieder zum Fundort zurückgebracht und es wäre gut, abzuwarten und zu beoachten, ob die Vogeleltern es wieder füttern.

Jungvogel: Wo Hilfe tatsächlich nötig ist

Hilfe benötigen junge Vögel, wenn selbst nach ein bis drei Stunden die Eltern nicht auftauchen. In diesem Fall kann man als nächsten Schritt, den kleinen Vogel in eine schützende Astgabel setzen. Erst wenn gar niemand kommt, sollte man sich dem Vogel annehmen und ihn entweder selbst aufziehen oder an eine Auffangstation zur Pflege geben.

Hilfreiche Tipps und ein kostenloses Faltblatt "Vogel gefunden" bietet der LBV.

Brutsaison bis August

Die Vogel-Brutsaison findet nicht nur im Frühling statt. Kohl- und Blaumeise beispielsweise brüten bis zu dreimal im Jahr, bis in den August hinein.

Ein Jungvogel hat die besten Überlebenschancen, wenn er von den Altvögeln gefüttert und betreut wird. Eine goldene Regel lautet deshalb: Lassen Sie Jungvögel dort, wo sie sind! In den seltensten Fällen sind sie wirklich verlassen.

Nestflüchter und Nesthocker

Bei den Vögeln wird nach dem Entwicklungsstand der Jungen beim Schlüpfen zwischen Nestflüchtern und Nesthockern unterschieden. Nestflüchter besitzen ein vollständiges Dunenkleid und können sofort laufen bzw. schwimmen. Sie beginnen schon bald, selbstständig Nahrung aufzunehmen. Beispiele von Nestflüchtern sind Enten und Hühnervögel.

Bei den Nesthockern bleiben die zuerst nackten und blinden Jungen längere Zeit im Nest, wo sie von den Altvögeln gefüttert und umsorgt werden. Nesthocker sind zum Beispiel Greifvögel, Eulen, Spechte, Segler und alle Singvögel. Bei einigen dieser Arten verlassen die Jungen das Nest manchmal schon, bevor sie richtig fliegen können. Verbreitet ist dies z.B. bei Amseln und anderen Drosseln. So kommt es ab und zu vor, dass wir einen scheinbar verlassenen Jungvogel finden. Entgegen einer weit verbreiteten Annahme sind diese ungeschickt herumflatternden Jungvögel meistens weder verletzt noch aus dem Nest gefallen, sondern sie halten sich häufig versteckt in ihrer Nestumgebung auf, wo sie von den Eltern weiterhin gefüttert werden. Deshalb wäre es falsch, diese Jungvögel mitzunehmen, zumal ihre Überlebenschancen in menschlicher Obhut drastisch kleiner sind und die Auswilderung schwierig ist.

Wann soll man einschreiten?

Schreiten Sie nur ein, wenn Sie sicher sind, dass sich der Jungvogel in Gefahr befindet oder wirklich verlassen ist (Zerstörung des Nestes, Tod der Altvögel). Einen unselbstständigen Jungvogel, der auf einer Strasse oder an einem vor Katzen oder Regen ungeschützten Ort sitzt, sollten Sie in die nächste Hecke oder in den nächsten Baum setzen. Wenn Sie aus mind. 50 m Distanz feststellen, dass er während einer Stunde nicht von den Eltern mit Futter versorgt wird, können Sie ihn in Obhut nehmen. Dabei sollten Sie beachten, dass alle Nesthocker ausser den Singvögeln ausserordentlich schwierig aufzuziehen sind. Zudem ist für die Pflege und Haltung von Wildvögeln eine Genehmigung erforderlich, die Sie beim Kanton (Jagdverwaltung oder Veterinäramt) beantragen müssen. Am besten bringen Sie den Vogel für die weitere Betreuung umgehend einer offiziellen Pflegestation, einem Tierspital oder der Schweizerischen Vogelwarte Sempach. Die Adressen sind beim Schweizer Vogelschutz SVS/BirdLife Schweiz oder bei der Vogelwarte erhältlich.

Spezialfälle

Segler sind als reine Insektenfresser sehr schwierig aufzuziehen (siehe separates Merkblatt). Aus dem Nest gefallene Jungsegler haben eine recht gute Überlebenschance, falls sie einem Paar mit gleichaltrigen Jungen untergeschoben werden können. Die Altvögel akzeptieren solche „Stiefkinder“ meist problemlos und ziehen sie wie eigene Junge auf. Viele Seglerkolonien werden von engagierten Vogelschützer(inne)n betreut, die mögliche Ersatzeltern kennen. Auf Anfrage geben die Vogelwarte und der Schweizer Vogelschutz SVS/BirdLife Schweiz Ihnen entsprechende Kontaktadressen bekannt. Greifvögel und Eulen (weissliches oder graues Dunenkleid, hakenförmiger Oberschnabel) gehören immer in die Pflege von Fachleuten! Ihre Betreuung ist aufwändig und erfordert grossen Sachverstand.

Nothilfe für verwaiste Jungvögel

Für den Fall, dass Sie einen jungen Singvogel für kurze Zeit in Obhut nehmen müssen, erhalten Sie hier noch einige Pflegehinweise. Bedenken Sie aber, dass die Aufzucht von Jungvögeln sehr viel Zeit und Geduld erfordert und ihre Überlebenschancen nach der Auswilderung gering sind!
Solange sich der Jungvogel ruhig verhält und sich kaum vom Platz bewegt, halten Sie ihn am besten in einer mit Haushaltpapier ausgelegten, oben offenen Schachtel. Wechseln Sie das Haushaltpapier ausreichend oft, damit das Gefieder des Vogels nicht verschmutzt. Noch wenig befiederte Nestlinge müssen entweder mit einer Wärmelampe oder einer Bettflasche gewärmt werden. Wenn der Jungvogel schon herumflattert, bringen Sie ihn in einem Käfig oder einer grossen, mit einem Tuch zugedeckten Schachtel unter.

Für alle Singvogel-Nestlinge können Sie als Futter zur Überbrückung Insekten aus einem giftfreien Garten oder Grillen bzw. abgekochte Fliegenmaden aus dem Zoofachhandel verwenden. Als Notfutter für maximal zwei bis drei Tage eignet sich auch gekochtes, gehacktes und angefeuchtetes Ei (Eigelb und Eiweiss). Damit der Vogel die notwendige Flüssigkeit erhält, sollten Sie die einzelnen Futterportionen vor dem Verfüttern in lauwarmes Wasser tauchen. Flössen Sie einem Jungvogel, der noch nicht selbstständig frisst, kein Wasser ein - er nimmt mit der angefeuchteten Nahrung genug Flüssigkeit auf. Wenn der hungrige Jungvogel selber den Schnabel aufsperrt, stecken Sie ihm das Futter in kleinen Portionen mit einer stumpfen Pinzette oder einem stumpfen Zahnstocher in den Schlund. Wenn er das nicht tut, vertrauen Sie ihn möglichst rasch einer Fachperson an, da seine Überlebenschancen sonst drastisch sinken.

Von der Morgen- bis zur Abenddämmerung braucht ein noch unbefiederter Jungvogel vier Mal pro Stunde Futter, später noch zwei Mal pro Stunde - je nach der Grösse des Vogels jeweils eine Portion von Erbsen - bis Haselnussgrösse. Grundsätzlich soll der Vogel möglichst wenig direkten menschlichen Kontakt haben.

Gegen Ende der Nestlingszeit wird der Jungvogel nicht mehr sperren. Bieten Sie ihm nun Futter und Wasser in getrennten Näpfen an; er wird bald damit beginnen, selbstständig zu fressen und zu trinken. In wenigen Tagen lernt er nun auch, immer sicherer im Käfig herumzufliegen. Damit beginnt die schwierige Phase der Auswilderung. Stellen Sie dazu den Käfig an einen vor Katzen geschützten Ort im Garten oder auf den Balkon und öffnen Sie die Käfigtüre. Der Vogel fliegt normalerweise nicht sofort in die Freiheit, sondern orientiert sich erst in der neuen Umgebung. Wenn er den Käfig verlassen hat, bieten Sie ihm weiterhin Futter an, z.B. im gewohnten Futternapf, den Sie nun aber auf den Käfig stellen. Auf diese Weise kann der ehemalige Pflegling auf eine Nahrungsreserve zurückgreifen, wenn er selbst noch nicht genug Futter findet. Normalerweise dauert diese Phase aber nur wenige Tage.

Impressum: Merkblätter für die Vogelschutzpraxis

© Schweizerische Vogelwarte & Schweizer Vogelschutz SVS/BirdLife Schweiz, Sempach & Zürich, 2012.
Autoren: N. Zbinden & V. Mattmann
Das Kopieren mit Quellenangabe ist erwünscht.

Merkblatt

Jungvögel – was tun?

Was kann ich einem Baby Vogel zu essen geben?

Ideal sind für fast alle Jungvögel Insekten. Sehr gut geeignet sind Heimchen aus dem Zooladen, notfalls auch geklatschte Fliegen.

Wie lange überlebt ein Baby Vogel ohne Essen?

Das muss schnell geschehen, denn ohne Futter verhungert der Kleine innerhalb von nur ein paar Stunden. Von eigenhändiger Aufzucht ist abzuraten: Das ist schwierig und braucht sehr viel Zeit.

Was tun wenn ein vogelbaby aus dem Nest gefallen ist?

Beobachten Sie den Jungvogel zunächst aus ausreichendem Abstand etwa 1 Stunde lang genau, ob nicht doch noch ein Altvogel kommt und füttert. Vor der Gefahr von Fraßfeinden am Boden kann man den Vogel schützen, indem man ihn in das Geäst eines Strauches oder Baumes in unmittelbarer Nähe setzt.

Kann man Baby Vogel aufziehen?

Die Babyvögel werden den Schnabel automatisch öffnen, wenn sie Hunger haben. Dadurch geht das Füttern recht leicht. Zusätzlich können Sie dem Tier etwas Wärme und Geborgenheit geben, wenn Sie den Babyvogel beim Füttern vorsichtig in Ihrer Hand halten. Füttern Sie den Babyvogel mindestens alle zwei Stunden.

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