Wann müssen Überstunden nicht bezahlt werden?

Das hängt vom Arbeits­vertrag ab. Oft steht dort, dass die Firma Über­stunden anordnen darf. Solche Klauseln sind nur gültig, wenn sie eine maximale Stundenzahl nennen. Wer einen Vertrag unter­schreibt, muss absehen können, wie viel Arbeit ihm bevor­steht, meint das Bundes­arbeits­gericht (BAG, Az. 5 AZR 406/10).

Auch eine Betriebs­ver­einbarung kann Über­stunden vorsehen, ebenso ein Tarif­vertrag. Fehlt es an alledem, sind Über­stunden nur mit Zustimmung des Mitarbeiters möglich. Die kann mündlich oder still­schweigend erfolgen, etwa wenn er klaglos die Zusatz­arbeit erledigt. Gibt es einen Betriebsrat, muss dieser zustimmen.

Nur in echten Notfällen darf der Chef ohne diese Vorgaben Über­stunden anordnen, etwa bei einem außergewöhnlichen, unvor­hersehbaren Ereignis wie einer durch Stau verspäteten Lkw-Lieferung. Ein über­raschender Neuauftrag, ein kranker Kollege oder ein Kapazitäts­engpass reichen nicht. Für Schwangere und stillende Mütter darf der Chef laut Mutter­schutz­gesetz keine Über­stunden anordnen.

Bei Arbeitnehmern unter 18 Jahren legt das Jugend­arbeits­schutz­gesetz fest, dass sie nicht mehr als acht Stunden täglich und 40 Stunden wöchentlich arbeiten dürfen. Schwerbehinderte sind auf Wunsch von Über­stunden frei­zustellen.

Auf die­ser Sei­te fin­den Sie In­for­ma­tio­nen zu der Fra­ge, was Über­stun­den sind und was man un­ter Mehr­ar­beit ver­steht, ob man als Ar­beit­neh­mer zu Über­stun­den ver­pflich­tet ist, ob und in wel­cher Hö­he Über­stun­den ge­son­dert zu be­zah­len sind und ob die Pflicht zur Über­stun­den­ver­gü­tung bei Füh­rungs­kräf­ten oder lei­ten­den An­ge­stell­ten ent­fällt.

Au­ßer­dem fin­den Sie Hin­wei­se da­zu, ob der Ar­beit­ge­ber für Über­stun­den im­mer die vor­he­ri­ge Zu­stim­mung des Be­triebs­rats braucht, ob auch Be­am­te ei­nen An­spruch auf Über­stun­den- bzw. Mehr­ar­beits­ver­gü­tung ha­ben und un­ter wel­chen Vor­aus­set­zun­gen Kla­gen auf Be­zah­lung von Über­stun­den Aus­sicht auf Er­folg ha­ben.

von Rechts­an­walt Dr. Mar­tin Hen­sche, Fach­an­walt für Ar­beits­recht, Ber­lin

Wenn Sie Über­stun­den ma­chen, ar­bei­ten Sie als Ar­beit­neh­mer länger als Sie im Re­gel­fall ar­bei­ten müss­ten. Oder im Ju­ris­ten­deutsch: Die Leis­tung von Über­stun­den ist die Über­schrei­tung der vom ein­zel­nen Ar­beit­neh­mer ge­schul­de­ten, ar­beits­ver­trag­lich oder ta­rif­ver­trag­lich fest­ge­leg­ten Ar­beits­zeit.

BEISPIEL: Ei­ne An­ge­stell­te ar­bei­tet gemäß Ar­beits­ver­trag 30 St­un­den pro Wo­che, und zwar je­weils sechs St­un­den an den Ta­gen von Mon­tag bis Frei­tag. Um Son­der­auf­ga­ben zu bewälti­gen, ar­bei­tet sie aus­nahms­wei­se an ei­nem Sams­tag fünf St­un­den, so dass sie in die­ser Wo­che auf 35 St­un­den kommt. Dann hat sie die für sie in­di­vi­du­ell gel­tend re­gelmäßige Ar­beits­zeit über­schrit­ten, und zwar um fünf St­un­den, d.h. sie hat fünf Über­stun­den ge­macht.

Un­ter Mehr­ar­beit ver­steht man meis­tens et­was an­de­res als die Über­schrei­tung der in­di­vi­du­ell ge­schul­de­ten Ar­beits­zeit. Herkömm­li­cher­wei­se meint man mit Mehr­ar­beit die Über­schrei­tung ei­ner ta­rif­ver­trag­lich fest­ge­leg­ten Ar­beits­zeit­gren­ze und/oder die Über­schrei­tung ge­setz­li­cher Ober­gren­zen der Ar­beits­zeit, wie sie z.B. im Ar­beits­zeit­ge­setz (Arb­ZG) ent­hal­ten sind.

BEISPIEL: Ein Ta­rif­ver­trag sieht für voll­zei­tig beschäftig­te Ar­beit­neh­mer ei­ne Wo­chen­ar­beits­zeit von 37,5 St­un­den vor. Wird die­se über­schrit­ten, spricht der Ta­rif­ver­trag von �Mehr­ar­beit�, für die es ei­nen be­stimm­ten Lohn­zu­schlag ge­ben muss.

Von Mehr­ar­beit spricht man auch im Be­am­ten­recht, wenn Be­am­te in ei­nem Um­fang, der über ih­re re­guläre Ar­beits­zeit hin­aus­geht, zum Dienst her­an­ge­zo­gen wer­den.

Nein, das ist im All­ge­mei­nen nicht der Fall. Das Wei­sungs­recht (Di­rek­ti­ons­recht) be­rech­tigt den Ar­beit­ge­ber nicht da­zu, vom Ar­beit­neh­mer Über­stun­den zu ver­lan­gen. Das liegt dar­an, dass der Ar­beits­ver­trag den Um­fang der von Ih­nen als Ar­beit­neh­mer zu leis­ten­den Ar­beit fest­legt. Könn­te der Ar­beit­ge­ber ein­sei­tig im We­ge des Wei­sungs­rechts an die­ser Schrau­be dre­hen, würde er die we­sent­li­chen Ver­trags­in­hal­te ein­sei­tig verändern.

Et­was an­ders gilt bei Not­si­tua­tio­nen, die al­ler­dings sehr sel­ten sind. Mit �Not­si­tua­ti­on� ist nicht et­wa ein plötz­li­cher Großauf­trag ge­meint oder ei­ne ver­spätet ein­tref­fen­de große Wa­ren­lie­fe­rung, son­dern ei­ne Ka­ta­stro­phe wie ei­ne Über­schwem­mung oder ein Brand. Sol­che Er­eig­nis­se kann der Ar­beit­ge­ber nicht vor­her­se­hen, und außer­dem steht dann mögli­cher­wei­se die Exis­tenz des Be­triebs auf dem Spiel. In sol­chen, ex­trem sel­te­nen ech­ten Not­si­tua­tio­nen kann der Ar­beit­ge­ber ein­sei­tig Über­stun­den an­ord­nen.

Ja, da­zu ist er auf der Grund­la­ge von § 106 Satz 1 Ge­wer­be­ord­nung (Ge­wO) be­rech­tigt. Da­nach kann der Ar­beit­ge­ber die �Zeit der Ar­beits­leis­tung nach bil­li­gem Er­mes­sen näher be­stim­men�. Ge­meint ist hier die La­ge der Ar­beits­zeit. Sie hat nichts zu tun mit der An­zahl der zu leis­ten­den Ar­beits­stun­den. Wird die La­ge der Ar­beits­zeit geändert, führt das nicht zu Über­stun­den.

BEISPIEL: In ei­nem Steu­er­be­ra­terbüro mit zehn voll­zei­tig an­ge­stell­ten Steu­er­fach­ge­hil­fen wird bis­her von 09:00 Uhr bis 17:30 Uhr ge­ar­bei­tet. Der Büro­in­ha­ber möch­te das ändern und sei­ne Öff­nungs­zei­ten verlängern, nämlich von mor­gens 08:00 Uhr bis abends um 19:00 Uhr. Da­her führt er für die Steu­er­fach­ge­hil­fen ein Zwei­schich­ten­sys­tem ein: Wer die Frühschicht macht, ar­bei­tet von 08:00 Uhr bis 16:45 Uhr, d.h. acht St­un­den (nicht ein­ge­rech­net ei­ne 45-minüti­ge Pau­se), und wer die Spätschicht macht, ar­bei­tet von 10:15 bis 19:00 Uhr, d.h. eben­falls acht St­un­den (nicht ein­ge­rech­net ei­ne 45-minüti­ge Pau­se).

Ei­ne be­trieb­li­che Ände­rung wie hier im Bei­spiel führt da­zu, dass sich Be­ginn und En­de der tägli­chen Ar­beits­zeit ändern, d.h. die La­ge der Ar­beits­zeit, aber nicht die zu leis­ten­den Ar­beits­stun­den. Über­stun­den macht da­her nie­mand. Und die La­ge der Ar­beits­zeit kann der Ar­beit­ge­ber ein­sei­tig per Wei­sung an­ord­nen, d.h. da­zu braucht er nicht das OK des Ar­beit­neh­mers.

Al­ler­dings muss er bei der Schicht­ein­tei­lung die persönli­chen In­ter­es­sen und die fa­mi­liäre Si­tua­ti­on der be­trof­fe­nen Ar­beit­neh­mer berück­sich­ti­gen, da er sei­ne Wei­sun­gen �nach bil­li­gem Er­mes­sen� tref­fen muss (§ 106 Satz 1 Ge­wO).

Ja, auch das geht auf der Grund­la­ge von § 106 Satz 1 Ge­wO, es sei denn, im Ar­beits­ver­trag steht aus­drück­lich, dass der Ar­beit­neh­mer nur an be­stimm­ten Wo­chen­ta­gen, z.B. von Mon­tag bis Frei­tag, ar­bei­ten muss.

Auch die An­ord­nung von Sams­tags­ar­beit be­trifft die La­ge der Ar­beits­zeit, d.h. ih­re Ver­tei­lung auf die Wo­chen­ta­ge, und hat mit Über­stun­den nichts zu tun. Da­her muss der Ar­beit­ge­ber, wenn er Sams­tags­ar­beit ver­langt, ei­nen Zeit­aus­gleich an an­de­ren Wo­chen­ta­gen gewähren, da­mit es nicht zu Über­stun­den kommt.

BEISPIEL: Ei­ne Se­kretärin ar­bei­tet 40 St­un­den in der Wo­che, in der Re­gel von Mon­tag bis Frei­tag, da an Sams­ta­gen nie­mand im Be­trieb ist. Auf­grund ei­nes Großpro­jekts ar­bei­ten vie­le Führungs­kräfte und Sach­be­ar­bei­ter für sechs Mo­na­te auch an Sams­ta­gen. Während die­ser sechs Mo­na­te soll die Se­kretärin am Sams­tag vier St­un­den von 09:00 Uhr bis 13:00 Uhr ar­bei­ten, und be­kommt dafür am Mitt­woch nach­mit­tag frei. Die Sams­tags­ar­beit führt nicht zu Über­stun­den.

Wenn man als Ar­beit­neh­mer im All­ge­mei­nen nicht da­zu ver­pflich­tet ist, auf An­wei­sung des Ar­beit­ge­bers Über­stun­den zu leis­ten, fragt sich, wie­so dann land­auf land­ab Über­stun­den ge­macht wer­den. Ist das al­les il­le­gal?

Nein, natürlich nicht, denn Über­stun­den sind (ab­ge­se­hen von der ex­trem sel­te­nen Not­fall­si­tua­ti­on) auch un­ter fol­gen­den Umständen rech­tens:

  • Ein­zel­ver­ein­ba­rung: Sie ei­ni­gen sich mit Ih­rem Ar­beit­ge­ber im Ein­zel­fall dar­auf, dass Sie länger ar­bei­ten. Dann sind die Über­stun­den nicht von Ih­rem Ar­beit­ge­ber ein­sei­tig an­ge­wie­sen, son­dern ein­ver­nehm­lich ver­ein­bart. Ei­ne sol­che Ei­ni­gung müssen Sie nicht schrift­lich oder sonst­wie förm­lich tref­fen. Es genügt ei­ne münd­li­che oder auch still­schwei­gen­de Übe­r­ein­kunft.
  • Ar­beits­ver­trag: In Ih­rem Ar­beits­ver­trag ist ei­ne Über­stun­den­klau­sel ent­hal­ten, die Ih­ren Ar­beit­ge­ber da­zu be­rech­tigt, ein­sei­tig nach sei­nem Er­mes­sen Über­stun­den an­zu­ord­nen. Da­mit ei­ne sol­che Über­stun­den­klau­sel wirk­sam ist, muss die An­zahl der im Höchst­fall zu leis­ten­den Über­stun­den fest­ge­legt sein, da­mit Sie als Ar­beit­neh­mer wis­sen, was auf Sie zu­kom­men kann. Nähe­re In­for­ma­tio­nen hier­zu fin­den Sie un­ter dem Stich­wort �Ar­beits­ver­trag und all­ge­mei­ne Geschäfts­be­din­gun­gen (AGB) - Über­stun­den­re­ge­lung�.
  • Be­triebs­ver­ein­ba­rung: Be­steht in dem Be­trieb, in dem Sie ar­bei­ten, ein Be­triebs­rat, hat die­ser gemäß § 87 Abs.1 Nr.3 Be­triebs­ver­fas­sungs­ge­setz (Be­trVG) ein Mit­be­stim­mungs­recht beim The­ma Über­stun­den. Das Ge­setz spricht von ei­ner �vorüber­ge­hen­den Verlänge­rung der be­triebsübli­chen Ar­beits­zeit�. Ei­nigt der Be­triebs­rat mit dem Ar­beit­ge­ber auf ei­ne Be­triebs­ver­ein­ba­rung zum The­ma Über­stun­den und ist in die­ser Be­triebs­ver­ein­ba­rung ge­re­gelt, un­ter wel­chen Umständen der Ar­beit­ge­ber Über­stun­den an­ord­nen darf, er­gibt sich die Zulässig­keit von Über­stun­den aus der Be­triebs­ver­ein­ba­rung (die al­ler­dings das OK des Ar­beit­neh­mers nicht er­setzt).
  • Ta­rif­ver­trag: Auch Ta­rif­verträge ent­hal­ten oft Re­ge­lun­gen darüber, un­ter wel­chen Umständen der Ar­beit­ge­ber Über­stun­den an­ord­nen darf und wie vie­le Über­stun­den es sein dürfen. Dann folgt die Zulässig­keit von Über­stun­den aus ei­nem sol­chen Ta­rif­ver­trag. Nähe­re In­for­ma­tio­nen da­zu, wann ein Ta­rif­ver­trag auf Sie bzw. auf Ihr Ar­beits­verhält­nis an­wend­bar ist, fin­den Sie un­ter dem Stich­wort �Ta­rif­ver­trag�.

Nein, Über­stun­den lie­gen nur dann vor, wenn sie der Ar­beit­ge­ber aus­drück­lich an­ge­ord­net hat oder wenn er sie zu­min­dest still­schwei­gend ge­dul­det hat. In je­dem Fall muss er wis­sen und da­mit ein­ver­stan­den sein, dass der Ar­beit­neh­mer Über­stun­den macht.

Manch­mal wer­den Über­stun­den über ei­ne lan­ge Zeit hin­weg ge­leis­tet, so dass sich Ar­beit­neh­mer dar­an gewöhnt hat - und an de­ren Be­zah­lung. Trotz­dem kann der Ar­beit­ge­ber die Über­stun­den wie­der strei­chen. Ei­nen An­spruch auf Zu­wei­sung von Über­stun­den gibt es nicht.

BEISPIEL: Ei­ne Se­kretärin hat ei­nen 20-St­un­den­ver­trag, ar­bei­tet aber über ein­ein­halb Jah­re hin­weg 30 St­un­den, d.h. sie macht ständig zehn Über­stun­den in der Wo­che, die auch ent­spre­chend be­zahlt wer­den. Der Grund liegt teil­wei­se in Er­kran­kun­gen von Kol­le­gin­nen, teil­wei­se in ver­mehr­tem Ar­beits­an­fall. Nach­dem wie­der al­le Kol­le­gin­nen auf dem Pos­ten sind und kein be­son­ders ho­her Ar­beits­an­fall be­steht, soll die Se­kretärin wie­der nur 20 St­un­den pro Wo­che ar­bei­ten. Das ist in Ord­nung, da sie ei­nen 20-St­un­den­ver­trag hat.

Ja, ab­ge­se­hen von rein theo­re­ti­schen Aus­nah­men, die in der Pra­xis kei­ne Rol­le spie­len. Denn gemäß § 87 Abs.1 Nr.3 Be­trVG kann der Ar­beit­ge­ber nicht ein­sei­tig Über­stun­den an­ord­nen, wenn dies zu ei­ner Verlänge­rung der be­triebsübli­chen Ar­beits­zeit führen würde. Und die­se Vor­aus­set­zung des Mit­be­stim­mungs­rechts nach § 87 Abs.1 Nr.3 Be­trVG, die �Be­triebsüblich­keit�, ist bei vom Ar­beit­ge­ber gewünsch­ten Über­stun­den im­mer ge­ge­ben, da es dann ja im­mer ei­nen be­trieb­li­chen An­lass für die gewünsch­te Ar­beits­zeit­verlänge­rung gibt.

BEISPIEL: In dem Be­trieb gibt es drei Pfört­ner, von de­nen ei­ner er­krankt ist und ein wei­te­rer Ur­laub hat. Der Ar­beit­ge­ber ver­langt von dem ver­blie­be­nen drit­ten Pfört­ner Über­stun­den. Dies führt zu ei­ner Verlänge­rung der �be­triebsübli­chen Ar­beits­zeit� auf dem da­von be­trof­fe­nen Pfört­ner­ar­beits­platz. Ob­wohl nur ein Ar­beit­neh­mer Über­stun­den leis­ten soll, be­steht ein Mit­be­stim­mungs­recht des Be­triebs­rats.

Im Er­geb­nis braucht der Ar­beit­ge­ber in Be­trie­ben mit Be­triebs­rat für die rechtmäßige An­ord­nung von Über­stun­den

  • so­wohl das OK des be­trof­fe­nen Ar­beit­neh­mers (in Form ei­ner ar­beits­ver­trag­li­chen Über­stun­den­klau­sel und/oder in Form ei­ner Ein­zel­ver­ein­ba­rung)
  • als auch das OK des Be­triebs­rats (in Form ei­ner Be­triebs­ver­ein­ba­rung und/oder ei­ner form­lo­sen Re­ge­lungs­ab­re­de).

Die Zu­stim­mung des Be­triebs­rats zu Über­stun­den ist auch dann er­for­der­lich, wenn der Ar­beit­neh­mer mit den von ihm ver­lang­ten Über­stun­den ein­ver­stan­den ist, d.h. das Ein­verständ­nis des Ar­beit­neh­mers lässt das Mit­be­stim­mungs­recht nicht ent­fal­len.

Und um­ge­kehrt ist ei­ne Über­stun­den-Be­triebs­ver­ein­ba­rung als sol­che kei­ne aus­rei­chen­de recht­li­che Grund­la­ge für die An­ord­nung von Über­stun­den, wenn der be­trof­fe­ne Ar­beit­neh­mer nicht eben­falls sei­ne Zu­stim­mung erklärt hat. Die­se Zu­stim­mung kann in Form ei­ner Ar­beits­ver­trags­klau­sel vor­lie­gen, die den Ar­beit­ge­ber zur An­ord­nung von Über­stun­den ermäch­tigt oder auch durch das (auch still­schwei­gen­de) Ein­verständ­nis des Ar­beit­neh­mers zu den Über­stun­den im Ein­zel­fall.

Nähe­re In­for­ma­tio­nen hier­zu fin­den Sie un­ter dem Stich­wort �Mit­be­stim­mung in so­zia­len An­ge­le­gen­hei­ten�.

Das Arb­ZG schreibt für den Nor­mal­fall den Acht­stun­den­tag vor, d.h. länger als acht St­un­den pro Tag darf ein Ar­beit­neh­mer nicht ar­bei­ten. Da­bei zählen Pau­sen al­ler­dings nicht als Ar­beits­zeit. Da das Arb­ZG von der Sechs­ta­ge­wo­che aus­geht, sind (6 x 8 St­un­den =) 48 St­un­den pro Wo­che die im All­ge­mei­nen gel­ten­de Ober­gren­ze.

Die tägli­che Ar­beits­zeit kann vorüber­ge­hend auf ma­xi­mal zehn St­un­den (oh­ne Pau­se) her­auf­ge­setzt wer­den und dem­ent­spre­chend die Wo­chen­ar­beits­zeit auf sat­te 60 (!) St­un­den (6 x 10 St­un­den), wenn in­ner­halb ei­nes Aus­gleichs­zeit­raums von sechs Ka­len­der­mo­na­ten oder von 24 Wo­chen im Durch­schnitt acht St­un­den werktäglich nicht über­schrit­ten wer­den (§ 3 Satz 2 Arb­ZG).

BEISPIEL: Ein voll­zei­tig beschäftig­ter Ar­beit­neh­mer macht bei ei­ner Fünf­ta­ge­wo­che über Mo­na­te hin­weg von Mon­tag bis Don­ners­tag je­weils zwei Über­stun­den und ar­bei­tet da­her an die­sen vier Ta­gen zehn St­un­den statt acht. Am Frei­tag ar­bei­te­te er acht St­un­den, d.h. er macht kei­ne Über­stun­den. Dann ar­bei­tet er im wöchent­li­chen Durch­schnitt (Mon­tag bis Sams­tag) �nur� 48 St­un­den und knackt da­mit die Gren­ze von durch­schnitt­li­chen acht St­un­den pro Tag nicht.

Nähe­re In­for­ma­tio­nen da­zu fin­den Sie un­ter dem Stich­wort �Ar­beits­zeit und Ar­beits­zeit­recht�.

Ja, im All­ge­mei­nen sind Über­stun­den zusätz­lich zum nor­ma­len Lohn bzw. zum nor­ma­len Ge­halt zu be­zah­len. Wäre es an­ders, würde der Ar­beit­neh­mer ja mehr Ar­beit leis­ten, als ihm be­zahlt wird. Und das ist mit dem Aus­tausch­cha­rak­ter des Ar­beits­ver­trags (Ar­beit ge­gen Lohn) nicht zu ver­ein­ba­ren.

Im Re­gel­fall sind Über­stun­den zusätz­lich zu be­zah­len. Sie können nur dann durch Frei­zeit­aus­gleich (Ab­bum­meln) aus­ge­gli­chen wer­den, wenn der Ar­beit­neh­mer da­mit im kon­kre­ten Ein­zel­fall ein­ver­stan­den ist oder wenn sich der Ar­beit­ge­ber die­se Möglich­keit des Über­stun­den­ab­baus im Ar­beits­ver­trag vor­be­hal­ten hat.

Der Grund dafür, dass ein Frei­zeit­aus­gleich dem Ar­beit­neh­mer nicht �auf­ge­drückt� wer­den kann, liegt dar­an, dass er ei­nen An­spruch auf Beschäfti­gung hat. Ei­ne ein­sei­ti­ge Frei­stel­lung von der Ar­beit durch den Ar­beit­ge­ber ist im Re­gel­fall recht­lich un­zulässig.

Im All­ge­mei­nen muss der Ar­beit­ge­ber den für den Ar­beit­neh­mer maßgeb­li­chen St­un­den­lohn aus­rech­nen und mit der An­zahl der zu vergüten­den Über­stun­den mal­neh­men. Den St­un­den­lohn kann man bei ei­nem mo­nat­li­chen Fest­ge­halt ein­fach nach fol­gen­der For­mel er­rech­nen:

Mo­nats­ge­halt x 3 : 13 : An­zahl der Wo­chen­ar­beits­stun­den

BEISPIEL: Ei­ne kaufmänni­sche An­ge­stell­te ver­dient bei ei­ner Ar­beits­zeit von 38 St­un­den in der Wo­che 2.500,00 EUR brut­to im Mo­nat. Sie leis­tet im letz­ten Quar­tal des Jah­res 105 Über­stun­den, die mit dem Ja­nu­ar­ge­halt ab­ge­rech­net wer­den sol­len. Dann beträgt der St­un­den­lohn (2.500,00 x 3 : 13 : 38 =) 15,18 EUR brut­to, so dass der Ar­beit­ge­ber im Ja­nu­ar (105 St­un­den x 15,18 EUR =) 1.593,90 EUR brut­to Über­stun­den­vergütung zah­len muss.

Ein Über­stun­den­zu­schlag ist ei­ne Erhöhung des St­un­den­lohns, der für Über­stun­den zu zah­len ist, d.h. die Über­stun­de kommt den Ar­beit­ge­ber in­fol­ge des Über­stun­den­zu­schlags teu­rer zu ste­hen als ei­ne re­guläre Ar­beits­stun­de.

Ei­nen sol­chen Zu­schlag muss der Ar­beit­ge­ber im All­ge­mei­nen nicht be­zah­len, d.h. er muss es nur dann tun, wenn ein sol­cher Zu­schlag im Ar­beits­ver­trag, in ei­ner Be­triebs­ver­ein­ba­rung oder in ei­nem Ta­rif­ver­trag ge­re­gelt ist.

Ar­beits­ver­trag­li­che Über­stun­den­re­ge­lun­gen se­hen manch­mal vor,

  • dass Über­stun­den gar ge­son­dert be­zahlt wer­den, d.h. mit dem Fest­ge­halt ab­ge­gol­ten sind, oder
  • dass Über­stun­den nur dann zu be­zah­len sind, wenn sie ei­nen be­stimm­ten Um­fang von z.B. zehn pro Mo­nat über­schrei­ten, oder
  • dass Über­stun­den mit ei­nem be­stimm­ten mo­nat­li­chen Pau­schal­be­trag ab­ge­gol­ten sind.

Sol­che Über­stun­den­klau­seln sind in vie­len Fällen recht­lich un­wirk­sam. Der Grund für die Un­wirk­sam­keit liegt dar­in, dass sol­che Klau­seln All­ge­mei­ne Geschäfts­be­din­gun­gen (AGB) dar­stel­len, d.h. Ver­trags­klau­seln, die der Ar­beit­ge­ber ein­sei­tig vor­for­mu­liert hat und dem Ar­beit­neh­mer bei Ver­trags­schluss zu An­nah­me stellt. Als AGB müssen Über­stun­den­klau­seln für den Ar­beit­neh­mer klar und verständ­lich sein (�trans­pa­rent�), und sie dürfen den Ar­beit­neh­mer nicht un­an­ge­mes­sen be­nach­tei­li­gen.

Da vie­le Über­stun­den­klau­seln in­trans­pa­rent sind und/oder ei­ne un­an­ge­mes­se­ne Be­nach­tei­li­gung des Ar­beit­neh­mers ent­hal­ten, sind sie un­wirk­sam. Nähe­re In­for­ma­tio­nen da­zu fin­den Sie un­ter dem Stich­wort �Ar­beits­ver­trag und all­ge­mei­ne Geschäfts­be­din­gun­gen (AGB) - Über­stun­den­re­ge­lung�.

Nach der älte­ren Recht­spre­chung des Bun­des­ar­beits­ge­richts (BAG) können bes­ser be­zahl­te Führungs­kräfte oder lei­ten­de An­ge­stell­te ar­beits­ver­trag­lich da­zu ver­pflich­tet wer­den, ih­re ge­sam­te Ar­beits­kraft dem Ar­beit­ge­ber zur Verfügung zu stel­len. Sol­che Ar­beits­verträge ent­hal­ten oft die Klau­sel, dass et­wai­ge Über­stun­den mit dem Fest­ge­halt ab­ge­gol­ten sind.

Sol­che Re­ge­lun­gen sind aber nach heu­ti­ger Recht­spre­chung recht­lich an­greif­bar, d.h. sie sind je nach den Umständen des Ein­zel­falls un­wirk­sam. Denn die AGB-Kon­trol­le gilt auch zu­guns­ten von Führungs­kräften und lei­ten­den An­ge­stell­ten. Da­her ist ei­ne sol­che Ab­gel­tungs­klau­sel nur bei sehr ho­hen Jah­res­gehältern und auch dann nur un­ter der wei­te­ren Vor­aus­set­zung rechts­wirk­sam, dass der Ar­beit­neh­mer sei­ne Ar­beits­zeit weit­ge­hend frei ein­tei­len kann.

Un­ter sol­chen Umständen, die sel­ten vor­lie­gen, be­zieht sich das ar­beits­ver­trag­li­che Aus­tausch­verhält­nis (Ar­beit ge­gen Ge­halt) nicht auf ein­zel­ne St­un­den, son­dern auf die ge­sam­te (Jah­res-)Ar­beits­leis­tung des Ar­beit­neh­mers, der da­her für ein­zel­ne Über­stun­den nicht kei­ne ge­son­der­te bzw. zusätz­li­che Be­zah­lung ver­lan­gen kann.

Al­ler­dings muss der Ar­beit­ge­ber auch bei Führungs­kräften und bei den meis­ten so­ge­nann­ten �lei­ten­den An­ge­stell­ten� die o.g. Gren­zen des Arb­ZG ein­hal­ten. Zwar sind (ech­te) lei­ten­de An­ge­stell­te im Sin­ne von § 5 Abs.3 Be­trVG von der Gel­tung des Arb­ZG aus­ge­nom­men (§ 18 Abs.1 Nr.1 Arb­ZG), doch sind sol­che ech­ten lei­ten­den An­ge­stell­ten un­gefähr so sel­ten wie weiße Ele­fan­ten.

Im All­ge­mei­nen nicht, da sie als Be­am­te kei­nen Lohn für ih­re Ar­beit er­hal­ten, d.h. im Be­am­ten­recht gilt nicht das ar­beits­recht­li­che Grund­prin­zip, dass man für ei­nen be­stimm­ten Um­fang Ar­beit, den man für den Ar­beit­ge­ber leis­tet, ei­nen ent­spre­chend ho­hen Lohn be­an­spru­chen kann. Statt des Aus­tausch­prin­zips "Ar­beit ge­gen Lohn" gilt im Be­am­ten­recht, dass der Be­am­te un­abhängig vom Um­fang sei­ner Ar­beits­leis­tung ei­nen An­spruch auf amts­an­ge­mes­se­ne Vergütung hat, d.h. er wird vom Staat "ali­men­tiert" (Ali­men­ta­ti­ons­prin­zip).

In sel­te­nen Aus­nah­mefällen können aber auch Be­am­te ei­ne zusätz­li­che Be­zah­lung für ge­leis­te­te Mehr­ar­beit ver­lan­gen, ins­be­son­de­re dann, wenn sie über Jah­re hin­weg zu rechts­wid­rig lan­gen Diens­ten her­an­ge­zo­gen wur­den. Die Ein­zel­hei­ten die­ser Aus­gleichs­pflicht sind noch nicht ab­sch­ließend ge­richt­lich ent­schie­den. Vor al­lem Feu­er­be­am­te und Po­li­zei­be­am­te sind da­von be­trof­fen, da ei­ni­ge Bun­desländer viel zu spät die eu­ro­pa­recht­li­chen Schran­ken der Ar­beits­zeit im Be­am­ten­recht um­eg­setzt ha­ben.

Lohn­kla­gen mit dem Ziel, den Ar­beit­ge­ber zur Zah­lung von Über­stun­den ver­ur­tei­len zu las­sen, schei­tert in den meis­ten Fällen. Das liegt dar­an, dass die Ar­beits­ge­rich­te vom Ar­beit­neh­mer ver­lan­gen, kon­kret je­de ein­zel­ne Über­stun­de zu be­le­gen. Und nicht nur je­de ein­zel­ne Über­stun­de, son­dern auch die Tat­sa­che, dass die­se Über­stun­de auf An­wei­sung des Ar­beit­ge­bers, zu­min­dest aber mit sei­nem "Wis­sen und Wol­len" ge­leis­tet wur­de. Und da sich Ar­beit­ge­ber vor Ge­richt meist an kei­ne ein­zi­ge Über­stun­de er­in­nern können, wer­den Über­stun­den­zah­lungs­kla­gen meist ab­ge­wie­sen.

Aus­sicht auf Er­folg ha­ben sol­che Kla­gen da­her meis­tens nur, wenn der Ar­beit­ge­ber oder ei­ne Führungs­kraft St­un­den­zet­tel des Ar­beit­neh­mers ab­ge­zeich­net hat, und wenn sich aus den St­un­den­zet­teln die ge­naue La­ge und der Um­fang der Über­stun­den er­gibt. Außer­dem muss der Ar­beit­neh­mer, wenn er Geld für ge­leis­te­te Über­stun­den ha­ben will, meist auch ar­beits­ver­trag­li­che oder ta­rif­ver­trag­li­che Aus­schluss­fris­ten be­ach­ten. Aus­sicht auf Er­folg hat ei­ne Über­stun­den­zah­lungs­kla­ge in sol­chen Fällen nur, wenn der Ar­beit­neh­mer sei­ne Ansprüche recht­zei­tig un­ter Wah­rung der Aus­schluss­frist an­ge­mahnt hat.

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Letzte Überarbeitung: 23. September 2022

Wann müssen Überstunden nicht bezahlt werden?

Wenn Sie Fra­gen im Zu­sam­men­hang mit dem The­ma Über­stun­den oder Über­stun­den­ver­gü­tung ha­ben oder wenn Sie sich nicht si­cher sind, in wel­chem Um­fang Ih­nen ei­ne Ver­gü­tung Ih­rer ge­leis­te­ten Über­stun­den zu­steht, be­ra­ten wir Sie je­der­zeit ger­ne. Wir un­ter­stüt­zen Sie auch bei der Durch­set­zung of­fe­ner Ver­gü­tungs­an­sprü­che.

Bit­te be­ach­ten Sie, dass Ih­nen mög­li­cher­wei­se nur kur­ze Zeit für die Gel­tend­ma­chung Ih­rer An­sprü­che zur Ver­fü­gung steht, falls Sie bei­spiels­wei­se ta­rif­ver­trag­li­che oder ar­beits­ver­trag­li­che Aus­schluss­fris­ten zu be­ach­ten ha­ben.

Je nach La­ge des Fal­les bzw. ent­spre­chend Ih­ren Wün­schen tre­ten wir ent­we­der nach au­ßen nicht in Er­schei­nung oder aber wir ver­han­deln in Ih­rem Na­men mit Ih­rem Ar­beit­ge­ber.

Können Überstunden nicht bezahlt werden?

Überstunden werden nicht gesondert vergütet, sondern sind mit dem Gehalt abgegolten, soweit sie einen Umfang von drei Stunden pro Woche/zehn Stunden pro Kalendermonat nicht überschreiten. Darüber hinausgehende Überstunden werden auf der Grundlage des monatlichen Grundgehaltes gesondert bezahlt.

Ist der Chef verpflichtet Überstunden auszuzahlen?

Arbeitgeber müssen von Mitarbeitern geleistete Überstunden im Normalfall bezahlen. Ein potenzieller Freizeitausgleich muss vertraglich festgehalten sein. Das pauschale Abgelten aller Überstunden mit dem monatlichen Festgehalt ist in Deutschland unzulässig.

Wann sind Überstunden zu vergüten?

Bei Vereinbarung eines Monatslohns bei gleichzeitiger Festlegung der Höhe der Arbeitszeit sind Überstunden mit dem auf eine Arbeitsstunde entfallenden Anteil des Monatsentgelts zu vergüten. Zu vergüten sind Überstunden allerdings nur, wenn sie entweder angeordnet oder mit Wissen des Arbeitgebers geleistet worden sind.

Sind unbezahlte Überstunden normal?

Abgeltung von Überstunden mit dem Gehalt Unbezahlte Überstunden darf der Arbeitgeber normalerweise nur dann anordnen, soweit dies durch Arbeitsvertrag oder durch einen Tarifvertrag ausdrücklich vorgesehen ist. Im Falle einer vertraglichen Regelung muss dann auch geprüft werden, ob diese zulässig ist.