Ukraine konflikt krieg auch in deutschland

31. März 2022

Lagebericht

Einigen Berichten der vergangenen Tage zufolge konzentriert sich das russische Militär in dieser Phase des Krieges auf den Osten der Ukraine. Wie es die russische Führung selbst formuliert hat, strebe sie eine „Befreiung des Donbass” an, um letztendlich womöglich die Ukraine zu teilen. Der ukrainische Generalstab konnte nur ein Teilabzug russischer Truppen aus der Umgebung von Kiew und Tschernihiw bestätigen. Von einem wirklichen Abzug rund um Kiew könne nicht die Rede sein. Vielmehr handle es sich um eine Umgruppierung, um sich stärker auf den Osten der Ukraine konzentrieren zu können. In diesem Zusammenhang spricht der ukrainische Generalstab von einer gezielten Täuschung der russischen Militärführung. Es solle der falsche Eindruck erweckt werden, dass die russische Armee den Versuch aufgegeben habe, Kiew zu blockieren. Zwar ließen die russischen Angriffe rund um Kiew und Tschernihiw derzeit etwas nach, dies sei jedoch kein Grund für Entwarnung. Das ukrainische Militär bereite sich nun verstärkt auf eine russische Offensive im Donbass vor.

Was die Bedrohungslage für Kiew anbelangt, habe sich diese laut dem US-Verteidigungsministerium infolge der russischen Ankündigung eines Truppenabzugs nicht bedeutend verändert. Die große Mehrheit der bei Kiew versammelten russischen Kräfte seien noch immer dort. Vermutlich auch, um weiterhin die ukrainischen Truppen zu binden und die ukrainischen Militärs davon abzuhalten, die Truppen um Kiew zur weiteren Unterstützung in den Osten der Ukraine zu schicken. Auch die NATO hat heute bestätigt, die russischen Truppen würden sich nicht wie angekündigt aus Teilen der Ukraine zurückziehen, sondern sich neu formieren. Russland statte die Truppen auch neu aus, sagte NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg. Zum einen solle dabei die Offensive auf den Donbass verstärkt werden, zugleich halte Russland den Druck auf Kiew und andere Städte hoch. „Wir können also zusätzliche Offensiven mit noch mehr Leid erwarten”, so Stoltenberg.

Der Chef des britischen Geheimdienstes Jeremy Fleming hat indes von erheblichen Schwierigkeiten in den Reihen der russischen Streitkräfte berichtet. Demoralisierte Soldaten weigerten sich, Befehle auszuführen, sabotierten ihre eigene Ausrüstung und hätten schon versehentlich ihr eigenes Flugzeug abgeschossen. Nach Einschätzung sowohl des Geheimdienstes als auch der US-Regierung werde jedoch Russlands Präsident Putin über das reale Geschehen und die Situation seiner Truppen nicht richtig informiert. Seine Berater lieferten ihm keine ehrliche Beschreibung der Lage im Ukraine-Krieg. Auch der Sicherheitsexperte Markus Kaim von der Stiftung Wissenschaft und Politik ist der Ansicht, Putin befinde sich in einer Blase und sei nur von „Jasagern” umgeben, was zu einer gefährlichen Isolation führen könne. Er verspricht sich nicht viel von den derzeitigen Verhandlungen zwischen Russland und der Ukraine in Richtung einer baldigen Beendigung des Krieges. Während die zunächst naheliegenden Schritte zur Lösung der humanitären Problematik noch gar nicht thematisiert würden, werde vielmehr über politische Schritte diskutiert, die sehr weitreichend seien und für die schwerlich zum jetzigen Zeitpunkt eine Lösung gefunden werden könne. Er glaube nicht daran, dass in den nächsten Tagen Fortschritte zu sehen sein werden: „Es ist eher berechtigt zu befürchten, dass wir ein Wiederaufflammen der Kämpfe in veränderter Form sehen werden.”

Der Kreml hat indes westliche Geheimdiensterkenntnisse zurückgewiesen, wonach Russlands Präsident Wladimir Putin falsch über die Lage in der Ukraine informiert worden sein soll. „Es zeigt sich, dass weder das Außenministerium (der USA) noch das Pentagon echte Informationen darüber haben, was im Kreml passiert”, sagte Kreml-Sprecher Peskow. „Sie verstehen Präsident Putin nicht. Sie verstehen den Mechanismus von Entscheidungen nicht. Sie verstehen den Stil unserer Arbeit nicht.” Peskow fügte hinzu: „Das ist nicht einfach nur schade. Das macht uns Sorgen. Denn so ein völliges Missverständnis führt nur zu Fehlentscheidungen, zu leichtsinnigen Entscheidungen, die sehr schlimme Folgen haben.”

Verhandlungen – Internationale Krisendiplomatie: Der ukrainische Präsident Selenskyj dämpfte die Hoffnungen auf einen baldigen Durchbruch bei Gesprächen mit Russland. Er sehe noch keine wirklichen Ergebnisse der Gespräche. Es gebe zwar einen Verhandlungsprozess, der fortgesetzt werde, aber bislang habe sich noch nichts Konkretes ergeben. Der ukrainische Verhandlungsführer hat weitere Gespräche mit der russischen Delegation für den 1. April im Online-Format angekündigt. Die ukrainische Führung traut den in den Verhandlungen mit der Türkei geäußerten Verlautbarungen Russlands nicht, insbesondere auch nicht in Bezug auf den angekündigten Rückzug Russlands aus Kiew und Tschernihiw. Vertreter der EU und der USA haben ferner ihren strategischen Dialog über Russland aufgenommen. Bei ihrem gestrigen Treffen stand in Washington unter anderem die Koordination der Politik zur Beendigung des Ukrainekriegs im Fokus. Der frühere Box-Weltmeister Wladimir Klitschko ist indes überraschend nach Deutschland gereist, um bei deutschen Politikern um Unterstützung zu werben.

Flüchtlinge: Mittlerweile haben laut dem UN-Flüchtlingswerk UNHCR seit Kriegsbeginn über vier Millionen Menschen die Ukraine verlassen. Zusätzlich befinden sich nach Schätzungen weitere 6,5 Millionen Menschen innerhalb der Ukraine auf der Flucht. Nach Polen haben sich laut dortigem Grenzschutz seit Kriegsbeginn fast 2,4 Millionen Menschen aus der Ukraine begeben, nach Rumänien 616.000, in die Republik Moldau 388.000, nach Ungarn 368.000, in die Slowakei 283.000 und nach Tschechien über 230.000. Deutschland hat bislang 288.00 Geflüchtete aus der Ukraine registriert. Die tatsächliche Zahl eingereister Menschen dürfte jedoch mittlerweile bei weit über 300.000 liegen.

Evakuierungen: In den vergangenen Tagen war mehrfach vergeblich versucht worden, humanitäre Fluchtkorridore für Mariupol einzurichten. Für heute hatte Russland nun eine erneute Feuerpause und eine große Evakuierungs-Aktion angekündigt. Kiew hatte 45 Busse nach Mariupol geschickt. Die russische Seite hat indes mitgeteilt, die Evakuierung würde erst morgen beginnen. Die Ukraine weiterhin misstrauisch und bezeichnet die Ankündigung der Feuerpause als weitere russische „Manipulation". Zusätzlich waren für heute zwei humanitäre Fluchtkorridore in die ebenfalls von russischen Truppen besetzten Städte Melitopol und Enerhodar im Gebiet Saporischschja vereinbart worden.

Lagebericht aus einzelnen Regionen und Städten: US-Angaben zufolge hat Russland etwa 20 Prozent seiner Truppen rund um die ukrainische Hauptstadt Kiew abgezogen. Einige dieser Soldaten seien nach Belarus verlagert worden. Laut dem britischen Verteidigungsministerium hielten die russischen Streitkräfte weiterhin Stellungen östlich und westlich von Kiew. Wahrscheinlich werde es in den kommenden Tagen zu schweren Kämpfen in den Vororten der Stadt kommen, so das Ministerium.

Trotz des von Russland angekündigten Rückzugs aus der im Norden gelegenen Stadt Tschernihiw hätten die russischen Streitkräfte laut dem britischen Verteidigungsministerium weiterhin erhebliche russische Granaten- und Raketenangriffe durchgeführt.

In der von ukrainischen Truppen jüngst zurückeroberten Stadt Irpin nahe Kiew teilte der dortige Bürgermeister mit, dass „50 Prozent der Stadt zerstört sind“. Vor der Stadt werde noch immer gekämpft.

Die Stadt Charkiw im Nordosten der Ukraine meldete unterdessen einen russischen Luftangriff auf das Dorf Sloboschanske.

Aus Tschernobyl wurde vermeldet, dass die meisten russischen Truppen die Zone um das frühere Atomkraftwerk verlassen haben. Das berichtet die staatliche Betreiberfirma der ukrainischen Atomkraftwerke, Energoatom. Auf dem Gelände des Kraftwerks seien nur wenige Soldaten, die anderen hätten sich in zwei Kolonnen Richtung belarussisch-ukrainische Grenze aufgemacht. Auch aus der Stadt Slawutytsch, in der die Arbeiter von Tschernobyl leben, haben sich die russischen Streitkräfte den Angaben zufolge zurückgezogen.

Die von Russland für heute angekündigte Evakuierung aus der südukrainische Hafenstadt Mariupol hat nicht stattgefunden. Die Akton soll stattdessen offenbar morgen erfolgen. „Damit diese humanitäre Operation erfolgreich ist, schlagen wir eine direkte Beteiligung von Vertretern des UNO-Hochkommissars für Flüchtlinge und des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz vor”, hieß es in einer russischen Erklärung. Der Fluchtkorridor soll demnach über die unter russischer Kontrolle stehende Stadt Berdjansk ins 250 Kilometer entfernte Saporischschja führen. Die ukrainische Führung ist misstrauisch und spricht von einer russischen „Manipulation“. Russische Truppen würden sich indes für weitere Angriffe auf den Donbass formieren, in der auch die Stadt Mariupol liege. Der ukrainische Nachrichtensender Hromadske veröffentlichte Luftaufnahmen von der zerbombten Stadt. Das seit Wochen heftig umkämpfte Mariupol sei fast vollständig zerstört.

In der südlich gelegenen Industriestadt Dnipro ist bei einem Raketenangriff nach ukrainischen Angaben ein mit Treibstoff gefülltes Öldepot zerstört worden. Trümmer einer Rakete hätten zudem zwei Tanklastwagen beschädigt. In Nowomoskowsk nordöstlich von Dnipro schlug am Mittwoch ukrainischen Angaben zufolge eine Rakete in eine Fabrik ein.

In der von Russland schon länger eroberten Großstadt Cherson im Süden bereite Russland nach Angaben des ukrainischen Generalstabs ein „Referendum” über die Errichtung einer moskaufreundlichen „Volksrepublik” vor. Damit versuche die russische Armee, die Gebiete im Süden der Ukraine mit „zivil-militärischen Verwaltungen” zu kontrollieren, teilte der Generalstab mit. Das Muster würde den Separatistengebieten Donezk und Luhansk in der Ostukraine ähneln, die mittlerweile von Russland als unabhängig anerkannten wurden.

Im Südosten des Landes ist es der Ukraine nach Angaben des ukrainischen Generalstabs gelungen, drei weitere Orte zurückzuerobern. Es handle sich um Orlowe, Zahradiwka und Koschubeyiwka. Zudem hätten russische Angriffe in den Gebieten Popasna, Rubizhne, Nowobahmutiwka, Marinka und Zolota Niva abgewehrt werden können.

Laut ukrainischen Angaben setzte die russische Armee in der ukrainischen Kleinstadt Marinka im Gebiet Donezk im Osten des Landes erneut Phosphorwaffen ein.  Dabei seien „ein Dutzend Brände” verursacht worden. Auch die Orte Heorhijiwka, Nowokalinowo und Otscheretyne seien bombardiert worden.

Aktuelle Berichte:

Gaszahlung nur noch mit russischem Konto
Nachdem Kreml-Sprecher Peskow gestern angekündigt hatte, Russland werde doch nicht sofort die Zahlungen der Gaslieferungen auf Rubel umstellen, hat sich Russlands Präsident Putin am heutigen Donnerstag mit Vertretern des staatlichen Energiekonzerns Gazprom und der russischen Zentralbank Gespräche beraten. Putin hat nach eigenen Angaben daraufhin ein Dekret unterzeichnet, das ausländische Käufer zwingt, ein Konto bei der russischen Gazprombank zu eröffnen, um weiter Gas zu kaufen. Die praktischen Auswirkungen scheinen allerdings gering zu sein. Denn die Zahlungen dürften weiter in Euro und Dollar nach Russland gehen  und würden dort in die russische Währung umgewandelt. Dies würde allerdings den Rubel aufwerten und die westlichen Sanktionen angesichts des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine unterlaufen. Wirtschaftsminister Robert Habeck hatte aus Sorge vor möglichen Einschränkungen gestern die erste von drei Krisenstufen des sogenannten Notfallplans Gas in Kraft gesetzt. Die westlichen Staaten pochen darauf, weiter in Euro und Dollar zu zahlen. In einem Telefonat mit Putin hatte Bundeskanzler Scholz erkennen lassen, dass auch Deutschland seine Lieferungen vorerst weiter in Euro über die Gazprom-Bank begleichen werde (Deutschlandfunk).

USA will Ölreserven freigeben – Ölpreise fallen deutlich
Der Preis für Rohöl hatte sich innerhalb eines Jahres fast verdoppelt. Nun will die US-Regierung offenbar intervenieren und die Ölreserven seines Landes nutzen, um die hohen Treibstoffpreise unter Kontrolle zu bringen. US-Präsident Biden hat angekündigt, die Freigabe von einer Million Barrel pro Tag aus den US-Ölreserven über einen Zeitraum von mehreren Monaten in Erwägung zu ziehen. In Reaktion auf diese Ankündigung sind die Ölpreise auf den Weltmärkten stark gefallen. Der Preis für ein Barrel (159 Liter) der US-Sorte WTI fiel um mehr als fünf Prozent und lag am frühen Morgen bei 102,20 Dollar (91,55 Euro). Die Nordsee-Sorte Brent fiel um mehr als vier Prozent auf 108,65 Dollar (Spiegel).

Geheimdienste: Putin wird vermutlich nicht korrekt über den Krieg informiert
Nach Einschätzungen der US-Regierung und des britischen Geheimdienstes bekommt Russlands Präsident Wladimir Putin von seinen Beratern keine ehrliche Beschreibung der Lage im Ukraine-Krieg. Unter Berufung auf Geheimdienstinformationen sagte die Kommunikationsdirektorin des Weißen Hauses, Kate Bedingfield: „Wir glauben, dass er von seinen Beratern nicht richtig darüber informiert wird, wie schlecht das russische Militär agiert und wie die russische Wirtschaft durch die Sanktionen gelähmt wird.“ Putins hochrangige Berater hätten „zu viel Angst, ihm die Wahrheit zu sagen“ (Tagesschau).

Wladimir Klitschko reist überraschend nach Berlin
Wladimir Klitschko hat Kiew verlassen, um nach Deutschland zu reisen und bei deutschen Politikern um Unterstützung zu werben. Der frühere Box-Weltmeister plane Treffen mit hochrangigen Politikern, teilte sein Bruder Vitali Klitschko, der Bürgermeister von Kiew, mit. Es gehe dabei um wirtschaftliche, humanitäre und militärische Hilfe für den von Russland angegriffenen Staat (n-tv).

Südossetien will über Beitritt zu Russland abstimmen
Seit 2008 erkennt Moskau die von Georgien abtrünnige Region als eigenständigen Staat an. Machthaber Bibilow strebt nun mit einem Referendum den Beitritt zu Russland an. „Ich glaube, dass eine Vereinigung mit Russland unser strategisches Ziel ist”, so Bibilow. In der vergangenen Woche hat Südossetien nach eigenen Angaben Truppen zur Unterstützung des Verbündeten Russland dorthin entsandt. „Unsere Jungs werden ihre Pflicht mit stolz erhobener Fahne erfüllen”, verkündete er damals. Die Mission diene der Verteidigung Russlands und Südossetiens. Die ebenfalls abtrünnige Region Abchasien plane allerdings keinen Beitritt zu Russland, sagte der Sprecher des dortigen Parlaments (Deutsche Welle).

30. März 2022

Lagebericht

Nach aktuellen Einschätzungen des britischen Militärgeheimdienstes könnte Russland auf die erlittenen Bodenverluste mit starkem Artilleriebeschuss und dem vermehrten Abfeuern von Raketen reagieren. Außerdem seien russische Einheiten, die schwere Verluste erlitten hätten, mittlerweile nach Russland oder Belarus zurückgekehrt, um sich dort neu zu organisieren und ausrüsten zu lassen. Das Verteidigungsministerium in London sprach in diesem Zusammenhang von angeschlagener russischer Logistik und einem daraus resultierenden zunehmenden Druck auf Russland.

Die russische Offensive zur Einkesselung Kiews betrachtet der britische Geheimdienst als gescheitert. Nach Einschätzung von Militärexperten aus Großbritannien sei das wahrscheinlichste Szenario, dass Russland seine militärischen Einheiten nun aus dem Norden der Ukraine in den Südosten des Landes verlege. Dort könnten sie zur Unterstützung der russischen Offensive in der Region Luhansk und Donezk eingesetzt werden. Nach direkten Gesprächen zwischen russischen und ukrainischen Verhandlungsdelegationen hatte Russlands Vizeverteidigungsminister Alexander Formin am Dienstagabend verlauten lassen, dass das russische Militär seine Aktivitäten in der Region Kiew „radikal“ reduzieren werde.

Der ukrainische Präsident Selenskyj begegnete den russischen Ankündigungen mit Misstrauen. Es habe bei den Gesprächen zwischen russischer und ukrainischer Seite zwar positive Signale gegeben, bestätigte Selenskyj in einer Videoansprache am Dienstagabend – allerdings schätze man Russland gegenwärtig nicht als vertrauenswürdigen Verhandlungspartner ein. Der ukrainische Präsident betonte, es sei den „mutigen und effektiven“ Maßnahmen des ukrainischen Militärs zu verdanken, dass sich Russland nun gezwungen sehe, seinen Einsatz um Kiew und Tschernihiw zu reduzieren. Hinsichtlich der ukrainischen Souveränität und territorialen Integrität werde die ukrainische Verhandlungsdelegation auch in Zukunft keine Kompromisse eingehen. Auch von den Regierungen in Washington und in London war die russische Ankündigung eines Abzugs aus der Region um Kiew zunächst mit Skepsis aufgenommen worden.

Das US-Verteidigungsministerium und die ukrainische Militärführung gehen davon aus, dass es sich beim vermeintlichen Abzug russischer Truppen nördlich von Kiew vielmehr um eine Umgruppierung handelt. Der ukrainische Generalstab teilte in der Nacht mit, der „sogenannte Truppenabzug“ sei in Wirklichkeit eine Rotation von Einheiten. Damit solle das Narrativ des angeblich eingestellten Planes einer Einkesselung Kiews weiter gefüttert werden. Auch der ukrainische Generalstab rechnet damit, dass diese Truppen vermehrt in der Ostukraine zum Einsatz kommen könnten. Dort erwartet die Ukraine den russischen Versuch, ukrainische Truppen einzukesseln, teilte ein Berater des Präsidenten im Fernsehen mit. Um verhindern zu können, dass die Ukraine ihrerseits Truppen in den Osten des Landes bewege, blieben jedoch einige russische Einheiten weiter um Kiew stationiert. Aus den umliegenden Städten der Hauptstadt meldete die ukrainische Militärverwaltung auch heute wieder russischen Beschuss. Es habe 30 Beschüsse von Wohngebieten und ziviler Infrastruktur in den Regionen Butscha, Browari und Wyschhorod um die Hauptstadt gegeben. Nach Einschätzungen des ukrainischen Generalstabs habe Russland das Ziel einer Blockade oder Eroberung Kiews nur vorrübergehend aufgegeben. Am Abend bestätigte das russische Verteidigungsministerium die von ukrainischer Seite zuvor bereits vermutete Umgruppierung seiner Truppen bei Kiew und Tschernihiw. Hauptziel sei nun die „vollständige Befreiung“ des Donbass im Osten der Ukraine.

Am Nachmittag hatte die Ukraine mitgeteilt, dass sich das russische Militär auf eine Wiederaufnahme von Offensiven vorbereite. Insbesondere werde mit russischen Vorstößen im Osten des Landes gerechnet, um die dort stationierten ukrainischen Einheiten einzukesseln. Ein nennenswerter Abzug russischer Truppen aus der Umgebung von Kiew oder Tschernihiw sei indes weiterhin nicht zu erkennen.

Verhandlungen – internationale Krisendiplomatie: Der ukrainische Unterhändler Mychailo Podljak äußerte sich am Nachmittag verhalten optimistisch zum Stand der Verhandlungen. Der Abzug der russischen Truppen aus der Ukraine sei allerdings zunächst Voraussetzung für eine etwaige Volksabstimmung über eine Friedensvereinbarung mit Russland. Nach russischen Angaben habe die Ukraine signalisiert, auf die Kernforderungen Moskaus einzugehen. Russlands Haltung zum Donbass und der annektierten Krim bliebe jedoch unverändert, wie Russlands Verhandlungsführer mitteilte.

Am Mittag hatte Kreml-Sprecher Dmitri Peskow noch mitgeteilt, es habe es bei den Gesprächen zwischen russischen und ukrainischen Verhandlungsdelegationen in Istanbul keinen Durchbruch gegeben. Es könne im Moment nichts „sehr Vielversprechendes“ vermeldet werden, so der Sprecher von Präsident Putin. Als positiv bezeichnete er es, dass die Ukraine „zumindest damit begonnen habe, konkrete Vorschläge zu formulieren und schriftlich festzuhalten“.

Die russische und ukrainische Verhandlungsdelegation hatten nach ihren Verhandlungen in Istanbul beschlossen, vorerst zu Konsultationen in ihre Heimatländer zurückzukehren. Ursprünglich war für den heutigen Mittwoch ein weiterer Verhandlungstag angesetzt. Wie der türkische Außenministr Cavusoglu mitteilte, wollten die Unterhändler die erarbeiteten Vorschläge nun zunächst in ihren jeweiligen Hauptstädten vorstellen. Der Leiter der russischen Delegation, Wladimir Medinski, hatte sich nach den Gesprächen ungleich positiver geäußert, als später Kreml-Sprecher Peskow: Man werde die Vorschläge aus den „substantiellen Gesprächen“ mit der Ukraine dem russischen Präsidenten Putin unterbreiten. Dann werde es aus Moskau eine Reaktion geben. Die Ukraine hatte sich in den in Istanbul stattfindenden Gesprächen prinzipiell dazu bereit erklärt, einen neutralen Status anzunehmen.

Flüchtlinge: Mehr als vier Millionen Menschen sind seit Beginn der russischen Invasion aus der Ukraine geflohen. Dies meldete das UN-Flüchtlingshilfswerk UNHCR. Zusätzlich befinden sich nach UN-Schätzungen weitere 6,5 Millionen Menschen innerhalb der Ukraine auf der Flucht. Nach Polen haben sich laut polnischem Grenzschutz seit Kriegsbeginn fast 2,37 Millionen Menschen aus der Ukraine begeben. Allein am Dienstag seien noch einmal 22.400 Menschen in Polen angekommen. Das Bundesinnenministerium meldete am Mittwoch 283.365 in Deutschland registrierte Kriegsflüchtlinge. Da es an der deutsch-polnischen Grenze keine Kontrollen gibt und sich Menschen mit ukrainischem Pass für 90 Tage frei in der EU bewegen dürfen, liegt die tatsächliche Zahl eingereister Menschen vermutlich noch weit höher. Gleichwohl war in der vergangenen Woche ein Rückgang der Zahl der in Deutschland ankommenden Kriegsflüchtlinge zu beobachten.

Ungefähr die Hälfte aller Kriegsflüchtlinge sind Kinder. Nach Angaben von UNICEF befinden sich unter den Geflüchteten aus der Ukraine rund zwei Millionen Kinder. Weitere 2,5 Millionen Kindern seien innerhalb der Ukraine vor dem Krieg auf der Flucht. Mehr als jedes zweite Kind in der Ukraine sei somit nicht mehr in seinem bisherigen Zuhause. An deutschen Schulen wurden nach Angaben der Kultusministerkonferenz bis zum 25. März schon mehr als 20.000 Schülerinnen und Schüler aus der Ukraine aufgenommen. Da die Daten aus Nordrhein-Westfalen, Thüringen, Sachsen-Anhalt und Hamburg in dieser Zahl noch nicht enthalten sind, dürfte auch hier die tatsächliche Zahl um einiges höher liegen.

Evakuierungen: Für Mittwoch sind drei Fluchtkorridore angekündigt. Dies teilte die stellvertretende Ministerpräsidentin der Ukraine, Iryna Wereschtschuk, mit.

Todesfälle und Verluste: Nach Angaben des ukrainischen UN-Botschafters Sergij Kyslyzja hat Russland im Krieg gegen die Ukraine hohe Verluste erlitten. Kyslyzja sprach im UN-Sicherheitsrat von 17.000 russischen Soldaten, die im Krieg gegen die Ukraine ihr Leben verloren hätten. Hinzu käme die Zerstörung von 1.700 gepanzerten Fahrzeugen, 600 Panzern, 300 Artilleriesystemen, 127 Flugzeugen und sieben Schiffen.

Lagebericht aus einzelnen Regionen und Städten:

Nach der Ankündigung Russlands, seine militärischen Aktivitäten um Kiew drastisch zu reduzieren, berichtet das US-Verteidigungsministerium von einer kleinen Zahl russischer Soldaten, die sich aus Stellungen nahe der ukrainischen Hauptstadt wegbewegt hätten. Das Pentagon rechnet jedoch nicht mit einem wirklichen Abzug, sondern geht von einer Neupositionierung russischer Truppen aus. Wahrscheinlich seien verstärkte Offensiven in anderen Landesteilen. Auch für Kiew sei die Bedrohung längst nicht gebannt. Derzeit gestalte sich die Lage in Kiew aber vergleichsweise ruhig, teilte der stellvertretende Bürgermeister der Metropole mit. Außerhalb der Stadt sei Beschuss gewesen zu hören – Kiew selbst sei in der Nacht aber von Angriffen verschont geblieben.

Entgegen der russischen Ankündigung, die militärischen Aktivitäten auch in der ukrainischen Stadt Tschernihiw zu reduzieren, steht die Stadt nach Angaben ihres Gouverneurs weiterhin unter Beschuss. Die ganze Nacht über sei Tschernihiw das Ziel russischer Angriffe gewesen. Zudem habe es Luftangriffe auf das nahegelegene Nischyn gegeben.

Im norwestukrainisch gelegenen Irpin haben seit Kriegsbeginn mindestens 200 bis 300 Menschen ihr Leben verloren. Dies teilte der Bürgermeister der nahe zu Kiew gelegenen Stadt am Mittwoch mit.

In der westukrainischen Region Chmelnitskji sind nach Angaben des örtlichen Gouverneurs drei Industrieanlagen zum Ziel russischer Angriffe geworden. Es habe Brände gegeben. Über etwaige Opfer ist noch nichts bekannt.

Aus der Region Luhansk berichtete der dortige Gouverneur Serhij Gaidai via Telegram von schwerem Artilleriebeschuss auf Wohngebiete des Ortes Lysytschansk. Viele Gebäude seien daraufhin eingestürzt. Rettungskräfte hätten bereits mit der Suche nach Überlebenden begonnen; Informationen über Opfer liegen noch nicht vor.

Aus dem ebenfalls in der Ostukraine gelegenen Donezk meldete der Gouverneur Pawlo Kyrylenko großflächige russische Angriffe. Beinahe alle an der Demarkationslinie gelegenen Städte befänden sich unter russischem Beschuss. Im ukrainischen Fernsehen warnte der Gouverneur, die Lage könne sich durch die von Russland angekündigte Fokussierung auf die ostukrainischen Gebiete noch weiter verschärfen. Die Demarkationslinie trennt die unter ukrainischer Kontrolle befindlichen Gebiete von dem Territorium, das von prorussischen Separatisten kontrolliert wird. Das russische Militär gab am Mittwoch bekannt, zwei in der Region Donezk gelegene Munitionslager zerstört zu haben. Im Ort Kamjanka habe die ukrainische Armee Munition für ihre Raketenartillerie gelagert, so ein Sprecher des Verteidigungsministeriums in Moskau. Binnen 24 Stunden seien 64 militärische Objekte der Ukraine zerstört worden – darunter auch ein Stab ukrainischer Spezialkräfte im Gebiet Mykolajiw.

In der gleichnamigen südukrainischen Stadt Mykolajiw sind nach ukrainischen Angaben bei einem russischen Angriff auf die ansässige Regionalverwaltung 15 Menschen getötet und 34 weitere verletzt worden.

Laut ukrainischen Behörden sind aus einer Entbindungsstation in der belagerten Stadt Mariupol mehr als 70 Menschen gewaltsam nach Russland verschleppt worden – darunter viele Frauen und medizinisches Personal. Via Telegram erklärte die Stadtverwaltung, es seien insgesamt bereits mehr als 20.000 Menschen aus Mariupol gegen ihren Willen nach Russland verschleppt worden. Am Mittwoch meldete die Menschenrechtsbeauftragte des ukrainischen Parlaments, Ljudmyla Denoswa, in der Hafenstadt sei ein Gebäude des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz (IKRK) zum Ziel russischer Luftangriffe geworden.

Die ukrainische Regierung sorgt sich weiter um die Lage an der Atomruine in Tschernobyl. Man fürchte Explosionen russischer Munition am stillgelegten Kraftwerk, teilte die stellvertretende Ministerpräsidentin Iryna Wereschtschuk mit. Dies verband sie mit der Forderung eines Abzugs russischer Truppen rund um das Sperrgebiet.

Aktuelle Berichte:

Deutschland erwägt Beteiligung an Sicherheitsgarantien für die Ukraine
Deutschland zeigt sich grundsätzlich dazu bereit, gemeinsam mit anderen Ländern eine Rolle als Garant für die Sicherheit der Ukraine zu spielen. Entscheidende Voraussetzung dafür sei aber zunächst ein Friedensabkommen zwischen der Ukraine und Russland, teilte Regierungssprecher Steffen Hebestreit in Berlin mit. Er betonte, die Bundesregierung bleibe zudem bei ihrer strikten Haltung, nicht zur militärischen Konfliktpartei zu werden. Der ukrainische Präsident soll sich zuvor mehrfach bei Bundeskanzler Scholz erkundigt haben, ob Deutschland zur Beteiligung an internationalen Sicherheitsgarantien für die Ukraine bereit wäre (Der Spiegel).

Wirtschaftsminister Habeck ruft Frühwarnstufe der Gasversorgung aus
Deutschland bereitet sich auf ein Ende der Erdgaslieferungen durch Russland vor. Wirtschaftsminister Habeck hat die Vorwarnstufe in einem Notfallplan für die Gasversorgung gestartet. Hintergrund dieses Schrittes ist das von Russland wiederholt formulierte Ultimatum, Zahlungen für Energielieferungen ab April nur noch in der russischen Landeswährung Rubel zu akzeptieren. Zahlungen in Euro und Dollar würden von Russland dann nicht mehr akzeptiert. Die G7-Staaten hatten die russische Forderung am Montagabend erneut zurückgewiesen. Russland drohte daraufhin mit einem sofortigen Ende der Gasexporte. Auch wenn noch nicht klar ist, ob Russland seine Gaslieferungen im Falle der Zuwiderhandlung tatsächlich einstellt, werde man sich mit Ausrufung der Frühwarnstufe nun auf ein Ausbleiben russischer Gasimporte einstellen. Weitere Schritte des Notfallplans sehen eine Priorisierung der Gasversorgung vor: Während Haushalte weiterhin mit Gas versorgt werden sollen, könnten einzelne industrielle Großkunden dann deutlich reduzierte Gasmengen erhalten (Der Spiegel).

Energieversorgung in Deutschland: So funktioniert der Notfallplan Gas
Die Bundesregierung bereitet sich aufgrund des Ukraine-Kriegs und russischer Drohungen, Gaslieferungen nach Europa einzustellen, auf eine mögliche Verschlechterung der Gasversorgung vor. Die nun ausgerufene Frühwarnstufe bedeutet laut Wirtschaftsminister Habeck, dass im Wirtschaftsministerium nun täglich ein aus Behörden und Energieversorgern bestehender Krisenstab zusammenkommen soll. Dessen Aufgabe wird es sein, die aktuelle Versorgungslage zu analysieren und zu bewerten. Zusätzlich soll die Bundesnetzagentur ab kommendem Donnerstag einen täglichen Sachstandsbericht veröffentlichen. Der Notfallplan Gas sieht drei Eskalationsstufen vor. Allerdings würde der Staat erst in der höchsten der insgesamt drei Stufen eine Priorisierung bei der Gasversorgung vornehmen (ZDF).

Russland stellt Gaszahlungen nicht sofort auf Rubel um
Wie der Kreml bekannt gab, wird Russland nicht sofort verlangen, dass andere Länder ihre Gaslieferungen in Rubel bezahlen. Als ein Entgegenkommen ist die Mitteilung indes nicht zu verstehen. Stattdessen soll es eine allmähliche Umstellung für russische Exportgüter geben. Auch Lieferungen von Öl, Getreide, Metallen, Düngemitteln, Kohle und Holz müssten dann in der russischen Landeswährung beglichen werden. Der Chef des russischen Parlaments Wjatscheslaw Wolodin schob dem die an die EU gerichtete Warnung hinterher, dass sie künftige Gaslieferungen in Rubel zu bezahlen habe, wenn sie weiter russisches Gas wolle (Der Spiegel).

Russland und China rücken zusammen
Erstmals seit Kriegsbeginn sind der russische Außenminister Lawrow und sein chinesischer Amtskollege Wang Yi in der südostchinesischen Provinz Anhui zu einem persönlichen Treffen zusammengekommen. Anlass des Treffens sind Gespräche über die Entwicklung Afghanistans, zu denen Gastgeber China eingeladen hatte. Auch Vertreter der USA und der afghanischen Taliban-Regierung zählten zu den Teilnehmern des Gipfels. Aufhorchen ließ die Vereinbarung einer „strategischen Partnerschaft“ zwischen Russland und China in einer „schwierigen internationalen Situation“. Künftig wolle man sich außenpolitisch noch enger abstimmen und in internationalen Angelegenheiten mit einer Stimme sprechen, ließ das Außenministerium in Moskau nach Abschluss der Gespräche wissen (Süddeutsche Zeitung).

29. März 2022

Lagebericht

Der ukrainische Präsident Selenskyj schätzt die Situation in seinem Land trotz einiger militärischer Erfolge weiter als angespannt ein. In seiner nächtlichen Videoansprache bezeichnete er die Lage sowohl im Norden als auch im Osten und Süden des Landes als „sehr schwierig“. Russische Truppen hielten den Norden des Kiewer Gebiets unter ihrer Kontrolle, verfügten weiterhin über Ressourcen und Kräfte und versuchten, zerschlagene Einheiten wiederaufzubauen, so Selenskyj. Auch in den weiteren im Norden gelegenen Gebieten bei Tschernihiw, Sumy und Charkiw sowie im gesamten Donbass-Gebiet im Osten bis hinunter zum südlichen Mariupol dauerten die Kämpfe weiter an.

Laut Bericht des ukrainischen Generalstabs versuchten die ukrainischen Streitkräfte derzeit an mehreren Orten im Donbass, Angriffe russischer Einheiten abzuwehren. So sei man dabei, den russischen Vormarsch auf die Großstadt Slowjansk im Gebiet Donezk im Südosten des Landes sowie auf die Kleinstadt Barwinkowe im Gebiet Charkiw zu stoppen. Auch im Gebiet Luhansk versuche man die Eindämmung russischer Angriffe. Ebenso sei man in der Region Tschernihiw im Norden des Landes dabei, den russischen Vormarsch einzudämmen. Rund um Kiew kämpften die für die Verteidigung der Hauptstadt zuständigen Kräfte weiter und kontrollierten die Situation in einigen Vororten Kiews. Die westlich von Kiew gelegene Stadt Irpin hätten die ukrainischen Streitkräfte von russischen Truppen befreit. Die russischen Einheiten seien geschwächt und „orientierungslos“. Ein großer Teil der Truppen sei von der Logistik und den Hauptstreitkräften abgeschnitten, heißt es im Lagebericht des Generalstabs. Gleichzeitig hielten die ukrainischen Truppen im Süden die Rundumverteidigung der umkämpften Hafenstadt Mariupol aufrecht.

Um das ukrainische Militär zu schwächen, nimmt Russland nach wie vor ukrainische Militärstützpunkte und Treibstofflager unter Beschuss. Nachdem gestern in der nordwestukrainischen Region Riwne ein Öldepot getroffen wurde, sind nun nach Dubno, Luzk, Lwiw, Mykolajiw und weiteren Lagern in der Nähe der Hauptstadt Kiew rund ein Dutzend Kraftstofflager schwer beschädigt worden. Durch russische Luftangriffe seien allein seit Montag 68 ukrainische Militärobjekte zerstört worden, sagte der ukrainische Verteidigungsminister, darunter unter anderem Flugabwehrraketensysteme, zwei Munitionsdepots und drei Treibstofflager.

Zur weiteren Unterstützung will Russland laut britischem Verteidigungsministerium nun offenbar neben Kämpfern aus Syrien, Tschetschenien und Südossetien auch russische Söldner der „Gruppe Wagner“ im Osten der Ukraine einsetzen. Schätzungen zufolge könnten mehr als 1.000 Söldner für Kampfeinsätze in die Ukraine entsandt werden. Die „Wagner-Gruppe“ gilt als Russlands „Schattenarmee" und wird mit Krisenregionen wie Syrien, Libyen und zuletzt auch Mali in Zusammenhang gebracht. Den Söldnern werden schwere Verstöße gegen Menschenrechte vorgeworfen, darunter Folter und gezielte Tötungen. Der Kreml bestreitet jegliche Verbindung zur „Wagner-Gruppe“.  

Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International wirft Russland in ihrem jüngst veröffentlichten Jahresbericht Kriegsverbrechen vor. Die Organisation kritisiert ferner, die internationale Staatengemeinschaft reagiere nur unzureichend auf die weltweiten Krisen. Sie lastet internationalen Institutionen wie dem UN-Sicherheitsrat eine „beschämende Untätigkeit“ an. Dieser solle besser als „Unsicherheitsrat“ betitelt werden.

Indes hat die UN eine Initiative zu sofortigen Sondierungen für eine mögliche „humanitäre Waffenruhe" in der Ukraine gestartet. Über eine Resolution habe die UN-Vollversammlung im März bereits zwei Mal eine sofortige Einstellung der Waffenruhe gefordert. Jetzt sei der Moment für die Vereinten Nationen gekommen, tatsächlich die Initiative zu ergreifen. UN-Generalsekretär António Guterres hat seinen Nothilfekoordinator Martin Griffiths darum gebeten, die Möglichkeit eines „humanitären Waffenstillstands” im Ukraine-Krieg auszuloten. Auch starten heute die Friedensverhandlungen zwischen russischen und ukrainischen Vertretern in der Türkei. Die ukrainische Seite dämpfte jedoch bereits im Vorfeld die Erwartungen.

Was Spekulationen über einen möglichen Einsatz nuklearer Waffen durch Russland anbelangt, ist Kreml-Sprecher Dimitri Peskow diesen Gedanken nun energisch entgegengetreten. „Niemand in Russland denkt an den Einsatz oder auch nur an die Idee eines Einsatzes von Atomwaffen“, sagte er im Gespräch mit einem amerikanischen Fernsehsender. Wie auch immer die „spezielle Militäroperation“ ausgehe, werde dies kein Grund für den Einsatz nuklearer Waffen sein. Russland werde sein Atomwaffenarsenal nur bei einer „Bedrohung der Existenz Russlands“ einsetzen. Die staatliche Existenz Russlands und die Ereignisse in der Ukraine hätten „nichts miteinander zu tun“.

Verhandlungen – internationale Krisendiplomatie: Heute wurden nach drei Wochen Pause die Verhandlungen zwischen russischen und ukrainischen Vertretern in der Türkei fortgesetzt. Die russische Seite sprach von konstruktiven Gesprächen, die ukrainische Seite von Fortschritten. Die Vorschläge der Ukraine würden nun geprüft, so der russische Unterhändler. Ein Treffen Putins mit dem ukrainischen Präsidenten Selenskyj sei möglich, wenn zuvor eine Vereinbarung zwischen den Außenministern beider Länder erzielt worden sei. Die Ukraine hat bei den Verhandlungen ein neues System für Sicherheitsgarantien vorgeschlagen. Wenn ein solches System stehe, werde die Ukraine einem neutralen Status zustimmen. Die Ukraine warte nun auf die russischen Antworten. Man sei zudem der Ansicht, dass es genug Fortschritte für ein Treffen der Präsidenten Putin und Selenskyj gegeben habe. Für die Fortführung der Gespräche nannte die Ukraine einen Zeitraum von zwei Wochen. Indes möchten die UN über ihren Nothilfekoordinator die Initiative ergreifen, um eine „humanitäre Waffenruhe" zu erwirken.

Flüchtlinge: Nachdem gestern bereits eine Gesamtzahl von 3,9 Millionen Menschen gemeldet wurden, die seit Kriegsbeginn aus der Ukraine ins Ausland geflohen sind, dürfte heute die 4-Millionen-Marke erreicht werden. Weitere 6,5 Millionen Menschen sollen innerhalb der Ukraine auf der Flucht sein. Stand gestern sind laut Grenzschutz bislang rund 2,35 Millionen Menschen aus der Ukraine nach Polen geflüchtet, 595.000 nach Rumänien und 383.000 in die Republik Moldau, 354.000 nach Ungarn, 275.000 in die Slowakei und eine ähnlich hohe Anzahl nach Tschechien. In Deutschland sollen mittlerweile laut der Integrationsbeauftragten der Bundesregierung mehr als 300.000 Kriegsflüchtlinge registriert worden sein.

Evakuierungen: Die stellvertretende ukrainische Ministerpräsidentin erklärte, sie hoffe, dass am heutigen Dienstag drei Fluchtkorridore aus umkämpften Gebieten geöffnet werden können, unter anderem auch für Mariupol. Dort hoffe man auf einen Fluchtkorridor für Menschen in Privatautos. Zwei weitere Korridore seien im Gebiet Saporischschja für die Atomkraftwerksstadt Enerhodar und die Großstadt Melitopol vereinbart worden. Busse des Zivilschutzes seien unterwegs. In den letzten Tagen waren wenig bis keine Evakuierungen aus umkämpften Städten mehr möglich.

Lagebericht aus einzelnen Regionen und Städten:

In der Region um Kiew verteidigen die ukrainischen Streitkräfte laut eigenen Angaben weiterhin die Stellungen. In den Orten Motyschyn, Lisne, Kapitaniwka und Dmytrivka im Westen Kiews sei die Situation unter Kontrolle. Aus dem westlich gelegenen Irpin konnten die russischen Soldaten vertrieben werden, so der dortige Bürgermeister. In Kiew sind Bürgermeister Vitali Klitschko zufolge seit Beginn der russischen Invasion mehr als 100 Menschen ums Leben gekommen.

Die ukrainische Armee ist es eigenen Angaben zufolge gelungen, russische Truppen vor der Großstadt Krywyj Rih zurückzudrängen. „Die Besatzer befinden sich nicht näher als 40 Kilometer von der Stadt entfernt“, sagte der Chef der Militärverwaltung der Stadt. Krywyj Rih ist die im Süden gelegene Heimatstadt von Präsident Wolodymyr Selenskyj. Vor dem Krieg lebten dort etwa 600.000 Menschen. Den russischen Streitkräften war es zwischenzeitlich gelungen, bis etwa zehn Kilometer an die Industriestadt heranzukommen. Die russische Armee hat im Ukraine-Krieg nach Angaben der örtlichen Behörden ein Regierungsgebäude beschossen.

In der südukrainischen Stadt Mykolajiw wurde das Gebäude der Regionalverwaltung unter Beschuss genommen. Die Hälfte des Gebäudes sei bei dem Angriff zerstört worden. Zuletzt hatten die Angriffe auf Mykolajiw nachgelassen.

In der stark umkämpften Hafenstadt Mariupol versuche die ukrainische Armee, die Rundumverteidigung aufrecht zu erhalten. Nach Angaben des britischen Militärgeheimdienstes halte die Ukraine weiter das Zentrum der umkämpften südöstlichen Hafenstadt Mariupol. Der dortige Bürgermeister sagte hingegen in einem Fernsehinterview, nicht alles sei mehr in seiner Macht. „Leider sind wir hier jetzt in der Hand der Besatzer.“ Allerdings wurde nicht klar, inwieweit sich dies auf die Kontrolle des Stadtgebiets bezog. Möglicherweise zielte er vor allem auf die Situation in den Fluchtkorridoren ab. Diese würden praktisch komplett von den russischen Invasoren kontrolliert. In einem heutigen Telefonat Präsident Putins mit dem französischen Präsidenten Macron hat dieser geäußert, daß die „ukrainischen nationalistischen Kämpfer den Widerstand aufgeben und die Waffen niederlegen sollten”. Die Situation in Mariupol ist jedenfalls nach wie vor katastrophal. Das Leben in der Stadt sei unerträglich geworden, es gebe keinen Strom, kein Wasser, keine Heizung, so der Bürgermeister. Heute setzt Mariupol die Hoffnung auf einen Fluchtkorridor, über den Menschen zumindest versuchen könnten, die Stadt zu verlassen.

Im Süden geht offenbar weiterhin eine Gefahr von frei im Meer schwimmenden Seeminen aus. Die Minen hätten sich von ihren Verankerungen gelöst und würden vor den Küsten der Anrainerstaaten treiben, so das russische Verteidigungsministerium. Das türkische Verteidigungsministerium hatte bereits mitgeteilt, Seeminen in ihren Gewässern entdeckt und unschädlich gemacht zu haben. Russland und die Ukraine werfen sich gegenseitig vor, das Schwarze Meer vermint zu haben.

Aktuelle Berichte:

Fortschritte bei den Verhandlungen der Ukraine und Russland in der Türkei
Bei dem vierstündigen Gespräch in Istanbul konnten Fortschritte erzielt werden, so die Einschätzung beider Parteien. Der russische Unterhändler Wladimir Medinsky hat die Verhandlungen in der Türkei als konstruktiv bezeichnet. Die Vorschläge der Ukraine würden nun geprüft und dann Präsident Putin übermittelt, sagte Medinsky. Ein Treffen Putins mit dem ukrainischen Präsidenten Selenskyj sei nur möglich, wenn zuvor eine Vereinbarung zwischen den Außenministern beider Länder erzielt worden sei. Russland wolle nach Angaben des Verteidigungsministeriums seine „militärischen Aktivitäten" in der Ukraine bei Kiew und Tschernihiw nun deutlich reduzieren. Diese militärische Deeskalation würde jedoch keine Feuerpause bedeuten.
Die Ukraine hat bei den Verhandlungen nach eigenen Angaben ein neues System für Sicherheitsgarantien vorgeschlagen. Wenn ein solches System stehe, werde die Ukraine einem neutralen Status zustimmen. Das würde auch umfassen, dass es keinen ausländischen Militärstützpunkt auf ukrainischem Gebiet geben werde. Grundvoraussetzung sei aber ein Referendum über die Bedingungen eines Abkommens mit Russland. Zudem müsse vor Inkrafttreten eines finalen Abkommens auf dem gesamten Gebiet der Ukraine wieder Frieden herrschen. Die Ukraine warte nun auf die russischen Antworten. Man sei zudem der Ansicht, dass es genug Fortschritte für ein Treffen der Präsidenten Putin und Selenskyj gegeben habe. Sobald ein vertretbarer Kompromiss gefunden worden sei, könne ein möglicher Vertrag zwischen beiden Staaten schnell unterzeichnet werden, so die russischen Unterhändler (Tagesschau).

Amnesty International wirft Russland Kriegsverbrechen vor
Amnesty International hat Russland „eine eklatante Verletzung des Völkerrechts" in der Ukraine vorgeworfen. „Wahllose Angriffe auf Krankenhäuser, Wohngebiete und Kindergärten sowie der Einsatz verbotener Streumunition" seien belegt worden, erklärte der Generalsekretär von AI in Deutschland anlässlich der Vorstellung des Jahresberichts der Organisation. Dabei handle es sich um Kriegsverbrechen. Der internationalen Staatengemeinschaft wirft Amnesty in dem Jahresbericht weltweit eine unzureichende Reaktion auf Konflikte vor. Es herrsche ein Klima, „in dem Verletzungen des humanitären Völkerrechts und schwerste Menschenrechtsverletzungen nicht durch ein konsequentes Eintreten der internationalen Staatengemeinschaft sanktioniert wurden“. Der russische Angriff auf die Ukraine sei nur die Spitze des Eisbergs (Tagesschau).

Importierte Energie im Februar fast 130 Prozent teurer als im Vorjahresmonat
Bei den Energiepreisen hat es im Februar auf allen Wirtschaftsstufen einen enormen Anstieg gegeben – und dies, obwohl die aktuelle Preisentwicklung nach dem Angriff Russlands auf die Ukraine in den Ergebnissen noch nicht enthalten sei. Laut Statistischem Bundesamt war importierte Energie im Februar mit einem Plus von 129,5 Prozent mehr als doppelt so teuer wie im Vorjahresmonat. Demnach trugen „die Unsicherheiten auf den Energiemärkten und die angespannte Versorgungslage mit Erdgas vor dem Angriff Russlands auf die Ukraine“ zu den hohen Energiepreissteigerungen bei. Im Inland erzeugte Energie kostete 68,0 Prozent mehr als ein Jahr zuvor. Verbraucher mussten für Haushaltsenergie und Kraftstoffe 22,5 Prozent mehr zahlen als im Februar 2021 (arte).

Russland erwägt Gaslieferstopp: „Sind keine Wohltäter”
Die EU und die G7-Staaten haben die jüngste Forderung Russlands nach einer Bezahlung von Gaslieferungen in Rubel weitgehend abgelehnt. Russland droht nun seinerseits mit einem Lieferstopp: „Keine Bezahlung – kein Gas”, sagte Kreml-Sprecher Dmitri Peskow. Man wolle die endgültige Antwort der EU abwarten und dann die nächsten Schritte festlegen. „Wir beabsichtigen aber auf keinen Fall, uns als Wohltäter zu zeigen und Westeuropa kostenloses Gas zu liefern“, betonte Peskow (Tagesschau).

28. März 2022

Lagebericht

Nachdem das russische Militär derzeit keine großen Offensiven in Richtung weiterer Geländegewinne startet und hauptsächlich versucht, die momentanen Stellungen zu verteidigen, setzt es seine Strategie fort, die belagerten Städte weiter unter Druck zu setzen. Vor allem über die Luft führt das russische Militär Angriffe gegen ukrainische Städte weiter fort. In der Nacht wurden unter anderem die Hauptstadt Kiew, Charkiw sowie Luzk und Riwne von mehreren schweren Explosionen erschüttert. Mit der „partiellen oder totalen Blockade von humanitären Korridoren“ zur Evakuierung der Bevölkerung aus den umkämpften Städten wirft die ukrainische Führung dem russischen Militär eine „unmenschliche Taktik" vor.

Nach der Ankündigung Russlands, sich auf die Befreiung der Donbass-Region im Osten der Ukraine konzentrieren zu wollen, befürchtet die ukrainische Regierung insbesondere eine weitere Verschlechterung der ohnehin katastrophalen Lage der Stadt Mariupol, die im Süden des Donbass gelegen ist. Russland würde mit allen Mitteln versuchen, diese Stadt vollends zu zerstören und einzunehmen. Nachdem Russland angegeben hat, hauptsächlich die „Befreiung” des Ostens zum Ziel zu haben, scheint eine Teilung der Ukraine aus Sicht Russlands ein realistisches Szenario zu sein, so Militärexperte Thomas Wiegold.

Russland versucht indes weiterhin, militärische Ziele in der Ukraine anzugreifen und Kriegsgerät und Depots unter Beschuss zu nehmen. So wurde gestern in Luzk im Nordwesten der Ukraine ein großes Treibstoffdepot getroffen. Ferner sind in der von russischen Streitkräften besetzten Sperrzone um die Atomruine Tschernobyl nach Angaben der ukrainischen Behörden erneut neue, schwer löschbare Brände ausgebrochen, die ernste Folgen haben könnten.

Im Süden an der ukrainischen Schwarzmeerküste halte Russland weiterhin seine Blockade aufrecht und isoliere somit die Ukraine effektiv vom internationalen Seehandel, so der britische Geheimdienst. Sporadisch gebe es weiterhin Angriffe der russischen Seekräfte auf Ziele in der Ukraine. Die Zerstörung eines russischen Landungsschiffes, das vor einigen Tagen an der Küste angelegt hatte, dürfte die russische Marine indes wohl zögern lassen, künftig Einsätze aus nächster Nähe der Küste durchzuführen.

Aber auch die ukrainischen Streitkräfte setzen ihre Strategie fort, mit Gegenoffensiven die russischen Einheiten zum Rückzug zu zwingen. So wurden im Nordosten in der Umgebung von Charkiw russische Truppen aus mehreren Ortschaften verdrängt: „Wir treiben die Besatzer in Richtung Grenze zurück“, so der regionale Militärchef. Auch in der Region Kiew gab es nach ukrainischen Angaben Landgewinne. Ferner versucht das ukrainische Militär weiterhin, russische Logistikkonvois zu überfallen, um dem Nachschub an Ausrüstung und Personal zu unterbinden.

Indes setzt Russland seine Bemühungen fort, weitere Truppen zu mobilisieren. Derzeit würden zusätzliche Militäreinheiten an die ukrainische Grenze verlegt, so der ukrainische Generalstab. Ferner bringe Russland zur Vorbereitung weiterer Angriffe auf die Ukraine neue Raketen nach Belarus. Die sich in Belarus befindlichen russischen Abschussrampen würden mit neuen Projektilen versorgt. Diese mobilen Abschussbasen könnten sowohl Kurzstreckenraketen als auch Marschflugkörper abfeuern. Zuletzt hatten Experten festgestellt, dass die Projektile auch Täuschkörper freisetzten, um Radar oder Abfangraketen zu verwirren.

Heute hat das ukrainische Wirtschaftsministerium aktuelle Zahlen über die bislang durch den aktuellen Krieg verursachten Schäden bekannt gegeben. Sie beliefen sich auch ein Volumen von 564,9 Milliarden Dollar. Mit eingerechnet seien darin unter anderem Schäden an der Infrastruktur, Verluste bei der Wirtschaftsleistung und andere Faktoren, sagte die Wirtschaftsministerin. 8.000 Kilometer Straßen und 10 Millionen Quadratmeter Wohnfläche seien beschädigt oder zerstört.

Verhandlungen — internationale Krisendiplomatie: Ab morgen sollen die neuen Verhandlungen zwischen russischen und ukrainischen Vertretern in der Türkei beginnen. In einem gestrigen Interview mit mehreren unabhängigen russischen Medien betonte der ukrainische Präsident Selenskyj, wirksame Sicherheitsgarantien für die Ukraine seien ein Muss. Die Territoriale Integrität und Souveränität seines Landes müsse gewahrt bleiben. In der Frage über eine Neutralität der Ukraine sowie die Zukunft des Donbass sei er zu Kompromissen bereit.

Flüchtlinge: Nahezu 3,9 Millionen Menschen sind nach UN-Angaben mittlerweile aus der Ukraine ins Ausland geflohen. Weitere 6,5 Millionen Menschen sind demnach innerhalb der Ukraine auf der Flucht. Rund 2,3 Millionen Menschen sind laut Grenzschutz bislang aus der Ukraine nach Polen geflüchtet, 595.000 nach Rumänien und 383.000 in die Republik Moldau, 354.000 nach Ungarn, 275.000 in die Slowakei und eine ähnlich hohe Anzahl nach Tschechien. In Deutschland sollen mittlerweile laut der Integrationsbeauftragten der Bundesregierung über 300.000 Kriegsflüchtlinge angekommen sein. Bundeskanzler Olaf Scholz erklärte: „Aber das wird nur der Anfang sein.” Je länger der Krieg andauere, umso mehr Menschen würden Schutz suchen müssen. „Und sie werden diesen Schutz bei uns auch finden.”

Seit Beginn des Krieges sind laut offiziellen Angaben aus Kiew über 500.000 Menschen wieder in die Ukraine zurückgekehrt.Demnach seien bis zu 80 Prozent der Einreisenden Männer. Die Grenzpolizei geht davon aus, dass die meisten militärisch oder nicht-militärisch zur Landesverteidigung beitragen wollten.

Evakuierungen: Gestern war es nur gut 1.000 Menschen gelungen, sich aus umkämpften Städten in Sicherheit zu bringen. Da Russland die Fluchtwege und Evakuierungen zu einem großen Teil blockiert, ist es nunmehr sehr schwer, über die geplanten Fluchtkorridore Menschen aus der Stadt zu bringen. Dennoch wird versucht, täglich neue Fluchtrouten mit der russischen Seite zu vereinbaren. Allerdings konnten offenbar für den heutigen Montag aufgrund der Bedrohung durch russische Truppen keine Fluchtkorridore eingerichtet werden. Es gebe Geheimdienstinformationen über mögliche „Provokationen“ auf den Routen, heißt es aus Kiew.

Todesfälle: Nach ukrainischen Angaben hat der am 24.Februar begonnene Krieg insgesamt auf beiden Seiten bereits um die 20.000 Kriegstote gefordert. Zum Vergleich: Bei dem Krieg in der Ukraine, der sich nach den Euromajdan-Protesten 2013 in den Folgejahren entwickelte, kamen auf Seiten der ukrainischen Truppen und den von Russland unterstützen Separatisten nach UN-Angaben mehr als 13.000 Menschen ums Leben.

Lagebericht aus einzelnen Regionen und Städten:

In der Region um die Hauptstadt Kiew wird einerseits von ukrainischen Rückeroberungen von Ortschaften berichtet, andererseits gibt es auch Meldungen über neuerliche Versuche Russlands, die Verteidigungsanlagen im Umkreis von Kiew zu durchbrechen und weiter in Richtung der Hauptstadt vorstoßen. Die ukrainische Armee konnte die Versuche offenbar abwehren. Am Morgen wurde in der Region um Kiew von Raketeneinschlägen berichtet sowie von Kämpfen entlang der strategisch wichtigen Autobahn. Die russische Seite berichtet ferner von einer neuerlichen Panzerkolonne, die 40 Kilometer von Kiew entfernt den Ort Salissja verlassen haben und auf der Fernstraße E95 in Richtung Kiew unterwegs sein soll. Eine größere Offensive auf die Hauptstadt scheint derzeit weiter wenig wahrscheinlich. Zu weit entfernt ist der Großteil der russischen Truppen. Der Druck auf die Hauptstadt könnte im Zuge der neuerlichen Mobilisierungsaktivitäten Russlands künftig jedoch wieder stärker zunehmen.

In der nördlich von Kiew gelegenen Stadt Tschernihiw konnten ukrainische Soldaten nach eigenen Angaben in der vergangenen Nacht russische Angriffe abwehren. Auch das östlich von Kiew gelegenen Schytomyr sei mit Raketen und Bomben beschossen worden.

Ebenso stand abermals die im Norden gelegene Stadt Charkiw unter starkem Beschuss. Binnen 24 Stunden hätten die russischen Truppen Charkiw fast sechzig Mal mit Artillerie und Mörsern beschossen. Seit Beginn der russischen Angriffe seien nach ukrainischen Angaben fast 1.180 mehrgeschossige Wohnhäuser zerstört worden. Außerdem seien mehr als 50 Kindergärten, fast 70 Schulen und 15 Krankenhäuser vernichtet worden, sagte der Bürgermeister von Charkiw. Rund 30 Prozent der Bevölkerung hätten die Stadt verlassen.

In der im Nordwesten gelegenen Stadt Luzk steht nach einem Beschuss ein großes Treibstoffdepot in Flammen. Der Bürgermeister der Stadt forderte die Bewohner auf, in den Schutzbunkern zu bleiben und keine Fotos oder Videos über die Explosionen zu veröffentlichen. Auch aus der nordwestukrainischen Region Riwne hat es laut dem dortigen Gouverneur einen russischen Raketenangriff auf ein Öldepot gegeben. Der Zivilschutz sei bereits vor Ort. Aufgrund des weiter geltenden Luftalarms sollen die Bürger weiter in den Schutzkellern bleiben.

In der von russischen Streitkräften besetzten Zone um die Atomruine Tschernobyl im Norden der Ukraine sind nach Angaben der ukrainischen Behörden neue Brände ausgebrochen, die wegen der russischen Truppen schwer zu kontrollieren und zu löschen seien.

Im stark umkämpften Mariupol wird befürchtet, dass sich die Lage noch weiter verschlechtern könnte. Russland setze seine „totalen Raketenangriffe" gegen ukrainische Städte fort und decke dabei insbesondere auch die Hafenstadt Mariupol mit „Bombenteppichen” ein, so der ukrainische Präsidentenberater. Die derzeitige Konzentration Russlands auf den Donbass bedeute „eine potenzielle oder starke Verschlechterung rund um Mariupol”. Bereits jetzt, so der ukrainische Präsident Selenskyj, liege in Mariupol mehr in Schutt und Asche als im tschetschenischen Grosny. Die lokalen Behörden geben die Zahl der Toten iin Mariupol mittlerweile mit 5000 an. Die Versorgunsglage ist katastrophalst.Für heute konnten offenbar keine sicheren Fluchtkorridore aus der Stadt vereinbart werden. Es gebe Angaben über russische Provokationen zur Verhinderung der Evakuierungen. Der Bürgermeister von Mariupol rief zur vollständigen Evakuierung der Stadt auf. Rund 50 Prozent der Bevölkerung hätten die Stadt seit Kriegsbeginn verlassen können, 160.000 Einwohner seien jedoch nach wie vor in der Stadt eingeschlossen. Indes laufen die Planungen unter der Führung Frankreichs für eine groß angelegte Evakuierungsaktion für die weiter in der Stadt ausharrenden Menschen weiter.

Die Hafenstadt Odessa bereitet sich derweil weiter auf eine mögliche Großoffensive auf die Hafenstadt vor. Sollte Russland die Kontrolle über den dortigen Hafen bekommen, wäre dies ein schwerer Schlag im Hinblick auf die Versorgungslage der Ukraine. Derzeit scheint die Gefahr für eine Offensive auf die Stadt allerdings weder von der See als auch von Land aus wenig wahrscheinlich. Am Sonntag hat sich die Kampflinie von der Stadt Mykolajiw nach ukrainischen Angaben etwas entfernt. Die Bombenangriffe auf die seit Wochen von der russischen Armee belagerte Stadt haben offenbar nachgelassen. Mykolajiw befindet sich gut 100 Kilometer nordöstlich der Stadt Odessa und gilt als strategisch wichtig. Sollte es der Ukraine gelingen, diese Stadt weiterhin zu halten, ist ein russischer Bodenangriff von Seiten des Landes auf Odessa unwahrscheinlich.

Aktuelle Meldungen:

Verhandlungen zwischen Ukraine und Russland gehen in die nächste Runde
Nachdem es zunächst hieß, die Verhandlungen würden bereits heute starten, sollen die Gespräche nun doch erst morgen beginnen. Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan und der russische Staatschef Wladimir Putin hatten sich in einem Telefonat zuvor darauf verständigt, dass die neue Runde der Verhandlungen, die zuletzt per Videokonferenz geführt wurden, in Istanbul stattfinden soll. In Bezug auf einen möglichen neutralen Status der Ukraine erklärte Selenskyj, die Forderung Russlands „gründlich" prüfen zu wollen. Er habe Verständnis für diese Forderung der Gegenseite. Gleichzeitig betonte Selenskyj, die Sicherheitsgarantien für die Ukraine und die territoriale Integrität und Souveränität seines Landes müssten gewährleistet werden. In der Frage um den Donbass im Osten der Ukraine strebt Selenskyj eine Lösung an, nach welcher sich die russischen Truppen in die von prorussischen Separatisten kontrollierten Gebiete im Osten „zurückziehen“. Von dort aus könne versucht werden, die Donbass-Frage weiter zu lösen. Er betonte weiter: „Wir verstehen, dass es unmöglich ist, das Gebiet vollständig zu befreien.” Eine Rückeroberung der Gebiete würde „den Dritten Weltkrieg” auslösen (Tagesschau).

EU will Aufnahme von Flüchtlingen koordinieren
Mittlerweile sind über 3,8 Millionen Flüchtlinge aus der Ukraine in benachbarten Ländern angekommen sind. Und die Zahl der Flüchtlinge, die nach Europa wollen, steigt weiterhin an. Bislang waren sich die EU-Staaten nicht einig, wie die Verteilung der Flüchtlinge geregelt werden soll. Die Innenminister der 27 EU-Staaten berieten heute in Brüssel über ein gemeinsames Vorgehen. Am Ende der Beratungen haben sich die EU-Innenminister auf einen Zehn-Punkte-Plan verständigt, um die Geflüchteten zu verteilen und Aufnahmeländern finanziell zu helfen. Über eine jüngst von der EU-Kommission eingerichtete Solidaritätsplattform soll die Verteilung der Schutzsuchenden organisiert werden Eine verbindliche Quotenregelung werde es nicht geben (Welt).

Rund 200 Straftaten pro Woche gegen russisch- und ukrainischstämmige Menschen
Vor dem Hintergrund des Krieges in der Ukraine haben nach Angaben des Bundeskriminalamts in Deutschland Straftaten gegen russisch- und ukrainischstämmige Menschen deutlich zugenommen. Man zähle derzeit gut 200 Fälle pro Woche; davon sei die Mehrzahl antirussisch motiviert, sagte BKA-Chef Münch. Die Taten reichten von Beleidigungen und Bedrohungen bis hin zu körperlichen Übergriffen. Es gebe auch Sachbeschädigungen wie Farbschmierereien mit entsprechendem Inhalt (Deutschlandfunk).

Vereinigte Arabische Emirate halten am OPEC-Bündnis fest: Russisches Öl unverzichtbar
Russisches Öl ist nach Einschätzung der Vereinigten Arabischen Emirate für den Energiemarkt unverzichtbar. Es werde gebraucht, kein Ölförderland könne es ersetzen, so der Energieminister Suhail al-Masruei. Am Bündnis der OPEC mit Russland werde festgehalten. Russland sei ein wichtiges Mitglied der Gruppe. Sein Land werde zusammen mit den anderen Ölstaaten im OPEC+-Verbund daran arbeiten, den Markt stabil zu halten. Politische Fragen müssten dabei außen vor gelassen werden. So schnell wie möglich müsse die Ukraine-Krise auf diplomatischem Weg gelöst werden und nicht durch den Zufluss von immer mehr Waffen. Das Bündnis halte sich an seinen Plan zur allmählichen Steigerung der Ölfördermenge (Handelsblatt).

G7-Staaten lehnen Gaszahlungen in Rubel ab
Die Energieminister der G7-Staaten sind nicht bereit, russische Gasrechnungen in Rubel zu begleichen. In einer virtuellen Besprechung waren sich heute die G7-Minister einig, dass die russischen Forderungen nach einer Zahlung in Rubel „ein einseitiger und klarer Bruch der bestehenden Verträge" seien, so Energie- und Wirtschaftsminister Habeck. Deutschland hat derzeit den Vorsitz im Kreis der Staatengruppe. Auf die Frage nach Vorbereitungen für den Fall, dass Russland Gaslieferungen einstelle, sagte Habeck: „Wir sind auf alle Szenarien vorbereitet.“ Für die unmittelbare Finanzierung des russischen Kriegs gegen die Ukraine seien die Zahlungen aus dem Westen für Energielieferungen nicht maßgeblich. Die Armee finanzieren, Soldaten versorgen, Treibstoffe für Panzer liefern oder Kriegswaffen bauen könne Putin weitgehend im eigenen Land. „Dazu braucht er Rubel. Die Rubel kann er drucken”, sagte Habeck (Tagesschau).
 

Neue Brände in Tschernobyl-Sperrzone: Forderung nach Maßnahmen des UN-Sicherheitsrats
In der von russischen Streitkräften besetzten Zone um die Atomruine Tschernobyl sind nach Angaben der ukrainischen Behörden neue große Brände ausgebrochen, die „sehr ernste Folgen haben können“, so die stellvertretende ukrainische Regierungschefin am Sonntagabend. Wegen der russischen Truppen sei es im Moment unmöglich, die Brände vollständig zu kontrollieren und zu löschen. Sie forderte vom UN-Sicherheitsrat „sofortige Maßnahmen” zur „Entmilitarisierung” des Gebiets rund um die Atomruine (n-tv).
 

27. März 2022

Lagebericht

Nach Informationen des britischen Verteidigungsministeriums beschießen russische Luft- und Raketenstreitkräfte auch weiterhin Ziele in der gesamten Ukraine. Auch dicht besiedelte Gebiete würden zum Ziel der russischen Angriffe. Bei seinen Angriffen setze Russland auf sogenannte Abstandsmunition, die aus dem eigenen Luftraum abgeschossen wird. Auf diese Weise seien russische Flugzeuge nicht dem Risiko ausgesetzt, von der ukrainischen Luftabwehr getroffen zu werden. Allerdings sind diese Waffen laut US-Berichten nicht sonderlich effektiv. In bis zu 60 Prozent der Fälle sollen die eingesetzten Waffen nicht richtig funktionieren oder ihre Ziele verfehlen. Dies könnte Russland dazu veranlassen, auf weniger hochentwickelte Raketen zurückzugreifen oder seine Flugzeuge einem höheren Risiko auszusetzen.

Das britische Verteidigungsministerium geht zudem davon aus, dass sich russische Truppen derzeit darauf konzentrierten, ukrainische Streitkräfte im Osten des Landes einzukesseln. Aus Richtung Charkiw im Norden und aus Mariupol im Süden seien entsprechende Truppenbewegungen zu beobachten. Die Front in der Nordukraine bleibe indes weitgehend statisch.

Die selbsternannte und von Russland unterstützte „Volksrepublik“ Luhansk im Osten der Ukraine plant offenbar ein zeitnahes Referendum über einen Anschluss an Russland. Der Anführer der Separatisten, Leonid Passetschnik, teilte mit, ein entsprechendes Referendum könne es schon in naher Zukunft geben. „Die Menschen werden von ihrem letztendlich verfassungsmäßigen Recht Gebrauch machen und ihre Meinung über den Beitritt zur Russischen Föderation zum Ausdruck bringen.“ Die Ukraine teilte über einen Sprecher des Außenministeriums mit, ein solches Referendum nicht anerkennen zu werden. „Alle gefälschten Referenden in den vorübergehend besetzten Gebieten sind null und nichtig und werden keine Rechtsgültigkeit haben", so der Sprecher.

Die Äußerungen von Separatistenführern über die Möglichkeit eines baldigen Referendums, sowie die russische Ankündigung vom Freitag, sich künftig auf die „Befreiung" der Donbass-Region in der Ostukraine konzentrieren zu wollen, nähren Spekulationen über einen vorläufigen Strategiewechsel Russlands. Der ukrainische Geheimdienstchef Kyrylo Budanow äußerte via Facebook die Befürchtung, Putin könne eine Teilung der Ukraine — nach nordkoreanischem Vorbild — ins Auge fassen.

Am Sonntag meldete die Ukraine zudem gezielte russische Versuche, Treibstoff- und Lebensmittellager zu zerstören. Vorräte müssten daher zukünftig großflächiger verteilt werden. Man beobachte außerdem einen russischen Truppenaustausch in der Grenzregion. Dies könne darauf hindeuten, dass Russland einen neuen Anlauf unternehmen möchte, um den Feldzug gegen die Ukraine voranzutreiben. Nach ukrainischen Einschätzungen unternehme Russland derzeit den Versuch, sich aufgrund der erlittenen schweren Verluste umzugruppieren. Ziel des Vorhabens sei es, dezimierte Verbände abzulösen, und Nachschub an Lebensmitteln, Treibstoff und Munition zu liefern.

Verhandlungen — internationale Krisendiplomatie: Vertreter der russischen und der ukrainischen Verhandlungsdelegation werden sich in der kommenden Woche vom 28. bis zum 30. März zu Verhandlungen in der Türkei treffen. Dies wurde bei den heutigen Verhandlungen vereinbart, die im Format einer Videokonferenz stattfanden. Der ukrainische Unterhändler David Arachamia unterstrich auf Facebook, dass sich die bisherigen Verhandlungen äußerst schwierig gestaltet hätten.

Die Türkei plädierte als Gastgeberland der kommenden Gespräche dafür, den Gesprächsfaden zu Russland nicht abreißen zu lassen. Es müsste weiterhin auf Gespräche mit Russland gesetzt werden, so der Sprecher des türkischen Präsidialamts Ibrahim Kalin. Es gelte, die Ukraine mit allen Mitteln zu unterstützen, doch sei es für eine Beendigung des Konflikts notwendig, auch die russische Seite anzuhören.

Evakuierungen: Mehr als 5.200 Menschen ist es am Samstag gelungen, umkämpfte Städte über Fluchtkorridore zu verlassen. Wie ein ukrainischer Regierungsvertreter erklärte, sei 4.300 Menschen die Flucht aus der seit Wochen umkämpften Hafenstadt Mariupol gelungen. In der südukrainischen Stadt spitzt sich die humanitäre Lage immer weiter zu. Für Sonntag sind zwei weitere Fluchtkorridore vereinbart worden – einer davon auch in Mariupol.

Die Ukraine wirft Russland vor, unter dem Vorwand von Evakuierungen tausende Menschen gegen deren Willen nach Russland verschleppt zu haben. Der Vorsitzende des Gesundheitsausschusses im ukrainischen Parlament, Mychailo Raduzkji, wandte sich daher mit der Forderung an das das Internationale Komitee vom Roten Kreuz (IKRK), auf die Eröffnung eines Büros im russischen Rostow zu verzichten. Damit würde der Entführung und Zwangsdeportation von Menschen aus der Ukraine Vorschub geleistet. Der Präsident des IKRK, Peter Maurer, hatte am Donnerstag bei einem Besuch in Moskau mitgeteilt, dass eine Einigung zwischen russischen und ukrainischen Streitkräften notwendig sei, um Zivilisten aus umkämpften Gebieten evakuieren zu können. Laut russischen Medien beabsichtige das Internationale Rote Kreuz in diesem Zusammenhang die Eröffnung eines Büros in Rostow.

Lagebericht aus einzelnen Regionen und Städten:

Für die ukrainische Hauptstadt Kiew hatte Bürgermeister Vitali Klitschko für die Nacht auf Sonntag erneut eine Sperrstunde zwischen 20:00 und 7:00 Uhr Ortszeit angeordnet.

Im ostukrainischen Charkiw soll abermals ein nukleares Forschungszentrum von russischen Truppen beschossen worden sein. Wie die ukrainische Atomaufsichtsbehörde mitteilte, sei das Gebäude nun ohne Strom — erhöhte Strahlung sei jedoch nicht gemessen worden. Das russische Militär erhob den Vorwurf, ukrainische Kräfte hätten ein Gebäude des Forschungszentrums beabsichtigt gesprengt, um „Nuklearforschung zu verbergen“.

Der ukrainischen Armee ist es nach eigenen Angaben gelungen, sieben Angriffe in den östlichen Regionen Donezk und Luhansk zurückzuschlagen. Mehrere russische Panzer und gepanzerte Fahrzeuge sollen dabei zerstört worden sein.

Auch aus Sumy im Nordosten der Ukraine vermeldet die ukrainische Armee Erfolge. Es sei gelungen, russische Truppen aus der Stadt Trostjanez nahe Sumy zu vertreiben. Dabei hätten diese Waffen, Munition und weitere Ausrüstung zurücklassen müssen.

Wie das Verteidigungsministerium in Moskau am Sonntag erklärte, habe Russland militärische Ziele im westukrainischen Lwiw mit Marschflugkörpern angegriffen. Bereits gestern habe man ein von den ukrainischen Streitkräften genutztes Treibstofflager attackiert und zerstört.

Der Bürgermeister Mariupols, Wadym Bojtschenko, erhebt in einem Gespräch mit der Agentur „Unian“ schwere Vorwürfe gegen die russische Armee. Diese würde mit großer Rücksichtslosigkeit gegen die Zivilbevölkerung der stark zerstörten Stadt vorzugehen. Davon betroffen seien auch ethnische Russen, die von den Attacken in keinster Weise ausgenommen seien. Die russischen Streitkräfte verfolgten den Auftrag, die Stadt mitsamt ihren Bewohnern auszuradieren. Bojtschenko bezeichnete das russische Vorgehen als „Völkermord". Zugleich bekräftigte er, die Stadt befinde sich weiterhin unter ukrainischer Kontrolle. Auch habe mittlerweile die Hälfte der ursprünglich 440.000 Einwohner evakuiert werden können.

Aktuelle Berichte:

Biden: „Putin darf nicht an der Macht bleiben"
In seiner im Vorfeld als historisch angekündigten Rede stellte US-Präsident Joe Biden zum Ende seines Besuchs in Polen die Herrschaft Wladimir Putins offen in Frage: „Um Gottes Willen, dieser Mann darf nicht an der Macht bleiben“, so Biden zum Abschluss seiner Rede. Rasch bemühte sich das Weiße Haus, den entstandenen Eindruck zu relativieren, die USA strebe einen Regime Change an. In seiner Rede warb Biden außerdem für die Verteidigung der Demokratie gegen Autokraten und bekräftigte erneut, die NATO werde jeden Zentimeter ihres Bündnisgebiets verteidigen. An das russische Volk gerichtet appellierte der US-Präsident, sich von Putins Krieg zu distanzieren (zdf.de).

Teilung der Ukraine als neues mögliches Ziel Russlands
Nach der Ankündigung Russlands, sich künftig auf die „Befreiung" des ostukrainischen Donbass konzentrieren zu wollen, teilte heute der Anführer der Separatisten in der selbsternannten „Republik Luhansk" mit, ein baldiges Referendum über einen möglichen Anschluss an Russland zu erwägen. Beide Aussagen fügen sich nun zu einem größeren Bild zusammen. Der Chef des ukrainischen Geheimdienstes fürchtet, Russland könne eine Teilung der Ukraine nach nordkoreanischem Vorbild erzwingen wollen.

Bundesregierung prüft Errichtung eines Raketenschutzschilds
Die Bundesregierung prüft laut Zeitungsberichten die Errichtung eines Raketenschutzschilds nach Vorbild des in Israel eingesetzten „Iron Dome“. Es werde über den Kauf des israelischen Raketenabwehrsystems „Arrow 3“ beraten. Die Anschaffung könnte im Rahmen des geplanten 100-Milliarden-Euro-Sondervermögens für die Bundeswehr erfolgen. Der durch das Waffensystem errichtete Schutzschirm könnte neben Deutschland auch Polen, Rumänien und das Baltikum abdecken. Hintergrund der Überlegungen ist die wachsende Bedrohung durch Russland (br24).

Liefert Polen nun doch Kampfjets an die Ukraine?
Im ukrainischen Ringen um die Lieferung von Kampfflugzeugen deutet sich womöglich eine Kehrtwende an. Der Vorstoß Polens, eigene Flugzeuge indirekt an die Ukraine zu übergeben, war von den USA bislang abgelehnt worden. Der Plan sah vor, polnische MiG-29-Flugzeuge zunächst an die in Deutschland stationierten US-Streitkräfte zu überstellen. Die USA hatten Bedenken geäußert, durch ein solches Vorgehen in einen direkten militärischen Konflikt mit Russland verwickelt werden zu können. Nach Angaben des ukrainischen Außenministers seien derartige Zweifel inzwischen ausgeräumt. Somit „liege der Ball nun im Spielfeld der Polen“ (n-tv.de).

26. März 2022

Lagebericht

In dieser Phase des Krieges konzentrieren sich die russischen Streitkräfte hauptsächlich auf das Gebiet Donbass im Osten der Ukraine. Es wird von heftigen Kämpfen insbesondere um die Großstadt Charkiw und Sumy berichtet. Russische Einheiten versuchten, diese zu blockieren. Bei diesen Offensiven erleidet die russische Armee jedoch auch hohe Verluste. Laut ukrainischen Angaben sollen sich russische Einheiten nach dem Verlust von mehr als der Hälfte ihres Personals teils wieder hinter die Grenze zurückgezogen haben. Den Truppen gelinge es offenbar nicht, die Nachschubrouten an die Front in Ukraine ausreichend zu sichern. Auch die Moral der russischen Soldaten sei allmählich an einem Tiefpunkt angelangt. Auf ihrer Suche nach Unterstützung und neuen Kräften plant Russland offenbar nun, auch Truppen aus der abtrünnigen georgischen Region Südossetien einzusetzen. Südossetien hat nach eigenen Angaben bereits Truppen zur Unterstützung ihres Verbündeten Russland in die Ukraine entsandt. „Unsere Jungs werden ihre militärische Pflicht mit stolz erhobener Fahne erfüllen”, erklärte der Machthaber Südossetiens Anatoli Bibilow. „Sie verstehen genau, dass sie Russland verteidigen werden, dass sie auch Ossetien verteidigen werden”. Ferner sollen auch Kämpfer aus Syrien und Tschetschenien bereits in der Ukraine sein, um die russischen Truppen zu unterstützen. Darüber hinaus wird Russland der Rekrutierung neuer Kräfte aus dem eigenen Land entgegensehen. Am 1. April beginnt die neue Einberufungswelle in Russland. Mehr als 100.000 neue Wehrpflichtige werden ihren Dienst antreten.

Wie aus dem neuesten Lagebericht des britischen Verteidigungsministeriums ferner hervorgeht, werde Russland in urbanen Gebieten der Ukraine weiterhin auf „schwere Feuerkraft“ setzen. „Die russischen Streitkräfte zögern, sich an großangelegten Infanterieoperationen in Städten zu beteiligen, und ziehen es vor, sich auf den wahllosen Einsatz von Luft- und Artilleriebeschuss zu verlassen, um die Verteidigungskräfte zu demoralisieren“, heißt es in diesem Bericht. Das russische Militär belagere derzeit die Städte Mariupol, Charkiw und Tschernihiw, Heftig umkämpft ist neuerdings auch wieder die südlich gelegene Großstadt Cherson, die die russischen Streitkräfte bereits zu Anfang des Monats eingenommen hatten. Die Ukrainer versuchen, die Stadt wieder zurückzuerobern.

Auch rund um die Hauptstadt Kiew hatten die ukrainischen Streitkräfte jüngst Erfolge zu vermelden. Nachdem es ihnen gelungen ist, die russischen Streitkräfte zurückzudrängen und mehrere Stellungen und Ortschaften zurückzuerobern, scheint eine Einnahme der Hauptstadt derzeit wenig wahrscheinlich.

Auch die drohende Gefahr seitens der See bekämpfen die ukrainischen Streitkräfte zunehmend offensiv. Nachdem bereits das erste in Berdjansk angelegte russische Landungsschiff zerstört wurde, folgten weitere Angriffe auf russische Kampfschiffe. Insgesamt hat Russland 14 Schiffe vor der ukrainischen Küste stationiert.

Einen erfolgreichen Angriff meldet hingegen das russische Militär für den Westen der Ukraine. Dort sei das Hauptquartier der ukrainischen Luftwaffe in Winnyzia beschossen worden. Russland versucht seit Wochen, die militärische Infrastruktur der Ukraine anzugreifen und zu schwächen, indem die Armee Flughäfen und Militärstützpunkte unter Beschuss nimmt.

Seitens des ukrainischen Geheimdienstes GUR wird ferner berichtet, die Ukraine würde hinter den russischen Linien einen Guerillakrieg führen. Bereits im November habe die Ukraine von den Plänen des Kremls erfahren, eine Invasion vorzubereiten. Demnach hat sie nicht nur Informanten im russischen Militär, sondern auch in hohen politischen Kreisen. Die Situation seit dennoch weiterhin „sehr schwierig“. Eine große Anzahl an Streitkräften sei nach wie vor auf ukrainischem Territorium, einige Städte seien eingekesselt.

Indes warnt die Ukraine umgekehrt auch vor Spionage seitens Russlands. Das ukrainische Verteidigungsministerium rät von vorschnellen und unkontrollierten Berichten über Waffenlieferungen oder militärische Aktionen ab. Diese würden nur der russischen Seite helfen, „Aktionen genauer auszurichten“. Es sei bereits vorgekommen, dass „gut gemeinte oder aus Dankbarkeit veröffentlichte Berichte“ über Waffenkäufe oder -lieferungen dazu geführt hätten, dass entweder Verträge gekündigt oder Lieferungen verhindert worden seien.
 

Verhandlungen – internationale Krisendiplomatie:
In den Verhandlungen zwischen Russland und der Ukraine gibt es weiterhin keine Fortschritte. Russland nennt als eine Bedingung in den Verhandlungen Gebietsverzichte. Diese Forderung hat Präsident Selenskyj abermals zurückgewiesen. Man sei zu Gesprächen bereit, werde aber kein Territorium aufgeben. Russland hat der Ukraine ferner vorgeworfen, die Verhandlungen über ein Kriegsende weiter absichtlich in die Länge zu ziehen. „Sie haben es nicht eilig, sie glauben, dass die Zeit auf ihrer Seite ist“, sagte der russische Delegationsleiter. Die ukrainische Seite handle darüber hinaus nicht unabhängig, deshalb „stimme der aktuelle Stand der Dinge nicht optimistisch.“ Moskau wirft Kiew vor, auf Anweisung Washingtons zu handeln.
US-Präsident Joe Biden war gestern nach Polen gereist und hält am heutigen Samstag in Warschau eine Rede zum russischen Angriffskrieg auf die Ukraine. Zuvor hatte Biden in Polen den Einsatz des Landes für ukrainische Kriegsflüchtlinge gewürdigt. Heute möchte er in Polen auch Geflüchtete treffen.

Flüchtlinge: Nach UN-Angaben sind mittlerweile mehr als 3,7 Millionen Menschen aus der Ukraine ins Ausland geflohen. Allein 2,2 Millionen Menschen aus der Ukraine sind nach Polen geflüchtet, 572.000 nach Rumänien und 376.000 in die Republik Moldau, 263.000 in die Slowakei und 226.00 nach Tschechien. In Deutschland sind mittlerweile laut der Integrationsbeauftragten der Bundesregierung über 300.000 Kriegsflüchtlinge angekommen.

Evakuierungen: Für den heutigen Samstag sind wieder zehn humanitäre Korridore eingeplant, über die Menschen aus den umkämpften Städten in Sicherheit gebracht werden sollen. Die Korridore betreffen demnach vier Städte aus der Region um die Hauptstadt Kiew und sechs Städte aus dem Gebiet um Luhansk. Von den Korridoren offensichtlich nicht betroffen ist die Hafenstadt Mariupol. Dort verschlechtern sich die Zustände von Tag zu Tag. Die Berichte über Menschen, die verhungern, häufen sich. Frankreich hat zusammen mit der Türkei und Griechenland eine humanitäre Aktion in Planung, um kurzfristig Menschen aus Mariupol zu evakuieren. Die Ukraine wirft Russland vor, die Hilfslieferungen in die Stadt und Evakuierungen aus der Stadt zu blockieren.

Lagebericht aus einzelnen Regionen und Städten:

Nachdem es den ukrainischen Truppen gelungen war, in der Umgebung der Hauptstadt Kiew mehrere Stellungen und Ortschaften zurückzuerobern, ziehe der Gegner weiterhin starke Kräfte zusammen, so der Heeresstabschef der Ukraine. Man müsse noch immer mit einer künftigen Offensive rechnen. Einzelne Vororte um Kiew sind indes weiter in Bedrängnis, da sie von russischen Einheiten umzingelt wurden oder ein Einschluss droht.

Die nördlich von Kiew gelegene Stadt Tschernihiw steht nach Angaben ihres Bürgermeisters unter schwerem Beschuss. „Die Stadt ist komplett verwüstet“, sagte er am Samstag. In den vergangenen Wochen seien in der Stadt, die nahe der russischen und der belarussischen Grenze liegt, mehr als 200 Zivilisten getötet worden.

Die russische Armee hat nach ukrainischen Angaben die Kontrolle über die Kleinstadt Slawutytsch übernommen, den Wohnort des Personals der Atomruine von Tschernobyl. Wie die Militärverwaltung der Region Kiew am Samstag mitteilte, drangen russische Soldaten in die Stadt ein, besetzten das städtische Krankenhaus und nahmen den Bürgermeister gefangen. Aus Protest gegen die Besatzer seien Einwohner auf die Straßen gegangen und mit einer riesigen ukrainischen Flagge Richtung Krankenhaus gezogen. Das russische Militär habe Warnschüsse abgegeben und die Demonstranten mit Blendgranaten beworfen.

Das Hauptquartier der ukrainischen Luftwaffe in Winnyzja im Westen des Landes ist mit mehreren russischen Marschflugkörpern beschossen worden. Ein Teil der sechs Raketen sei im Anflug abgeschossen worden, die übrigen trafen das Gebäude, teilte die Luftwaffenführung mit. Dabei sei „erheblicher Schaden” an der Infrastruktur entstanden. Ein Arsenal mit Waffen und Militärtechnik sei zerstört worden. Vier Raketen vom Typ „Kaliber“ seien von einem Kriegsschiff im Schwarzen Meer abgefeuert und in dem Depot eingeschlagen, teilte das russische Verteidigungsministerium mit. Das Gelände befindet sich rund ein 120 Kilometer westlich von Kiew nahe der wichtigen Industriestadt Schytomyr.

Ferner wurde die westukrainische Metropole Lwiw (Lemberg) heute nach Angaben des Bürgermeisters aus der Luft angegriffen. Zuvor wurden drei starke Explosionen am östlichen Rand der Stadt vermeldet. Ziel des Angriffs war offenbar ein Tanklager, in dem sich die ukrainische Armee versorgt, das Gelände ging in Flammen auf. Die Menschen wurden aufgerufen, in Schutzräumen zu bleiben. In Lwiw kommt ein Großteil der ukrainischen Flüchtlinge an, um Zuflucht vor den russischen Angriffen zu finden. Viele von ihnen begeben sich von dort aus weiter in die benachbarten Länder.

In der südlich gelegenen Stadt Cherson kämpfen die ukrainischen Streitkräfte nach eigenen Angaben darum, die wichtige südliche Stadt Cherson von den Russen zurückzuerobern. Das russische Militär habe keine so feste Kontrolle mehr über die Stadt wie zuvor, weswegen Cherson nun wieder als „umkämpftes Gebiet“ zu bewerten sei, sagt der Vertreter des Pentagons. Sollte es den Ukrainern gelingen, die strategisch wichtige Hafenstadt zurückzuerobern, würde dies eine mögliche Bodenoffensive auf die Städte Mykolajiw und Odessa erschweren. Wegen der Kämpfe südlich von Mykolajiw sei das russische Militär derzeit dort blockiert.

Die Lage in der Hafenstadt Mariupol sei weiterhin „absolut dramatisch”, so Präsident Selenskyj. Er wirft Russland vor, die Hilfe für die dort eingeschlossenen Einwohner zu blockieren. Bislang sei es 26.000 Zivilisten gelungen, sich aus der Stadt in Sicherheit zu bringen. Nach wie vor harren viele aus und warten auf Evakuierung. Wie Frankreichs Präsident Macron am Freitagabend ankündigte, plant Frankreich zusammen mit der Türkei und Griechenland eine humanitäre Aktion, um kurzfristig Menschen aus der schwer umkämpften Stadt zu evakuieren. Es gebe bereits konkrete Gespräche mit dem Bürgermeister von Mariupol sowie eine Abstimmung mit dem ukrainischen Präsidenten. Nun sei noch eine Absprache mit Russland erforderlich. Auch heute wird in Mariupol wieder heftig gekämpft. Die russische Armee beschieße aus der Luft und mit Artillerie zivile und militärische Objekte, teilte der ukrainische Generalstab mit. Am Boden versuchten russische Kräfte, in das Stadtzentrum vorzudringen, russische und ukrainische Soldaten liefern sich Straßenkämpfe.

Aktuelle Berichte:

Biden in Polen: Mit Spannung erwartete Rede
Mit Spannung wird die heutige Rede des US-Präsidenten Biden in Warschau um 18 Uhr Ortszeit erwartet. Das Verhältnis der beiden Länder war zuletzt nicht einfach, nicht zuletzt wegen des Streits über die Gaspipeline „Nord Stream 2“ und wegen der Differenzen über die Frage der Rechtsstaatlichkeit in Polen. Beim gestrigen Ortstermin nahe der ukrainischen Grenze war Biden voll des Lobes für Polen. Polen hofft bei der Rede Bidens heute auf einen historischen Moment, ähnlich den Auftritten Kennedys und Reagans in Berlin (Tagesschau).

Russland will Westflanke wegen NATO-Aktivitäten verstärken
Nachdem die NATO-Staaten auf ihrem jüngsten Gipfel beschlossen hatten, massiv aufzurüsten und die NATO-Ostflanke zu stärken, möchte nun Russland seinerseits mit einer Stärkung seiner Westflanke reagieren. An der Ostflanke habe sich eine gewaltige Gruppierung gebildet, „eine mächtige militärische Infrastruktur, eine Verteidigungsstruktur der NATO”, sagte Kremlsprecher Peskow. „Nicht wir haben uns in die Richtung der NATO bewegt, sondern die NATO hat sich in unsere Richtung bewegt und dadurch eine Gefahr für uns erzeugt, die unsere Besorgnis auslöst”, sagte Peskow mit Blick auf die vergangenen Jahre - noch vor dem Beginn des russischen Krieges gegen die Ukraine am 24. Februar (n-tv).

Ukrainischer Regierungschef bittet weltweit um Hilfen für späteren Wideraufbau
Der ukrainische Regierungschef Denys Schmyhal appellierte an alle internationalen Partner, den späteren Wiederaufbau seines Landes zu unterstützen. Er wendet sich mit dieser Bitte nicht nur an die befreundeten Regierungen, sondern auch an die Bürgermeister europäischer und anderer Städte in der Welt: „Wir appellieren an Sie: Erneuern Sie die Tradition der Partnerstädte”, sagte Schmyhal. „Unterstützen Sie die ukrainischen Städte mit humanitärer Hilfe und Mitteln zum Wiederaufbau. Zurzeit zerstört Russland unsere Städte und Dörfer, wie es die Nazis vor 80 Jahren taten” (Handelsblatt).

Lawrow: Westen hat Russland „totalen hybriden Krieg" erklärt
Mit den gegen Russland gerichteten westlichen Sanktionen und der Isolierung hätten die westlichen Politiker Russland „einen echten hybriden Krieg erklärt, den totalen Krieg”. „Diesen Begriff, der in Hitler-Deutschland verwendet wurde, sprechen jetzt europäische Politiker aus, wenn sie davon sprechen, was sie mit der Russischen Föderation tun wollen.“ Ziel sei, Russland zu „zerstören, brechen, vernichten, erdrosseln” (Stuttgarter Nachrichten).

Mobilisiert für Guerillakrieg: Ukraine profitiert von Spionen
Nach Angaben des ukrainischen Verteidigungsgeheimdienstes GUR ist die russische Armee durchsetzt von Informanten und hat sich verschiedene „Fehleinschätzungen” geleistet. Eine „sehr große Anzahl von Menschen” sei mobilisiert worden, um hinter den russischen Linien einen Guerillakrieg zu führen, sagte GUR-Chef Budanow. Die Ukraine setze währenddessen Informanten effektiv ein. „Wir haben viele Informanten in der russischen Armee, nicht nur in der russischen Armee, sondern auch in ihren politischen Kreisen und ihrer Führung”, sagte Budanow. „Im November wussten wir bereits über die Absichten der Russen Bescheid.” Auch in den Reihen der Tschetschenen seien viele Informanten (n-tv).

25. März 2022

Lagebericht

Das britische Verteidigungsministerium veröffentlichte am Freitag Erkenntnisse, nach denen es ukrainischen Streitkräften gelungen sei, Städte und Verteidigungsstellungen bis 35 Kilometer östlich von Kiew zurückzuerobern. Russische Truppen hätten sich aufgrund einer Überdehnung ihrer Nachschublinien zurückfallen lassen müssen. Das Verteidigungsministerium Russlands hatte am Morgen die Zerstörung eines großen ukrainischen Treibstofflagers nahe der ukrainischen Hauptstadt verkündet. Britische Geheimdienste gehen aber gleichwohl davon aus, dass die ukrainische Armee weiterhin logistische Einrichtungen in den von Russland besetzten Gebieten angreifen werde. Dadurch seien die russischen Kräfte gezwungen, der Verteidigung ihrer Versorgungsketten Priorität einzuräumen. Die russischen Fähigkeiten zur Durchführung eigener Offensivoperationen seien dadurch stark eingeschränkt.

Auch im Nordosten der Ukraine sollen sich russische Truppen zurückgezogen haben, nachdem sie zuvor schwere Verluste erlitten hatten. Dies berichtete der ukrainische Generalstab in seinem nächtlichen Lagebericht. Es könne ein Rückzug bestimmter russischer Einheiten hinter die russische Grenze beobachtet werden. Die im Nordosten der Ukraine gelegene Stadt Charkiw werde aber weiterhin von russischen Streitkräften blockiert. Auch gelinge es russischen Truppen, Landgebiete zwischen der annektierten Krim und dem russischen Rostow zu halten.

Aus dem Süden des Landes vermeldete die ukrainische Armee die Zerstörung mehrerer russischer Kriegsschiffe im Hafen von Berdjansk. Amerikanische Satellitenfotos stützen die ukrainischen Angaben, wonach ein russisches Landungsschiff zerstört worden sei. Am Mittag meldete das  ukrainische Verteidigungsministerium, dass es russischen Truppen zum Teil gelungen sei, eine Landbrücke von der Region Donezk bis zur annektierten Halbinsel Krim zu schaffen.

Nach Einschätzung der USA könnte Russland den Schwerpunkt seines militärischen Engagements von Kiew in Richtung Donbass verlagern. Im Donbass könnten es die Russen darauf abgesehen haben, die dortigen ukrainischen Truppen vom Rest des Landes abzuschneiden, um somit die eigene Verhandlungsposition im Bezug auf den künftigen Status der ostukrainischen Gebiete zu stärken. Zu dieser Vermutung passt auch eine Äußerung des stellvertretenden Generalstabschefs der russischen Armee, Sergej Rudskoj. Demnach wolle sich Russland künftig auf die „Befreiung" des Donbass in der Ostukraine konzentrieren. Laut US-Militärs versuche Russland zudem, Verstärkung aus Georgien in die Ukraine zu entsenden.

Verhandlungen – Internationale Krisendiplomatie: Die Verhandlungen zwischen Russland und der Ukraine gestalten sich offenbar weiterhin schleppend. Dies bestätigte Wladimir Medinski, Mitglied der russischen Verhandlungsdelegation. Zwar gebe es Annäherungen bei zweitrangigen Themen — was die Kernfragen betrifft, bewege man sich allerdings weiterhin auf der Stelle. Die Gespräche sollen am Samstag fortgesetzt werden.

Der türkische Präsident Erdogan äußerte am Freitagvormittag die Einschätzung, dass sich Russland und die Ukraine in ihren Gesprächen bei vier von sechs Hauptthemen einig werden könnten. Dissens bestehe aber weiterhin bei territorialen Fragen, insbesondere zum Status der von Russland annektierten Krim und dem ostukrainischen Donbass. Die Türkei tritt im Konflikt als Vermittler auf.

Mit großer Mehrheit stimmte die UN-Vollversammlung in der Nacht von Donnerstag auf Freitag für eine humanitäre Resolution. Kernforderungen sind ein sofortiger Waffenstillstand und der Abzug russischer Truppen aus der Ukraine. 140 Nationen schlossen sich der Resolution an. Neben Russland stimmten nur vier weitere Staaten gegen die Resolution. Resolutionen der UN-Vollversammlung sind völkerrechtlich allerdings nicht bindend.

Flüchtlinge: In Deutschland hat die Bundespolizei seit Kriegsbeginn die Ankunft von mehr als 250.000 Kriegsflüchtlingen aus der Ukraine festgestellt. Dies teilte das Bundesinnenministerium am Freitag mit. Integrationsstaatsministerin Reem Alabali-Radovan sprach in einem Interview mit der Osnabrücker-Zeitung sogar von über 300.000 ukrainischen Geflüchteten. In Polen sind nach Angaben des polnischen Grenzschutzes seit Beginn der russischen Invasion bereits 2,24 Millionen Menschen aus der Ukraine eingereist. Allein am Donnerstag seien über 32.000 Menschen aus der Ukraine nach Polen gekommen. Darüber, wie viele dieser Menschen sich noch in Polen aufhalten und wie viele in andere europäische Länder weitergereist sind, ist nichts bekannt. Das UN-Flüchtlingskommissariat zählte seit Beginn der russischen Aggressionen insgesamt über 3.7 Millionen Geflüchtete aus der Ukraine.

Evakuierungen aus umkämpften Gebieten: Mehr als 3.300 Menschen konnten nach Angaben der ukrainischen Vizeregierungschefin Iryna Wereschtschuk am Donnerstag aus umkämpften Städten evakuiert werden. 2.700 Personen wurden aus der heftig umkämpften Hafenstadt Mariupol mit privaten Transportmitteln nach Saporischschja gebracht. Weitere 500 Menschen seien aus Dörfern in der Nähe von Kiew evakuiert worden. Wereschtschuk teilte mit, man hoffe zudem, auch am heutigen Freitag wieder einen Fluchtkorridor aus dem belagerten Mariupol einrichten zu können. Über diesen sollen Zivilisten die Hafenstadt mit Privatfahrzeugen verlassen können.

Todesfälle: Nach ukrainischen Angaben wurden seit Kriegsbeginn bereits 135 Kinder getötet, 180 seien verletzt worden. Bei der Mehrzahl handle es sich um Kinder und Jugendliche aus der Region um Kiew sowie aus den ostukrainischen Regionen Charkiw und Donezk, die in dem Krieg ihr Leben lassen mussten. Eine unabhängige Überprüfung dieser Angaben ist aktuell nicht möglich.

Lagebericht aus einzelnen Regionen und Städten:

Die ostukrainische Metropole Charkiw soll laut Berichten zum Ziel von Raketenangriffen durch die russische Schwarzmeerflotte geworden sein. Bei einem Raketenangriff auf ein Krankenhaus sollen vier Menschen getötet worden sein. Bei der Klinik habe es sich um ein Zentrum für humanitäre Hilfe gehandelt, teilte die örtliche Polizei mit. Der ukrainische Generalstab berichtete überdies von Erkenntnissen, wonach sich russische Streitkräfte nahe der Stadt Isjum auf eine neue Offensive vorbereiteten. Isjum liegt ungefähr 125 Kilometer südöstlich von Charkiw.

Auch aus Dnipro, der ebenfalls im Osten gelegenen viertgrößten Stadt der Ukraine, meldeten örtliche Rettungsdienste einen russischen Raketenangriff. Dieser soll sich gegen eine ukrainische Militäreinheit gerichtet haben. Dabei seien aber auch Gebäude zerstört und Brände verursacht worden. Die Zahl der Toten und Verletzten werde noch ermittelt.

Die nordukrainische Stadt Tschernihiw wurde von russischen Truppen eingekesselt und von der Umgebung abgeschnitten. Dies teilte der Gouverneur Tschernihiws, Wiatscheslaw Tschaus, in einer Fernsehansprache mit. Die Stadt sei von Feinden umzingelt und werde von Artillerie und russischen Kampfflugzeugen beschossen.

Nachdem aus dem Sperrgebiet um die Atomruine von Tschernobyl in den vergangenen Tagen der Ausbruch mehrerer Brände gemeldet wurde, gibt es neue Sorgen aufgrund russischer Angriffe auf nahegelegene Orte. Am Mittag vermeldeten lokale Behörden, die Stadt Slawutytsch sei von russischen Truppen eingekesselt worden, und stehe unter Beschuss. In Kiew sorgt man sich um die Häuser und Familien des Betriebspersonals, das die nukleare und radioaktive Sicherheit des ehemaligen Kraftwerks gewährleistet, teilte die Internationale Atomenergiebehörde (IAEA) mit. Sie verwies dabei auf Informationen der ukrainischen Atomaufsichtsbehörde.

Der von den Menschen in Mariupol sehnlichst erwartete humanitäre Hilfskonvoi ist laut ukrainischen Angaben noch immer blockiert. Der Konvoi war von russischen Kräften bereits vor drei Tagen festgesetzt worden. Er soll dringend benötigte Hilfsgüter für die in der belagerten Hafenstadt verharrenden Zivilisten liefern. Wie die Stadtverwaltung von Mariupol heute mitteilte, gehe man außerdem davon aus, dass sich unter den Trümmern des von russischen Raketen zerstörten Theaters noch bis zu 300 Tote befinden. Zivilisten, darunter auch Kinder, hatten in dem Gebäude Zuflucht gesucht. UN-Beobachter berichten indes von Hinweisen auf Massengräbern in Mariupol. In einem der Gräber sollen sich bis zu 200 Tote befinden. Über 1.035 Zivilisten hätten in der Stadt bereits ihr Leben verloren. Die am Asowschen Meer gelegene Stadt ist seit Wochen heftig umkämpft. Nach Angaben des Gouverneurs der Region Donezk, Pawlo Kyrylenko, befindet sich die belagerte Metropole aber noch immer in der Hand ukrainischer Truppen. 65.000 Menschen der ehemals 440.000 Einwohner seien mittlerweile aus der Stadt geflohen.

Aktuelle Berichte:

Teilrückzug russischer Truppen beobachtet
Nach Angaben des ukrainischen Militärs sollen sich russische Truppen im Nordosten der Ukraine teilweise zurückgezogen haben, nachdem sie zuvor schwere Verluste erlitten hatten. Aufgrund von Problemen der russischen Seite, ihren Nachschub zu organisieren, sei die Frontlinie gegenwärtig praktisch eingefroren. Gleichzeitig gibt es Berichte darüber, dass sich russische Streitkräfte bei Isjum im Gebiet Charkiw auf eine neue Offensive vorbereiteten (tagesschau.de).

Verschiebt Russland seinen militärischen Schwerpunkt in den Donbass?
Es deutet sich ein Strategiewechsel der russischen Armee an. Statt einer Eroberung Kiews sollen sich die Bemühungen der russischen Truppen auf die „Befreiung" der ostukrainischen Region Donbass richten. Nach Angaben des Verteidigungsministeriums in Moskau befinden sich bereits 93 Prozent des Regierungsbezirks Luhansk und 54 Prozent des Bezirks Donezk unter russischer Kontrolle. Mit einer vollständigen Eroberung der ostukrainischen Gebiete befände sich Russland in Verhandlungen über deren zukünftigen Status in einer starken Position (tagesschau.de).

Große Mehrheit für humanitäre Resolution in UN-Vollversammlung
Mit einer deutlichen Mehrheit von 140 Ja-Stimmen bei lediglich 5 Nein-Stimmen und 38 Enthaltungen verabschiedete die UN-Vollversammlung in der Nacht auf Freitag eine gegen die russischen Aggressionen gerichtete Resolution. Kernforderungen sind ein sofortiger Waffenstillstand, der Abzug russischer Truppen aus der Ukraine und eine Beendigung von Angriffen auf zivile Ziele wie Schulen oder Krankenhäuser. In der Resolution wird zudem die Sorge vor einer globalen Hungerkatastrophe zum Ausdruck gebracht, die mit den aus dem Krieg resultierenden Ausfällen von Ernteexporten in Verbindung steht. Im Gegensatz zu Resolutionen des UN-Sicherheitsrats sind Resolutionen der Vollversammlung im Sinne des Völkerrechts jedoch nicht bindend (tagesschau.de).

EU beschließt Solidaritätsfonds für die Ukraine
Die Staaten der Europäischen Union haben sich auf die Einrichtung eines Solidaritätsfonds für die Ukraine geeinigt. Die finanzielle Unterstützung soll der Ukraine beim Kampf gegen Russland und beim anschließenden Wiederaufbau helfen. Langfristiges Ziel könnte es dann sein, die Ukraine durch hohe Investitionen wirtschaftlich fest im Westen zu verankern (Der Spiegel).

Neues Gerichtsverfahren gegen russische Journalistin Owsjannikowa
Die TV-Journalistin Marina Owsjannikowa hatte durch ihren Protest gegen den Krieg in der Ukraine während einer Live-Sendung international Aufmerksamkeit erregt. Nun wurde von einem Moskauer Bezirksgericht ein neues Gerichtsverfahren gegen sie eröffnet. Owsjannikowa muss sich nun wegen eines Verstoßes gegen das erst kürzlich eingeführte Gesetz gegen die Verbreitung (vermeintlicher) Falschnachrichten verantworten. Darauf steht eine Geldstrafe, die sich zwischen umgerechnet 280 bis 475 Euro bewegt. Die gerichtliche Verhandlung wurde für den 14. April terminiert (Der Spiegel).

Hohe Verluste für Russland: Wird die russische Invasion zum Fiasko?
In einem aktuellen Lagebericht schätzt die NATO die Verluste unter den russischen Truppen auf zwischen 30.000 bis 40.000 russische Soldaten. 7.000 bis 15.000 Soldaten sollen ums Leben gekommen sein, Tausende weitere seien kampfunfähig. Auch beim eingesetzten militärischen Material gibt es offenbar erhebliche Mängel und Verluste. In einem von der „New York Times“ veröffentlichten Artikel berichten Militäranalysten von zunehmender Nervosität in Putins Umfeld und von daraus resultierenden Rissen in der russischen Führung (Merkur.de).

24. März 2022

Lagebericht

Schon bald nach Beginn des Krieges hatte sich gezeigt, dass Russlands Vorhaben, die Ukraine in wenigen Tagen einzunehmen, gescheitert war. Vier Wochen nach dem russischen Einmarsch sei nun festzustellen, dass Russland seine militärischen Ziele „in keiner Weise erreicht” habe, so Militärexperte Franz-Stefan Gady. Die russischen Streitkräfte hätten offensichtlich nicht erwartet, dass sie einen hochintensiven Krieg gegen die ukrainischen Streitkräfte führen müssen, die enormen Widerstand leisten. Im Moment gibt es nach Einschätzung von Experten nur noch in wenigen Regionen operative Bewegungen an der Front. Die russische Armee konzentriere sich inzwischen verstärkt auf die prorussischen Separatistengebiete Luhansk und Donezk. Dort seien die ukrainischen Einheiten unter starkem Beschuss. Russische Truppen wollten dort weitere Orte besetzen und vor allem die strategisch wichtige Großstadt Mariupol im Süden einnehmen, um den russischen Korridor zwischen dem Donbass und der Krim vollends zu schließen.

Im Norden hingegen würde es den ukrainischen Streitkräften gelingen, die russische Armee weiter zurückzudrängen. Vor allem um Kiew herum wären russische Einheiten gezwungen, sich zurückzuziehen anstatt weiter vorwärts zu kommen. Die Einnahme der Hauptstadt scheint derzeit unwahrscheinlich. Die russischen Einschließungsringe um ukrainische Städte sind offenbar verwundbar und reißen aufgrund des starken Widerstands bzw. Gegenoffensiven der Ukrainer in Teilen auf. Der Beschuss der belagerten Städte mittels Artillerie hält jedoch weiterhin an. Das ukrainische Militär meldet ferner verstärkte Luftangriffe. Binnen 24 Stunden habe man mehr als 250 Einsätze registriert. Hauptziele seien weiterhin Einrichtungen der militärischen und zivilen Infrastruktur in den Gebieten um die Großstädte Kiew, Tschernihiw und Charkiw. In Richtung der Hafenstadt Odessa seien jedoch keine weitere Offensiven seitens Russland zu vermelden.

Da die Ukrainer intensive Unterstützung aus dem Westen bekommen – Waffen und Logistik, aber auch finanzielle und humanitäre Hilfe –, werde es ihnen vermutlich gelingen, noch eine ganze Weile durchzuhalten, so die Einschätzung des Sicherheitsexperten Wolfgang Richter. Es sei gut vorstellbar, dass das Ganze vollends in einen Abnutzungskrieg übergehe, in dem sich die Fronten kaum noch bewegten. Sowohl nach Einschätzung der Ukraine selbst als auch nach Meinung von Experten könnte der Krieg voraussichtlich noch ein paar Wochen andauern.

Aufgrund der relativ hohen Verluste an Material und Soldaten – die NATO geht von bis zu 15.000 russischen Gefallenen aus – werden die russischen Streitkräfte versuchen, sich zu reorganisieren und neue Soldaten zu rekrutieren. In einer Woche, am 1. April, beginnt die nächste Einberufungswelle in Russland. Zweimal im Jahr werden dabei zwischen 120.000 und 150.000 Russen eingezogen. Zudem wird Russland versuchen, frühere Wehrpflichtige als Vertragssoldaten anzuwerben, die dann ebenfalls in die Ukraine geschickt werden könnten. Es ist demnach davon auszugehen, dass Russland im April versuchen wird, neue größere Offensiven zu starten

Ein Eingreifen des belarussischen Militärs an der Seite Russlands hält die ukrainische Führung derzeit für noch wenig wahrscheinlich. Obwohl der belarussische Präsident Lukaschenko ein enger Verbündeter des russischen Präsidenten Wladimir Putin ist, beteilige sich Belarus trotz wiederholten Drängens aus Moskau nicht aktiv am Krieg. Nach ukrainischen Erkenntnissen lehnten rund 60 Prozent der belarussischen Soldaten eine Beteiligung am Krieg im Nachbarland ab.

Ob die russische Seite neben den bislang offenbar zum Einsatz gekommen besonderen Waffen in Form von Hyperschallraketen bei weiteren Eskalationen eventuell auch noch den Einsatz russischer Atomwaffen in Erwägung ziehen könnte, bleibt spekulativ. In einem Interview hat Kreml-Sprecher Dmitri Peskow jüngst den Einsatz russischer Atomwaffen nicht ausgeschlossen. Dies würde allerdings nur im Fall einer „existenziellen Bedrohung“ Russlands geschehen, erklärte er. So sehe es auch die russische Sicherheitsstrategie vor.

Verhandlungen – Internationale Krisendiplomatie: Am heutigen Donnerstag wird der Sitzungsmarathon der internationalen Staatengemeinschaft fortgeführt. Es stehen Gipfel auf Ebene der NATO, der EU und der G7-Staaten in Brüssel an. Dazu ist auch US-Präsident Biden angereist. Der Staatschef der Ukraine wird beim historischen Dreifachgipfel per Videoschalte in Brüssel auftreten. Zusammen möchte man sich über die nächsten Schritte in Bezug auf den Krieg in der Ukraine beraten und sich auf eine gemeinsame Strategie verständigen. Bei dem Treffen der NATO-Länder soll die Stationierung von vier weiteren sogenannten „Battlegroups“ in Ungarn, Rumänien, Bulgarien und der Slowakei genehmigt werden. Die G7-Staaten und die EU werden ferner über verschärfte Sanktionen beraten.

Flüchtlinge: Laut UNHCR liegt die Zahl der Menschen, die sich in der Ukraine auf die Flucht begeben haben, mittlerweile bei rund 10 Millionen. Davon haben über 3,6 Millionen bereits die Ukraine in Nachbarländer verlassen; rund 2,2 Millionen sind in Polen angekommen. Tausende ukrainische Flüchtlinge würden offenbar gegen ihren Willen auch nach Russland gebracht. Weitere 6 bis 7 Millionen befinden sich derzeit innerhalb der Ukraine auf der Flucht. In Deutschland sind mittlerweile rund 250.000 Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine angekommen. Nach Angaben aus Moskau würden immer mehr Menschen versuchen, aus der Ukraine nach Russland auszureisen. Rund 350.000 Menschen hätten bislang die Grenze nach Russland überquert, hieß es.

Evakuierungen aus umkämpften Städten: Am Mittwoch wurden rund 4.500 Personen aus umkämpften Gebieten evakuiert, darunter 3.000 Einwohner aus Mariupol und weitere aus dem Gebiet Luhansk und aus Vororten Kiews. Auch für heute hofft die Ukraine auf die Öffnung weiterer Fluchtkorridore. Die Evakuierungen aus den Städten gehen in den letzten Tagen nur schleppend voran. Jeweils nur ein paar Tausend Menschen können pro Tag in Sicherheit gebracht werden.

Todesfälle: Die Zahl der im Krieg in der Ukraine bislang ums Leben gekommenen Menschen lässt sich schwer schätzen. UN-Schätzungen gehen derzeit von rund 3.000 ukrainischen Todesopfern und 20.000 verletzten Zivilisten aus. Allerdings dürften die tatsächlichen Zahlen höher liegen, da schon allein die Stadt Mariupol an die 2.500 Todesopfer gemeldet hat. Die NATO bezifferte die Verluste seitens Russland seit Kriegsbeginn auf bis zu 15.000 gefallene Soldaten. Aufgrund historischer Erfahrungen zum Verhältnis zwischen Toten, Gefangenen und Verwundeten könne die Gesamtzahl der russischen Ausfälle auf 30.000 bis 40.000 geschätzt werden. Russland hingegen beziffert seine Opferzahlen auf nur einen Bruchteil dessen. Über die Zahl der gefallenen oder verletzten ukrainischen Soldaten ist wenig bekannt. Sie dürfte mittlerweile aber ebenfalls einige Tausend betragen.

Lagebericht aus einzelnen Regionen und Städten:

Der ukrainischen Armee ist es nach US-Angaben offenbar gelungen, die russischen Truppen im Osten der Hauptstadt Kiew deutlich zurückzudrängen. Die russischen Streitkräfte hätten sich dort mehr als 30 Kilometer weit zurückgezogen, so ein Vertreter des US-Verteidigungsministeriums. Dort würden sie beginnen, sich zu verschanzen und neue Verteidigungspositionen aufbauen. So stünde die russische Armee derzeit 55 Kilometer vor Kiew. Vor Kurzem waren sie bereits bis auf 20 Kilometer vorgerückt. Auch die Ukraine meldet, sie habe die russischen Einheiten nahe Kiew am Vorrücken gehindert. Allerdings gebe es weiter teils massiven Beschuss.

Ferner sei es den ukrainischen Streitkräften offenbar gelungen, die nordwestlich der Hauptstadt gelegenen Orte Makariw und Moschun zurückzuerobern, erklärte der britische Militärgeheimdienst. „Es besteht die realistische Möglichkeit, dass die ukrainischen Streitkräfte nun in der Lage sind, russische Einheiten in Butscha und Irpin einzukesseln.” Außerdem habe man dadurch die Kontrolle über eine Autobahn zurückerlangt und die russischen Truppen daran gehindert, Kiew von Nordwesten her einzukesseln.

Auch in der nördlich von Kiew gelegenen Großstadt Tschernihiw würden die russischen Streitkräfte nicht weiter vorankommen. Die russischen Soldaten säßen zehn Kilometer vom Zentrum entfernt fest. In einigen Bereichen seien die russischen Einheiten zuletzt zurückgewichen.

Im schwer umkämpften Charkiw im Osten der Ukraine seien die russischen Truppen weiterhin mit starken Widerstand der Ukrainer konfrontiert. Dort konnten die ukrainischen Streitkräfte einen Angriff abwehren. Die russischen Streitkräfte stünden 15 bis 20 Kilometer vom Stadtzentrum entfernt.

Dramatisch bleibt die Lage in der von russischen Truppen eingekesselten Stadt Mariupol am Asowschen Meer. Die Versorgungslage ist nach wie vor katastrophal. Die Versorgung von Verletzten in Krankenhäusern kann nur noch eingeschränkt und unter schwersten Bedingungen erfolgen. Im größten Krankenhaus der Stadt würden die Patienten im Keller bei Kerzenlicht behandelt. Nur für komplizierte Operationen kämen die Dieselgeneratoren zum Einsatz. Nach Angaben der ukrainischen Regierung sind nach wie vor rund 100.000 Menschen in der Stadt gefangen.

Kaum Veränderungen seien in der Umgebung der Schwarzmeer-Metropole Odessa auszumachen. Anders als zu Wochenbeginn seien in den vergangenen 48 Stunden keine Raketen mehr von russischen Schiffen aus in Richtung der Hafenstadt abgefeuert worden.

Weiterhin meldete die ukrainische Marine die Zerstörung des größten russischen Landungsschiffs „Orsk”, das nahe der Hafenstadt Berdjansk kürzlich angelegt hatte.

In Richtung Westen ist keine Offensive erkennbar. Bisher ist die Region um die Stadt Lwiw mit „einzelnen Nadelstichen” davongekommen. Die Stadt in der nordwestlichen Ukraine ist eine große Durchgangsstation für Geflüchtete in Richtung der westlichen Nachbarländer.

Aktuelle Berichte:

Ukraine-Gipfel der NATO, G7 und EU in Brüssel mit US-Präsident Biden
US-Präsident Biden berät heute mit der NATO, den G7 und der EU über die Strategie des Westen im Hinblick auf den Krieg in der Ukraine. Neben schärferen Sanktionen und der Stärkung der NATO-Ostflanke geht es auch um die Symbolik: Die USA an der Seite Europas. Die USA und ihre Verbündeten wollen beraten, was sie im nächsten Schritt gegen den russischen Überfall auf die Ukraine unternehmen werden (Tagesschau).

NATO will aufrüsten und die Ostflanke dauerhaft stärken
Die NATO-Staaten haben auf dem heutigen Gipfel beschlossen, sich mit einer massiver Aufrüstung auf die neue Bedrohungslage zu reagieren und ihre Truppen an der Ostflanke dauerhaft zu stärken. Vier NATO-Gefechtseinheiten sollen in die Slowakei, nach Ungarn, Bulgarien und Rumänien entsendet werden. Zusätzlich zu den Einheiten, die bereits in den baltischen Staaten und Polen stationiert sind. Angesichts „der seit Jahrzehnten schwerwiegendsten Bedrohung für die euro-atlantische Sicherheit” werde man das Abschreckungs- und Verteidigungsdispositiv erheblich stärken und das gesamte Spektrum an einsatzbereiten Streitkräften und Fähigkeiten weiterentwickeln, hieß es in der gemeinsamen Gipfelerklärung. Diese Schritte würden durch „erweiterte Übungen" mit dem Schwerpunkt kollektive Verteidigung und der Zusammenarbeit der unterschiedlichen Streitkräfte ergänzt. Besondere Sorge bereitet den Nato-Staaten der mögliche Einsatz von Massenvernichtungswaffen durch Russland (Bayerischer Rundfunk).

Selenskyj ruft Bürger weltweit zu Demonstrationen auf
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat anlässlich des Kriegsbeginns vor einem Monat Menschen auf der ganzen Welt aufgerufen, am Donnerstag öffentlich zu protestieren. „Kommen Sie aus Ihren Büros, Ihren Wohnungen, Ihren Schulen und Universitäten”, sagte Selenskyj in einer Videoansprache. „Kommen Sie im Namen des Friedens, kommen Sie mit ukrainischen Symbolen, um die Ukraine, die Freiheit und das Leben zu unterstützen” (Greenpeace-Magazin).

UN-Vollversammlung verlangt Kriegsende
Bei den gestrigen Verhandlungen war es nicht gelungen, sich auf einen Text zu einigen. Die UN-Vollversammlung hat heute über eine neuen Entwurf einer Resolution zur humanitären Situation in der Ukraine abgestimmt. Die Resolution verlangt unter anderem „die sofortige Einstellung der Feindseligkeiten der Russischen Föderation gegen die Ukraine”, insbesondere alle Angriffe auf Zivilisten. Moskau müsse seine Streitkräfte unverzüglich aus der Ukraine zurückziehen. Angriffe auf Schulen und Krankenhäuser müssten aufhören. Die Delegierten votierten mit 140 zu 5 Stimmen für die Entschließung; gemeinsam mit Russland sprach sich lediglich Belarus, Syrien, Nordkorea und Eritrea gegen den Text aus. Südafrika brachte noch einen Gegenentwurf zu dieser Resolution ein. Darin wird Russland nicht beschuldigt. (n-tv).

EU-Kommission lehnt Quote zur Verteilung von Geflüchteten ab
Forderungen nach einem verpflichtenden Schlüssel zur Verteilung von Geflüchteten aus der Ukraine über die einzelnen EU-Staaten hat die EU-Kommission eine Absage erteilt. „Wir werden keine verbindlichen Quoten oder ähnliches machen”, sagte Innenkommissarin Ylva Johansson. Die Menschen, die unter der Richtlinie für einen Massenzustrom Vertriebener Schutz suchten, sollten sich frei in der EU bewegen dürfen. Man werde nicht entscheiden, wo sie sich niederlassen sollten. Johansson verwies jedoch auf eine neu geschaffene „Solidaritätsplattform”, auf der sich die EU-Staaten über die Verteilung der Geflüchteten austauschen könnten. Länder könnten dort Überlastungen melden, andere Länder könnten Hilfe anbieten (Die ZEIT).

Russland scheidet im Herbst aus Menschenrechtskonvention aus
Infolge des Ausschlusses der Russischen Föderation aus dem Europarat am 16. März 2022 scheidet Russland zum 16. September 2022 als Vertragspartei aus der Europäischen Menschenrechtskonvention aus. Mutmaßliche Verstöße der Russischen Föderation gegen die Konvention, die bis September stattfinden, werden jedoch weiterhin Gegenstand der Untersuchungen sein (Europarat).

Weitere Waffenlieferungen aus Deutschland: 2.000 Panzerfäuste
Das Verteidigungsministerium will der Ukraine zur Verteidigung 2.000 weitere Panzerfäuste aus Beständen der Bundeswehr liefern. Dies beantragte das Ressort von Ministerin Christine Lambrecht beim Bundessicherheitsrat. Die ukrainischen Streitkräfte haben bereits 1.000 Panzerabwehrwaffen sowie 500 Boden-Luft-Raketen vom Typ „Stinger” aus Bundeswehrbeständen erhalten, zudem 500 von rund 2.700 „Strela“-Raketen aus Altbeständen (n-tv).

23. März 2022

Lagebericht

Der Generalstab der ukrainischen Truppen vermeldete am Morgen, dass die ukrainischen Streitkräfte ihre Stellungen trotz andauernder russischer Luftangriffe weiterhin halten würden. Der russische Vormarsch habe an mehreren Fronten gestoppt werden können.

Britische Geheimdienste gehen indes davon aus, dass sich die russischen Truppen im Norden der Ukraine derzeit neu organisierten, um großangelegte Angriffe vorzubereiten. In der Ostukraine verfolgten die russischen Streitkräfte weiterhin das Ziel, die ukrainische Armee einzukesseln. Das britische Verteidigungsministerium rechnet außerdem mit dem Versuch russischer Truppen, die im Süden gelegene Stadt Mokolajiw zu umgehen, um dann auf die weiter westlich gelegene Großstadt Odessa vorzurücken.

Nach Einschätzung von Experten gibt es derzeit kaum noch Boden- oder Geländegewinne. Der Krieg könnte also zunehmend in einen Abnutzungs- und Stellungskrieg übergehen. Trotzdem werden über russische Artilleriegeschosse große Schäden verursacht.

Die NATO beabsichtigt zur Abschreckung Russlands eine weitere Stärkung ihrer Ostflanke, teilte NATO-Generalsekretär Stoltenberg in Brüssel mit. Standorte der NATO-Battlegroups könnte es in Ungarn, Rumänien, Bulgarien und der Slowakei geben. Außerdem werde erwogen, die Luftverteidigung sowie die Präsenz auf See auszubauen. Zugleich bekräftigte Kanzler Scholz im Bundestag die Haltung, dass die NATO nicht auf militärischem Wege intervenieren werde. Dieses Versprechen bedeutet auch eine Absage an den ukrainischen Präsidenten Selenskyj, der für ein stärkeres Engagement der NATO geworben hatte. Am Abend vermeldete die NATO, dass nach Schätzungen bereits zwischen 7.000 und 15.000 russische Soldaten ums Leben gekommen seien.

Evakuierungen aus umkämpften Städten: Für den heutigen Mittwoch wurden laut ukrainischen Angaben neun Fluchtkorridore vereinbart, über die Zivilisten umkämpfte Gebiete verlassen können. Drei Routen sind nordöstlich von Kiew geplant, eine weitere ist nordwestlich der Hauptstadt vorgesehen. Für Luhansk konnte eine Feuerpause ab 9.00 Uhr Ortszeit verhandelt werden. Zivilisten soll dadurch über zwei Fluchtkorridore die Möglichkeit zur Flucht gegeben werden. Auch für das stark umkämpfte Stadtzentraum von Mariupol soll ein Fluchtkorridor eingerichtet werden.

Verhandlungen – Internationale Krisendiplomatie: Der ukrainische Präsident Selenskyj bezeichnete die Verhandlungen mit Russland als „sehr schwierig“. Trotzdem bewege man sich Schritt für Schritt vorwärts, verkündete Selenskyj in einer Videoansprache. Unterhändler seien hierzu „unermüdlich im Einsatz“. Neben einem Ende der Kämpfe fordert die Ukraine den Abzug russischer Truppen. Russland pocht auf die Anerkennung der in der Ostukraine gelegenen Separatistengebiete als unabhängige Staaten. Außerdem müsse die Krim als Teil des russischen Herrschaftsgebiets anerkannt werden. Die Moskauer Delegation sprach ihrerseits von schleppenden Gesprächen. Der russische Außenminister Lawrow beschuldigte die USA, die Gespräche in die Länge ziehen zu wollen. Verhandelt wurde anfänglich in Belarus. Aktuell finden die Verhandlungen über Videokonferenzen statt.
US-Präsident Biden reist heute nach Brüssel, um sich auf Gipfeltreffen von EU, NATO und G7 mit internationalen Verbündeten zum Krieg in der Ukraine zu beraten. Aus amerikanischen Regierungskreisen wurde zudem bekannt, dass zusätzliche Sanktionen gegen Abgeordnete des russischen Parlaments vorbereitet werden. Diese sollen am Donnerstag verkündet werden. Am Freitag reist Biden weiter nach Polen. Am heutigen Mittwoch ist zudem die Vollversammlung der UN zur Beratung einer gegen Russland gerichteten Resolution zusammengekommen. Zentrale Forderung der Resolution ist die sofortige Einstellung der russischen Feindseeligkeiten. Mit einem Ergebnis wird am späten Mittwochabend gerechnet.

Lagebericht aus einzelnen Regionen und Städten:

Am Nachmittag wurde die ukrainische Hauptstadt Kiew erneut von russischen Truppen unter Beschuss genommen. Aus den westlichen Außenbezirken der Stadt wurden Gefechte berichtet, um mehrere Vororte unter Kontrolle der russischen Soldaten zu bringen. Ein Einkaufszentrum und mehrere weitere Gebiete wurden nach Angaben der Stadtverwaltung von Granaten getroffen. Am Abend vermeldete Kiews Bürgermeister Klitschko, dass russische Truppen nahe der Hauptstadt zurückgedrängt werden konnten. Die Kleinstädte Irpin und Makariw befänden sich somit nun wieder fast vollständig unter ukrainischer Kontrolle.

In der von russischen Truppen belagerten Hafenstadt Mariupol ereignen sich weiterhin schwere Gefechte. Laut Berichten sind zudem zwei schwere Bomben in der Stadt eingeschlagen. Nach Angaben des ukrainischen Präsidenten Selenskyj befinden sich noch immer rund 100.000 der ehemals 430.000 Menschen in der Stadt. Die humanitäre Lage ist äußerst angespannt. Es mangelt an Nahrung, Wasser und Medizin. Selenskyj beklagte zudem die Blockade eines Hilfskonvois durch russische Truppen. Mehrere Busfahrer und Rettungshelfer seien von russischer Seite gefangen genommen worden. Auch habe es während einer Evakuierungsoperation Angriffe durch russische Bomben gegeben.

Ein Berater Wladimir Putins bekräftigte unterdessen das Vorhaben, mit einer Eroberung Mariupols eine sichere Landverbindung zur 2014 annektierten Halbinsel Krim zu schaffen. Dies würde für die Russen neue Transportkorridore zwischen Krim und den ostukrainischen Separatistengebieten Donezk und Luhansk ermöglichen.

In Irpin, einer umkämpften Vorstadt Kiews, hat die örtliche Polizei ihre Arbeit wiederaufgenommen. Der ukrainische Polizeichef Klymenko teilte mit, die Polizei gehe in der Gegend nun gegen russische Saboteure vor. Vorrangiges Ziel sei jedoch die Unterstützung von Zivilisten und die Wiederherstellung von Ordnung in der Stadt.

Für die ostukrainische Stadt Luhansk konnte am Vormittag eine Feuerpause vereinbart werden. Diese gilt ab 9.00 Uhr Ortszeit und soll Zivilisten die Möglichkeit geben, sich in Sicherheit zu bringen.

Im ebenfalls in der Ostukraine gelegenen Charkiw ist es unterdessen erneut zu heftigen Kämpfen gekommen. Dabei ist es der ukrainischen Armee nach eigenen Angaben gelungen, russische Angriffe abzuwehren.

Hochproblematisch gestaltet sich die Lage auch im umkämpften Isjum. Nach ukrainischer Darstellung gibt es derzeit keine Verbindungen mehr in die Stadt. Auch seien sämtliche Bemühungen um die Einrichtung humanitärer Korridore von russischer Seite zurückgewiesen worden.

Aktuelle Berichte:

Russland akzeptiert Bezahlung von Gaslieferungen nur noch in Rubel

Russland gab heute bekannt, die Bezahlung von Gaslieferungen an „unfreundliche Staaten“ künftig nur noch in der russischen Landeswährung zu erlauben. Betroffen sind Staaten, die von Russland auf eine schwarze Liste gesetzt wurden. Darunter Deutschland, weitere EU Staaten, Großbritannien, die USA und Kanada. Die Ankündigung kann als russische Vergeltungsmaßnahme in Reaktion auf die von vielen Staaten gegen Russland verhängten Wirtschaftssanktionen verstanden werden. Ökonomen sprechen vor einer neuen Eskalationsstufe im Wirtschaftskrieg. Bundeswirtschaftsminister Habeck bezeichnete das russische Vorgehen als „Bruch der Verträge“. Bereits die Ankündigung führte zudem zu Kursgewinnen der russischen Währung. (Tagesschau.de).

Kreml: Einsatz von Atomwaffen nur bei „existentieller Bedrohung“
Die russische Staatsführung hat sich öffentlich zu ihrer Atomwaffenstrategie geäußert. In einem CNN-Interview verwies Kreml-Sprecher Dmitri Peskow auf das russische Konzept für innere Sicherheit und erklärte: „Wenn es also eine existenzielle Bedrohung für unser Land gibt, dann kann sie (die Atombombe) in Übereinstimmung mit unserem Konzept genutzt werden.” Zudem äußerte Peskow, der russische Militäreinsatz verlaufe aus Sicht des Kremls „streng nach Plan“ (Der Spiegel).

China lehnt Ausschluss Russlands aus G20 ab
China hat Forderungen nach einem Ausschluss Russlands aus der Gruppe der G20 eine Absage erteilt. Polen hatte in Reaktion auf die russischen Aggressionen gegenüber der Ukraine gefordert, Russland aus der Gruppe der 20 größten Industrie- und Schwellenländer auszuschließen. Deutschland und die USA hatten erklärt, mit ihren internationalen Partnern über Konsequenzen für die russische G20-Mitgliedschaft beraten zu wollen. Russland selbst bekräftigte unterdessen das Vorhaben Putins, am nächsten G20-Gipfel im Oktober in Indonesien teilzunehmen. (Der Spiegel).

Verhandlungen: Nachkriegsordnung muss russische Bedrohung dauerhaft eindämmen

Wie könnte es eine diplomatische Annäherung zwischen zur absoluten Zerstörung bereiten russischen Aggressoren und der angegriffenen Ukraine geben? Die Bemühungen zur Einigung auf diplomatischem Parkett gestalten sich auch deshalb so schwierig, weil das Russland Putins auch dann eine dauerhafte Bedrohung bliebe, wenn es sich auf einen wie auch immer gearteten Friedensvertrag einließe. Eine stabile politische Nachkriegsordnung scheint daher nur ohne den aktuellen russischen Präsidenten möglich (Die ZEIT).

22. März 2022

Lagebericht

Laut Einschätzungen von Experten fokussiere Russland aufgrund des starken ukrainische Widerstands seine Aktivitäten in dieser Phase des Krieges auf Angriffe aus der Luft und im Süden der Ukraine zu Wasser. Der Kreml versuche, seine Kampfdynamik zu erhöhen. Demnach feuere Russland vor allem Luft-Boden-Raketen aus dem russischen oder belarussischen Luftraum auf ukrainische Ziele ab. Innerhalb der vergangenen 24 Stunden seien bis zu 300 Angriffe geflogen worden. Vor allem aus Kiew, Charkiw, Mariupol, Odessa und Mykolajiw sind Angriffe gemeldet worden. Die russischen Kampfjets blieben nie lange im ukrainischen Luftraum, da die ukrainischen Streitkräfte Flugabwehrsysteme und Drohnen einsetzen würden, um die Angriffe abzuwehren. Der neuerliche russische Einsatz von Hyperschallraketen diene eher der Demonstration der Stärke des russischen Militärs. Militärisch gesehen mache der Einsatz wenig Sinn. Die Angriffe hätten auch mit anderen Waffen erfolgen können, so Experten.

Russische Einheiten hätten nach Angaben des ukrainischen Generalstabes weiter Probleme mit der Sicherung ihres Nachschubs. Vorliegenden Informationen zufolge hätten die in der Ukraine operierenden Einheiten Munitions- und Lebensmittelvorräte für höchstens drei Tage. Ähnlich sei die Lage bei der Versorgung mit Kraftstoff. Derweil geht die Regierung der Ukraine nach eigenen Angaben davon aus, dass die Kämpfe mit Russland innerhalb von zwei bis drei Wochen enden könnten.

Dem Kapitulationsaufruf Russlands erteilte die Ukraine gestern eine klare Absage. Sie werde Städte wie Mariupol, Charkiw und Kiew nicht kampflos übergeben, erklärte Präsident Selenskyj. Vielmehr rief Selenskyj sein Volk zum Widerstand und Durchhalten auf: „Um unser Volk zu retten. Kämpft. Kämpft. Kämpft und helft. Damit die Ukraine lebt, und wir alle gemeinsam mit ihr, frei und in Frieden.“ Indes berichtet die ukrainische Spionageabwehr, sie habe ein mögliches Attentat auf Präsident Wolodymyr Selenskyj verhindert. Zudem sei eine Gruppe von russischen Saboteuren festgenommen habe.

Die EU und die USA haben der Ukraine für Ihren Verteidigungskampf gegen die russischen Angriffe große Summen für Waffenlieferungen bereitgestellt. Da zur Luft und zur See kaum noch Lieferungen an die Ukraine möglich sind, müssen diese auf dem Landweg über die Westgrenze der Ukraine ins Land kommen. Um diese Lieferungen zu verhindern, werde nun zunehmend auch die Westukraine in Russlands strategischem Fokus stehen. Von Nordwesten her wird eine russische Offensive erwartet, möglicherweise gemeinsam mit belarussischen Streitkräften.

Im nördlichen Schwarzen Meer zeige Russland mit dem Einsatz mehrerer Kriegsschiffe „verstärkte Marineaktivitäten” vor den Küstenregionen. Mit einem ihrer Landungsschiffe haben die russischen Streitkräfte gestern in der unweit von Mariupol gelegenen Stadt Berdjansk angelegt. Die russische Armee dürfte über diesen Weg ihren Nachschub mit Ausrüstung und Munition sichern wollen. Umgekehrt betrachtet ist für die Ukraine der Zugang von der See aus mittlerweile nun so gut wie dicht. Aufgrund des zunehmenden Gefahrenpotenzials hat die Ukraine vorübergehend ihrerseits die ukrainischen Häfen am Asowschem und Schwarzem Meer geschlossen.

Was die strategisch wichtigen Städte anbelangt, versucht die russische Armee weiter, die Ringe um die Städte komplett zu schließen und mit Soldaten einzudringen. Teils zeigt sich in den Städten bereits ein Straßenkampf, wie etwa in Mariupol. Die Versorgungslage in den Städten ist katastrophal. Die Gefahren für Hunderttausende in den Städten eingekesselte Bewohner ist groß, da Russlands Angriffe auch zivile Ziele treffen.

Flüchtlinge: Laut UNHCR liegt die Zahl der Menschen, die sich in der Ukraine auf die Flucht begeben haben, mittlerweile bei rund 10 Millionen. Davon haben knapp 3,5 Millionen bereits die Ukraine in Nachbarländer verlassen; über 2,1 Millionen sind in Polen angekommen. Tausende der ukrainischen Flüchtlinge würden offenbar gegen ihren Willen auch nach Russland gebracht. Weitere 6 bis 7 Millionen befinden sich derzeit innerhalb der Ukraine auf der Flucht. In Deutschland sind mittlerweile mehr als 230.000 Schutzsuchende aus der Ukraine eingereist. Nach Angaben aus Moskau würden immer mehr Menschen versuchen, aus der Ukraine nach Russland auszureisen. Fast 348.000 Menschen hätten bislang die Grenze nach Russland überquert, hieß es.

Evakuierungen aus umkämpften Städten: Die Evakuierungen über humanitäre Korridore verlaufen weiterhin nur schleppend. Ein paar Tausend Menschen pro Tag gelingt derzeit die Flucht über humanitäre Korridore. Gestern konnten 3.300 Menschen aus Mariupol evakuiert werden. 1.600 Menschen wurden aus dem Dorf Bobrik nahe Kiew evakuiert. Für den heutigen Tag wurden wieder Fluchtkorridore geplant, um Menschen aus umkämpften Städten in Sicherheit zu bringen, darunter drei Fluchtkorridore für Mariupol. Allerdings scheint es heute wieder Schwierigkeiten gegeben zu haben, die Hilfskonvois wurden vor der Stadt gestoppt. Die Menschen sitzen in Mariupol fest und warten weiterhin auf ihre Evakuierung. Seit Kriegsbeginn konnten insgesamt gut 200.000 Menschen evakuiert werden.

Verhandlungen – Internationale Krisendiplomatie: In Vorbereitung auf die am Donnerstag stattfindenden Gipfel der EU, NATO und G7 hat sich US-Präsident Biden in einer Schaltkonferenz mit westlichen Verbündeten über eine koordinierte Antwort auf den russischen Angriffskrieg beraten. An den Beratungen nahm auch Bundeskanzler Olaf Scholz teil. Die Verhandlungen zwischen der russischen und ukrainischen Delegation erbrachten weiterhin keinen Durchbruch. Indes hat der ukrainische Präsident Selenskyj Russland einen Kompromiss angeboten, nach welchem die Ukraine bereit sei, auf eine NATO-Mitgliedschaft zu verzichten. Kiew sei auch bereit, über den Status der von Russland annektierten Halbinsel Krim und über den von prorussischen Separatisten gehaltenen Donbass in der Ostukraine zu sprechen. Voraussetzung sei eine Feuerpause sowie Schritte zu Sicherheitsgarantien für die Ukraine. „Es ist ein Kompromiss für alle: für den Westen, der in Bezug auf die NATO nicht weiß, was er mit uns machen soll; für die Ukraine, die Sicherheitsgarantien will; und für Russland, das keine weitere NATO-Expansion will”, so Selenskyj. Ferner hat Selenskyj angekündigt, über mögliche in Verhandlungen erzielte Kompromisse die Bevölkerung über einen Volksentscheid abstimmen zu lassen. Indes hat Frankreichs Staatschef Emmanuel Macron mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin telefoniert und über die Bedingungen für einen Waffenstillstand mit der Ukraine sowie um „Sicherheitsvoraussetzungen für substanzielle Themen” gesprochen.

Lage in einzelnen Regionen und Städten:

Seit Wochen versucht die russische Armee, die ukrainische Hauptstadt Kiew vollständig zu umzingeln. Selenskyjs Sicherheitsberater hat den Angriff auf Kiew nun als „im Großen und Ganzen gescheitert” bezeichnet. Der Versuch, die Hauptstadt weiter einzukreisen, sei nicht gelungen. Größtenteils in einer Entfernung von 25 Kilometern haben sich die russischen Truppen offenbar in Gräben verschanzt. Die Vororte von Kiew sind heftig umkämpft. Die ukrainische Armee konnte die russischen Truppen offenbar aus dem nordwestlich gelegenen strategisch wichtigen Vorort Makariw verdrängen. Einige abgelegene Dörfer um Kiew wurden hingegen von russischen Streitkräften fast völlig abgeschnitten. Dort droht eine humanitäre Katastrophe. In der 30 Kilometer von Kiew entfernten Kleinstadt Boryspil hat der Bürgermeister alle Bewohner zum Verlassen des Ortes aufgerufen. Es gebe keinen Grund, in der Stadt zu bleiben, in der Umgebung werde bereits gekämpft. Boryspil liegt nahe dem gleichnamigen internationalen Flughafen Kiews. In der Hauptstadt selbst ist immer wieder Luftalarm zu hören. Bislang wurden einzelne Wohngebäude und ein Einkaufszentrum getroffen.

Im Sperrgebiet um das ehemalige Atomkraftwerk Tschernobyl sind nach Angaben des ukrainischen Parlaments mehrere Brände ausgebrochen. Insgesamt soll bereits eine Fläche von mehr als zwei Quadratkilometern in Flammen stehen. Russische Truppen hatten das Gelände um das Atomkraftwerk vor rund einem Monat unter ihre Kontrolle gebracht. Die Feuer seien „wahrscheinlich durch die bewaffnete Aggression der Russischen Föderation verursacht worden – nämlich durch Beschuss oder Brandstiftung”, teilte Kiew mit. Allerdings kam es dort in der Vergangenheit immer wieder zu Wald- und Flächenbränden.

In der Ostukraine ist die russische Armee nach eigenen Angaben weitere vier Kilometer in ukrainisches Gebiet vorgerückt. Es werde um die Eroberung dreier Dörfer in der Nähe der Stadt Donezk gekämpft. Südwestlich davon sei das Dorf Uroschajne eingenommen worden.

„Ärzte ohne Grenzen“ berichten von der dramatischen Lage in der belagerten Hafenstadt Mariupol. Es fehle an Ausrüstung, Medikamenten, Strom und Wasser. Die in den Straßen liegenden Leichen könnten nicht mehr weggebracht werden, da dies zu gefährlich sei. Nach ukrainischen Angaben seien in der Stadt heute zwei „extrem starke Bomben” eingeschlagen. „Es ist klar, dass die Belagerer sich nicht für die Stadt interessieren, sie wollen sie auslöschen, zu Asche reduzieren”, erklärte die Stadtverwaltung. Die beiden besonders starken Bomben seien demnach eingeschlagen, als gerade Zivilisten evakuiert werden sollten. 3.000 Menschen konnten gestern aus der Stadt in Sicherheit gebracht werden, trotz Beschusses während der Evakuierung. Probleme gab es aber auch heute wieder was die Hilfskonvois für Mariupol anbelangt. Unweit der belagerten ukrainischen Hafenstadt Mariupol haben prorussische Separatisten Angaben aus Kiew zufolge einen Konvoimit Hilfslieferungen festgesetzt. Mehrere Mitarbeiter des ukrainischen Zivilschutzes seien als „Geiseln” genommen worden. Die festgesetzten Menschen hätten Busse gefahren, in denen Zivilisten aus Mariupol hätten evakuiert werden sollen.. Die Fluchtroute sei mit dem Internationalen Roten Kreuz abgesprochen gewesen. Mehr als 100.000 Menschen warten demnach auf eine Evakuierung, sitzen aber in der Stadt fest. Der Anführer der prorussischen Separatisten in Donezk äußerte indes die Vermutung, dass die Kämpfe in der Hafenstadt Mariupol noch einige Zeit andauern werden. Nach Angaben des Bürgermeisters der Hafenstadt starben in Mariupol bereits mehr als 3000 Zivilisten.

In Odessa gab es gestern den ersten großen Angriff der russischen Marine, bei dem Wohnhäuser getroffen wurden. Die Stadt bereitet sich schon lange auf einen Angriff vor und errichtet überall Barrikaden. Es wird befürchtet, dass auch die russische Armee weiter in Richtung Odessa vorrücken könnte, so dass Gefahr zu Land und zu Wasser drohen würde. Die Bewohner befürchten, ein ähnliches Szenario wie in Mariupol könnte auch Odessa bevorstehen.

Weiterhin befinden sich 14 russische Marineschiffe vor der Schwarzmeerküste. Die russischen Streitkräfte werden versuchen, früher oder später auch mit Landungsschiffen an der Küste vor Odessa anzulegen, um die Schwarzmeerküste vollständig unter ihre Kontrolle zu bringe, die Nachschubwege für die Ukraine über das Meer komplett zu blockieren und in Odessa einzurücken.

Aktuelle Berichte:

Ukrainische Spionageabwehr verhindert möglichen Anschlag auf Selenskyj
Laut der ukrainischen Spionageabwehr wurde im Westen des Landes ein russischer Sabotagetrupp festgenommen, der einen Anschlag auf Selenskyj geplant haben soll. Die von einem Geheimdienstler angeführte Gruppe soll nach ukrainischen Angaben in der Stadt Uschgorod im Dreiländereck zwischen der Ukraine, der Slowakei und Ungarn festgenommen worden sein. Zum Auftrag der etwa 25 Männer habe neben dem Anschlag auf Selenskyj in Kiew auch die Ausführung einer Reihe von Sabotageakten im Regierungsviertel sowie in anderen Landesteilen der Ukraine gehört. Sie wollten sich als Angehörige der Territorialeinheiten der Ukraine ausgeben und auf diese Weise nach Kiew gelangen (t-online).

UN-Vollversammlung bereitet Resolution vor
Die UN-Vollversammlung wird morgen über eine weitere Resolution im Zusammenhang mit dem russischen Angriffskrieg beraten und entscheiden. Für die Beschlussvorlage mit dem Namen „humanitäre Folgen der Aggression gegen die Ukraine“ wird abermals mit einer breiten Zustimmung gerechnet. Bei der letzten Resolution Anfang März wurden 141 Ja-Stimmen erreicht. Der damalige Beschluss hatte Russlands Krieg verurteilt (Redaktionsnetzwerk Deutschland).

Russland: Beziehungen zu USA am Rande des Abbruchs
Russlands Vize-Außenminister Sergej Rjabkow sieht die Beziehungen zu den USA wegen des Ukraine-Krieges vor dem Abbruch. Russland hat den US-Botschafter in Moskau einbestellt und ihm eine Protestnote übergeben. Zugleich stellte er Bedingungen für eine Fortsetzung der Gespräche zwischen Moskau und Washington: Die USA müssten ihre Eskalation stoppen - verbal und bei der Lieferung von Waffen an die Ukraine. „Sie müssen aufhören, Drohungen gegen Russland auszusprechen.“ Die Äußerungen des amerikanischen Präsidenten, in denen er den russischen Präsidenten Putin als einen „Kriegsverbrecher“ und „mörderischen Diktator“ bezeichnete, seien „eines Staatsmannes von solch hohem Rang unwürdig und bringen die russisch-amerikanischen Beziehungen an den Rand des Abbruchs” (Tagesspiegel).

Biden warnt: Russland erwägt Einsatz chemischer Kampfstoffe
US-Präsident Joe Biden hat seine Warnung bekräftigt, wonach Russland in der Ukraine auch chemische Kampfstoffe einsetzen könnte. Russland hatte der Ukraine jüngst vorgeworfen, über biologische und chemische Waffen zu verfügen. Aus dem russischen Verteidigungsministerium hieß es, die Regierung in Kiew wolle die eigene Bevölkerung mit Chemiewaffen angreifen – und diesen Angriff dann den russischen Truppen anlasten. Aus Sicht Bidens ist dies ein klares Indiz dafür, dass Putin nur einen Vorwand sucht, um selbst chemische Waffen einzusetzen. „Das ist ein klares Zeichen dafür, dass er den Einsatz beider Waffen in Erwägung zieht” (BR24).

Selenskyj wünscht sich Papst Franziskus als Vermittler
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat Papst Franziskus als Vermittler im Konflikt mit Russland vorgeschlagen.  „Wir würden eine Vermittler-Rolle des Heiligen Stuhls schätzen, um das menschliche Leid zu beenden.“ Das Oberhaupt der katholischen Kirche hatte kürzlich bereits gefordert, Russlands „inakzeptable bewaffnete Aggression“ müsse gestoppt werden, „bevor sie Städte in Friedhöfe verwandelt“. Der Papst forderte auch ein Ende des „Massakers“ an Zivilisten (Berliner Zeitung).

21. März 2022

Lagebericht

Der Frontverlauf im Krieg mit Russland ist nach ukrainischen Angaben „praktisch eingefroren”. Sowohl die russische als auch die ukrainische Seite hätten nicht genug Kraft, um die Situation in die eine oder andere Richtung zu drehen, sagte der Berater des Büroleiters von Präsident Wolodymyr Selenskyj. Die russische Armee erziele allenfalls kleine Geländegewinne im Osten und Süden. Laut dem „Institute for the Study of War" aus den USA befänden sich die Kämpfe insgesamt in einer „Pattsituation". Russland habe nicht das Gerät und Personal, um große Städte wie Kiew, Charkiw und Odessa tatsächlich einnehmen zu können, schreibt das Institut in einer Lageanalyse. Sie deckt sich mit den Einschätzungen anderer Experten aus den vergangenen Tagen.

Allerdings rechnet der Generalstab der ukrainischen Armee mit weiteren Offensiven in den kommenden Tagen. Im Nordwesten des Landes wird ein baldiger belarussischer Angriff erwartet. Lange schon wurde befürchtet, die belarussischen Streitkräfte könnten zur Unterstützung der russischen Armee in den Krieg mit eintreten. Aus russischer Sicht könnte diese Offensive dazu dienen, die Westgrenze dicht zu machen, über die der Westen die Ukraine mit Nachschub versorgt. Dies würde die ohnehin schon dramatische Lage in der Ukraine weiter verschärfen. Auch im Süden bei Odessa stellen sich die Streitkräfte auf eine zu erwartende Offensive ein.

Indes gehen die Angriffe auf die bereits seit Wochen hart umkämpften Städte wie Mariupol und Charkiw weiter. Russland hat Mariupol nun zur Kapitulation aufgefordert, was die Ukraine umgehend ablehnte. Weiterhin versucht Russland mit dem Einsatz von Hyperschallraketen ein weiteres Zeichen militärischer Stärke zu setzen. Dabei nehmen die russischen Streitkräfte zunehmend Militärstützpunkte ins Visier, um das ukrainische Militär zu schwächen. Doch auch die ukrainische Armee versucht mit vereinzelten Offensiven gegenzuhalten und wehrt sich nach wie vor mit allen Kräften. In mehr als drei Wochen Krieg soll die russische Armee mehrere Dutzend hochrangige russische Offiziere sowie fünf ihrer zwanzig Majorgeneräle verloren haben. Erst gestern haben die russischen Behörden den Tod eines weiteren hochrangigen Militärs bestätigt. Der stellvertretende Kommandant der Schwarzmeerflotte, Andrei Paly, sei in Mariupol erschossen worden.

Flüchtlinge: Was die Zahl der Menschen anbelangt, die sich in der Ukraine auf die Flucht begeben haben, liegt diese laut UNHCR mittlerweile bei rund 10 Millionen. Davon haben 3,3 Millionen bereits die Ukraine in Nachbarländer verlassen, über zwei Millionen sind in Polen angekommen. Tausende der ukrainischen Flüchtlinge würden offenbar gegen ihren Willen auch nach Russland gebracht. Weitere 6 bis 7 Millionen befinden sich derzeit innerhalb der Ukraine auf der Flucht. In Deutschland sollen bislang mehr als 225.000 Schutzsuchende aus der Ukraine eingereist sein.

Evakuierungen aus Städten: Die Evakuierungen über humanitäre Korridore verlaufen weiterhin nur schleppend. Ein paar Tausend Menschen pro Tag gelingt derzeit die Flucht über humanitäre Korridore. Für den heutigen Tag seien wieder acht Fluchtkorridore geplant, um Menschen aus umkämpften Städten in Sicherheit zu bringen. Gestern konnten rund 7.300 Menschen aus den umkämpften Städten evakuiert werden. Seit Kriegsbeginn konnten insgesamt rund 200.000 Menschen evakuiert werden.

Todesfälle: Die Zahl der im Krieg in der Ukraine bislang ums Leben gekommenen Menschen lässt sich schwer schätzen. Ukrainischen Angaben zufolge werden es mittlerweile einige Tausend Zivilisten sein, die ihr Leben verloren haben. Allein in Mariupol sollen laut dortigen Behörden ungefähr 2.500 Menschen getötet worden sein. Auch die Anzahl der getöteten ukrainischen Soldaten dürfte sich in einer ähnlichen Größenordnung bewegen. Die Zahl der ums Leben gekommenen russischen Soldaten soll nach ukrainischen Angaben bereits um die 15.000 betragen. Die „Washington Post" schreibt unter Berufung auf Schätzungen von Geheimdiensten, dass Russland bis zu 1.000 Tote pro Tag zu beklagen habe. Russland hingegen beziffert seine Opferzahlen auf nur einen Bruchteil dessen.

Verhandlungen – Internationale Krisendiplomatie: Die im Online-Format stattfindenden Verhandlungen zwischen den russischen und ukrainischen Delegationen gingen am heutigen Montag in eine weitere Runde. Die ukrainische Seite zeigt sich zuvor skeptisch, was den Fortschritt der Verhandlungen anbelangt. Die Türkei, die eine Vermittlerrolle eingenommen hat, teilte indes mit, die Verhandlungen stünden kurz vor einer Einigung. Einzelheiten wollte man aber nicht preisgeben. Ferner wird der Sitzungsmarathon der internationalen Staatengemeinschaft in dieser Woche fortgeführt. Es stehen Gipfel auf Ebene der NATO, der EU und der G7-Staaten in Brüssel an. Dazu wird auch US-Präsident Biden anreisen.

Lage in einzelnen Regionen und Städten:

Rund um die Hauptstadt Kiew haben sich an den Frontlinien keine wesentlichen Veränderungen ergeben. Der Großteil der Truppen sei weiterhin mehr als 25 Kilometer vom Zentrum der Hauptstadt entfernt. Nachdem die russische Armee in den vergangenen Tagen Gräben rund um Kiew ausgehoben hat, richtet sie sich offenbar für einen Stellungskrieg ein. Weiterhin versucht das russische Militär, die Stadt mittels Artillerie aus der Entfernung zu beschießen. So gibt es auch vereinzelt Einschläge in Wohnhäuser. Gestern wurde ein zehnstöckiges Wohngebäude im nordwestlichen Bezirk Swjatoschyn von einer Granate getroffen. Bürgermeister Klitschko sprach von Angriffen auf mehrere Wohnhäuser im Stadtteil Podil sowie von einem Einschlag in ein Einkaufszentrum der Stadt. Russland rechtfertigt die Bombardierung mit dem Vorwurf, die Ukraine würden das Shoppingcenter als Waffendepot nutzen. In dem leerstehenden Einkaufszentrum seien Mehrfachraketenwerfersysteme und Munition gelagert worden, sagte der Sprecher des russischen Verteidigungsministeriums. Kiews Bürgermeister hat eine weitere längere Ausgangssperre von heute 20 Uhr Ortszeit bis Mittwochmorgen 7 Uhr.angekündigt.Teile der Stadt würden immer wieder von russischen Truppen angegriffen. Im Nordwesten und Osten der Stadt liefern sich die ukrainischen und russischen Streitkräfte sporadische Gefechte. Eine Gruppe von Dörfern am nordwestlichen Stadtrand von Kiew steht am Rande einer humanitären Katastrophe. Butscha und andere abgelegene Dörfer seien von den russischen Streitkräften fast völlig abgeschnitten worden.

Im Nordwesten hat die russische Luftwaffe nach Angaben des Verteidigungsministeriums in Moskau eine Einrichtung des ukrainischen Militärs in der Region Riwne mit Raketen beschossen. „Hoch präzise luftgestützte Marschflugkörper haben ein Ausbildungszentrum für ausländische Söldner und ukrainische nationalistische Einheiten getroffen”, sagte der Sprecher des Ministeriums. Dabei seien mehr als 80 Kämpfer getötet worden. Der ukrainische Generalstab hatte zuvor bereits vor neuerlichen Angriffsplänen Russlands im Nordwesten des Landes gewarnt. In der an Belarus angrenzenden nordwestlichen Region Wolyn werde in den kommenden Tagen eine Offensive erwartet, möglicherweise unter Beteiligung belarussischer Streitkräfte.

In der Ostukraine ist die russische Armee nach eigenen Angaben um 12 Kilometer weiter vorgerückt. Die Grenze der Siedlung Nikolske nordwestlich der Stadt Mariupol sei erreicht worden. Auch der ukrainische Generalstab berichtete von russischen Mobilisierungsmaßnahmen in den von Russland eingenommenen Gebieten der Region Luhansk und Donezk.

Nahe der im Nordosten gelegenen Stadt Sumy sei bei einem Angriff eine Chemiefabrik offenbar hochgiftiges Ammoniak ausgetreten. In der Sumychimprom-Anlage in Nowoselyzja sei ein „Ammoniak-Leck” aufgetreten, teilte der Gouverneur der Region Sumy mit. „Ammoniak ist leichter als Luft, daher sollten Schutzräume, Keller und untere Stockwerke zum Schutz aufgesucht werden”, erging zunächst die Warnung seitens der Behörden. Die betroffene Stelle soll mittlerweile abgedichtet worden sein. Es bestehe keine Gefahr für die Bevölkerung.

Russland hat gestern die besonders umkämpfte Hafenstadt Mariupol im Süden der Ukraine zur Kapitulation aufgefordert. Das russische Militär hat die ukrainischen Streitkräfte in einem Ultimatum aufgefordert, in der Stadt die Waffen bis Montagmorgen niederzulegen. Bereits in der Nacht hat die ukrainische Regierung die Kapitulation abgelehnt: „Es wird keine Kapitulation, kein Niederlegen der Waffen geben”, sagte Vize-Regierungschefin Irina Wereschtschuk am frühen Morgen. Seit Kriegsbeginn sind laut den Behörden in Mariupol ungefähr 2.500 Menschen ums Leben gekommen. Zu dem erfolgten Angriff auf die Kunstschule am Samstag, in der 400 Menschen Schutz gesucht haben, seien noch keine Opferzahlen ermittelbar. Aus dem vor einigen Tagen getroffenen Theater konnten bislang 300 Menschen gerettet werden. Weitere sollen noch immer im Luftschutzbunker verschüttet sein. Die Ukraine forderte die Öffnung von weiteren Fluchtwegen für die notleidenden Zivilisten. Am Sonntag hätten rund 4.000 Menschen die Stadt verlassen können. Die Ukraine möchte heute versuchen, 50 Busse nach Mariupol zu schicken, um weitere Menschen aus der Stadt zu retten. Die Lage in Mariupol ist weiterhin katastrophal. Die Versorgung ist zusammengebrochen, 80 Prozent der Gebäude sind zerstört.

Cherson ist die bisher einzige ukrainische Großstadt, die das russische Militär vollständig erobert hat.Immer wieder kommt es zu Protesten gegen die Besatzer. Bei einer erneuten Demonstration sollen russische Soldaten auf friedliche Demonstranten geschossen haben. Das russische Militär solle Blendgranaten eingesetzt und das Feuer eröffnet haben. Demnach gab es mehrere Verletzte. In den sozialen Netzwerken kursieren Videos, die Schüsse auf Demonstranten zeigen sollen.

Vor der 70 Kilometer südwestlich von Mariupol gelegenen Stadt Berdjansk sollen die russischen Streitkräfte eigenen Angaben zufolge heute mit einem großem Landungsschiff im Hafen von Berdjansk angelegt haben, . Russische Kräfte kontrollieren mittlerweile den Großteil der ukrainischen Küste am Asowschen Meer. Berdjansk ist strategisch wichtig. Die russische Armee dürfte über diesen Weg den Nachschub mit Ausrüstung und Munition sichern wollen. Aus dem Hafen der Stadt sind nach Berichten des ukrainischen Militärs  offenbar fünf mit Getreide beladene Schiffe „verschwunden“.

Auch in Odessa rechnen die Bewohner jeden Tag mit dem Beginn einer Offensive auf die Hafenstadt. Vom Meer her rückt die Gefahr in Form von vor der Küste positionierten Kampfschiffen und Landungsschiffen näher. Auch zu Land versuchen die russischen Truppen, weiter in Richtung der Stadt vorzurücken. Gestern war bei einem kleineren Ort 100 Kilometer von Odessa entfernt eine Panzerkolonne angekommen. Die ukrainische Armee konnte ihr Weiterkommen verhindern, indem sie eine Brücke sprengte. Aktuelle Meldungen von heute Morgen berichten von einem ersten Angriff auf einen Vorort von Odessa. Ein Wohnhaus sei durch russischen Beschuss beschädigt worden.

Angesichts des zunehmenden Gefahrenpotenzials teilten die ukrainischen Behörden mit, die ukrainischen Häfen an Asowschem und Schwarzem Meer würden vorübergehend geschlossen. Betroffen seien unter anderem die Städte Mariupol und Berdjansk am Asowschen sowie Skadowsk und Cherson am Schwarzen Meer. Schiffe könnten hier weder ein- noch auslaufen.

Aktuelle Berichte:

Beschuss bei Sumy: Ammoniak im Chemiewerk ausgetreten
In einer Chemiefabrik nahe der umkämpften Großstadt Sumy ist Ammoniak ausgetreten sein. Der regionale Militärchef appellierte an alle Bewohner im Umkreis von fünf Kilometern um die Anlage, möglichst Keller oder Wohnungen im Erdgeschoss aufzusuchen. Der staatliche Zivilschutz sprach von einem „leichten Ammoniak-Austritt", es gebe daher aktuell keine Gefahr für die Bevölkerung. Durch Beschuss sei ein Tank beschädigt worden. Die betroffene Stelle soll abgedichtet worden sein. Moskau hatte Kiew wiederholt beschuldigt, Angriffe mit improvisierten Chemiewaffen vorzubereiten. Dem russischen Verteidigungsministerium zufolge hätten „Nationalisten” die Ammoniak- und Chlorgaslager der Sumychimprom-Anlage „vermint”. Ziel sei eine „Massenvergiftung der Bewohner der Region Sumy im Falle des Eintreffens von Einheiten der russischen Streitkräfte in der Stadt (Zeit).

Verhandlungen zwischen Ukraine und Russland: Keine Voraussetzungen für Präsidententreffen
Unterhändler der Ukraine und Russlands haben am heutigen Montag erneut per Videoschalte miteinander verhandelt. Nach Meinung des ukrainischen Präsidentenberaters Podoljak könnten die Verhandlungen mit Moskau über ein Ende des Kriegs noch „mehrere Wochen” dauern. Nach russischen Angaben sind die Gespräche mit der Ukraine über einen Waffenstillstand bislang ohne größeren Durchbruch geblieben. Es müssten noch erhebliche Fortschritte erzielt werden, bevor es eine Basis für ein Treffen zwischen dem russischen Präsidenten Wladimir Putin und dem ukrainischen Staatschef Wolodymyr Selenskyj geben könne, sagt der Sprecher des Präsidialamtes in Moskau, Dmitri Peskow. Selenskyj wirft der russischen Delegation vor, einen inakzeptablen Ansatz zu verfolgen: „Wir stellen ein Ultimatum, hier sind die Punkte, Sie erfüllen sie alle und dann beenden wir den Krieg", sagte Selenskyj. Auf diese Weise werde Moskau jedoch keine Ergebnisse erzielen. (Stuttgarter Nachrichten).

Selenskyj lehnt Kapitulation ab und kündigt Referendum über Verhandlungsergebnisse an
Die Ukraine wird sich nach den Worten ihres Staatschefs Wolodymyr Selenskyj nicht auf „russische Ultimaten” zur Beendigung des Krieges einlassen. Die Ukraine werde Städte wie Mariupol, Charkiw und Kiew nicht kampflos übergeben, erklärt Präsident Selenskyj.Falls es bei den Verhandlungen mit Russland zu Kompromissen kommen sollte, werde er das ukrainische Volk in einem Referendum darüber abstimmen lassen, kündigte Selenskyj an. Die Inhalte eines möglichen Abkommens könnten „historische“ Veränderungen bedeuten, sagte der Staatschef (BR24).

Türkei sieht Kriegsverhandlungen der Parteien „kurz vor Einigung“
Die Türkei tritt als Vermittler zwischen Russland und der Ukraine auf. Die Einschätzung der Türkei sieht positiver aus. Nach ihrer Ansicht würden die Verhandlungen zwischen Russland und der Ukraine über ein Ende des Krieges vorankommen: „Wir sehen, dass die Parteien kurz vor einer Einigung stehen.“ Der Präsidentensprecher Ibrahim Kalin gab bekannt, dass die beiden Seiten über sechs Punkte verhandeln würden: die Neutralität der Ukraine, Abrüstung und Sicherheitsgarantien, die „Entnazifizierung“, die Beseitigung von Hindernissen für den Gebrauch der russischen Sprache in der Ukraine, den Status der abtrünnigen Region Donbass und den Status der 2014 von Russland annektierten Krim (Stuttgarter Nachrichten).

Gipfel der NATO, EU und G7 – Biden wird nach Europa reisen
In Brüssel stehen in dieser Woche drei große Gipfel an, zu denen die beteiligten Staats- und Regierungschefs erwartet werden. Die Sitzungen werden am Donnerstag stattfinden. Auch US-Präsident Biden wird anreisen. Er plant ferner einen Besuch in Polen. Eine Reise in die Ukraine sei nicht geplant. Die Reise Bidens „wird sich darauf konzentrieren, die Welt weiterhin für die Unterstützung des ukrainischen Volkes und gegen Präsident Putins Invasion in der Ukraine zu mobilisieren“, erklärte Psaki, die Pressesprecherin des Weißen Hauses (Tagesspiegel).

Stragetischer Kompass: EU bekommt neue militärische Eingreiftruppe
Der  sogenannte Strategische Kompass“, so heißt das Dokument offiziell, wurde beim heutigen Treffen von den europäischen Außen- und Verteidigungsministern in Brüssel angenommen. Er soll das Signal in die Welt senden, dass Europa bereit ist, aufzurüsten. Die Europäische Union will nun auch zur Militärmacht werden
und bekommt eine bis zu 5000 Soldaten starke neue militärische Eingreiftruppe. Deutschland will den Kern der Truppe stellen. Das neue sicherheitspolitische Konzept legt unter anderem fest, welche Fähigkeiten die EU im Bereich des Krisenmanagements haben muss. Ein endgültiger Beschluss ergeht beim EU-Gipfel in Brüssel am Donnerstag und Freitag (Deutschlandfunk).

EU: Militärhilfe an Ukraine verdoppeln - Weitere Sanktionen im Energiebereich
„In Mariupol spielen sich massive Kriegsverbrechen ab”, sagt der EU-Außenbeauftragte Borrell. Mit Blick auf den EU-Gipfel am Donnerstag fordert er eine weitere Verschärfung der Sanktionen gegen Russland, vor allem im Energiebereich. Ferner soll die EU-Militärhilfe für die Ukraine auf eine Milliarde Euro verdoppelt werden (n-tv).

20. März 2022

Lagebericht

Die russischen Streitkräfte setzen ihre Angriffe auf ukrainische Städte fort. In vielen Städten des Landes hätte es Luftalarm gegeben, in der Hauptstadt Kiew ebenso wie etwa in Mykolajiw, Lwiw, Sumy und Odessa. Insbesondere aber in Mariupol, Charkiw und Tschernihiw ist der Druck besonders hoch. Ziel der russischen Streitkräfte ist es, nach Cherson nun auch weitere Städte vollständig zu besetzen und unter Kontrolle zu bringen. Da die russische Armee weiter kaum Boden gutmachen könne, verfolge Putin in dieser neuen Phase seines Angriffskrieges nach Meinung von Experten dabei den Plan, die Städte zu zermürben und auszuhungern. Die Bevölkerung in Angst und Schrecken zu versetzen, gehöre mit zum Kalkül. Die Strategie der Flächenbombardements von Städten halte aus Sicht Russlands die eigenen Verluste in Grenzen. Das Geschehen bewege sich in Richtung der Szenarien in Grosny (1994/95) und Aleppo (2016). Dass der Internationale Gerichtshof und die westliche Staatengemeinschaft Russland der Kriegsverbrechen bezichtigen und US-Präsident Biden sowie weitere westliche Politiker den russischen Präsidenten als „Kriegsverbrecher" bezeichnen, lässt Putin unbeeindruckt.

Seitens des Westens sind Waffenlieferungen zur Zeit der einzige Weg, die Ukraine militärisch zu unterstützen. Der Westen scheut sich aus guten Gründen in Sorge vor einer Ausweitung der Eskalation und dem Ausbruch eines Dritten Weltkrieges davor, eine Flugverbotszone zu verhängen und damit direkt in den Krieg einzugreifen. US-Präsident Biden hatte vor einigen Tagen nochmals betont: „Wir werden in der Ukraine keinen Krieg mit Russland führen. Eine direkte Konfrontation zwischen der NATO und Russland ist der Dritte Weltkrieg – und etwas, das zu verhindern wir uns bemühen müssen.“ Vereinzelt werden dennoch Stimmen nach einer Flugverbotszone laut. Insbesondere Polen scheint gewillt, in dieser Richtung weitere Maßnahmen des Westens zu befürworten und forderte etwa die Einrichtung einer „NATO-Friedensmission" in der Ukraine. Auch die baltischen Staaten forderten jüngst eine Flugverbotszone über der Ukraine. Die große Mehrheit der westlichen Staaten ist jedoch nach wie vor in dieser Hinsicht gegen ein Eingreifen der NATO. Somit scheint tragischerweise die humanitäre Katastrophe in den eingekesselten Städten weiter ihren Lauf zu nehmen, ohne dass dem Morden an der Zivilbevölkerung ein Ende bereitet werden könnte.

Die ukrainische Abwehr selbst scheint den intensiven Angriffswellen auf die eingeschlossenen Städte kaum mehr etwas entgegensetzen zu können. Städte wie Mariupol und Charkiw befinden sich unter konstantem Beschuss der russischen Artillerie und Luftwaffe. Ansonsten funktioniere die ukrainische Luftabwehr jedoch in weiten Teilen des Landes noch und die ukrainischen Streitkräfte setzen zunehmend zu Gegenwehr und Gegenoffensiven an. Teilweise gelingt es der Ukraine, den russischen Truppen die Logistik abzuschneiden, die Angriffe zum Erliegen zu bringen und auch gegnerisches Militärgerät abzuschießen.

Flüchtlinge: Was die Zahl der Menschen anbelangt, die sich in der Ukraine auf die Flucht begeben haben, liegt diese laut UNHCR mittlerweile bei rund 10 Millionen. Davon haben 3,2 Millionen bereits die Ukraine in Nachbarländer verlassen, über zwei Millionen sind in Polen angekommen. Tausende der ukrainischen Flüchtlinge würden offenbar gegen ihren Willen auch nach Russland gebracht. Weitere 6-7 Millionen befinden sich derzeit innerhalb der Ukraine auf der Flucht. In Deutschland sollen bislang rund  220.000 Schutzsuchende aus der Ukraine eingereist sein.

Evakuierungen aus Städten: Die Evakuierungen über humanitäre Korridore verlaufen weiterhin nur schleppend. Gestern konnten 6.600 Menschen über Fluchtkorridore vor den Kämpfen in den Städten in Sicherheit gebracht werden, davon gut 4.000 Menschen aus der belagerten Hafenstadt Mariupol. Weitere knapp 2.000 Menschen verließen die Hauptstadt Kiew über Fluchtkorridore. Seit Kriegsbeginn konnten insgesamt rund 200.000 Menschen evakuiert werden. Für den heutigen Tag seien wieder sieben Fluchtkorridore geplant, um Menschen aus umkämpften Städten in Sicherheit zu bringen.

Verhandlungen – Internationale Krisendiplomatie: Die Verhandlungen zwischen den russischen und ukrainischen Delegationen laufen täglich weiter. Es mehrt sich unter Beobachtern jedoch die Vermutung, dass seitens Russlands kein ernsthaftes Interesse bestehen würde, auf diesem Wege Fortschritte zu erzielen. Vielmehr würde Russland damit nur Zeit gewinnen wollen und den guten Willen vortäuschen, für eine Lösung auf Verhandlungswege bereit zu stehen, während die militärischen Ziele planmäßig weiterverfolgt würden.

Lage in einzelen Regionen und Städten:

Um die Hauptstadt Kiew herum ist es der russischen Armee noch nicht gelungen, den Kreis vollends zu schließen. Mit der Errichtung von Gräben rund um Kiew bereite sich die russische Armee offenbar auf Gegenangriffe seitens der Ukraine vor. Laut Angaben der US-Armee hätten die Befestigungsanlagen vor allem die Aufgabe, die eigenen Truppen vor Angriffen aus der Hauptstadt Kiew zu schützen. Indes werden die Luftangriffe auf die Stadt fortgesetzt. Immer wieder ertönt in der Hauptstadt Luftalarm.

In der nordukrainischen Stadt Tschenihiw hat der Bürgermeister auf die prekäre Lage in der von russischen Truppen eingekesselten Stadt hingewiesen. Der Artilleriebeschuss der Wohngebiete dauere an. Die Stadt erlebe eine humanitäre Katastrophe. Es gebe keine Stromversorgung, kein Wasser und keine Heizungen. Auch das Krankenhaus werde wiederholt beschossen. Daher sei auch die medizinische Versorgung zusammengebrochen. Laut Atraschenko sei bisher kein Fluchtkorridor für die Stadt eingerichtet worden, in der 300.000 Menschen leben.

Auch die Stadt Charkiw im Nordosten wurde am Samstag erneut heftig bombardiert. Die von russischen Truppen belagerte Stadt, in der vor Kriegsbeginn 1,5 Millionen Menschen lebten, werde weiterhin mit Artillerie beschossen. Dabei seien am Samstagabend mehrere Wohnhäuser getroffen worden und in Brand geraten. Seit dem Einmarsch russischer Truppen in die Ukraine wurden bei Kämpfen um die Stadt nach Angaben lokaler Behörden 266 Zivilisten getötet.

Die Hafenstadt Mariupol im Süden ist ebenfalls heftigsten Angriffen ausgesetzt. Täglich werden etwa 50 bis 100 Bomben auf die Stadt abgeworfen. 80 Prozent der Wohnungen seien zerstört, davon seien 30 Prozent nicht wiederaufzubauen. Nachdem das russische Militär jüngst ein Theater der Stadt bombardiert hatte, wurde nach Angaben des Stadtrats am Samstag nun aucheine Kunstschule bombardiert, in der 400 Menschen Schutz gesucht hatten. Es gebe noch keine Informationen über Opfer. In beiden Gebäuden hielten sich Hunderte Schutzsuchende auf. Das Gebäude der Kunstschule sei bei dem Angriff am Samstag zerstört worden. Auch das Theater liegt in Trümmern. Noch immer wird versucht, weitere Menschen aus dem verschütteten Luftschutzbunker zu bergen. Die Lage in Mariupol ist unter den belagerten Städten am katastrophalsten. Allein in Mariupol sollen seit Kriegsbeginn bislang 2.100 Menschen ums Leben gekommen sein. „Das einer friedlichen Stadt anzutun, was die Besatzer getan haben, ist ein Terror, an den man sich noch jahrhundertelang erinnern wird“, sagte Präsident Selenskyj am Sonntag in seiner nächtlichen Videoansprache an seine Nation. Mittlerweile sollen auch russische Panzer durch die Stadt fahren, wie „Al Jazeera“ berichtet. Auch soll es Straßenkämpfe in Mariupol geben. Weitere Meldungen berichten über die Zerstörung eines Stahlwerks in der Stadt.

Russische Streitkräfte haben nach Angaben Moskaus erneut Hyperschallraketen in der Ukraine eingesetzt. In der Region Mykolajiw im Süden sei mit „Kinschal“-Raketen ein Treibstofflager zerstört worden. Die Raketen seien nach Angaben Russlands vom Luftraum über der Halbinsel Krim abgefeuert worden. Zusätzlich seien auch Marschflugkörper des Typs „Kalibr“ vom Kaspischen Meer aus abgefeuert worden. Der Gouverneur der Region von Mykolajiw sagte, die Luftangriffe seien in kurzen Abständen erfolgt. Man habe keine Zeit gehabt, Alarm auszulösen. „Bis wir diesen Tornado ankündigen, ist er bereits da”, so der Gouverneur. Gestern wurde bereits berichtet, dass ein Bunker auf dem Militärgelände getroffen worden sei, in dem sich 200 Soldaten befunden hätten. Mindestens 50 Tote wurden bislang aus den Trümmern geborgen. Mykolajiw gilt als „Schutzschild" für die Hafenstadt Odessa, die rund 130 Kilometer weiter westlich liegt.

Im Süden wird auch die Gefahr vom Meer her größer. Die Lücke, über die seitens der Ukraine noch ein Zugang zum Meer besteht, wird immer kleiner. Die russischen Streitkräfte kontrollieren so gut wie die ganze Region von der See her. Wie Satellitenbilder zeigen, kreuzen 14 russische Marineschiffe vor der Schwarzmeerküste in Richtung Kurs auf die Hafenstadt Odessa, darunter auch fünf Landungsboote, die Panzer und Soldaten transportieren. Weiterhin wächst im nordwestlichen Schwarzen Meer vor der ukrainischen Küste offenbar auch die Gefahr durch im Meer treibende Seeminen.

Aktuelle Berichte:

Seeminen treiben durchs Schwarze Meer
Im Krieg um die Ukraine steigt nun auch die Gefahr auf hoher See. Im Schwarzen Meer sollen Seeminen treiben. Beide Seiten machen sich gegenseitig dafür verantwortlich. Laut ukrainischen Angaben habe die russische Schwarzmeerflotte die Seeminen auf der Route zwischen Odessa und dem Bosporus gelegt. Der russische Inlandsgeheimdienst FSB teilte hingegen mit, die ukrainische Marine habe die Häfen Odessa, Otschakiw, Tschornomorsk und Piwdenny vermint. Einige der mehr als 420 verankerten Seeminen hätten sich im Sturm aber losgerissen. Das bedrohe Schiffe auf dem Schwarzen Meer. Schlimmstenfalls könnten Minen durch die türkischen Meerengen ins Mittelmeer treiben, hieß es in der FSB-Mitteilung (n-tv).

Friedenskonzert am Brandenburger Tor in Berlin
Mia, Clueso, Peter Maffay und viele andere namhafte Künstler setzen am heutigen Sonntag ein Zeichen gegen Russlands Angriff auf die Ukraine. Mehrere Tausend Menschen sind zur Solidaritätskundgebung „Sound of Peace“ am Brandenburger Tor in Berlin zusammen gekommen. Natalia Klitschko, die Frau des Bürgermeisters von Kiew und Ex-Profiboxers Vitali Klitschko, hat sich auf der Bühne für die internationale Unterstützung bedankt: „Was meinem Land jetzt passiert ist furchtbar. Es ist wichtig, die Massen zu sehen, die hier zusammenkommen. Es ist wichtig zu sehen, dass die ganze Welt für die Ukraine steht", so Natalia Klitschko.Es gehe darum, den Krieg in ihrem Land so schnell wie möglich zu beenden. „Mit Zusammenhalt, wenn wir alle aufstehen, werden wir das erreichen.” Die Ukraine kämpfe derzeit für alle Menschen, „für Frieden in der ganzen Welt”, sagte Klitschko.  „Nur zusammen schaffen wir Frieden” (rbb24).

Ukrainische Geflüchtete: Wie geht es in Bundesländern weiter? - Beispiel BaWü
Immer mehr Menschen fliehen aus der Ukraine nach Deutschland. Mittlerweile sollen über 200.000 Schutzsuchende aus der Ukraine in Deutschland angekommen und registriert sein. Länder und Städte stellt das vor große Herausforderungen. Gerade für die größeren Städte im Land, wo viele Flüchtende ankommen, sind die zu bewältigenden Aufgaben am größten. Vorrangig geht es darum, eine ausreichende Versorgung der Menschen zu gewährleisten. 6.100 Geflüchtete sind in den vergangenen Wochen nach Baden-Württemberg gekommen. Die Forderung des Stuttgarter Oberbürgermeisters Frank Nopper: „Wir müssen dafür sorgen, dass die Kriegsflüchtlinge im Land vernünftig verteilt werden und nicht nur in Stuttgart und anderen Großstädten untergebracht werden” (ZDF).

Geflüchtete in Deutschland: Polizisten zum Schutz für Ukrainerinnen
Geflüchtete Ukrainerinnen, die an deutschen Bahnhöfen ankommen, laufen Gefahr, bei ihrer Ankunft von Männern dubiose Angebote zu erhalten. Etliche Fälle sind inzwischen registriert. Nach dem Willen von Bundesinnenministerin Nancy Faeser sollen die ukrainischen Frauen mit einer hohen Polizeipräsenz vor Menschenhändlern und Sexualstraftätern geschützt werden. „Jeder, der es versucht, die Not der Geflüchteten auszunutzen, sollte wissen: Auf solche Taten reagieren wir mit aller Härte des Gesetzes”, sagte Nancy Faeser (Tagesschau).

Wirtschaftsminister Habeck wirbt um Energiepartnerschaft mit Katar
Die Bundesregierung will unabhängiger von russischem Gas werden. Auf der Suche nach Alternativen berät Wirtschaftsminister Habeck in Katar über Energielieferungen. Er sehe sich als „Türöffner” für deutsche Geschäfte, sagte er in Doha. Habeck geht es vor allem um den Aufbau einer langfristigen Energiepartnerschaft. Katar ist einer der weltweit größten Exporteure von Flüssigerdgas (LNG). Die Lieferungen gehen derzeit vor allem nach Asien. In Deutschland sollen eigene LNG-Terminals gebaut werden. Dafür könnten langfristige Lieferverträge mit LNG aus Katar geschlossen werden. Angesichts des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine ist es das Ziel, die Abhängigkeit Deutschlands von russischem Gas zu verringern und die Lieferstruktur auf eine breitere Basis zu stellen (Tagesschau).

19. März 2022

Lagebericht

Den russischen Truppen gelinge es am Boden nicht wie gewünscht vorzurücken, Russland setze derzeit verstärkt auf Angriffe aus der Luft und der Entfernung, so Militärexperten. Nach US-Angaben habe Russland jedoch noch immer nicht die Luftüberlegenheit über die Ukraine erlangt. Die Luftabwehr der Ukraine funktioniere in weiten Teilen noch. Wie ukrainischen Militärs berichten, gelinge es ihrer Abwehr, einen großen Teil der Angriffe abzufangen, auch eine beträchtliche Zahl an Flugzeugen und Hubschraubern sei abgeschossen worden. Ebenso würden sie zunehmend Gegenoffensiven starten, wie am frühen Morgen auf den von Russland besetzten Flughafen in Cherson.

In weitere Gebiete vorzudringen gelinge den russischen Truppen derzeit kaum. Sie würden vielmehr versuchen, die besetzen Gebiete zu halten und zu sichern. Über Angriffe mittels Artillerie und aus der Luft nehmen die russischen Truppen allerdings die eingekesselten Städte unter anhaltenden Beschuss. Diesen Flächenbombardements fallen immer mehr Zivilisten zum Opfer. Der russische Parlamentschef hat die USA und die NATO-Staaten jüngst aufgefordert, die Ukraine nicht weiter zu bewaffnen, „wenn sie baldigst Frieden wollen”.

Den russischen Truppen ist es noch nicht gelungen, den Ring um Kiew zu schließen. Rund um Kiew kommt die russische Armee offenbar weiterhin nicht voran. Nördlich und nordwestlich der Hauptstadt würden die russischen Soldaten weiter keine nennenswerten Vorstöße auf die Stadt machen. Östlich von Kiew beobachte man ebenfalls keine Bewegung. Satellitenbilder würden zudem zeigen, dass sich das russische Militär nordwestlich von Kiew eingrabe und Erdwälle um seine militärische Ausrüstung aufschütte. Die Bilder zeigen die Schutzwälle um russisches Militärgerät in der Nähe von Osera und dem Luftwaffenstützpunkt Antonov. Zusätzliche russische Militärausrüstung und einige ähnliche Aufschüttungen seien auch in den Dörfern Zdvyschivka und Berestjanka weiter nordwestlich zu sehen. Dies könne darauf hindeuten, dass sich die russische Armee auf einen Stellungskrieg einstelle. Die Luftabwehr in der Region Kiew funktioniere indes noch gut. Die Stadt steht unter ständigem Luftalarm, ein großer Teil der Beschüsse könne offenbar abgewehrt werden. Dennoch wurden auch bereits einige Wohnhäuser getroffen.

Im ostukrainischen Verwaltungsgebiet Luhansk hält die russische Armee nach eigenen Angaben 90 Prozent des Gebietes unter Kontrolle. Dort kämpfen die Kräfte der „Volksrepublik” Luhansk mit Unterstützung der russischen Streitkräfte. Gemeinsam zögen die nach eigenen Angaben den Ring um die Hafenstadt Mariupol enger. Im Stadtzentrum würden ukrainische Truppen bekämpft, der russische General sprach von „Nationalisten”.

Die russische Luftwaffe hat nach Angaben aus Moskau erstmals eine Hyperschallrakete „Kinschal“ („Dolch“) eingesetzt. Mit ihr sei ein Raketenarsenal im Südwesten der Ukraine zerstört worden. Das unterirdische Munitionsdepot der ukrainischen Luftwaffe in Deljatyn sei am Freitag durch die ballistische Rakete vernichtet worden. Hyperschallraketen übertreffen die Schallgeschwindigkeit um ein Mehrfaches und können Ziele bis in 2.000 Kilometer Entfernung treffen.

Bei einem russischen Luftangriff auf eine Militärkaserne im südukrainischen Mykolajiw sollen Dutzende ukrainische Soldaten getötet worden sein. 200 Soldaten sollen sich in den Baracken befunden haben, mindestens 50 Leichen wurden bereits aus den Trümmern geborgen. Wie viele noch dort noch liegen, wisse man nicht. Sollte Mykolaiew fallen, wächst der Druck auf Odessa.

Im Süden der Ukraine halten die russischen Streitkräfte die Seewege weitgehend unter Kontrolle. Damit blockieren sie die Nachschubwege in die Ukraine und führen Angriffe von der See aus auf Küstenstädte wie Odessa durch.

Bei Mariupol hat die Ukraine nach Angaben des ukrainischen Generalstabs „vorübergehend“ den Zugang zum Asowschen Meer im Zuge der russischen Belagerung der Hafenstadt verloren. Russische Truppen versuchten weiter, die Stadt selbst zu stürmen. Die Kämpfe dauerten an, hieß es weiter. Mariupol ist ein wichtiger Handelshafen am Asowschen Meer. Die Stadt ist Schauplatz einer humanitären Katastrophe. Der Beschuss hält an und die Versorgung mit Lebensmittel und Trinkwasser ist weiterhin nicht gegeben, da der Hilfskonvoi noch immer nicht in die Stadt gelangen konnte. Nach dem Angriff auf das Theater konnten bislang noch immer nicht alle Menschen gerettet werden. Der Zugang zum Luftschutzbunker ist teilweise noch durch Trümmer verwehrt. Auch Retter und Bergungskräfte würden unter Angriffen leiden. Offenbar konnten noch nicht alle Menschen aus dem verschütteten Luftschutzbunker herausgeholt werden.

Nahe der ebenfalls im Süden gelegenen und von russischen Truppen besetzten Stadt Cherson startete die ukrainische Armee erneut eine Gegenoffensive. Der nahe gelegene Flughafen Tschornobajewka steht nach ukrainischer Darstellung weiterhin im Mittelpunkt erbitterter Kämpfe. „Wir haben sie dort schon wieder getroffen“, hieß es am frühen Morgen. Mehrere Male hätten sie das russische Militär an diesem Flughafen bereits überfallen und dem Gegner schwere Verluste zugefügt. In einer Serie von lokalen Gegenangriffen und Attacken mit Kampfdrohnen seien seit Ende Februar mehrere Dutzend russische Kampfhubschrauber sowie zuletzt auch ein Gefechtsstand mit ranghohen Offizieren zerstört worden.

Was die humanitären Fluchtkorridore anbelangt, bemühen sich die ukrainischen Behörden weiterhin um die Evakuierung der meistgefährdeten Brennpunkte. Es sei schwierig, sich täglich neu mit Russland auf weitere humanitäre Fluchtkorridore zu einigen. Bislang konnten seit Beginn der russischen Invasion 190.000 Zivilisten aus Frontgebieten über Fluchtkorridore evakuiert werden. Doch noch immer müssen Hunderttausende Menschen in den belagerten Städten ausharren. Für heute sind nach Angaben der Kiewer Führung zehn Fluchtkorridore eingerichtet worden. Einer führe aus der seit Tagen besonders schwer umkämpften Stadt Mariupol in Richtung der zentralukrainischen Stadt Saporischschja. Die Fluchtroute funktioniere jedoch nur zum Teil. Einige Busse würden feststecken. Noch dazu scheinen die Geflüchteten auch an ihrem Ziel nicht in Sicherheit. Aufgrund der russischen Angriffe wurde in der Stadt Saporischschja eine anderthalbtägige Ausgangssperre bis Montagmorgen verhängt.

Russland hat offenbar Hyperschallrakete eingesetzt
Die russische Luftwaffe hat in ihrem Krieg gegen die Ukraine laut eigenen Angaben erstmals eine Hyperschallrakete „Kinschal“ („Dolch“) eingesetzt. Mit dieser Rakete sei ein Raketenarsenal im Südwesten der Ukraine zerstört worden. Hyperschallraketen übertreffen die Schallgeschwindigkeit um ein Mehrfaches und können Ziele bis in 2.000 Kilometer Entfernung treffen. Ein Kampfflugzeug bringt die ballistischen Raketen in die Luft, wo sie dann zünden und ihrem Ziel entgegensteuern. Sie könnten auch mit Atomsprengköpfen bestückt werden. Somit könnten die Raketen, von Moskau aus gesehen, in nur wenigen Minuten West- und Mitteleuropa erreichen. Russland zufolge können sie auch die in Europa stationierte US-Flugabwehr überwinden. „Ich deute das auch als klares politisches Signal. Die russischen Luft- und Bodenstreitkräfte haben in den letzten Wochen schlecht abgeschnitten. Putin könnte mit dem „Kinschal“-Einsatz dem Westen zeigen wollen: Wir haben die Hochtechnologie im russischen Arsenal und wir können sie auch einsetzen“, so der Politologe Frank Sauer von der Universität der Bundeswehr (ZDF).

Putin lässt Top-General verhaften
Russlands Präsident Putin soll einen ranghohen Kriegsgeneral verhaften haben lassen, weil er brisante Informationen weitergegeben habe. Seine Einheiten sollen die ukrainische Invasion angeführt, aber herbe Verluste erlitten haben. Russischen Staatsmedien zufolge sei Gawrilow nicht verhaftet, sondern lediglich aus dem Dienst entlassen worden. Der Westen sieht darin seine Annahme bestätigt: Putin ist unzufrieden mit dem Kriegsverlauf in der Ukraine. Die Verhaftung des russischen Generals ist offenbar kein Einzelfall. Bereits vor einer Woche hatten Medien berichtet, dass Putin acht Generäle entlassen habe. Mitarbeiter des Geheimdienstes soll der Kremlchef zuletzt in Hausarrest versetzt haben (Redaktionsnetzwerk Deutschland).

Belarus: Machthaber Lukaschenko will keine russischen Atomwaffen stationieren
Zu Anfang des Krieges hatte der belarussische Machthaber Russland noch angeboten, russische Atomwaffen in Belarus zu stationieren. Nun kommt die öffentliche Kehrtwende. „Ich habe nicht vor, hier Atomwaffen aufzustellen, hier Atomwaffen zu produzieren, Atomwaffen zu bauen oder gegen irgendjemanden einzusetzen“, sagte Lukaschenko (Redaktionsnetzwerk Deutschland).

Bundesverteidigungsministerin: Weitere Waffenlieferungen für die Ukraine in Vorbereitung
Bundesverteidigungsministerin Christine Lambrecht stellt der Ukraine weitere Waffenlieferungen Deutschlands in Aussicht. Da aus Beständen der Bundeswehr jedoch nur noch wenig abgegeben werden könne, liefen in der Bundesregierung Gespräche über einen Waffenkauf für die Ukraine. „Die Möglichkeiten über die Bundeswehr sind erschöpft“, versicherte die Verteidigungsministerin. „Wir loten aus, welche Möglichkeiten es darüber hinaus gibt” (Deutschlandfunk).

UNICEF appelliert an Putin: „Kinder können nichts für Krieg”
Die Direktorin des UN-Kinderhilfswerks UNICEF, Catherine Russell, appelliert angesichts der humanitären Notlage in der Ukraine an den russischen Präsidenten Wladimir Putin, die Angriffe seiner Armee sofort zu beenden. „Sie müssen diesen Krieg stoppen! Er ist furchtbar. Seine Auswirkungen auf Kinder sind inakzeptabel und abscheulich”, sagte Russell. Die Menschen vor Ort und die fliehenden Frauen und Kinder seien „vollkommen unschuldig” und hätten mit dem Konflikt nichts zu tun, sagte Russell. „Sie haben das nicht verdient” (UNICEF).

UNHCR: 13 Millionen Menschen in Ukraine benötigen humanitäre Hilfe
Zusätzlich zu den Menschen, die bereits aus der Ukraine geflohen sind, und zusätzlich zu den Binnenflüchtlingen, die sich auf den Weg gemacht haben, würden rund 13 Millionen Menschen in den am stärksten vom Krieg betroffenen Gebieten der Ukraine humanitäre Hilfe und Schutz benötigen. Viele Menschen sitzen in den Gebieten, in denen der Konflikt eskaliert, fest. Sie sind aufgrund der unterbrochenen Versorgung nicht in der Lage, ihre Grundbedürfnisse wie Lebensmittel, Wasser und Medikamente zu decken. Die humanitären Berichte aus diesen Gebieten sind erschreckend. In Städten wie Mariupol und Sumy ist die Lage entsetzlich (UNHCR).

Geflüchtete Kinder: Lehrerpräsident Meidinger fordert rasche Hilfen für Schulen
Der Präsident des Deutschen Lehrerverbandes, Heinz-Peter Meidinger, fordert die Kultusminister zu schnellem Handeln auf, sonst drohe großes Chaos. „Es ist eine einfache Rechnung: Wenn wir einmal von 250.000 geflüchteten Kindern, die nach Deutschland kommen könnten, ausgehen, brauchen wir dafür 10.000 bis 15.000 Lehrer mehr. Mal abgesehen davon, dass wir für die Schulen in schnellster Zeit zusätzliche Räume beschaffen müssen – im Zweifel auch durch Lösungen mit modern ausgestatteten Containern”, so Meidinger (Redaktionsnetzwerk Deutschland).

18. März 2022

Lagebericht

Bereits in der Nacht hatte der ukrainische Präsident in einer Videobotschaft mitgeteilt, die ukrainische Armee halte weiterhin wichtige Schlüsselgebiete. Die Lage bezeichnete er als schwierig, aber kontrollierbar. Zwar sind die Vorstöße der russischen Streitkräfte mancherorts ins Stocken geraten, doch setzen sie ihre Angriffe auf belagerte Städte und zunehmend auch auf zivile Ziele mit unerbittlicher Härte fort.

Unterdessen mehren sich die Hinweise, dass die russische Offensive in Richtung Kiew vorerst zum Erliegen gekommen ist. Außenbezirke der ukrainischen Hauptstadt sind aber nach wie vor umkämpft. Die russischen Truppen befinden sich derzeit rund zehn Kilometer vom östlichen Stadtrand entfernt. Im Vorort Browary stehen Stellungen der ukrainischen Streitkräfte unter russischem Artilleriebeschuss. Die Nachrichtenagentur Reuters meldete einen russischen Angriff auf ein Wohnhaus im Norden Kiews. Dabei habe es einen Toten gegeben. Der Kiewer Bürgermeister Klitschko sprach zudem von 19 Verletzten. Er beschuldigte russische Truppen, Wohnhäuser, Kindergärten und eine Schule beschossen zu haben. Die Stadtverwaltung von Kiew meldete heute die Zahl von 222 Toten, die es in Kiew seit Kriegsbeginn gegeben habe.

In den frühen Morgenstunden wurden schwere Explosionen auf dem Gelände des Flughafens von Lwiw gemeldet. Feuer und Rauchsäulen waren bis an den Stadtrand der westukrainischen Großstadt zu sehen. Der Bürgermeister Lwiws berichtete von mehreren russischen Raketen, die ein Werk für Flugzeugwartungen zerstörten. Der Flughafen selbst ist aber unbeschadet. Lwiw liegt nur 80 Kilometer von der polnischen Grenze entfernt.

Am Freitagvormittag verkündete die ukrainische Regierung neun geplante Fluchtkorridore für die Zivilbevölkerung an besonders umkämpften Orten. So solle etwa den Menschen aus der Hafenstadt Mariupol die Flucht ins nordwestlich gelegene Saporischschja ermöglicht werden. Auch in anderen Landesteilen sind Fluchtkorridore geplant. Am Nachmittag warf der ukrainische Präsident Selenskyj Russland vor, Fluchtkorridore nach Mariupol zu blockieren.

Das ostukrainische Verwaltungsgebiet Luhansk befände sich mittlerweile zu 90 Prozent unter russischer Kontrolle, vermeldete das Verteidigungsministerium in Moskau. Auch in der „Volksrepublik Donezk” gebe es Geländegewinne.

In den unter Beschuss stehenden Orten wird die Lage für die Bevölkerung immer katastrophaler. So sind in Mariupol inzwischen 80 Prozent des Wohnraums zerstört. 35.000 Menschen waren in den vergangenen zwei Tagen aus der Stadt geflohen, doch noch immer halten sich hier schätzungsweise 350.000 Menschen auf, die in Kellern und Bunkern Zuflucht suchen. Unklar ist weiterhin die Lage beim von einer russischen Bombe zerstörten Theater von Mariupol. Am Donnerstag war vermeldet worden, dass 130 Zivilisten aus dem Theater gerettet werden konnten. Womöglich haben sich im Keller des Gebäudes aber noch viel mehr Menschen befunden. Laut Präsident Selenskyj sollen sich unter den Trümmern noch Hunderte Menschen befinden. Die Kämpfe erschweren die Bergungsarbeiten massiv. Wie bereits im Falle der Bombardierung der Geburtsklinik in Mariupol, wies Russland die Verantwortung für die Bombardierung zurück. Nach eigenen Angaben ist die russische Armee mittlerweile ins Zentrum von Mariupol vorgerückt und kämpft dort um die Kontrolle der Stadt. Durch die Belagerung und Kämpfe in Mariupol spitzt sich die humanitäre Situation zunehmend zu. Ein Sprecher des Welternährungsprogramms WFP warnte in Genf, dass die letzten Reserven an Nahrung und Wasser bald aufgebraucht seien. Auch Medikamente fehlten. Noch immer ist es für Hilfskonvois nicht möglich, die umkämpfte Stadt zu erreichen.

Auch die von russischen Truppen belagerte Stadt Tschernihiw steht weiterhin unter starkem Beschuss. Berichte über die humanitäre Lage zeichnen ein erschreckendes Bild. Aus der nahe zu Russland und Belarus gelegenen Stadt im Norden der Ukraine waren bereits am Vortag 50 tote Zivilisten durch russische Angriffe gemeldet worden.

Verhandlungen Russland Ukraine: Moskau sieht Annäherung – Kiew nicht
Russlands Verhandlungsführer sieht Fortschritte bei den täglichen Verhandlungen. Bei den Gesprächen mit Vertretern der Ukraine über ein Ende der Kämpfe habe man sich in der Frage einer Neutralität und eines Verzichts der Ukraine auf eine NATO-Mitgliedschaft am meisten angenähert, so der russische Verhandlungsführer. Geredet werde über Nuancen bei Sicherheitsgarantien für die Ukraine, sollte diese nicht NATO-Mitglied werden. Bei der von Russland geforderten Entmilitarisierung der Ukraine sei man auf halbem Weg. Die Ukraine dagegen beklagte, dass sich Russland bei den Verhandlungen nicht bewegt habe (news.at).

Putins Rede zum achten Jahrestag der Krim-Annexion
Heute beging Russland den achten Jahrestag der Krim-Annexion. In seiner Rede hat Kremlchef Putin die „militärische Spezialoperation" in der Ukraine als „heldenhaften" Einsatz der russischen Armee gelobt. Es würden alle Pläne umgesetzt, sagte er im Moskauer Luschniki-Stadion vor Zehntausenden jubelnden Besuchern mit Blick auf den Krieg in dem Nachbarland. Im Stadion schwenkten die Menschen die russischen Staatsflaggen und Fahnen mit dem Buchstaben Z, der als Symbol für die „Spezialoperation" steht. Die Menschen riefen: „Für Russland. Für den Sieg.“ Über der Bühne, auf der Putin auftrat, stand: „Für eine Welt ohne Nazismus“. Wenige Minuten nach Beginn der Ansprache wurde die Übertragung plötzlich unterbrochen. Eine technische Panne, hieß es. Es bleibt Raum für Spekulationen (n-tv).

Telefonat: US-Präsident Biden warnt Chinas Staatschef Xi Jinping
Zwei Stunden haben die beiden Staatschefs heute miteinander telefoniert. Staatschef Xi Jinping verurteilte die militärischen Feindseligkeiten. Solche Konflikte zwischen Staaten seien „in niemandes Interesse“. Jedoch weigert sich China nach wie vor, das Vorgehen des russischen Präsidenten zu verurteilen oder die Invasion als Krieg zu bezeichnen. Andererseist steht China unter starkem Druck seitens der USA und seiner europäischen Verbündeten, sich von Moskau zu distanzieren. Die USA warnten China wiederholt davor, die Auswirkungen der westlichen Sanktionen gegen Russland durch eigene Lieferungen abzufedern (n-tv).

Telefonat: Scholz fordert Putin zu Waffenstillstand auf
Bundeskanzler Olaf Scholz habe darauf gedrungen, dass es so schnell wie möglich zu einem Waffenstillstand zu einer Verbesserung der humanitären Lage und zu Fortschritten bei der Suche nach einer diplomatischen Lösung des Konflikts komme. Doch der russische Präsident machte weiterhin die Ukraine für das Blutvergießen verantwortlich. Das Telefonat zwischen den beiden Staatsschefs dauerte eine Stunde. Fortschritte wurden jedoch nicht erzielt (n-tv).

UN fordern Untersuchung von Angriffen auf Zivilisten
Aufgrund der vielen zivilen Todesopfer haben die Vereinten Nationen nun eine Untersuchung zu Opfern in der Ukraine gefordert. In einer Dringlichkeitssitzung des Sicherheitsrates hieß es, die Verantwortlichen müssten zur Rechenschaft gezogen werden. Das Völkerrecht verbiete direkte Angriffe auf Zivilisten bei Militäreinsätzen. In der Ukraine würden aber offenbar wahllos auch Wohngebiete beschossen.
WHO-Generaldirektor Tedros Adhanom Ghebreyesus berichtete im UN-Sicherheitsrat von 43 Angriffen auf Krankenhäuser und andere medizinische Einrichtungen in der Ukraine. Der Kreml kündigte indes an, bei der kommenden Sitzung des Sicherheitsrats werde Putin persönlich sprechen. Russland werde aber vorerst darauf verzichten, eine Resolution zur humanitären Lage in der Ukraine zur Abstimmung zu stellen (Vereinte Nationen).

200.000 Geflüchtete aus der Ukraine in Deutschland angekommen
Knapp 200.000 geflüchtete Menschen aus der Ukraine wurden seit Kriegsbeginn von deutschen Behörden gemeldet. Da es an der deutsch-polnischen Grenze keine Kontrollen gibt, könnte die tatsächliche Zahl sogar noch weit höher liegen. Die vor dem Krieg geflohenen Menschen sollen gleichmäßig auf die Bundesländer verteilt werden. Außerdem peilen Bund und Länder eine schnelle und unkomplizierte Registrierung der Geflüchteten an (Spiegel).

17. März 2022

Lagebericht

Die russischen Einheiten würden versuchen, die umkämpften Städte in der Ukraine weiter einzukesseln und zu blockieren. Sie konzentrierten sich auf die Sicherung ihrer Geländegewinne, teilte der ukrainische Generalstab mit. Mit Luftschlägen versuchten die russischen Streitkräfte, Infrastruktur, Flughäfen und militärisches Geräte der Ukraine zu zerstören. Dabei seien auch zunehmend zivile Gebäude das Ziel. Die russische Armee müsste bei ihren Angriffen jedoch große Verluste hinnehmen. Die Ukraine habe ihrerseits mit kleineren Gegenoffensiven begonnen.

Der Internationale Gerichtshof in Den Haag hat angeordnet, dass Russland die militärische Gewalt in der Ukraine sofort beenden muss. Da das Gericht jedoch keine Machtmittel besitzt, das Urteil durchzusetzen, ist davon auszugehen, dass Russland den Krieg weiter fortsetzen wird. Die westlichen Staaten haben wegen der sich zuspitzenden Lage in der Ukraine und der zunehmenden Angriffe Russlands auf zivile Ziele für heute eine Dringlichkeitssitzung des UN-Sicherheitsrats beantragt. Der ukrainische Präsident Selenskyj wird heute zur Sitzung des Deutschen Bundestags zugeschaltet. In seiner Ansprache an die Abgeordneten wird er um weitere Unterstützung bitten.

Die Zahl der zivilen Opfer in der Ukraine kann derzeit nicht genau beziffert werden. Mittlerweile werden vermutlich mehrere Tausend Menschen ihr Leben verloren haben. Auch viele Wohngebäude wurden seit Kriegsbeginn zerstört. Die ukrainische Staatsführung hat allen Bürgern versprochen, ihre im Krieg zerstörten Häuser und Wohnungen wiederaufzubauen. Programme zum Wiederaufbau seien bereits in Arbeit.

Die Evakuierungen über Fluchtkorridore gehen an manchen Orten weiter. Aus Mariupol konnten gestern 11.000 Einwohner die Stadt verlassen. Dabei gebe es keine Feuerpause. Sie müssten sich unter dem Risiko des Beschusses auf die Flucht machen. Aus Sumy gelang die Evakuierung über 100 Busse. Die ukrainischen Behörden hoffen, Zivilisten auch heute wieder die Flucht über insgesamt neun Korridore aus umkämpften Gebieten ermöglichen zu können.

Die russische Armee befindet sich von Nordwesten her weiterhin in einer Entfernung von 15 bis 20 Kilometern vor der Hauptstadt Kiew. Von Osten her sollen es 20 bis 30 Kilometer sein. Mit Beschüssen auf Wohnviertel versucht die russische Armee, aus der Entfernung die Stadt ins Visier zu nehmen. Auch gestern wurden wieder Wohngebäude getroffen. Im Zentrum Kiews seien Granatsplitter einer Artilleriegranate in ein Wohnhaus eingeschlagen.

Die humanitäre Lage in der von der russischen Armee belagerten Stadt Isjum im Nordosten des Landes gilt als katastrophal. Südlich der Stadt hätten russische Truppen versucht, weiter vorzudringen, wohl um eine Offensive in Richtung Slowjansk fortzusetzen. Auch hier versuchen Menschen, die Stadt über humanitäre Korridore zu verlassen.

Ebenso kritisch ist die Lage in der im Nordosten gelegenen Großstadt Charkiw, die ebenfalls unter ständigem Beschuss steht. Seit Kriegsbeginn sind nach ukrainischen Behördenangaben mindestens 500 Bewohner getötet worden.

Die nordukrainische Stadt Tschernihiw habe unter schwerem Bombardement durch russische Artillerie und Luftangriffe „kolossale Verluste und Zerstörungen" erlitten. Die Lage sei dramatisch. Die Zivilbevölkerung verstecke sich in Kellern und Unterkünften ohne Zugang zu Versorgungseinrichtungen. Die Zahl der Todesopfer steigt nach Angaben des Regionalgouverneurs immer weiter an. Allein gestern seien 53 Menschen getötet worden.

In Mariupol ist die Lage weiterhin „apokalyptisch", wie es das Rote Kreuz beschreibt. Die Stadt steht weiter unter Beschuss und die Hilfskonvois gelangen weiterhin nicht in die Stadt. Die Versorgungslage ist höchst dramatisch. Die lebensnotwendige Wasserversorgung ist zusammengebrochen. Da die Heizungen ohnehin nicht mehr funktionierten, entnähmen manche Wasser aus den Heizungsrohren, um es zu trinken. Manche würden auch aus Pfützen oder Flüssen trinken. 80 bis 90 Prozent der Gebäude in Mariupol seien mittlerweile bombardiert worden. Immerhin gelingt einigen Menschen mit Pkw die Flucht aus der Stadt. In den vergangenen zwei Tagen sollen 6.500 Autos die Stadt verlassen haben, ohne dass es jedoch eine Feuerpause gegeben hätte. Meldungen über den gestrigen Beschuss eines Theaters, in dem Hunderte Zivilisten Schutz gesucht haben sollen, sorgten für Entsetzen. Heute konnten die Trümmer vor dem Eingang entfernt werden. Die gute Nachricht: Der Luftschutzkeller des Gebäudes habe standgehalten. „Die Menschen kommen lebend heraus!", so die Meldung heute Morgen.

Russlands Aktivitäten gelten ferner der strategisch wichtigen Küstenregion im Süden. Die russischen Streitkräfte haben eine Seeblockade vor der ukrainischen Schwarzmeerküste installiert und schneiden die Ukraine so vom internationalen Seehandel und von Nachschubwegen ab. Es kam auch bereits zu von Schiffen aus initiierten Luftangriffen. Russland werde in den kommenden Wochen versuchen, über Landeoperationen von der See aus weiter in Küstengebiete vorzudringen.

Russische Streitkräfte haben nach russischen Angaben ein Militärdepot im Westen der Ukraine mit Raketen beschossen. Dabei seien Raketen- und Munitionslager zerstört worden. Das Depot befindet sich demnach in der Stadt Sarny, etwa 300 Kilometer westlich der ukrainischen Hauptstadt Kiew.

G7-Erklärung: „Kriegsverbrecher zur Rechenschaft ziehen“
Die Außenminister der G7-Staaten haben die „wahllosen Angriffe auf Zivilisten“ durch russische Truppen in der Ukraine scharf verurteilt. Alle für Kriegsverbrechen Verantwortlichen würden zur Rechenschaft gezogen, warnten sie am Donnerstag nach einer Videokonferenz. Wegen des Krieges von Russlands Staatschef Putin seien Millionen von Menschen zur Flucht gezwungen. Auch die Zerstörung von Infrastruktur, Krankenhäusern, Theatern und Schulen gehe weiter. Die G7 Staaten fordern Russland auf, umgehend Zugang für humanitäre Hilfe in von russischen Truppen belagerten Städten zuzulassen (Deutschlandfunk).

Putin: „Schlussstrich ziehen unter die globale Dominanz des Westens“
Während sowohl ukrainische als auch russische Stimmen in den vergangenen Tagen positiv über die laufenden Ukraine-Verhandlungen sprachen, hat Putin in einer vom russischen Fernsehen übertragenen Ansprache klargestellt, dass die Operation „bis zum Ende durchgeführt“ werde. „Das derzeitige Format ist das einzig mögliche.” Er erhob schwere Vorwürfe gegen den „kollektiven Westen“. Ziel sei es, „einen Schlussstrich unter die globale Dominanz des Westens“ zu ziehen. Der Westen wolle die russische Gesellschaft spalten, spekuliere auf militärische Verluste und sozioökonomische Folgen und provoziere eine zivile Konfrontation in Russland, um ein Ziel zu erreichen: „die Zerstörung Russlands“. Dies werde nicht gelingen, erklärte Putin. Damit erteilte er der Hoffnung auf eine baldige diplomatische Lösung im Ukraine-Krieg abermals einen Dämpfer. Den Krieg in der Ukraine nannte er erneut eine „Sonderoperation zur Demilitarisierung und Entnazifizierung der Ukraine“, die sich „erfolgreich entwickeln“ würde (Tagesspiegel).

Russland lehnt Ukraine-Anordnung des Internationalen Gerichtshofs ab
Russland lehnt die Anordnung des Internationalen Gerichtshofs der Vereinten Nationen ab, die militärische Gewalt in der Ukraine sofort zu beenden. „Wir können keine Rücksicht auf diese Entscheidung nehmen”, sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow der Agentur Interfax zufolge. „Am Internationalen Gerichtshof gibt es das Konzept des Einvernehmens zwischen den Parteien. Hier kann es keinerlei Einvernehmen geben” (Tagesspiegel).

Selenskyj sprach im Deutschen Bundestag: „Zerstören Sie diese Mauer"
Der ukrainische Präsident Selenskyj wurde heute Morgen zur Sitzung des Deutschen Bundestags zugeschaltet und richtete mahnende Worte an die deutsche Regierung. Nach drei Wochen Krieg zeige sich, dass es zwar manche Hilfe gebe, so Selenskyj, aber es sei offenbar wieder eine Mauer entstanden, eine zwischen seinem Land und dem Westen, der nicht alles tue, um die Ukraine zu retten. In mahnenden Worten sprach er von einer „Mauer" auch zwischen Deutschland und der Ukraine, die nicht größer werden dürfe und eingerissen werden müsse. Eine Mauer aufgrund nicht getroffener Entscheidungen, aufgrund nicht geleisteter Hilfeleistungen, die dem Sterben in der Ukraine eine Ende setzen könnten, eine Mauer, die entstehen würde, da wirtschaftliche Interessen einen höheren Wert hätten als die Rettung von Menschenleben. Deutschland habe nicht genug getan, um den Krieg zu verhindern. Deutschland habe daran mitgewirkt, eine Mauer zu errichten, um die Ukraine zu isolieren und Russland auszuliefern. Bundestagsvizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt war nach Selenskyjs Rede zur Tagesordnung übergangen und gratulierte zwei Abgeordneten zum Geburtstag - begleitet von Zwischenrufen wie „unwürdig“. Die Koalition hat nach der Videoansprache des ukrainischen Präsidenten eine Aussprache des Parlaments über den Ukraine-Krieg abgelehnt. Die Unionsfraktion hatte eine 68-minütige Aussprache beantragt. Es mutete in der Tat seltsam an, dass der Bundestag nach der Rede nahtlos zur Tagesordnung überging. (Deutsche Welle).

Verhandlungen zwischen Russland und Ukraine gegen weiter
Nachdem es laut der ukrainischen und russischen Delegation in den vergangenen Tagen kleine Fortschritte gegeben habe, gehen die Gespräche heute weiter. In einer Videokonferenz werde über militärische, politische und humanitäre Fragen gesprochen. Die Verhandlungen zwischen Kiew und Moskau über ein Kriegsende würden konkreter. Es würden Dokumente ausgearbeitet für mögliche direkte Gespräche zwischen Staatschef Wolodymyr Selenskyj und dem russischen Präsidenten Wladimir Putin, sagte der ukrainische Präsidentenberater Mychajlo Podoljak. Nach Informationen der „Financial Times” werde an einem  15-Punkte-Plan gearbeitet. Podoljak bestätigte zwar die Existenz des Entwurfs, teilte aber mit, das Papier gebe nur die russischen Forderungen wieder, „mehr nicht“ (Welt).

Dringlichkeitssitzung des UN-Sicherheitsrats
Großbritannien, die USA, Frankreich und weitere europäische Staaten haben wegen der sich zuspitzenden Lage in der Ukraine und den dort von Russland begangenen Kriegsverbrechen für heute eine Dringlichkeitssitzung des UN-Sicherheitsrats beantragt. „Russland begeht Kriegsverbrechen und nimmt Zivilisten ins Visier", erklärte die UN-Vertretung Großbritanniens. „Russlands illegaler Krieg in der Ukraine ist eine Gefahr für uns alle”, hieß es dort weiter. Tags zuvor hatte Russland seinerseits einen Vorschlag für eine Resolution zur humanitären Lage in der Ukraine eingebracht. Moskau fordert in der Beschlussvorlage, dass der Sicherheitsrat Angriffe auf Zivilisten verurteilen solle und ruft zu einem „verhandelten Waffenstillstand” auf. Die britische UN-Botschafterin Barbara Woodward bezeichnet die russische Initiative angesichts Moskaus Angriffskrieg in der Ukraine als „zynischen Schachzug” und „Beleidigung” (msn).

Bundesinnenministerium startet Online-Portal für Geflüchtete aus der Ukraine
Das Bundesinnenministerium will mit einem neuen Online-Portal die Hilfe für Geflüchtete aus der Ukraine verbessern und koordinieren. Die Internetseite „Germany4Ukraine“ solle „eine vertrauenswürdige, sichere und digitale Anlaufstelle mit den wichtigsten ersten Infos nach ihrer Ankunft in Deutschland” sein, teilte das Ministerium zum Start des Portals mit. Die Informationen sind auf Ukrainisch, Russisch, Englisch und Deutsch verfügbar. Zu finden sind unter anderem Informationen zu Unterbringung, medizinischer Versorgung, Arbeitserlaubnis, Aufenthaltsrecht, Schulbesuch und Studium sowie zahlreiche weitere Antworten auf häufige Fragen von Geflüchteten (Bundesinnenministerium).

16. März 2022

Lagebericht

Die ukrainischen Streitkräfte haben russische Angriffe nach eigenen Angaben an mehreren Fronten abwehren können. Sie würden nun auch kleinere Gegenoffensiven starten. Sowohl in der Region um Kiew als auch in der Ostukraine seien Vorstöße der russischen Armee zurückgeschlagen worden. Die russischen Bodentruppen machten in der Ukraine nach Einschätzung der US-Regierung kaum Fortschritte und würden versuchen, über Bombardierungen aus der Ferne Ziele zu attackieren. So werde etwa auch die Hauptstadt Kiew weiter aus großer Entfernung bombardiert. Dabei würden immer öfter auch zivile Ziele wie Wohngebiete getroffen. Das Interesse der russischen Streitkräfte gilt ferner weiterhin den Städten der Küstenregion im Süden des Landes. Im Westen des Landes seien keine neuen Angriffe zu vermelden.

Aufgrund anhaltendem Personalverlust würde Russlands Militär nach Verstärkung aus dem ganzen Land rufen. Von den zu Anfang um die 100.000 Soldaten starken einmarschierten Einheiten sollen nach Angaben des ukrainischen Generalstabs mittlerweile 40 Prozent kampfunfähig gemacht worden sein. Nun versuche Russland, zusätzliche Truppen aufzustellen, da die russischen Streitkräfte zunehmend Schwierigkeiten hätten, offensive Operationen durchzuführen. Auch die als Putins Privatarmee geltende „Söldnergruppe Wagner", die sich aus ehemaligen Militärangehörigen zusammensetzt und auch weltweit operiert, soll nun im Krieg gegen die Ukraine unterstützen. Ebenso kommt Verstärkung über die Spezialeinheiten der russischen Teilrepublik Tschetschenien, die unter ihrem Anführer Kadyrow insgesamt über 70.000 Kämpfer verfügen. Was eine Beteiligung von Belarus am Kriegsgeschehen in der Ukraine angehe, gebe es weiterhin keine Hinweise darauf, dass das Land Truppen in die Ukraine verlege oder dies vorbereite.  

Über Fluchtkorridore konnten gestern weitere 30.000 Menschen aus umkämpften Gebieten die Stadt verlassen. In Mariupol gelang die Flucht in Pkw, in Sumy konnten die Menschen in rund 100 Bussen der Stadt entfliehen. Auch für heute wurden seitens der Ukraine wieder Fluchtkorridore gefordert. Nachdem am Morgen zunächst keine Fluchtkorridore vereinbart werden konnten, ist es im Laufe des Tages doch gelungen, weitere 11.000 Menschen aus Mariupol zu evakuieren.

Die im Online-Format stattfindenden Verhandlungen zwischen russischen und ukrainischen Delegationen sollen heute weiter fortgesetzt werden. Sie seien „schwierig und zäh", aber auch „konstruktiver". Die russischen Forderungen würden „realistischer", so der ukrainische Präsident Selenskyj. Aus Polen kommt indes der Ruf nach einer „NATO-Friedensmission“ in der Ukraine. Diese müsse versuchen, humanitäre und friedliche Hilfe zu leisten, solle aber auch in der Lage sein, sich selbst zu verteidigen, so Polens Vizeregierungschef Jaroslaw Kaczynski. Derweil hat die NATO hunderttausend Soldaten aus den Bündnisstaaten in erhöhte Alarmbereitschaft versetzt.

Laut Berichten soll es in der Hauptstadt Kiew in der Nacht erneut Explosionen Nähe gegeben haben. Die russischen Streitkräfte hätten die Angriffe in den Vororten von Kiew verstärkt. Am frühen Morgen seien im Westen Kiews drei Detonationen zu hören gewesen. Im Zentrum Kiews seien Granatsplitter einer Artilleriegranate in ein Wohnhaus eingeschlagen. Die Stadt befindet sich derzeit in einer 36-stündigen Ausgangssperre. Der russischen Armee gelingt es jedoch nur langsam, weiter in Richtung Stadtgebiet vorzurücken. Nördlich von Kiew sei es den russischen Streitkräften nicht gelungen, die Verteidigungsstellungen zu durchbrechen. Auch die westlich der Hauptstadt gelegene Stadt Makariw hätten Angreifer nicht einnehmen können. Schätzungen nach seien die russischen Truppen im Nordwesten nach wir vor etwa 15 bis 20 Kilometer vom Stadtzentrum entfernt. Im Osten seien es zwischen 20 und 30 Kilometer.

Nach ukrainischen Behördenangaben sind in der im Nordosten gelegenen Großstadt Charkiw seit Kriegsbeginn mindestens 500 Bewohner getötet worden. Die russische Armee hat nach ukrainischen Angaben jüngst die Angriffe auf Charkiw verstärkt.

Die nordukrainische Stadt Tschernihiw sei weiter isoliert. Auch hier kam es zu weiteren Bombardements. Die Stadt steht seit Kriegsbeginn unter Beschuss.

Heftig umkämpft bleibt weiter die Stadt Mariupol im Süden am Asowschen Meer. Die Stadt sei weiterhin eingekesselt. Die russische Armee versuche, die Stadt am westlichen und östlichen Rand zu blockieren, erleide dabei aber erhebliche Verluste, so der Generalstab der Ukraine. Russische Truppen haben nach ukrainischen Angaben heute Morgen ein Krankenhaus unter ihre Kontrolle gebracht. Die Soldaten hätten auf dem Klinikgelände Artillerie in Stellung gebracht und würden Schüsse abfeuern, sagte die stellvertretende Regierungschefin. 400 Patienten und Mitarbeiter würden als Geiseln gehalten – offenbar um sich vor ukrainischen Gegenangriffen zu schützen. Am Abend kam die Meldung, dass offenbar auch  ein Theater der Stadt bombardiert worden sei, in dem sich Hunderte Menschen aufgehalten haben sollen. Das Gebäude sei vollständig zerstört. Die Versorgungslage in der Stadt ist weiterhin dramatisch. Es fehlt an Lebensnotwendigem. Doch noch immer konnte der Hilfskonvoi mit Lebensmitteln, Wasser, Kleidung und Medikamenten nicht in die Stadt gelangen. Bislang sollen laut Schätzungen über 2.300 Menschen in der Stadt ums Leben gekommen sein. Gestern war es immerhin 20.000 Zivilisten in Pkw gelungen, die Stadt über einen Fluchtkorridor zu verlassen, heute konnten sich weitere 11.000 Menschen aus der Stadt in Sicherheit bringen.

Russische Truppen haben nach ukrainischen Angaben die im Süden des Landes gelegene Stadt Saporischschja angegriffen, in der sich neben den Einwohnern auch Tausende Flüchtlinge aus dem belagerten Mariupol aufhalten. Bisher war Saporischschja von den Kämpfen weitgehend ausgenommen. Bislang war die Stadt ein erster sicherer Anlaufpunkt für Menschen, die aus der von russischen Truppen belagerten Hafenstadt Mariupol flüchteten, um weiter in Richtung Westen der Ukraine und Polen zu gelangen.

Satellitenfotos belegen offenbar einen mutmaßlichen ukrainischen Angriff auf den von Russland gehaltenen Flughafen und Luftwaffenstützpunkt Cherson. Mindestens drei russische Militärhubschrauber sollen auf dem Flughafen zerstört und in Flammen aufgegangen sein. Das ukrainische Militär hatte gemeldet, nun auch kleinere Gegenoffensiven zu starten. Was die Versorgungslage in Cherson anbelangt bahnt sich auch hier eine humanitäre Katastrophe an. Wegen der Besatzung fehle es den Menschen in den Siedlungen, vor allem den kleineren, an Medikamenten und teilweise an Nahrungsmitteln. Es sei  nicht möglich, Waren aus anderen Regionen der Ukraine zu liefern. Zudem gebe es Probleme bei der Strom-, Gas- und Wasserversorgung.

In der Region Odessa sei nach ukrainischen Angaben die Küste von russischen Schiffen beschossen worden. Es habe aber keinen Landungsversuch gegeben.

Abstimmung im UN-Sicherheitsrat zu Russlands Ukraine-Resolution
Der UN-Sicherheitsrat soll am Donnerstag über eine von Russland eingebrachte Resolution zur humanitären Lage in der Ukraine abstimmen. Moskau fordert in der Beschlussvorlage, dass der Sicherheitsrat Angriffe auf Zivilisten verurteilen solle und ruft zu einem „verhandelten Waffenstillstand” auf. Die britische UN-Botschafterin Barbara Woodward bezeichnet die russische Initiative angesichts Moskaus Angriffskrieg in der Ukraine als „zynischen Schachzug” und „Beleidigung”. Es scheint wahrscheinlich, dass Russland nicht die für eine Annahme nötigen neun Stimmen des 15-köpfigen Rates erhält (Handelsblatt).

Internationaler Gerichtshof: Russland muss Krieg in Ukraine stoppen
Das höchste UN-Gericht, der Internationale Gerichtshof in Den Haag, hat angeordnet, dass Russland sofort die militärische Gewalt in der Ukraine beenden muss. Damit gaben die Richter einer Klage der Ukraine gegen Russland statt, wonach Russland Völkermord an den ukrainischen Bewohnern des Landes begehe  und damit die Völkermord-Konvention von 1948 verletze. Experten bezweifeln, dass Russland sich an die Anordnung halten wird. Von dem Urteil kann aber internationale Signalwirkung ausgehen. Das Gericht besitzt keine Machtmittel, um einen unterlegenen Staat zu zwingen, ein Urteil umzusetzen. Es könnte den UN-Sicherheitsrat anrufen, doch dort kann Russland jede Entscheidung mit seinem Veto blockieren (ZDF).

Verhandlungen zwischen Russland und der Ukraine
Die Verhandlungen der vergangenen Tage wurden heute fortgesetzt. Es solle kleine Fortschritte gegeben haben. Die Ukraine fordert nach wie vor ein Ende des Krieges und einen Abzug der russischen Truppen. Moskau verlangt unter anderem, dass Kiew die annektierte Schwarzmeer-Halbinsel Krim als russisch sowie die ukrainischen Separatistengebiete als unabhängige Staaten anerkennt. Der Kreml halte eine Neutralität des Nachbarlandes nach dem Vorbild Schwedens und Österreichs für möglich. Die Kiewer Führung hat russischen Äußerungen zu einer möglichen Neutralität der Ukraine nach schwedischem Vorbild widersprochen. Selenskyj unterstrich seine Forderung nach Sicherheitsgarantien von Partnern, die Waffen liefern, wenn das nötig sei, und den Himmel über der Ukraine schließen, wenn das Land aus der Luft angegriffen werde. In den Verhandlungen bestünden weiterhin „fundamentale Gegensätze”, erklärte der ukrainische Präsidentenberater Podoljak. Einen Kompromiss hielt er dennoch für möglich. Der ukrainische Präsident Selenskyj bezeichnete den Stand der Verhandlungen mit Russland als „inzwischen realistischer” und zeigte sich vorsichtig optimistisch (Tagesschau).
Nach Informationen der „Financial Times” werde an einem  15-Punkte-Plan gearbeitet. An erster Stelle stünden die von Russland geforderte Neutralität und Entmilitarisierung der Ukraine sowie der von Kiew verlangte Abzug russischer Truppen. Territoriale Streitfragen sollten demnach erst später diskutiert werden (n-tv).

EU-Regierungschefs zu Besuch in Kiew – „Zeichen der Unterstützung"
Die Regierungschefs von Polen, Tschechien und Slowenien haben Ukraines Präsident bei einem Treffen in Kiew ihre Unterstützung zugesagt. Als Zeichen der Solidarität mit der Ukraine waren die Regierungschefs der drei Länder demonstrativ mit dem Zug in die umkämpfte Hauptstadt Kiew gereist. „Wir bewundern euren mutigen Kampf. Ihr seid nicht allein. Unsere Länder stehen an Eurer Seite“, erklärte Tschechiens Ministerpräsident Fiala. Selenskyj brachte seine Wertschätzung über den Besuch zum Ausdruck. In einer Zeit, in der viele ausländische Botschaften wegen des russischen Einmarschs die Ukraine verlassen hätten, würden „diese Führer unabhängiger europäischer Staaten“ zeigen, dass sie keine Angst hätten. „Ich bin sicher, dass wir mit solchen Freunden, mit solchen Ländern, Nachbarn und Partnern wirklich gewinnen können“, so Selenskyj weiter (ZDF).

Sondersitzung der NATO-Verteidigungsminister – Aufrüstung statt Einmischung
Auf der heutigen Krisensitzung in Brüssel haben die NATO-Staaten über Konsequenzen beraten, die der Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine für das NATO-Bündnis haben könnte. Man werde die Truppenpräsenz und die Verteidigungsstrategie überdenken, so Stoltenberg. Nicht nur aufgrund der russischen Invasion, sondern auch „im Lichte der Zusammenlegung russischer und belarussischer Streitkräfte”. Aus westlicher Sicht sei das eine neue Bedrohungslage. Die Militärplaner der Allianz sollen nun den Auftrag bekommen, eine Antwort auszuarbeiten. Im Bündnis werde eine künftige dauerhafte Verstärkung der Ostflanke erwogen, so Stoltenberg. Dazu könne gehören, substanziell mehr Streitkräfte im östlichen Teil der Allianz zu stationieren und dort mehr Ausrüstung vorzuhalten. Eine Einmischung in den Krieg gilt weiterhin als nahezu ausgeschlossen. Die NATO selbst werde keine Truppen in die Ukraine schicken, auch sei weiterhin eine Flugverbotszone über der Ukraine ausgeschlossen. (Tagesschau).
In Reaktion auf den Krieg Russlands seien mehrere Hunderttausend NATO-Soldaten in erhöhte Alarmbereitschaft versetzt worden. Darunter befänden sich rund 100.000 US-Soldaten in Europa und rund 40.000 Soldaten unter direktem NATO-Kommando (n-tv).
Aus Polen kommt indes im Vorfeld der Ruf nach einer NATO-„Friedensmission”. Nach den Vorstellungen des polnischen Vizeregierungschef Jaroslaw Kaczynski sollte eine NATO-Mission mit „Zustimmung des ukrainischen Präsidenten” auf „ukrainischem Territorium agieren” und „humanitäre und friedliche Hilfe” leisten. Dabei solle sie allerdings „von Streitkräften geschützt” werden und „in der Lage sein, sich selbst zu verteidigen”. Der Vorschlag fand keine Zustimmung bei den anderen NATO-Staaten. Erst müsse es einen Waffenstillstand geben. Zudem müsse Russland seine Truppen abziehen und es müsse irgendeine Art von Abkommen zwischen der Ukraine und Russland geben (Spiegel).

Russland tritt aus dem Europarat aus
Am Dienstagabend hatte die Parlamentarische Versammlung des Europarats aufgrund der Aggressionen Russlands im Krieg gegen die Ukraine für den Ausschluss Russlands gestimmt. Nun ist Russland seinem Ausschluss aus dem Europarat zuvorgekommen und hat gestern am späten Abend in einer formellen Mitteilung seinerseits den Austritt erklärt. Das Ministerkomitee des Europarats gab bekannt, dass die Russische Föderation nach 26 Jahren Mitgliedschaft kein Mitglied der Organisation mehr sei. (Tageschau).

Protestaktion im russischen Staatsfernsehen zeigt Wirkung
Nachdem die Mitarbeiterin des russischen Staatsfernsehens Marina Owssjannikowa mit ihrem Anti-Kriegsplakat für eine Unterbrechung der Nachrichtensendung gesorgt hatte, zieht die Aktion weitere Kreise. Die Russland-Expertin Daria Khrushcheva sieht in dem Protest von Owssjannikowa eine Tendenz, dass sich russische Journalisten vermehrt gegen Wladimir Putin stellen würden. „Das ist ein gutes Zeichen“, sagte Daria Khrushcheva. Die Aktion zeige, dass Journalisten, die für staatliche Medien in Russland arbeiten, etwas unternähmen. Auch die prominente Moderatorin Lilia Gildeeva sei aus Russland geflohen und habe aus Protest über die russische Propaganda in den Medien gekündigt. Die Aktion habe „Schockwellen durch die russische Gesellschaft“ geschickt, so Yakov Kronrod, ein US-Amerikaner mit russischen Wurzeln, der sich zurzeit in Moskau aufhält. Sogar staatstreue Medien wie das Portal „Yandex News“ würden nun über den Protest berichten. Auf ihrer Facebook-Seite seien Tausende Kommentare eingegangen, so Kronrod. „Das könnte sehr gut der Start einer ganzen Welle an Protesten sein.“ Indes steht das Urteil gegen die TV-Journalistin fest: Marina Owssjannikowa wurde zu einer Geldstrafe von 30.000 Rubel (226 Euro) verurteilt (Frankfurter Rundschau).

Ukraine-Krieg kann Weltwirtschafsordnung fundamental ändern
Der Krieg in der Ukraine und die erfolgten Sanktionen könnten dem Internationalen Währungsfonds zufolge die globale Wirtschaftsordnung grundlegend verändern. Neben kurzfristigen Folgen wie einer steigenden Inflation bei nachlassendem Wachstum seien längerfristige Auswirkungen denkbar. „Der Krieg kann die weltweite wirtschaftliche und geopolitische Ordnung grundlegend verändern, wenn sich der Energiehandel verschiebt, sich Lieferketten verändern, Zahlungsnetzwerke zerfallen und Länder neu über ihre Währungsreserven nachdenken", erklärte der IWF (n-tv).

UN-Entwicklungsprogramm: Auf den Krieg folgt die Armut
Das Entwicklungsprogramm der Vereinten Nationen hat einen Bericht veröffentlicht, in dem der Versuch unternommen wurde, in verschiedenen Szenarien einzuschätzen, wie viele Menschen infolge des Krieges unter die Armutsgrenze fallen. „Wenn dieser Konflikt weitergeht, könnte im Laufe des nächsten Jahres eine Situation entstehen, wo bis zu 90 Prozent der ukrainischen Bevölkerung unter die Armutsgrenze fallen" (Tagesschau).

15. März 2022

Lagebericht

Die russischen Streitkräfte haben ihre Angriffe auf mehrere Städte und Regionen in der Ukraine fortgesetzt. So wurden Attacken unter anderem aus Kiew, Charkiw und Mariupol gemeldet. Der Ring um Kiew zieht sich weiter zu. Nur im Süden sei noch eine Lücke, um die Stadt zu verlassen. Allerdings mache die russische Armee nach Einschätzung der US-Regierung nur langsam Fortschritte beim Vorstoß auf die Hauptstadt. Nach wie vor verharrt die Hälfte der einst drei Millionen Einwohner in der Stadt und ist bereit für die Verteidigung Kiews. Der Widerstandswille im Land ist nach wie vor ungebrochen. Präsident Selenskyj strebt nun eine Verlängerung des in der Ukraine geltenden Kriegsrechts bis zum 24. April an. Männer zwischen 18 und 60 Jahren sollen weiterhin im Land bleiben, um gegen die russischen Angreifer kämpfen zu können.

Die gestern unterbrochenen Verhandlungen zwischen Vertretern der russischen und ukrainischen Delegation werden heute fortgesetzt. Im Ringen um eine Verhandlungslösung hatten sich beide Seiten im Vorfeld zurückhaltend optimistisch geäußert. Es gebe Fortschritte bei den Verhandlungen. „Wenn wir die Positionen der beiden Delegationen heute mit denen zu Beginn vergleichen, werden wir deutliche Fortschritte feststellen“, hatte sich der russische Außenpolitiker Leonid Sluzki geäußert. Ukraines Präsident Selenskyj drängt auf ein direktes Gespräch mit Präsident Putin. Die Ukraine bestehe weiterhin auf einem Waffenstillstand, bevor es Gespräche über die künftigen Beziehungen geben könne.

Nachdem die Evakuierungen aus umkämpften Städten in den vergangenen Tagen nur schleppend vorankamen, ist es heute 20.000 Menschen aus Mariupol über einen Fluchtkorridor gelungen, die Stadt in PKWs zu verlassen. Mehr als 100 Busse mit Zivilisten konnnten die belagerte Stadt Sumy verlassen. Insgesamt waren heute neun Fluchtkorridore für verschiedene Städte geöffnet.

Der russischen Armee gelingt nur langsam ein Vorrücken in Richtung Kiew. Nach US-Angaben seien die Soldaten stellenweise weiterhin rund 15 Kilometer vom Stadtzentrum entfernt. Ein kilometerlanger, ins Stocken geratener russischer Militärkonvoi sei auch nicht wirklich vorangekommen. Jedoch verstärkt die russische Armee nun ihre Artillerieangriffe auf das Stadtgebiet. Am frühen Dienstagmorgen hat eine Reihe heftiger Explosionen die Hauptstadt erschüttert. Zu hören waren mindestens drei starke Detonationen. Eine Rauchsäule sei über der Stadt aufgestiegen. Vier Wohnhäuser seien schwer getroffen worden.

Die nordukrainische Stadt Tschernihiw sei im Wesentlichen isoliert. Aber auch dort gibt es dem Pentagon zufolge kaum Fortschritte des russischen Militärs.

Die russische Armee hat nach ukrainischen Angaben die Angriffe auf Charkiw, die zweitgrößte Stadt des Landes, verstärkt. Der Leiter der Regionalbehörde sprach von mehr als 60 nächtlichen Angriffen. „Feuer wüten in der Stadt und es gibt nicht genügend Löschkräfte.” Bereits seit Kriegsbeginn ist Charkiw vielen Angriffen ausgesetzt. Nahezu ohne Unterbrechung hätten Beschüsse Wohngebiete, Infrastruktur und auch Krankenhäuser zerstört.

Die Situation in Mariupol sei weiterhin katastrophal, so Vizeregierungschefin Wereschtschuk: „Die Menschen kämpfen um Essen und Wasser, dort spielt sich ein Albtraum ab.“ Die humanitäre Fracht sei noch immer nicht in Mariupol angekommen. Sie sei noch in der 70 Kilometer entfernten Stadt Berdjansk. Nach Angaben örtlicher Behörden wurden in Mariupol seit Beginn des russischen Angriffskriegs 2.357 Menschen getötet. Ein Berater des Bürgermeisters von Mariupol nannte die Lage in der Stadt „unmenschlich“: „Kein Essen, kein Wasser, kein Licht, keine Wärme.“ Er befürchte viel mehr Tote. Mit zunehmender Intensität der Angriffe könnte die Zahl der Opfer bis zu 20.000 betragen. Zudem gab der Chef der Republik Tschetschenien, Ramsan Kadyrow, jüngst bekannt, tschetschenische Kämpfer führten einen russischen Angriff auf Mariupol an. Die Kämpfer seien etwa 1,5 Kilometer weit in die Stadt vorgedrungen. Immerhin ist heute einer großen Anzahl an Einwohner die Flucht aus der Stadt gelungen. Rund 20.000 Menschen konnten  Mariupol über einen Fluchtkorridor in PKWs verlassen.

Im Süden nähern sich russische Truppen weiterhin der Stadt Odessa. Neben Kiew und Charkiw hat auch die Hafenstadt Odessa große wirtschaftliche und militärische Bedeutung. Die Stadt wappnet sich für eine russische Großoffensive.

Die russische Armee habe nach eigenen Angaben das komplette Gebiet Cherson im Süden des Landes unter ihre Kontrolle gebracht. In dem Gebiet in der Schwarzmeerregion leben rund eine Million Menschen. Zuvor hatte Russland schon die Kontrolle über die Gebietshauptstadt Cherson übernommen. 

Verhandlungen zwischen Russland und der Ukraine konstruktiver
Die gestern begonnenen Verhandlungen zwischen Russland und der Ukraine wurden heute fortgesetzt. Die Pause sollte zusätzlichen Gesprächen in den Arbeitsuntergruppen und zur Klärung einzelner Definitionen dienen. Die heutigen Verhandlungen gestalteten sich schwierig und wurden erneut unterbrochen und vertagt. Ein Berater Selenskyjs machte bei den Gesprächen mit Russland jedoch eine Änderung des Tonfalls der gegnerischen Seite aus. Die Verhandlungen zwischen Vertretern Russlands und der Ukraine seien konstruktiver geworden, meinte er. Das russische Lager verlange nicht mehr, dass sich die Ukraine im Krieg ergebe, wie es das in vorherigen Gesprächsphasen getan habe. Die ukrainische Sicherheitsberater sehen diese Gespräche als Vorbereitungsgespräche für eigentliche Verhandlungen, die auf Präsidentenebene stattfinden müssten, um „wirklich greifbare Sicherheitsgarantien zu erzielen für die Ukraine”. Als sofortiges Ergebnis der Verhandlungen fordern sie einen Waffenstillstand. Weiter gäbe es russische Forderungen, die „absolut inakzeptabel” seien, wie beispielsweise „einige territoriale Forderungen” (Redaktionsnetzwerk Deutschland).

Hauptstadt Kiew Ziel von Angriffen
Die Hauptstadt Kiew ist Ziel von Angriffen der russischen Truppen geworden. Eine Reihe russischer Angriffe traf Wohngebäude in mehreren Stadtteilen. Häuser und Straßen sollen verwüstet sein. Es soll Tote und Verletzte gegeben haben. Einer der Angriffe habe ein 16-stöckiges Wohnhaus im Stadtteil Swjatoschyn im Westen Kiews getroffen. Offenbar gab es auch Einschläge im Stadtteil Podil. Auch im Viertel Osokorky im Südosten von Kiew sei ein Wohnhaus getroffen worden. Bürgermeister Vitali Klitschko hat eine 36-stündige Ausgangssperre angekündigt. Von Dienstagabend, 19.00 Uhr, bis Donnerstagfrüh, 6.00 Uhr, dürften die Einwohner ihre Häuser nur verlassen, um sich in Schutzräumen und Bunkern in Sicherheit zu bringen (ZDF).

Regierungschefs Polens, Tschechiens und Sloweniens besuchen Selenskyj in Kiew
Nachdem die drei Regierungschefs heute mit dem Zug in die Ukraine gereist sind, hat sie der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj in Kiew begrüßt. Mit der Reise von Polens Ministerpräsident Mateusz Morawiecki und seinen Amtskollegen Petr Fiala aus Tschechien und Janez Janša aus Slowenien soll die Unterstützung der Europäischen Union für die Ukraine ausgedrückt werden. Man wolle ein breites Paket der Unterstützung für das Land präsentieren, hieß es. Die Politiker reisen als „Vertreter des Europäischen Rates" nach Kiew. Die Reise sei gemeinsam mit EU-Ratspräsident Charles Michel und EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen organisiert worden. „Ziel des Besuchs ist es, die unmissverständliche Unterstützung der gesamten Europäischen Union für die Souveränität und Unabhängigkeit der Ukraine zu bekräftigen und ein breites Hilfspaket für den ukrainischen Staat und die ukrainische Gesellschaft vorzustellen”, hieß es in einer gemeinsamen Erklärung. „Ihr Besuch in Kiew in dieser für die Ukraine schwierigen Zeit ist ein starkes Zeichen der Unterstützung. Wir wissen das wirklich zu schätzen", sagte Selenskyj. (Tagesschau).

Selenskyj appelliert an russische Soldaten: „Ich weiß, dass ihr überleben wollt"
Der ukrainische Präsident Selenskyj wendete sich in einer neuen Videobotschaft nicht nur an sein Volk, sondern auch an die russischen Soldaten. Auf russischer Seite setze sich die Erkenntnis durch, dass man mit dem Krieg nichts erreiche. Seit Beginn des Krieges gegen die Ukraine habe die russische Armee höhere Verluste erlitten als während der beiden Tschetschenienkriege zusammen, so Selenskyj. Man wisse aus abgehörten Telefonaten, was viele der russischen Soldaten tatsächlich über den Krieg dächten. Selenskyj appellierte an sie, sie mögen nicht weiter bei diesem sinnlosen Krieg mitmachen, an dem sie ihr Leben verlieren könnten: „Ich weiß, dass ihr überleben wollt.” (n-tv).

Kriegsprotest im russischen Staatsfernsehen
Mit lauten Rufen und einem Plakat gegen Russlands Angriff auf die Ukraine hat die Mitarbeiterin des russischen Staatsfernsehens Marina Owsjannikowa für die Unterbrechung einer Hauptnachrichtensendung gesorgt. Hinter der Nachrichtensprecherin hielt sie plötzlich ein Plakat hoch mit der Aufschrift „Stoppt den Krieg. Glaubt der Propaganda nicht. Hier werdet ihr belogen." Sie wurde umgehend festgenommen. In einem zuvor aufgezeichneten und online gestellten Video sagte sie: „Was gerade in der Ukraine passiert, ist ein Verbrechen. Russland ist ein Aggressorland. Die Verantwortung für diese Aggression liegt bei einem einzigen Menschen. Dieser Mensch ist Wladimir Putin. (…) Leider habe ich in den letzten Jahren beim ersten Kanal gearbeitet und war mit der Kreml-Propaganda beschäftigt. Ich schäme mich, dass ich es zugelassen habe, dass die Lügen aus dem Bildschirm kommen. (…) Wir sind intelligente russische Menschen. Es liegt in unseren Kräften, diesen Wahnsinn zu stoppen. Kommt zu den Demos, fürchtet euch vor nichts. Sie können uns nicht alle in den Knast stecken.” (Tagesschau).

Russland verhängt Einreiseverbot für Biden und Blinken
Russland verhängt als Reaktion auf US-Sanktionen nun seinerseits Einreiseverbote gegen US-Präsident Joe Biden und andere US-Regierungsmitglieder. Das Außenministerium veröffentlichte eine „schwarze Liste" mit 13 Namen, darunter auch Außenminister Antony Blinken und Verteidigungsminister Lloyd Austin. Es ist das erste Mal, dass Russland eine Liste betroffener Personen veröffentlicht (n-tv).

China: Keine Partei im Konflikt
Chinas Außenminister Wang Yi sieht sein Land „nicht als Partei" im Konflikt um die russische Invasion in die Ukraine. Seine Regierung „will nicht, dass die Sanktionen China treffen", sagte der Außenminister. China lehne die Verhängung von Sanktionen grundsätzlich ab. Wang Yi nannte den Krieg das Ergebnis einer „Ansammlung und Verschärfung der Widersprüche über die Jahre” in der europäischen Sicherheitsarchitektur (n-tv).

UN warnt vor „Wirbelsturm des Hungers”
Die Vereinten Nationen sehen die Lebensmittelversorgung einiger der ärmsten Länder weltweit durch den Krieg in der Ukraine gefährdet. UN-Generalsekretär António Guterres hat vor einem „Wirbelsturm des Hungers” weltweit gewarnt. Die internationale Gemeinschaft müsse handeln, um einen „Zusammenbruch des globalen Nahrungssystems" zu verhindern. Aus der Ukraine kämen mehr als die Hälfte der Weizenlieferungen des Welternährungsprogramms. Die am wenigsten entwickelten Länder der Welt würden mindestens ein Drittel ihres Weizens aus der Ukraine oder Russland importieren (ZDF).

Kriegsflüchtlinge – Bundesinnenministerin Nancy Faeser: „Es geht um gerechte Verteilung“
Bereits vor einigen Tagen hatte der Bund angekündigt, die Aufnahme der Ukraine-Flüchtlinge besser koordinieren zu wollen. Die Geflüchteten sollen nach dem sogenannten Königsteiner Schlüssel auf die Bundesländer verteilt werden. Da bisher vor allem die Metropolen stark vom Flüchtlingszuzug betroffen sind, werde alles getan, um die Menschen gerecht zu verteilen. Wie wird Deutschland den Zuzug meistern? Warum hat es mit der Verteilung so lange gedauert? Mit wieviel Flüchtlingen rechnet der Bund in den nächsten Wochen? Nancy Faeser im Interview (Deutschlandfunk).

Bundesverband des Lebensmittelhandels – Deutsche sollen nicht hamstern
Trotz Meldungen über Engpässe und Teuerungen bei Öl und Getreide wegen des Ukraine-Krieges appelliert der Bundesverbands des Deutschen Lebensmittelhandels , keine Hamsterkäufe zu tätigen. Die Kunden sollten „untereinander solidarisch verhalten und Produkte nur in haushaltsüblichen Mengen einkaufen” (Tagesschau).

14. März 2022

Lagebericht

Die russische Armee sei nach Angaben des ukrainischen Generalstabs dabei, mehrere Offensiven im Land vorzubereiten. Die Einheiten versuchten, sich an bisher von ihnen eingenommenen Punkten festzusetzen, für Nachschub zu sorgen und sich neu zu gruppieren. Sobald dies geschehen sei, erwarte man neue Angriffe etwa auf die Städte Charkiw im Osten, Sumy im Nordosten oder auch den Kiewer Vorort Browari. In der Nacht hatte Russland die Angriffe in mehreren Teilen des Landes fortgesetzt. In vielen Städten und Regionen, darunter Kiew, Lwiw und Odessa, gab es heute am frühen Morgen Luftalarm.

Angesichts der Ausweitung der russischen Angriffe in Richtung Westen der Ukraine und der Beschüsse auf die Militärbasis nahe der polnischen Grenze fordert der ukrainische Präsident erneut eine Flugverbotszone über der Ukraine: „Wenn Sie unseren Himmel nicht abriegeln, ist es nur eine Frage der Zeit, bis russische Raketen auf Ihr Territorium, auf das Territorium der NATO und auf die Häuser von NATO-Bürgern fallen werden.“

Für heute sind neue Verhandlungen der russischen und ukrainischen Delegation per Videokonferenz geplant. Vertreter von Moskau und Kiew haben sich vorsichtig optimistisch geäußert. Eventuell könne man sich schon in den nächsten Tagen auf eine Position verständigen, so der russische Außenpolitiker Leonid Sluzki. Der ukrainische Präsident Selenskyj drängt auf ein baldiges direktes Treffen mit Präsident Putin.

Die Evakuierung aus umkämpften Städten konnte auch gestern nur teilweise erfolgen. In Mariupol ist der gestrige Versuch erneut gescheitert, Menschen in Sicherheit zu bringen. An anderen Orten seien Fluchtkorridore hingegen erfolgreich gewesen. Unter anderem aus Sjewjerodonezk und Lyssytschansk im ostukrainischen Gebiet Luhansk sowie aus Irpin und Butscha nordwestlich der Hauptstadt Kiew wurden insgesamt 7.000 Menschen evakuiert. Für heute sind nach Angaben der ukrainischen Regierung zehn Fluchtkorridore vereinbart, darunter abermals auch für Mariupol. Wie am Nachmittag berichtet wurde, konnten einige Zivilisten heute die belagerte Hafenstadt verlassen. Rund 160 Autos haben sich in Richtung der Stadt Saporischschja aufgemacht. Russland gab einem Bericht zufolge den Beginn einer Massenevakuierung der belagerten Stadt Mariupol bekannt.

Die Hauptstadt Kiew bereitet sich auf einen bevorstehenden Großangriff und eine lange Blockade vor. Für die Stadt wurden Vorräte für zwei Wochen angelegt. Kiew stehe kurz vor der Einkesselung. Am Sonntag waren nur noch die Straßen nach Süden offen. Die Stadt werde nun auch von Osten her blockiert. Russische Einheiten hätten die Fernstraße E95 in Richtung der Vororte Browary und Boryspil überquert. Nordwestlich und nordöstlich der Stadt sammelten die Angreifer ihre Kräfte für einen Vorstoß. Ferner versuchten russische Flugzeuge in der Nacht, ukrainische Verteidigungsstellungen in der Region um Kiew zu zerstören. Verstärkung für ihren Angriff auf die Hauptstadt kommt offenbar auch aus der russischen Teilrepublik Tschetschenien. Spezialeinheiten unter dem Anführer Ramsan Kadyrow seien einem Medienbericht Grosnys zufolge in die Ukraine gereist. Kadyrow soll in Planungen einer Militäroperation involviert sein, die sieben Kilometer von der ukrainischen Hauptstadt Kiew entfernt stattgefunden haben soll.

Im Gebiet Luhansk im Osten des Landes konzentriere sich Russland vor allem auf den Vormarsch in Richtung der Stadt Sjewjerodonetsk. Kämpfer der von Russland unterstützen Separatisten hätten nach russischen Angaben den östlichen und südlichen Teil der Stadt blockiert. In den Orten Topolske und Schpakiwka in der Region Charkiw habe der Gegner nach ukrainischen Angaben hingegen Verluste erlitten und sich zurückgezogen.

Seit einigen Tagen hat Russland auch den Westen der Ukraine ins Visier genommen. Der gestrige Angriff auf eine Militärbasis in Jaworiw unweit der polnischen Grenze, bei dem offenbar 38 Soldaten getötet wurden, hatte aus Sicht Russlands sicherlich die Zerstörung der militärischen Infrastruktur und des Nachschubs der Ukraine zum Ziel. Zum andern wird es aber auch eine Botschaft an die NATO, an den Westen, gewesen sein, sich nicht weiter einzumischen, fanden doch auf diesem Militärstützpunkt auch gemeinsame Ausbildungen mit US-amerikanischen und kanadischen Soldaten statt. Auch ist die Basis aktuell Drehscheibe der westlichen Unterstützung für die Ukraine, über die militärisches Gerät und ausländische freiwillige Soldaten von Polen über die Grenze in die Ukraine gelangen.

Im Süden der Ukraine ist erneut ein Versuch gescheitert, Menschen aus der belagerten Hafenstadt Mariupol in Sicherheit zu bringen. Es sei nicht gelungen, Mariupol zu erreichen. Der Hilfskonvoi sei in der Stadt Berdjansk geblieben, weil es Luftangriffe auf Mariupol gegeben habe. Das Ausmaß der Verzweiflung unter den 400.000 in der Stadt eingekesselten Einwohnern ist groß. Rund 2.500 Menschen sollen bislang ums Leben gekommen sein. Die Versorgungslage ist katastrophal. Es gelingt nicht, die Stadt mit Nachschub zu versorgen. Nachdem seit Tagen eine Evakuierung von Menschen gescheitert war, scheinen nun erste Evakuierungen erfolgreich gewesen zu sein. Allerdings konnten bislang erst 160 PKWs mit Zivilisten die Stadt verlassen. Der Konvoi mit Hilfsgütern konnte auch heute wegen anhaltenden Beschusses nicht bis in die Stadt vordringen.

Im Süden des Landes soll es Russland offenbar gelungen sein, den strategisch wichtigen Landkorridor zu sichern. Der Donbass und die annektierte Halbinsel Krim sollen nach russischen Angaben nun durch einen Korridor verbunden sein: „Die Autostraße von der Krim bis Mariupol wurde unter Kontrolle genommen.“ Eine Bestätigung seitens der Ukraine gibt es nicht.

Verhandlungen zwischen Russland und der Ukraine
Heute haben Delegationen  aus Russland und der Ukraine erneut mit Gespräche begonnen. Die Verhandlungen werden im Online-Format durchgeführt und seien nach einigen Stunden der Beratung nun unterbrochen worden, so ein ukrainischer Unterhändler. Bei den Gesprächen werde eine „technische Pause” eingelegt, um Details in den Arbeitsgruppen zu klären. Am Dienstag würden die Gespräche fortgesetzt. Sie konzentrierten sich nach ukrainischen Angaben auf einen Waffenstillstand, einen Abzug der russischen Truppen und Sicherheitsgarantieren für die Ukraine. Ein wichtiges Ziel der Verhandlungen sieht der ukrainische Präsident Selenskyj in der Organisation eines baldigen Treffens der Staatschefs der beiden Länder. Kremlsprecher Dmitri Peskow hatte am Sonntag ein Treffen von Putin mit Selenskyj zumindest nicht ausgeschlossen. Im Ringen um eine Verhandlungslösung haben sich beide Seiten im Vorfeld zurückhaltend optimistisch geäußert. „Wenn wir die Positionen der beiden Delegationen heute mit denen zu Beginn vergleichen, werden wir deutliche Fortschritte feststellen“, sagte der russische Außenpolitiker Leonid Sluzki. Eventuell könne man sich schon in den nächsten Tagen auf eine Position verständigen und dies in entsprechenden Dokumenten unterzeichnen, so Sluzki (Tagesspiegel).

USA warnen Russland vor Angriff auf NATO-Gebiet
Der Angriff auf die Militärbasis im äußersten Westen der Ukraine veranlasste die US-Regierung zu einer erneuten Warnung an Moskau. Jegliche Attacke auf NATO-Mitgliedstaaten würde eine Reaktion des Westens nach sich ziehen. Der attackierte Truppenübungsplatz Jaworiw liegt weniger als 25 Kilometer vom nächsten Grenzpunkt zu Polen entfernt. Er hat immense Symbolkraft, da er seit langem für die Schulung von ukrainischem Militärpersonal und für internationale NATO-Manöver genutzt worden war. Ausbilder aus den USA und anderen NATO-Ländern waren dort schon zu Gange. Zudem gelangt über Polen in diesen Tagen westliche Militärhilfe in die Ukraine. Erst kürzlich hatte Moskau gewarnt, dass es solche Lieferungen als ein legitimes Angriffsziel betrachte. Der US-amerikanische Sicherheitsberater Jake Sullivan warnte Russland eindringlich vor jeglichen Angriffen auf ein NATO-Land. US-Präsident Joe Biden habe wiederholt klargestellt, dass die USA gemeinsam mit ihren Verbündeten „jeden Zentimeter des NATO-Territoriums verteidigen“ würde. Wird Moskau, wie angekündigt, weiterhin Waffenlieferungen des Westens auf diesem Militärstützpunkt ins Visier nehmen, dann wird es zwangsläufig auch zu weiteren Beschüssen nahe der NATO-Ostgrenze kommen. Dabei besteht auch immer die Gefahr, dass ein von Russland abgegebener Schuss versehentlich NATO-Territorium trifft. Auch in diesem Fall werde es eine Antwort geben, warnte Sullivan  (Redaktionsnetzwerk Deutschland).

USA warnen China vor Unterstützung Russlands
Der amerikanische Berater für nationale Sicherheit, Jake Sullivan, will sich heute mit Chinas Top-Diplomat Yang Jiechi in Rom treffen, um über den Ukraine-Krieg zu reden. Die USA treibe die Sorge um, inwieweit China Russland materiell oder wirtschaftlich unterstütze. Man werde nicht tatenlos zusehen und irgendeinem Land gestatten, Russland für die Verluste aus den internationalen Wirtschaftssanktionen zu kompensieren, sagte Sullivan. Präsidialamtssprecher Dmitri Peskow hat indes vermeldet. Russland habe China nicht um militärische Unterstützung gebeten. Russland verfüge über genügend eigene Schlagkraft, um seine Ziele in der Ukraine im Zeitrahmen und vollständig zu erfüllen. Weiterhin dürfte es in dem heutigen Gespräch auch erneut um die Frage gehen, ob die chinesische Regierung einen Beitrag leisten kann, um den Konflikt zu entschärfen. Dabei steht China vor einem diplomatischen Spagat. Auf der einen Seite will Chinas Regierung fest an der Seite des „strategischen Partners“ Russlands stehen, andererseits wird Peking trotz seiner Parteinahme für Russland das Verhältnis zur EU nicht allzu sehr beschädigen und auch die Tür zu den USA noch einen Spaltbreit offen halten wollen (Neue Züricher Zeitung).

„Cold Response“ – In Norwegen beginnt großes NATO-Manöver
In Norwegen startet die NATO ein Manöver namens „Cold Response“ mit dem Ziel, die Verteidigung Norwegens zu trainieren. „Dies ist eine defensive Übung", sagte der leitende NATO-Kommandeur. Das Manöver soll bis zum 1. April andauern und sei laut NATO schon lange vor Russlands Invasion in der Ukraine geplant gewesen. Die russische Regierung sei ausführlich über die geplante Übung informiert und auch eingeladen worden, Beobachter zu schicken, habe dies aber abgelehnt. An dem Manöver nehmen rund 30.000 Soldaten aus 27 Nationen teil, darüber hinaus 200 Flugzeuge und 50 Schiffe. Auch Norwegens Nachbarn und enge Partner der NATO, Schweden und Finnland, beteiligen sich an der Übung. Mit dem Kriegsschiff „Berlin“ und seiner 200-köpfigen Besatzung ist auch Deutschland vertreten (Deutschlandfunk).

Russland beschränkt Getreideexporte
Russland schränkt die Ausfuhr von unter anderem Weizen, Gerste und Roggen von morgen an bis zum 30. Juni ein. Ausnahmen soll es für Exporte in die von Russland dominierte Eurasische Wirtschaftsunion sowie in die „Volksrepubliken” Donezk und Luhansk geben. Russland ist der größte Weizenexporteur der Welt. Auch die benachbarte Ukraine ist ein wichtiger Produzent. Störungen der Getreideausfuhr beider Länder können nach Einschätzung von Experten zu massiven Preissteigerungen auf dem Weltagrarmarkt führen  (Süddeutsche).

Bundesregierung will Bürger entlasten
Angesichts der infolge des Krieges in der Ukraine und den Sanktionsmaßnahmen stark angestiegenen Kosten für Benzin, Strom und Heizen kündigt Wirtschaftsminister Habeck ein neues Entlastungspaket an. So müsse es erstens bei Strom, Wärme und Mobilität Erleichterungen geben, sagte der Minister. Gerade die hohen Heizkosten würden zahlreiche Familien „erdrücken“. Zweitens brauche es auch Energieeffizienz und Einsparungen, etwa eine Minderung des Verbrauchs beim Autofahren oder einen Austausch von Gasheizungen, sagte Habeck. Drittens seien weiter marktwirtschaftliche Impulse nötig (Tagesschau).

Geflüchtete aus der Ukraine – Landkreise und Kommunen bitten um Hilfe
Deutschland hat bisher fast 150.000 Geflüchtete aus der Ukraine registriert. Die tatsächlichen Zahlen dürften deutlich höher liegen. Landkreise und Kommunen bitten nun um Unterstützung bei der Verteilung und Versorgung der Geflüchteten. Der Landkreistag verlangt eine gleichmäßige Verteilung der Kriegsflüchtlinge im gesamten Bundesgebiet, um eine Überlastung einzelner Landkreise und Städte zu verhindern (Tagesschau).

13. März 2022

Lagebericht

Russische Truppen setzen ihre Angriffe in vielen Teilen des Landes fort. Sie versuchen, strategisch wichtige Städte weiter einzukesseln, deren Vororte einzunehmen und teils auch ganze Stadtgebiete zu besetzen. Dabei richten die russischen Streitkräfte ihre Angriffe verstärkt auch auf zivile Ziele. Ferner habe die russische Armee den Befehl erhalten, in der Ukraine „auf Selbstversorgung“ umzusteigen, berichtet das ukrainische Verteidigungsministerium. Dies bedeutet, dass russische Soldaten zunehmend Geschäfte, Banken und Häuser plündern. Sogar ukrainische Hilfskonvois werden auf ihrem Weg in die belagerten Städte ausgeraubt, wie im Falle Mariupols geschehen. Die Not der in den Städten eingekesselten Menschen wird immer größer. NATO-Generalsekretär Stoltenberg erwartet eine weitere Verschärfung der Kämpfe und der humanitären Notlage in der Ukraine: „Wir sehen mit Schrecken die steigende Zahl ziviler Opfer und die sinnlose Zerstörung."

Auf der anderen Seite hätten die russischen Truppen nach ukrainischen Angaben viele Verluste an Soldaten und Ausrüstung zu verzeichnen. Der ukrainische Präsident Selenskyj gibt an, 31 russische Bataillone seinen bislang außer Gefecht gesetzt, 12.000 russische Soldaten seien gefallen. Die ukrainische Armee habe der russischen Armee die größten Verluste seit Jahrzehnten zugefügt.

Die Evakuierung von Menschen über humanitäre Korridore geht weiter nur schleppend voran. Gestern konnten nur 13.000 Menschen ihre Heimatorte über Fluchtkorridore verlassen. Der Großteil davon kam aus der Stadt Sumy im Nordosten. Von den 14 vereinbarten Korridoren seinen nur neun passierbar gewesen.

Der militärische Druck auf Kiew wird größer. Die russischen Truppen sind bis auf 25 Kilometer nördlich von Kiew vorgerückt, Artilleriegeschütze wurden in Stellung gebracht. Auch von Osten her werde versucht, die Stadt zu blockieren. Die Hauptstadt bereitet sich auf ihre Einkesselung und eine mögliche vollständige Blockade durch russische Truppen vor. Man habe Vorräte an Lebensmitteln und Medikamenten angelegt, um zwei Millionen Menschen zwei Wochen lang zu versorgen, ließ der Kiewer Bürgermeister Klitschko wissen.

Eine russische Offensive stehe im Osten zudem der Stadt Sjewjerodonezk mit 100.000 Einwohnern im Gebiet Luhansk bevor.

Auch den Westen des Landes starten die russischen Streitkräfte seit kurzem Angriffe. Acht Raketen sollen nordwestlich von Lwiw im Ort Jaworiw unweit der polnischen Grenze im „Zentrum für Internationale Friedenssicherung und Sicherheit" eingeschlagen haben. Dort befindet sich ein Militärstützpunkt, auf dem unter anderem auch ausländische Soldaten und von der NATO geliefertes militärisches Gerät von Polen über die Grenze in die Ukraine gelangen. Russland möchte damit die Nachschubwege unterbinden. In Lwiw wurde erneut Luftalarm ausgelöst. Die Stadt versucht sich auf weitere Angriffe vorzubereiten.

Im Süden steht die Stadt Mariupol weiterhin unter Beschuss. Die Stadt ist vollständig von russischen Truppen umschlossen. Östlich gelegene Randbezirke seien bereits erobert worden. Die Einwohner sind weiterhin ohne Wasser, Lebensmittel und Medikamente. Die Lage wird immer dramatischer. Über 2000 Menschen seien bislang bei den Angriffen ums Leben gekommen. Auch der gestern abermals in Richtung der Stadt losgeschickte Hilfskonvoi konnte sein Ziel nicht erreichen. Der Konvoi mit Lebensmitteln, Wasser, Kleidung und Medikamenten wurde an den Kontrollpunkten aufgehalten, die Hilfsgüter wurden beschlagnahmt.

Auch auf die südukrainische Großstadt Mykolajiw wurden wieder Angriffe gestartet. Die Stadt mit knapp 500.000 Einwohnern ist seit Tagen heftig umkämpft. Sollten russische Truppen es schaffen, Mykolajiw zu umgehen oder einzunehmen, stünde ihnen der Landweg in die wichtige südwestukrainische Hafenstadt Odessa offen.

Ferner bereiten russische Truppen offenbar einen Angriff auf die ebenfalls im Süden gelegene Stadt Krywyj Rih vor, die Heimatstadt des ukrainischen Präsidenten Selenskyj. Sie hat mehr als 600.000 Einwohnern. Außerdem sei in der Südukraine laut ukrainischen Behördenangaben erneut ein Bürgermeister von russischen Truppen verschleppt worden: Der Bürgermeister von Dniprorudne Jewhenij Matwjejew. Dniprorudne ist eine Kleinstadt mit knapp 20.000 Einwohnern am Fluss Dnipro.

Russland trägt den Krieg vor die Haustür der NATO
Bei einem Angriff auf den nahe der polnischen Grenze gelegenen ukrainischen Militärstützpunkt bei Jaworiw sind viele Soldaten ums Leben gekommen. Der Stützpunkt ist Ausbildungszentrum sowohl für ukrainische als auch ausländische Soldaten, die in der Ukraine ankommen, um die Ukrainer im Kampf gegen die russischen Invasoren zu unterstützen. Auch kommt von der NATO geliefertes militärisches Gerät an diesem Stützpunkt an. Das russische Verteidigungsministerium teilte mit, auf dem Gelände hätten sich Waffen befunden, die der Ukraine vom Ausland geliefert worden seien. Man habe „bis zu 180 ausländische Söldner” getötet. Diese Angriffe werde man fortsetzen. Der Beschuss des grenznahen Militärstützpunkts ist als weitere Eskalationsstufe zu betrachten, soll es sich doch um eine Drehscheibe der westlichen Unterstützung für die Ukraine handeln. Der Krieg rückt damit nahe an die NATO heran (FAZ).

Kiew warnt vor inszenierten Referenden und Pseudorepubliken
Laut ukrainischen Angaben will Russland in der besetzten Hafenstadt Cherson eine Bürgerabstimmung inszenieren, um eine weitere Ausrufung einer „Volksrepublik” einzuleiten. Russland versuche nach ukrainischer Einschätzung nicht nur militärisch, Gewinne in der Ukraine zu erzielen. Russische Kräfte arbeiteten in der eingenommenen Großstadt Cherson an einem inszenierten Referendum. Die Bevölkerung Chersons geht auf die Straßen, um für ihre Zugehörigkeit zur Ukraine zu demonstrieren.  (Spiegel).

Bundesweiter Protest gegen den Ukraine-Krieg
Zu einem großen Demonstrationszug durch Berlin werden am heutigen Sonntag 100.000 Menschen erwartet, um für Frieden in der Ukraine eintreten, Start war um 12 Uhr am Alexanderplatz. Das Motto: „Stoppt den Krieg. Frieden und Solidarität für die Menschen in der Ukraine.” Auch in Hamburg, Frankfurt, Stuttgart und Leipzig finden Proteste statt (Tagesschau).

Krieg spaltet Russlanddeutsche
Ein Riss geht durch die große russischstämmige Community in Deutschland. Der Krieg in der Ukraine spaltet sie in zwei Lager: Die Jüngeren sehen Putins Krieg überwiegend nicht als den ihren an, die Älteren jubeln dem Regime in Russland überwiegend zu. Russlanddeutsche sehen sich zunehmend Anfeindungen ausgesetzt. Viele sehen sich als gut integriert in Deutschland. Durch den Angriffskrieg scheint das ins Wanken zu geraten (ZDF).

USA: Weitere 200 Millionen für Waffenlieferungen an Ukraine
US Präsident Joe Biden hat weitere 200 Millionen Dollar für zusätzliche Waffenlieferungen an die Ukraine genehmigt. Dabei soll es sich vor allem um Panzerabwehrraketen und „Stinger“-Flugabwehrraketen handeln, deren Zahl sich damit auf 17.000 aus US- und NATO-Beständen erhöht. Innerhalb eines Jahres hätten die USA der Ukraine mit dieser vierten Lieferung insgesamt Waffen im Wert von 1,2 Milliarden Dollar zur Verfügung gestellt (Tagesschau).

12. März 2022

Lagebericht

Nachdem die russische Armee sich in den letzten Tagen neu formatiert und für Nachschub gesorgt hat, verstärkt sie nun zusehends den Druck auf die Ukraine. Dabei ist eine Verstärkung der Luftangriffe zu beobachten, die aus allen Landesteilen gemeldet werden. Neuerdings stehen auch Regionen in der Westukraine unter Beschuss. Auch in den Regionen um Kiew nehmen die Angriffe zu und die russische Armee rückt immer näher an die Hauptstadt heran, die sich inzwischen ebenfalls in einem Belagerungszustand befinde. Zudem wächst die Sorge vor einem belarussischen Eingreifen in den Krieg.

Da Russland offensichtlich gezielt Infrastrukturen und auch Wohngebäude und zivile Einrichtungen wie Schulen und Krankenhäuser bombardiere, nimmt die Zahl unter den zivilen Opfern immer mehr zu. Nach Meinung von Experten sei dies Teil der psychologischen Kriegsführung Russlands. Man wolle die ukrainische Bevölkerung zermürben und mit Schreckensbildern von zerstörten Städten wie in Mariupol in Angst und Schrecken versetzen. Indes kommen die Evakuierungen nur sehr schleppend voran. Gestern konnten nur rund 7000 Menschen aus umkämpften Städten in Sicherheit gebracht werden, vor allem aus den um Kiew gelegenen Vororten.  Hunderttausende harren noch in den belagerten Städten aus.  Auch heute sollen wieder Fluchtkorridore geöffnet werden, um möglichst viele Menschen aus den belagerten Städten in Sicherheit zu bringen. Insgesamt sind mittlerweile über 2.5 Millionen Menschen aus der Ukraine geflohen, hinzu kommen rund 2 Millionen Binnenflüchtlinge. Über 120.000 Geflüchtete sind bislang in Deutschland angekommen. Die Ukraine gab bereits vor ein paar Tagen bekannt, seit Kriegsbeginn seien über 2000 ukrainische Zivilisten ums Leben gekommen. Heute teilte sie mit, dass  zudem ungefähr 1300 ukrainische Soldaten getötet wurden.


Auch für Kiew vermeldet die Ukraine mittlerweile einen „Belagerungszustand”, knapp zwei Millionen Menschen befinden sich derzeit noch in der Hauptstadt, viele wollen bleiben, um bei der Verteidigung der Stadt mitzuhelfen. Der Druck auf Kiew verstärke sich vor allem an der nördlichen Stadtgrenze bei Sasymja, von Nordosten her sowie auch aus südlicher Richtung bei Wyschenky. Heftig umkämpft ist die strategisch wichtige Autobahn bei Welyka Dymerka, die nach Kiew führt. Die russische Armee versuche, die Verteidigung in den Regionen westlich von Kiew auszuschalten und rücke von vielen Seiten immer näher an die Hauptstadt heran, wie Satellitenbilder belegen. Noch ist der Ring um Kiew nicht ganz schlossen, es ist jedoch davon auszugehen, dass die Einkesselung nur noch eine Frage der Zeit sein wird. Auch in Kiew wird die Versorgungslage nun immer schlechter.

Die Stadt Tschernihiw im Nordosten gerät ebenfalls zunehmend unter Druck. Russische Einheiten versuchten, Vororte einzunehmen, um die Stadt aus südwestlicher Richtung zu blockieren. Eine wichtige Wasserleitung sei durch Beschuss beschädigt worden, die Großstadt mit 250.000 Einwohnern sei nun ohne Wasser.

Im Osten des Landes seien ukrainischen Angaben zufolge mittlerweile 70 Prozent des Gebietes Luhansk von russischen Truppen besetzt. Gleichzeitig kämen keine Fluchtkorridore für Menschen aus der Region zustande.

Die russischen Streitkräfte nehmen nun auch die Zentralukraine und den Westen des Landes ins Visier. Neben den gestrigen Angriffen auf Dnipro habe es auch Angriffe auf die Städte Luzk und Iwano-Frankiwsk gegeben. Diese befinden sich nördlich und südlich der Stadt Lwiw unweit der polnischen Grenze, in welche seit Kriegsbeginn Hundertausende Menschen geflüchtet sind vor den Angriffen. Somit muss sich nun auch Lwiw auf Angriffe der russischen Armee einstellen und die Geflüchteten sind auch dort nicht mehr sicher. Es gab bereits ersten Fliegeralarm.

Auch in der Südukraine setzt die russische Armee ihre Angriffe fort. Die Lage in Mariupol ist nach wie vor katastrophal, eine Evakuierung der Menschen konnte bislang nicht erfolgen. 300.000 Menschen sind in der Stadt eingeschlossen ohne jegliche Versorgung.  Auch heute hat sich ein Hilfskonvoi aus Saporischschja mit mehr als zehn Bussen voller Lebensmittel und Medikamente wieder auf dem Weg nach Mariupol gemacht. Ungewiss ist, ob es dieses Mal gelingen wird, die Hilfsgüter in die völlig umzingelte Stadt zu bringen und auf dem Rückweg Menschen aus der Stadt zu evakuieren. Mariupol stand auch heute wieder unter Beschuss, nach ukrainischen Angaben soll es unter anderem auch Beschüsse neben der Moschee gegeben haben, das Gebäude selbst sei aber nicht getroffen worden. Die Hilfsorganisation „Ärzte ohne Grenzen" warnt vor einer „unvorstellbaren Tragödie". Bereits jetzt sind 1500 Menschen dort ums Leben gekommen, die Toten könnten nicht einmal mehr begraben werden.

In der Stadt Mykolajiw soll die russische Armee eine Krebsklinik beschossen haben. In der besetzten Stadt Melitopol soll der Bürgermeister von russischen Soldaten entführt worden sein.

Schulz und Macron telefonierten mit Putin
Bundeskanzler Olaf Scholz und Frankreichs Präsident Emmanuel Macron haben nach Angaben in einem Telefonat mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin einen sofortigen Waffenstillstand in der Ukraine gefordert. Das Gespräch mit Putin war nach Angaben aus Paris „sehr offen und auch schwierig". Der Kremlchef habe keinen Hinweis darauf gegeben, dass er beabsichtige, die Kämpfe in der Ukraine einzustellen (Tagesschau).

Ukraine befürchtet Lukaschenkos Kriegseintritt
Die ukrainische Armee meldet den Beschuss von grenznahen belarussischen Dörfern. Sie wirft Russland vor, mit Luftangriffen auf belarussische Dörfer einen Kriegseintritt des Nachbarlandes provozieren zu wollen. Russische Kampfflugzeuge sollen demnach von der Ukraine aus das Feuer auf belarussische Dörfer eröffnet haben. Russland versuche alles, um Belarus in den Krieg hineinzuziehen, sagte der stellvertretende ukrainische Innenminister. Das ukrainische Zentrum für Strategische Kommunikation erklärte, es könne nicht ausschließen, dass Belarus in Kürze einen Angriff starten werde. Laut US-Angaben gebe es allerdings derzeit keine Hinweise auf Bewegungen, die auf eine unmittelbar bevorstehende Beteiligung der belarussischen Streitkräfte schließen lassen (n-tv).

Bürgermeister der Stadt Melitopol von Russen entführt
Ukrainischen Angaben zufolge haben russische Soldaten den Bürgermeister der besetzten südukrainischen Stadt Melitopol, Iwan Fedorow, entführt. Iwan Fedorow sei am Freitag bei einem Besuch des Krisenzentrums von Melitopol von russischen Besatzern verschleppt worden, als er sich um Versorgungsfragen kümmern wollte, teilte das ukrainische Parlament mit. Er habe sich geweigert „mit dem Feind zu kooperieren". Das Büro der Staatsanwaltschaft in der von Moskau unterstützten Separatistenregion Luhansk  teilte indes auf seiner Webseite mit, dass eine Strafsache gegen Federow vorliege. Zur Last gelegt würden ihm „terroristische Aktivitäten” und die Finanzierung einer nationalistischen Miliz namens Rechter Sektor, um „Terrorakte gegen Zivilisten im Donbass zu verüben”. Es werde nach Federow gefahndet, erklärte das Büro. Der ukrainische Präsident Selenskyj hat die sofortige Freilassung des Bürgermeisters gefordert (Tagesschau).

Biden: Müssen Dritten Weltkrieg verhindern
Die USA und ihre Partner wollen eine direkte Konfrontation mit russischen Truppen um jeden Preis vermeiden. Präsident Biden schrieb auf twitter: „Wir werden in der Ukraine keinen Krieg mit Russland führen. Eine direkte Konfrontation zwischen der NATO und Russland ist der Dritte Weltkrieg - und etwas, das zu verhindern, wir uns bemühen müssen". Es dürfe keine Situation geben, in der die USA Flugzeuge oder Panzer mit amerikanischer Besatzung in die Ukraine schickten, sagte Biden. „Das muss man verstehen, da darf man sich nichts vormachen, egal was alle sagen - das heißt dann Dritter Weltkrieg”, sagte der Präsident (n-tv).

11. März 2022

Lagebericht

Die Stimmen von Militärexperten mehren sich, wonach die Angriffe der russischen Streitkräfte teilweise ins Stocken geraten. Da Russland die militärische Operation nur für wenige Tage angedacht habe, und nicht etwa für zwei Wochen oder gar mehr, gebe es nun vermehrt Probleme in Sachen Nachschub an Treibstoff, Verpflegung und Munition, so Ex-General Wolf-Dieter Langheld. Auch habe Russland nicht mit so vielen Verlusten gerechnet. Seit zwei, drei Tagen sei die russische Armee deshalb dabei, sich neu zu formieren und Nachschub zu besorgen. An mehreren Orten des Landes ist es der ukrainischen Armee nach eigenen Angaben gelungen, Angriffe der russischen Armee zurückzuhalten und auszubremsen. Aus anderen Regionen wiederum werden aber auch weitere Gebietseroberungen der russischen Armee vermeldet. So soll die Stadt Wolnowacha eingenommen worden sein. Aus Sicht Langhelds würden die russischen Truppen zwar sicher den einen oder anderen Erfolg noch verbuchen können, insgesamt gesehen würden sie diesen Krieg militärisch aber nicht mehr gewinnen, so seine Meinung. Andere Experten weisen hingegen auf die nach wie vor grundsätzliche Überlegenheit der russischen Armee hin, infolge derer Russland den Krieg früher oder später gewinnen werde.

Was die Evakuierung von Menschen über Fluchtkorridore anbelangt, seien diese in der vergangenen zwei Tagen in einigen Städten erfolgreich eingerichtet worden. Insgesamt wurden 100.000 Menschen aus umkämpften Gebieten in Sicherheit gebracht. Die meisten aus den Vororten Kiews sowie den Städten Sumy im Nordosten und Isjum im Osten. Das russische Verteidigungsministerium teilte mit, dass „humanitäre Korridore für die Russische Föderation von nun an einseitig jeden Tag geöffnet werden”. Die Menschen könnten entweder nach Russland oder in andere Städte der Ukraine reisen. Dabei gehe es um die Hauptstadt Kiew, Sumy, Charkiw, Mariupol und Tschernihiw.

In der Region um Kiew hat die Waffenruhe für die Evakuierung von Menschen weitgehend gehalten. In der Hauptstadt ist die Versorgungslage vergleichsweise noch besser als in anderen umkämpften Städten. Der russischen Armee ist es noch nicht gelungen, den Ring um Kiew zu schließen. Die erwartete Großoffensive blieb bislang aus. Der 60 Kilometer lange Militärkonvoi nordwestlich vor Kiew soll nun jedoch offenbar weitgehend aufgelöst und verlagert worden sein. Panzer und gepanzerte Fahrzeuge seien teilweise in Orte rund um den Antonow-Flughafen nördlich von Kiew oder in die umliegenden Wälder gefahren. Artilleriegeschütze (Haubitzen) seien in Stellung gegangen, um das Feuer zu eröffnen. Sie erzielen eine Reichweite von bis zu 40 Kilometern. Ziel der russischen Armee sei es nun laut ukrainischem Generalstab, die Verteidigungsanlagen bei Kuchari, 90 Kilometer nordwestlich von Kiew gelegen, sowie bei Demidow, 40 Kilometer nördlich der Stadt, zu durchbrechen.

Im Norden des Landes seien russische Truppen dabei gestoppt worden, in die Stadt Tschernihiw vorzudringen. Rund um die Stadt Charkiw im Nordosten des Landes habe Russland seine Versuche fortgesetzt, die Stadt von Norden her zu blockieren, was jedoch nicht gelungen sei. Charkiw leide nach ukrainischen Angaben unter Dauerbeschuss.

Im Osten des Landes hätten die von Russland unterstützen Separatisten nach Militärangaben aus Moskau die seit Tagen eingekesselte Stadt Wolnowacha unter ihre Kontrolle gebracht. Eine Bestätigung von ukrainischer Seite gab es zunächst nicht. Die Truppen der „Volksrepublik Donezk” hätten zudem vier weitere Ortschaften eingenommen und seien insgesamt sechs Kilometer weit in ukrainisches Gebiet vorgedrungen, sagte der Sprecher des russischen Verteidigungsministeriums.

Die russische Armee hat nun auch Angriffe in der Zentralukraine gestartet. In der Stadt Dnipro seien bei drei Luftangriffen am frühen Morgen unter anderem auch ein Kindergarten, ein Wohnhaus und eine Schuhfabrik getroffen worden. Die Stadt mit etwa einer Million Einwohnern war bislang von größeren russischen Angriffen verschont geblieben.

Im südlich gelegenen Mariupol ist die Einrichtung eines Fluchtkorridors abermals gescheitert. Der fortwährende Beschuss der Stadt habe erneut einen Hilfstransport daran gehindert, dringend benötigte Güter zu den eingeschlossenen Einwohnern bringen zu können. Die Lage ist weiterhin dramatisch, die Versorgungslage komplett zusammengebrochen. Die Hafenstadt wird nach ukrainischen Angaben unaufhörlich von russischer Seite beschossen.

Im Süden des Landes hätten die russischen Streitkräfte versucht, an den von ihnen erreichten Punkten weiter Fuß zu fassen, die Kontrolle über die Stadt Mykolayiw zu erlangen und eine Offensive in Richtung Saporischschja und Krywyj Rih zu entwickeln, heißt es in einem ukrainischen Bericht. Die russischen Truppen seien jedoch gestoppt worden.

UN: Rund zwei Millionen Menschen innerhalb der Ukraine auf der Flucht
Neben den  2,5 Millionen Menschen, die bislang bereits aus der Ukraine geflüchtet sind, haben nach Schätzung der Vereinten Nationen weitere rund 2 Millionen wegen des Krieges ihre Wohnorte verlassen. Die meisten dieser Binnenvertriebenen bewegten sich weg von den Kampfgebieten in Richtung der Stadt Lwiw, sagte UN-Sprecher Stephane Dujarric. Bisher sei es den Vereinten Nationen und ihren Partner gelungen, mehr als 500.000 Menschen mit Essen, Decken und Medikamenten zu versorgen. Das Welternährungsprogramm habe gut 3 Millionen Menschen zu unterstützen, sagte Dujarric.

Sorge um weltweite Ernährungssicherheit infolge des Krieges
Der Krieg in der Ukraine hat die Getreide-Preise in Rekordhöhen getrieben. Weizen-Exporte im Wert von etwa 35 Millionen Tonnen könnten wegfallen. Fast 30 Prozent der weltweiten Weizen-Exporte stammten bisher aus der Ukraine und Russland.  Hinzu kommen hohe Weltmarktanteile bei Gerste, Mais und Sonnenblumenöl. Sofern der Krieg nicht in einer Woche zu Ende sei, könnte die Aussaat in der Ukraine nicht erfolgen und die Ernte falle aus, so der ukrainische Agrarminister.  Heute beraten sich deshalb die Agrarminister der G7-Staaten, unter anderem auch Bundeslandwirtschaftsminister Özdemir,  sowie die Ukraine über die globale Ernährungssicherheit angesichts des russischen Angriffs. Auch die Vereinten Nationen warnen vor dramatischen Folgen im Hinblick auf die weltweite Ernährungssituation, Millionen Menschen in den Entwicklungsländern drohe Unterernährung (Deutschlandfunk).

EU-Gipfel zur Ukraine in Versailles
Auf dem gestrigen EU-Gipfel sagte die EU der Ukraine weitere 500 Millionen Euro für Waffen und humanitäre Hilfen zu. Die Staats- und Regierungschefs sind sich ferner grundsätzlich einig, ihre Abhängigkeit von Gas, Öl und Kohle aus Russland verringern zu wollen. Die Ansichten gehen allerdings auseinander, wie schnell dies erfolgen kann. Auch bei der Frage nach einer gemeinsamen Verschuldung, um die Verteidigungsbereitschaft oder die Umstellung auf erneuerbare Energien zu bezahlen, gingen die Meinungen auseinander. Kiews Hoffnungen auf einen schnellen EU-Beitritt der Ukraine wurden gedämpft. Ein Eilverfahren gibt es nicht, sagte der niederländische Regierungschef Mark Rutte: „Das ist jetzt im Prozess, und wir haben das beschleunigt. Aber das wird Monate, wenn nicht Jahre dauern, bis man etwas erreicht.“ Jedoch sollen die Bindungen weiter gestärkt und die Partnerschaft vertieft werden, um die Ukraine auf ihrem europäischen Weg zu unterstützen. „Die Ukraine gehört zu unserer europäischen Familie”, heißt es in der Abschlusserklärung (Tagesschau).

Dringlichkeitssitzung des UN-Sicherheitsrats: Vorwürfe zu Chemiewaffen
Auf Anfrage Russland findet heute eine Dringlichkeitssitzung des UN-Sicherheitsrats in New York statt. Erörtert werden sollen auf Antrag Russlands  „die militärisch-biologischen Aktivitäten der USA auf dem Territorium der Ukraine", Die Vereinigten Staaten sehen die russischen Behauptungen als „Propaganda" und möglichen Vorwand, selbst Massenvernichtungswaffen im Ukraine-Krieg einzusetzen.
Großbritannien hat der Führung in Moskau bei der heutigen Sitzung den Missbrauch des UN-Sicherheitsrats vorgeworfen: „Wir sitzen nicht in diesem Saal, um ein Publikum für russische innenpolitische Propaganda zu sein", sagte die britische UN-Botschafterin Barbara Woodward. „Wir sollten nicht zulassen, dass Russland seinen ständigen Sitz missbraucht, um Desinformationen und Lügen zu verbreiten und den Zweck des Sicherheitsrats zu verfälschen."  Es gebe keinen Hauch glaubwürdiger Beweise dafür, dass die Ukraine ein Biowaffenprogramm besitze (Tagesschau).

Putin will „freiwillige” Kämpfer in die Ukraine entsenden
Laut Putin wollen angeblich 16.000 „freiwillige" Kämpfer aus dem Nahen Osten für Moskau in den Kampf ziehen und die russische
Armee unterstützen. Der russische Präsident Putin hat angeordnet, die Entsendung dieser Kämpfern in die Ukraine zu erleichtern.
„Wenn man sieht, dass es Menschen gibt, die auf freiwilliger Basis helfen wollen, dann muss man ihnen auf halbem Weg entgegenkommen und ihnen helfen, in die Kampfgebiete zu ziehen", sagte Putin (Spiegel).

USA: 14 Milliarden Dollar für Ukraine-Hilfen
Nach dem US-Repräsentantenhaus billigte auch der Senat den Etat der Regierung für das verbleibende Haushaltsjahr inklusive humanitärer und militärischer Hilfe für die Ukraine. Für die Ausgaben im restlichen Haushaltsjahr sind fast 14 Milliarden Dollar an direkten Hilfen für die Ukraine sowie Maßnahmen zur Bewältigung der Auswirkungen des Konflikts vorgesehen. Das Paket „wird Nahrungsmittel, Medikamente, Unterkünfte, Unterstützung für die mehr als zwei Millionen Flüchtlinge und Ressourcen für die zerstörte ukrainische Wirtschaft bereitstellen”. Auch weitere Waffenlieferungen an die ukrainischen Streitkräfte wie Raketenwerfer seien enthalten (n-tv).

Facebook und Instagram tolerieren Gewaltaufrufe gegen russisches Militär
Der US-Konzern Meta ändert vorübergehend die Regeln für Hassrede auf Facebook und Instagram. Vorübergehend nicht mehr sanktioniert werden Aufrufe zur Gewalt gegen russische Soldaten. Aufrufe wie „Tod den russischen Eindringlingen“ würden nicht gesperrt, heißt es in einem Beispiel. Aufrufe zur Gewalt gegen russische Zivilisten seien aber weiter untersagt. Die Regeländerungen sind vorübergehend und gelten lediglich für Nutzer in Armenien, Aserbaidschan, Estland, Georgien, Ungarn, Lettland, Litauen, Polen, Rumänien, der Slowakei, der Ukraine und auch Russland (heise).

Youtube sperrt Leugner der russischen Invasion
Youtube sperrt fortan Kanäle, in denen der Angriff Russlands auf die Ukraine geleugnet wird. „Unser Gemeinschaftsrichtlinien verbieten Inhalte, die gut dokumentierte gewalttätige Ereignisse leugnen, verharmlosen oder trivialisieren", sagte ein Youtube-Sprecher der Deutschen Presse-Agentur. Deshalb entferne man Inhalte über die russische Invasion in der Ukraine, die gegen diese Richtlinien verstoßen. „Im Einklang damit sperren wir ab sofort auch Youtube-Kanäle, die mit russischen staatlich finanzierten Medien in Verbindung stehen - und zwar weltweit” (Tagesschau).

10. März 2022

Lagebericht

Die Kämpfe in der Ukraine gehen unvermindert weiter. Ukrainische Behörden meldeten den Beschuss mehrerer Städte. Die russische Armee konzentriere sich auf zwei Schwerpunkte: auf den Süden des Landes und auf die Region um die Hauptstadt Kiew, da militärisch betrachtet die Kräfte für eine Gesamtbesetzung der Ukraine nicht ausreichen würden, so der frühere Bundeswehrgeneral Erich Vad. Im Süden werde die Schwarzmeerküste mittlerweile nahezu komplett von der russischen Armee kontrolliert. Sie stehe kurz vor Odessa. Außerdem sei es den russischen Streitkräften gelungen, eine Landverbindung aus der Krim in den Donbass herzustellen. Im Norden rückten die Russen derzeit von zwei Seiten aus mit Marschkolonnen in Richtung Kiew vor. Die Russen würden weiter auf Zeit spielen, so Vad, und ließen damit auch zu, dass Zivilisten die Großstädte über Fluchtkorridore verlassen könnten, da sie auch innenpolitisch Druck hätten. Viele Russen würden in den Ukrainern ein Brudervolk sehen. Nach wie vor mehren sich die Meldungen über russischen Beschuss von Wohngebieten und zivilen Einrichtungen. Gestern hatte der Angriff auf eine Geburtsklinik weltweit Entsetzen ausgelöst.

Mindestens 35.000 Zivilisten seien gestern aus von russischen Truppen belagerten Städten über Fluchtkorridore in Sicherheit gebracht worden, so Präsident Selenskyj. Drei humanitäre Korridore hätten es den Bewohnern ermöglicht, die Städte Sumy im Nordosten, Enerhodar im Südosten und Gebiete um die Hauptstadt Kiew zu verlassen. Heute sollen offenbar sieben Fluchtkorridore geöffnet werden.

Aus Kiew konnten gestern rund 18.000 Einwohner die Stadt verlassen. Seit Beginn der Eskalationen haben knapp zwei Millionen Bewohner die Hauptstadt verlassen. Derweil rücken die russischen Streitkräfte näher an die Stadt heran. Neben dem nördlich von Kiew positionierten Militärkonvoi ist ein weiterer Konvoi hinzugekommen, der sich von Osten her auf Kiew zubewegt. Binnen weniger Tage habe sich die Frontlinie rund um die ukrainische Hauptstadt deutlich verschoben.

In nördlich gelegenen Sumy kam es in der Nacht weiter zu Angriffen. Russische Flugzeuge hätten die Umgebung der nordostukrainischen Großstadt Sumy bombardiert. Auch in der Stadt Ochtyrka südlich von Sumy seien erneut Wohngebiete beschossen worden. Immerhin konnten gestern wieder einige Tausend Einwohner über Fluchtkorridore die Stadt verlassen.

Die Situation in Mariupol im Süden ist weiter dramatisch. Die Stadt bleibt von russischen Truppen eingekesselt. Die über 400.000 Einwohner der Stadt sind eingeschlossen. Die Versorgungslage ist extrem kritisch. Mehrere Evakuierungsversuche sind zuletzt gescheitert. Weltweites Entsetzen hatte der gestrige Beschuss einer Geburtsklinik ausgelöst. Der Bürgermeister gab bekannt, dass bislang 1.200 Menschen in Mariupol getötet worden seien. Im Zuge der heute geöffneten Fluchtkorridore sollten auch Menschen aus Mariupol in Sicherheit gebracht werden. Allerdings musste der Hilfskonvoi wegen anhaltendem Beschuss abermals umkehren.

Auch die russischen Einheiten rund um die südukrainische Großstadt Mykolajiw würden verstärkt. Der Bürgermeister berichtete von Beschüssen aus nördlicher Richtung. Angriffe gebe es zudem in der Region um die Großstadt Charkiw im Osten des Landes. Auch auf die Stadt Isjum und die nahen Dörfer Petrivke und Hruschuwacha wurden Beschüsse gemeldet.

Weltweites Entsetzen nach Angriff auf Klinik
Ein russischer Luftangriff auf eine Entbindungsklinik in der belagerten ukrainischen Stadt Mariupol hat weltweit Entrüstung ausgelöst. UN-Generalsekretär António Guterres sprach von einer „entsetzlichen” Tat und forderte, die sinnlose Gewalt müsse aufhören. Auch die Europäische Union hat den russischen Bombenangriff auf die Klinik als „schreckliches Kriegsverbrechen” verurteilt. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj sagte in einer Videobotschaft: „Was für ein Land ist das, die Russische Föderation, die Angst hat vor Krankenhäusern, Angst hat vor Entbindungskliniken und sie zerstört?” Nach Zählung der Weltgesundheitsorganisation sind seit Beginn des Kriegs in der Ukraine mindestens 18 Kliniken, andere Gesundheitseinrichtungen oder Krankenwagen angegriffen worden (Tagesschau).

Verhandlungen in der Türkei – Kein Fortschritt
Die Außenminister Russlands und der Ukraine, Sergej Lawrow und Dmytro Kuleba, sind zu Verhandlungen in der Türkei zusammengekommen. Seit Kriegsbeginn ist es das erste hochrangige Treffen auf Regierungsebene. Bisher waren nur Unterhändler der Ukraine und Russlands im Dialog. Bei dem Gespräch gab es nach Angaben beider Seiten aber keine Fortschritte. Es konnte keine Waffenruhe vereinbart werden, die Bemühungen sollen aber weitergehen. Moskau werde „von der Ukraine keine Kapitulation bekommen", so Kuleba. Sein Eindruck sei, dass Russland derzeit nicht in der Position sei, eine Waffenruhe herzustellen. Russland werde seine Aggression fortsetzen, bis die Ukraine die Forderungen erfüllt habe. Über eventuelle weitere hochrangige Treffen werde im Rahmen der Verhandlungen in Belarus beraten, so Lawrow. Russland habe der Ukraine Vorschläge unterbreitet, nun warte er auf eine Antwort. Ferner warf Lawrow dem Westen gefährliches Verhalten vor: Die Ukraine werde mit tödlichen Waffen versorgt, und es sei unklar, wem die gelieferten Raketenwerfer in die Hände fallen könnten. „Wir sehen, wie gefährlich unsere westlichen Kollegen, einschließlich der Europäischen Union, jetzt handeln.” (Tagesschau)
Aktuell vertreten die Länder folgende Positionen: Präsident Selenskyj bietet einen Verzicht auf eine NATO-Mitgliedschaft, die Unabhängigkeit des Donbass, die Zuschreibung der Krim zu Russland und die Neutralität der Ukraine an. Gleichzeitig fordert er die Souveränität der Ukraine und Sicherheitsgarantien des Westens. Präsident Putin fordert die Neutralität und den Verzicht der Ukraine auf einen NATO-Beitritt, die Anerkennung der Krim und der Separatistengebiete durch die Ukraine und vor allem die Kapitulation der Ukraine (ZDF).

Russland verhängt Exportverbot für Hunderte Produkte – Öl und Gas sollen weiter fließen
Russland hat als Reaktion auf die westlichen Sanktionen ein Exportverbot für mehr als 200 Produkte verhängt, teilte die Regierung in Moskau mit. Das Verbot betrifft den Angaben zufolge Bereiche wie Telekommunikation und Medizin, Fahrzeuge, Landwirtschaftsmaschinen und elektrische Geräte. Auch Lokomotiven, Turbinen oder Bildschirme stehen auf der Verbotsliste. Zudem dürften auch eine Reihe von Hölzern nicht mehr in „unfreundliche” Staaten exportiert werden. Wichtige russische Exportgüter sind nicht von der Regelung betroffen, etwa Erdöl und Gas (ZEIT).

Russland beendet Arbeit im Europarat
Als Reaktion auf die Suspendierung Russlands aus dem Europarat kündigt das Land die Arbeit in dem Gremium auf. Dies teilte das russische Außenministerium in Moskau mit. Der Kreml wirft der NATO und den EU-Staaten vor, den Sinn des Europarats auszuhöhlen. „Russland wird sich nicht an der Umwandlung der ältesten Organisation Europas durch die NATO und die ihr gehorsam folgende EU in eine weitere Plattform für westliche Vorherrschaft und Narzissmus beteiligen. Sie sollen Spaß an der Kommunikation untereinander haben, ohne Russland”, hieß es in einer Mitteilung. Derzeit gehören der 1949 gegründeten Organisation 47 Länder an, darunter auch Russland und die Ukraine. Russland wurde jedoch wegen des Angriffskriegs in der Ukraine am 25.2.2022 suspendiert (n-tv).

USA verlegen „Patriot”-Abwehrraketen von Deutschland nach Polen
Die USA haben vorsorglich zwei „Patriot”-Raketensysteme von Deutschland nach Polen verlegt. Sie seien in Polen positioniert worden. Pentagon-Sprecher John Kirby betonte, dass die Verlegung nicht durch ein bestimmtes Ereignis oder eine bestimmte Handlung seitens der Russen ausgelöst worden sei. Aber angesichts des Kriegs in der Ukraine - Polens Nachbarland – seien die „Patriots” am besten geeignet, NATO-Gebiet zu verteidigen. „Patriots” können Flugzeuge, Hubschrauber und Raketen auch in großer Höhe ausschalten (Tagesschau).

USA warnen vor russischem Einsatz von Massenvernichtungswaffen
Die US-Regierung warnt in klaren Worten vor einer neuen Eskalationsstufe im russischen Angriffskrieg auf die Ukraine. Die Rede ist von einem möglichen russischen Einsatz chemischer oder biologischer Waffen. Mit der Verbreitung von Falschinformationen wolle Russland den Weg dafür bereiten, den ungerechtfertigten Angriffskrieg in der Ukraine weiter zu eskalieren. Dabei folge Russland einem klaren Verhaltensmuster – entweder um selbst Massenvernichtungswaffen einzusetzen, oder um einen Angriff durch die Ukrainer vorzutäuschen (Spiegel).

Wirtschaftsminister Habeck warnt vor dramatischen Folgen bei sofortigem Ölverzicht
Ein breites Bündnis aus Experten und Aktivisten verlangt das Ende von Gas-, Öl- und Kohlelieferungen aus Russland in die Europäische Union. Wirtschaftsminister Robert Habeck erklärte, warum eine solche Entscheidung in Deutschland nicht so leicht zu treffen ist. „Wir können nur Maßnahmen beschließen – und ich kann sie nur verantworten –, von denen ich weiß, dass wir sie auch durchhalten und dass sie nicht zu schweren wirtschaftlichen Schäden in Deutschland führen. Und das wäre der Fall, wenn wir Öl, Kohle, Gas sofort nicht mehr ins Land lassen würden.” Er sei „emotional bei allen Menschen” – aber: „Mein Job ist im Moment nicht, emotional zu handeln, sondern abgewogen, informiert und so umsichtig, dass dieses Land diese schwere Zeit überstehen kann, um dann auch der Ukraine immer wieder helfen zu können” (ZDF).

Gauck: „Wir können auch einmal frieren für die Freiheit”
Der frühere Bundespräsident Joachim Gauck sprach sich in der Sendung „Maischberger. Die Woche” für einen Stopp russischer Energie-Importe angesichts des russischen Angriffs auf die Ukraine aus. „Also, ich kann mir das sehr gut vorstellen”, sagte Gauck. Die Verluste an Wohlstand seien zu ertragen. „Wir können auch einmal frieren für die Freiheit. Und wir können auch einmal ein paar Jahre ertragen, dass wir weniger an Lebensglück und Lebensfreude haben" (n-tv).

Bundesinnenministerium: Bislang 200.000 Unterkünfte für Ukraine-Flüchtlinge
Für die Geflüchteten aus der Ukraine stehen der Bundesregierung zufolge bisher insgesamt 200.000 private und öffentliche Unterkünfte in Deutschland zur Verfügung. „Wir sind dabei, diese Angebote auf einer digitalen Plattform zugänglich zu machen. Diese wird sehr bald verfügbar sein”, so das Innenministerium. Fragen und Antworten zur Einreise aus der Ukraine (Bundesinnenministerium).

9. März 2022

Lagebericht

Während die russische Armee weiterhin die Belagerungsringe um die Hauptstadt Kiew und weitere große Städte zuzieht und die Bombardements weitergehen, sind seit gestern für erste Städte humanitäre Korridore geöffnet worden, um zumindest einen Teil der Einwohner in Sicherheit bringen zu können. Bislang funktionierten die Fluchtkorridore nur für die nördlich von Kiew gelegenen Städten Sumy und Irpin. Mehrere Tausend Menschen konnten die Städte verlassen. Sie wurden in das zentralukrainische Poltawa etwa 170 Kilometer südlich gebracht, in eine Region, die bisher weitgehend vom Krieg verschont wurde. Allerdings kamen auf der Flucht auch Zivilisten zu Tode, da die russische Seite offenbar teilweise trotz Feuerpause die Fluchtkorridore beschossen hat. Für heute hat Russland erneut Fluchtkorridore für sechs ukrainischen Städte geöffnet. Präsident Selenskyj teilte mit, derzeit würden rund 18.000 Menschen aus der Hauptstadt Kiew und den umkämpften Städten in deren Nähe evakuiert.

Die Belagerung um die ukrainische Hauptstadt Kiew schreitet weiter voran. War es in der Stadt selbst in den letzten Tagen etwas ruhiger geworden, hat es heute am Morgen wieder Luftalarm gegeben. Die Einwohner sollten sich in die Schutzräume begeben, es bestehe die Gefahr von Raketenangriffen. Soweit die Lage es zulässt, nutzt Kiew die Zeit, sich weiter für den erwarteten Großangriff zu rüsten. Auch hat ebenfalls in der Haupstadt die Evakuierung von Einwohnern begonnen.

In der nordöstlich von Kiew gelegenen Stadt Sumy wurde der gestern gestartete humanitäre Korridor zur Evakuierung von Einwohnern auch heute aufrecht erhalten. Gestern hätten etwa 5.000 Menschen in Bussen über den Korridor die im Nordosten gelegene Stadt verlassen. Außerdem hätten sich etwa 1.000 Autos auf den Weg in die ukrainische Stadt Poltawa gemacht, teilte ein Regionalgouverneur mit.

Auch in Irpin  besteht für Einwohner heute wieder eine Möglichkeit, sich über einen Fluchtkorridor aus der Stadt in Sicherheit zu bringen. Über eine improvisierte Brücke konnten gestern 3.000 Menschen die Stadt verlassen.

Die Lage im südlichen Mariupol ist indes katastrophal. Internationale Beobachter sprechen von einer humanitären Katastrophe. In der belagerten Großstadt herrscht Hunger, es gibt kaum noch Lebensmittel und Trinkwasser. Menschen brechen auf der Suche nach Essbarem in Geschäfte ein, einige schmelzen Schnee, um Wasser zu haben. Tausende drängen sich in Kellern, um Schutz vor den Granaten zu finden. Heute wurde nach Angaben des Stadtrats nun auch noch ein Geburtskrankenhaus durch russische Luftangriffe zerstört.
Die Stadt mit rund 430.000 Einwohnern ist eingekreist. Versuche, Zivilisten zu evakuieren und dringend benötigte Medizin, Nahrung und Wasser nach Mariupol zu bringen, sind bislang weitgehend gescheitert. Ukrainische Regierungsbeamte erklärten, russische Streitkräfte hätten den Hilfskonvoi beschossen, der sich auf dem Weg in die Stadt befand, um auf dem Rückweg Einwohner aus der Stadt in Sicherheit zu bringen.

Die bereits vor einigen Tagen eingenommene Seehafenstadt Cherson meldet erste Festnahmen von Demonstranten. Nach Angaben des ukrainischen Militärs haben Mitglieder der russischen Nationalgarde mehr als 400 Demonstranten in der ukrainischen Region Cherson festgenommen. Die Menschen hätten gegen die Besetzung ihrer Heimatorte protestiert. „Aufgrund des wütenden Widerstands der Bewohner von Cherson versuchen die Besatzer, eine von der Polizei geführte Verwaltung einzurichten", hieß es in einer Erklärung des ukrainischen Militäroberkommandos.

Verhandlungspositionen: Welche Forderungen stellen die Ukraine und Russland?
Präsident Selenksyj bietet einen Verzicht auf eine NATO-Mitgliedschaft, die Unabhängigkeit des Donbass, die Zuschreibung der Krim zu Russland und die Neutralität der Ukraine an. Gleichzeitig fordert er die Souveränität der Ukraine und Sicherheitsgarantien des Westens. Präsident Putin fordert die Neutralität und den Verzicht der Ukraine auf einen NATO-Beitritt, die Anerkennung der Krim und der Separatisten-Gebiete durch die Ukraine und vor allem die Kapitulation der Ukraine (ZDF).

Russisches Außenministerium: Ziel ist es nicht, die ukrainische Regierung zu stürzen
Nach Angaben des russischen Außenministeriums strebt Russland nicht den Sturz der ukrainischen Regierung an. In den Verhandlungen mit Vertretern der ukrainischen Regierung über eine Beilegung des Konflikts seien „einige Fortschritte erzielt worden”, sagte die Sprecherin des Außenministeriums Maria Sacharowa am Mittwoch. Die russischen Truppen hätten nicht den Auftrag, „die aktuelle Regierung zu stürzen” (Der Tagesspiegel).

Über 20.000 ausländische Kämpfer unterstützen ukrainische Armee
Den rund 200.000 ukrainischen Soldaten haben sich mittlerweile rund 22.000 ausländische Kämpfer angeschlossen, die die ukrainische Armee in ihrem Verteidigungskampf unterstützen wollen. Ukraines Präsident Selenskyj hatte schon zu Anfang des Krieges dazu aufgerufen, die Ukraine zu unterstützen und eine internationale Armee zu bilden. Auch Hunderte Bundesbürger haben sich einem Medienbericht zufolge als freiwillige Kämpfer bei der ukrainischen Armee gemeldet. Aktuell sollen knapp 1.000 Deutsche in der Ukraine im Einsatz sein.  Ansonsten kämen die vorwiegend jungen Männer zu großen Teilen aus Osteuropa  (Berliner Zeitung).

USA lehnen polnisches Kampfjet-Angebot ab
Das polnische Außenministerium hatte gestern erklärt, die Regierung sei bereit, alle Kampfflugzeuge vom Typ MiG-29  auf den US-Luftwaffenstützpunkt Ramstein in Rheinland-Pfalz zu verlegen und die Maschinen den USA zur Verfügung zu stellen. Gleichzeitig ersuche man die USA, dem Land gebrauchte Flugzeuge mit entsprechender Einsatzfähigkeit zu überlassen, hieß es. Über diesen Umweg hätten die Kampfflugzeuge der Ukraine zur Verfügung gestellt werden können. Das US-Pentagon lehnte den Vorschlag aber als „nicht haltbar” ab. Die Vorstellung, dass Kampfflugzeuge, die dem US-Militär übergeben worden seien, im Krieg mit Russland von einem US- beziehungsweise NATO-Stützpunkt in Deutschland in den umkämpften ukrainischen Luftraum flögen, werfe „ernsthafte Bedenken für das gesamte NATO-Bündnis auf”. Die NATO lehnt das polnische Angebot ebenso ab wie die Deutsche Bundesregierung (Tagesschau).

Ukraines Präsident Selenskyj: Sicherheitsgarantien statt NATO-Beitritt
Da die Allianz nicht bereit sei, die Ukraine im Verlauf der nächsten mindestens 15 Jahre aufzunehmen, sei es daher an der Zeit, bis zu einer Aufnahme in die NATO über Sicherheitsgarantien zu sprechen. Russland müsse zweifelsfrei bestätigen, dass es die ukrainische Staatlichkeit anerkenne und garantieren, „dass es unseren Staat nicht bedrohen wird“. Garantiestaaten könnten die USA, die Türkei und die Nachbarstaaten der Ukraine werden, so Selenskyj. Gesprächsbereit zeigten sich Selenskyj und seine Partei auch bei der Frage nach dem zukünftigen Status der Separatistengebiete im Donbass sowie der russisch besetzten Krim (Tagesschau).

DIW-Präsident: Staatspleite Russlands sehr wahrscheinlich
Der Präsident des Berliner DIW-Instituts, Marcel Fratzscher, hält eine Staatsschuldenpleite Russlands in den kommenden Monaten für sehr wahrscheinlich. Aufgrund der westlichen Sanktionen wegen des Kriegs gegen die Ukraine bestehe ein hohes Risiko, dass Russland seine Schulden bei internationalen Investoren nicht bediene, sagte Fratzscher. Bei einem Zahlungsausfall könne es zu Verwerfungen auf den Finanzmärkten kommen. Durch die Sanktionen bestehe  kein freier Zugriff mehr auf die Geldreserven. „Ich befürchte eine Ausweitung des Konflikts auf das globale Finanzsystem, bei dem Russland und seine Partner versuchen werden, Verwerfungen zu verursachen, um der Wirtschaft des Westens zu schaden” (ZDF).

Neue EU-Sanktionen gegen Russland und Belarus
Als Reaktion auf Russlands militärische Aggression gegen die Ukraine werde die EU die Sanktionen weiter ausbauen, so EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen. Dazu gehöre eine weitere Auflistung von Personen, deren Vermögenswerte in der EU eingefroren werden, ein Verbot für die Ausfuhr von Schifffahrtsausrüstung sowie der Ausschluss dreier belarusischer Banken aus dem Bankenkommunikationssystem SWIFT (Tagesschau).

8. März 2022

Lagebericht

Dem ukrainischen Generalstab zufolge zieht Russland weiterhin Soldaten und militärische Ausrüstung an den Fronten um Kiew im Norden, um Mariupol im Süden und Charkiw im Nordosten zusammen. Nach US-Angaben ist Russland inzwischen mit nahezu allen für den Einmarsch in die Ukraine vorgesehenen Truppen in das Land eingerückt. Das entspricht rund 150.000 Soldaten, die vor Kriegsbeginn an den Grenzen zur Ukraine aufmarschiert waren. Nach ukrainischen Angaben seien bislang rund 11.000 russische Soldaten getötet worden, darunter offenbar auch zwei russische Generäle. Ferner meldet die ukrainische Armee, sie habe um die 200 Panzer, über 800 Militärfahrzeuge sowie 50 Flugzeuge und Hubschrauber zerstört. Aus unabhängigen Quellen sind die Zahlen jedoch nicht zu bestätigen. Laut US-Angaben belaufe sich die Zahl der Opfer in der ukrainischen Armee auf rund 1.500 Soldaten. Nach Angaben aus Kiew seien ferner um die 2.000 ukrainische Zivilisten getötet worden, nahezu ebenso viele Verletzte kämen hinzu, darunter auch viele Frauen und Kinder. Auf rund 10 Milliarden US-Dollar schätzt der ukrainische Infrastrukturminister bislang die Schäden am Verkehrssystem im Land aufgrund des russischen Angriffs. Betroffen seien etwa Brücken, Eisenbahn und Flughäfen.

Bei der gestrigen Sitzung des UN-Sicherheitsrats sowie auch in der dritten Verhandlungsrunde zwischen den russischen und ukrainischen Delegationen in Belarus wurde weiter über eine Feuerpause verhandelt, um Menschen evakuieren zu können. Die bereits für gestern geplante Schaffung humanitärer Korridore für mehrere Städte in der Ukraine soll heute erfolgen. Russland halte am Dienstagmorgen in der Ukraine eine Feuerpause ein, so der UN-Botschafter.
Es würden Fluchtkorridore geöffnet, die aus den Städten Kiew, Charkiw, Mariupol, Sumy und Tschernihiw führten, sagte Nebensja am Montag vor dem UN-Sicherheitsrat in New York. Ukraines Präsident Selenskyj zeigte sich skeptisch über die Ernsthaftigkeit der Ankündigung Russlands. Wie das russische Verteidigungsministerium mitteilte, sei sie Feuerpause heute früh in Kraft getreten und die Fluchtkorridore seien geöffnet worden. Jedoch konnte bislang nur die Evakuierung einiger Tausend Menschen aus Sumy und Irpin durchgeführt werden. Die Fluchtroute aus der Stadt Mariupol sei vermint gewesen.

Kiew bereitet sich weiter auf die erwartete Großoffensive Russlands auf die Hauptstadt vor. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj will trotz der Kämpfe um Kiew die Stadt weiterhin nicht verlassen; ebenso der Bürgermeister Vitali Klitschko. Russische Truppen stehen nordwestlich von Kiew und versuchen nun, neben dem Vorrücken aus dem Norden auch von Westen aus in Richtung Hauptstadt voranzukommen.

Auch Sumy im Nordosten der Ukraine mit seinen 250.000 Einwohnern ist seit mehreren Tagen Schauplatz heftiger Kämpfe. Heute Vormitttag wurde damit begonnen,  Einwohner über die eingerichteten Korridore in Sicherheit zu bringen. Einige Tausend Menschen aus Sumy konnten die Stadt verlassen.

Aus der Stadt Irpin konnten nach Behördenangaben bisher etwa 3.000 Menschen in Sicherheit gebracht worden. Wie der ukrainische Katastrophenschutz mitteilte, dauere die Evakuierung der Stadt weiter an.

In der von Russland belagerten Hafenstadt Mariupol im Süden spitzte sich die Lage in den vergangenen Tagen ebenfalls weiter zu. „Es gibt keine Straße ohne kaputte Fenster, zerstörte Wohnungen oder Häuser”, so der Stadtrat. Die Stadt sei ohne Strom, Wasser und Gas. Die Stadt bereitet sich auf die angekündigte Evakuierung vor. Acht Lastwagen und 30 Busse seien in Richtung Mariupol unterwegs, um humanitäre Hilfe in die Stadt zu liefern und auf dem Rückweg Zivilisten nach Saporischschja in Sicherheit zu bringen, teilte der Sprecher des Außenministeriums mit. Doch abermals sei die Evakuierung aus Mariupol gescheitert; die Fluchtroute aus der Stadt sei vermint gewesen.

In der ebenfalls heftig umkämpften Stadt Charkiw im Nordosten wird die Versorgungslage ebenfalls immer schlimmer. Die Bewohner trauen sich kaum mehr aus den Häusern, um Lebensmittel zu besorgen. Die Regierung hat die Bevölkerung angewiesen, angesichts des Beschusses möglichst in ihren Häusern zu bleiben. Ohnehin haben immer mehr Läden geschlossen. Grundnahrungsmittel werden immer knapper, es gebe kaum noch Brot oder Mehl.

Die westukrainische Stadt Lwiw sei zu einem Zufluchtsort für etwa 200.000 Menschen geworden, die vor Bombeneinschlägen und Raketenangriffen geflohen seien, sagte Bürgermeister Andrij Sadowij. Er hat internationale Organisationen um Unterstützung bei der Unterbringung von  Kriegsflüchtlingen gebeten.

Evakuierungen in Sumy und Irpin
In der Ukraine sind nach Angaben der Regierung erste Fluchtwege für Zivilisten aus umkämpften Städten geöffnet worden. Evakuierungen seien in der nordöstlichen Stadt Sumy und in Irpin nahe der Hauptstadt Kiew im Gange, teilte ein Vertreter des ukrainischen Präsidialamts mit. Von Sumy aus führe die Route über Holubiwka, Lochwyzja und Lubny in die 170 Kilometer entfernte zentralukrainische Großstadt Poltawa. Allerdings liege die Stadt Sumy weiterhin unter Beschuss der russischen Armee. Eine Familie sei bereits getötet worden. Die Menschen fliehen unter der Angst, jederzeit von der russischen Armee getroffen zu werden.

UN: Mehr als zwei Millionen Flüchtlinge aus Ukraine
Nach Angaben der Vereinten Nationen sind seit Beginn des russischen Einmarschs mehr als zwei Millionen Menschen aus der Ukraine geflohen. Die meisten der Geflüchteten seien nach Polen sowie nach Ungarn, Rumänien, Moldau und in die Slowakei gegangen, allein in Polen seien bisher 1,2 Millionen Menschen angekommen. Die Bundespolizei stellte bislang über 64.000 Kriegsflüchtlinge in Deutschland fest (Die ZEIT).

UNICEF fordert mehr Schutz für Kinder in der Ukraine: „Moralische Gräueltat”
Die Leiterin des UN-Kinderhilfswerks UNICEF hat den Weltsicherheitsrat aufgefordert, alle Konfliktparteien in der Ukraine an deren rechtliche Verpflichtung zum Schutz junger Menschen zu erinnern. Was den 7,5 Millionen Kindern der Ukraine aktuell zustoße, sei eine „moralische Gräueltat”, sagte UNICEF-Exekutivdirektorin Catherine Russell am Montag bei einer Sitzung des Sicherheitsrats in New York. Im Lauf der Kampfhandlungen seien Wohnhäuser sowie Schulen und Waisenhäuser angegriffen worden (Vereinte Nationen).

Ärzte ohne Grenzen: Medizinische Lage in Ukraine verschlechtert sich
Während im Krieg in der Ukraine die Zahl der Toten und Verletzten steigt, arbeitet „Ärzte ohne Grenzen“ daran, Personal und Ausrüstung in die von der russischen Militäroffensive am stärksten betroffenen Gebiete zu bringen. Die Hilfe für Verletzte  wird zunehmend schwieriger. Die Versorgung der Krankenhäuser sei nicht mehr so gut gewährleistet wie vor Beginn der Kampfhandlungen, sagte der Geschäftsführer der Hilfsorganisation Christian Katzer. „Ärzte ohne Grenzen“ hat demnach mehrere Teams in der Ukraine, etwa in der Hauptstadt Kiew sowie in Mariupol und Odessa. Eine effektive Hilfe sei aber noch schwierig, sagte Katzer. „Im Moment ist die Lage in vielen Gebieten der Ukraine noch so unübersichtlich, dass ein Arbeiten nicht wirklich möglich ist" (Emergency Live).

USA verhängen Importstopp für russisches Öl
Als Reaktion auf den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine erlassen die USA ein Importverbot für Rohöl aus Russland. Das kündigte US-Präsident Joe Biden im Weißen Haus an. Das sei ein gewaltiger Dämpfer für die Kriegsabsichten von Staatschef Wladimir Putin, sagte Biden. Gleichzeitig stimmte er seine Landsleute mit Blick auf die hohen Spritkosten auf schwere Zeiten ein. Die Verteidigung der Demokratie habe ihren Preis. Die Maßnahme sei mit den europäischen Verbündeten abgestimmt. Man wisse aber, „dass viele unserer europäischen Verbündeten und Partner möglicherweise nicht in der Lage sind, sich uns anzuschließen”, fügte er hinzu. „Wir können also diesen Schritt unternehmen, wenn andere es nicht können.” Auch Großbritannien kündigte ein Ende von Ölimporten aus Russland an (Tagesschau).

Habeck warnt vor „schwersten” Schäden
Ein Energie-Embargo gegen Russland hätte „schwerste“ wirtschaftliche und gesellschaftliche Folgen, warnt Wirtschaftsminister Habeck. Die FDP fordert einen sofortigen Stopp der Importe von Gas und Öl aus Russland (Tagesschau).
Was ein russisches Öl-Embargo für Deutschland bedeuten würde?(Deutschlandfunk)

EU-Kommission: Plan für Alternativen zu russischem Gas, Öl und Kohle
Als Reaktion auf den Krieg in der Ukraine will die EU-Kommission die Energiewende beschleunigen. Das soll die Abhängigkeit von russischem Gas reduzieren. „Wir müssen uns aus der Abhängigkeit von Gas, Öl und Kohle aus Russland befreien”, sagte EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen. Die EU-Kommission plant, die Einfuhren von russischem Gas bis Ende des Jahres um zwei Drittel zu reduzieren. Bis „deutlich vor 2030” soll die EU komplett unabhängig von russischen fossilen Brennstoffen sein. Darüber hinaus plant die EU-Kommission einen „Pakt für erneuerbare Energien“, um die Gasnutzung zu reduzieren und den Ausbau von Solarenergie, Wind- und Wasserkraft anzukurbeln (ZDF).

7. März 2022

Lagebericht

Die russische Armee geht weiterhin entschieden vor und versucht im Norden, Osten und Süden des Landes weitere Gebiete und Städte unter ihre Kontrolle zu bringen. Russland fühle sich sehr sicher in der aktuellen Lage und verfolge die Strategie, die großen urbanen Zentren in der Ukraine einzukesseln, die Gebiete regelrecht auszutrocknen und  viele Flüchtende hinauszulassen, so Ex-General Erich Vad, sofern sie denn gehen möchten. „Viele können da aber gar nicht raus, wollen da auch gar nicht raus." Nach Einschätzung von Experten sei Russland offenbar bereit, wie bereits im Krieg in Syrien und Tschetschenien geschehen, ohne Rücksicht auf die Zivilbevölkerung vorzugehen, um seine Interessen durchzusetzen. Der Einsatz des russischen Militärs in der Ukraine könne in den kommenden Tagen deutlich gewalttätiger werden. Auch der französische Präsident Macron sagte nach seinem jüngsten Telefonat mit dem russischen Präsidenten, Putin werde seine Ziele verfolgen, bis er sie erreicht habe, entweder auf dem Verhandlungsweg oder mit militärischem Einsatz.

Nachdem sich Russland mit einem Großangriff auf die Hauptstadt Kiew bislang noch zurückgehalten hatte und nur ein Vorrücken in die Vororte versuchte, ist die russische Armee laut der ukrainischen Armee nun dabei, ihre Kräfte zu sammeln, um die Hauptstadt anzugreifen. Eine Waffenruhe für mehrere Städte zur Evakuierung von Zivilisten scheint abermals gescheitert zu sein.

Die für heute angekündigte Feuerpause für mehrere Städte sei auf Bitten des französischen Präsidenten Emmanuel Macron zustande gekommen, der am Sonntag erneut mit Wladimir Putin telefoniert hatte. Humanitäre Korridore solle es für die Hauptstadt Kiew, die Hafenstadt Mariupol sowie Charkiw und Sumy geben, hatte das russische Militär mitgeteilt. Die geplanten Evakuierungen der Städte scheinen jedoch abermals nicht zustande zu kommen. Russland hatte sechs Fluchtrouten vorgeschlagen, die fast alle entweder Russland selbst oder das verbündete Belarus als Ziel hatten. Die Ukraine lehnte dies ab und sprach von einem inakzeptablen Vorschlag.

„Wir gehen davon aus, dass der Kampf um Kiew die Schlüsselschlacht der nächsten Tage ist", so ein Berater des ukrainischen Innenministeriums. Auf Anfahrtswegen nach Kiew habe sich eine recht große Menge an russischer Ausrüstung und Truppen angesammelt. Russische Truppen versuchten, die volle Kontrolle über die kurz vor Kiew liegenden Städte Irpin und Butscha zu erlangen. Zudem wollten sich russische Einheiten einen taktischen Vorteil verschaffen, indem sie die östlichen Außenbezirke Kiews über die Bezirke Browary und Boryspil erreichten, hieß es weiter.

Nach dem erneuten Scheitern einer Waffenruhe verschärfte sich unterdessen die Lage in Mariupol weiter. Etwa 440.000 Menschen sind weiterhin in Mariupol eingeschlossen. Es gibt viele verletzte und auch tote Zivilisten. Die Versorgungslage ist sehr schlecht, die Stromversorgung ist unterbrochen, Lebensmittel und Trinkwasser sind knapp. Geschätzt 200.000 Menschen warten auf ihre Evakuierung aus der Stadt und hoffen, dass die heutige Feuerpause eingehalten wird.

In Charkiw sieht die Lage ähnlich aus. Die Stadt und die Bevölkerung hat unter den fortwährenden russischen Angriffen stark gelitten. Vieles ist zerstört, die Versorgungslage schlecht. Auch in Charkiw hofft die Bevölkerung auf eine Feuerpause.

Russland hat ferner weitere Geländegewinne in der Ostukraine gemeldet. Russische Truppen hätten fünf Siedlungen an der Grenze der Gebiete Donezk und Saporischschja eingenommen, teilte das Verteidigungsministerium mit.

Dritte Verhandlungsrunde zwischen Russland und Ukraine
Die dritte Verhandlungsrunde zwischen ukrainischen und russischen Vertretern ist ohne große Fortschritte zu Ende gegangen. Der ukrainische Unterhändler erklärt in einem Video, es gebe zwar gewisse kleinere Fortschritte bei der Logistik für die Evakuierung von Zivilisten. Es sei jedoch keine Übereinkunft erzielt worden, die zur einer nennenswerten Verbesserung der allgemeinen Lage führen werde. Die Gespräche über eine Feuerpause sollten fortgesetzt werden. Es soll wohl einen weiteren Waffenstillstand geben, um Fluchtkorridore zu ermöglichen. Der russische Unterhändler sagte, es gebe keine positiven Entwicklungen zu berichten. Er hoffe, beim nächsten Treffen käme man „einen größeren Schritt weiter" (Spiegel).

Weitere Dringlichkeitssitzung des UN-Sicherheitsrats zur humanitären Situation in der Ukraine
Der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen berät sich am heutigen Abend insbesondere über die humanitäre Situation in der Ukraine. In dem vorliegenden Resolutionsentwurf soll unter anderem die Einstellung der Kampfhandlungen gefordert werden. Die Annahme der Resolution gilt als unwahrscheinlich, da das ständige Ratsmitglied Russland ein Vetorecht hat. Die USA erwarten einen lange andauernden Konflikt in der Ukraine. „Wir sind besorgt, dass die Welt auf einen sehr langen und sehr schwierigen Weg vorbereitet werden muss”, sagte die amerikanische UN-Botschafterin Linda Thomas-Greenfield. Russlands Präsident Wladimir Putin sei „eindeutig bereit, das Leben Tausender russischer Soldaten zu opfern, um seine persönlichen Ambitionen zu verwirklichen.”
Weiterhin wird sich das oberste Rechtsorgan der UN, der Internationale Gerichtshof in Den Haag, von heute an mit möglichen russischen Menschenrechtsverbrechen beim Einmarsch in die Ukraine befassen. Es gehe um den „Verdacht des Völkermords” (Deutschlandfunk).

Letzte OSZE-Beobachter verlassen die Ukraine
Die vorübergehende Evakuierung aller internationalen OSZE-Beobachter in der Ukraine ist nahezu abgeschlossen. Die letzte verbliebene Gruppe - der Leiter und das Führungsteam - würden nun ebenfalls die Ukraine verlassen. Vor ein paar Tagen war eine ukrainische OSZE-Mitarbeiterin beim Beschuss von Charkiw ums Leben gekommen, als sie Vorräte für ihre Familie besorgen wollte (Spiegel).

Moskau warnt vor Waffenlieferungen in Ukraine und „globalem Kollaps”
Das russische Außenministerium hat erneut vor westlichen Waffenlieferungen in die Ukraine und Folgen für die NATO gewarnt. Die Lieferung von Waffen oder Flugzeugen sowie die Entsendung von Söldnern könnten die humanitäre Lage in der Ukraine nicht verbessern, sagte Ministeriumssprecherin Maria Sacharowa. Im Gegenteil würde das eine „katastrophale Entwicklung der Situation nicht nur in der Ukraine, sondern auch in den NATO-Ländern provozieren”, betonte sie. Sacharowa warnte vor einem „globalen Kollaps”, sollten westliche Waffen in die Hände von Kämpfenden gelangen (n-tv).

Russland droht mit Gas-Lieferstopp durch Nord Stream 1
Russland hat nach Beginn des Krieges gegen die Ukraine erstmals offen mit einem Gas-Lieferstopp durch die Ostsee-Pipeline Nord Stream 1 gedroht. „Wir haben das volle Recht, eine ‚spiegelgerechte‘ Entscheidung zu treffen und ein Embargo zu erlassen auf die Durchleitung des Gases durch die Pipeline Nord Stream 1, die heute maximal mit 100 Prozent ausgelastet ist”, sagte Vize-Regierungschef Alexander Nowak (Bayerischer Rundfunk).

China gibt Russland Rückendeckung
Chinas Außenminister Wang Yi hat Russland den Rücken gestärkt. Auf eine Frage nach den internationalen Sanktionen als Reaktion auf den Krieg sagte Wang Yi auf einer Pressekonferenz aus Anlass der Jahrestagung des chinesischen Volkskongresses in Peking: „Egal, wie tückisch der internationale Sturm ist, China und Russland werden ihre strategische Entschlossenheit aufrechterhalten und die umfassende kooperative Partnerschaft in der neuen Ära vorantreiben.”  Die Freundschaft zwischen den beiden Völkern sei „unanfechtbar”. Beide Länder seien enge Nachbarn und strategische Partner. Ihr Verhältnis zähle „zu den wichtigsten bilateralen Beziehungen in der Welt”. Die Kooperation sei nicht nur von Nutzen für die Völker beider Länder, „sondern trägt auch zu Frieden, Stabilität und Entwicklung in der Welt bei” (Spiegel).

EU leitet Prüfung von ukrainischem Beitrittsantrag ein
Die Europäische Kommission soll eine Einschätzung zum möglichen EU-Beitritt der Ukraine, Moldau und Georgien abgeben. Darauf einigten sich Vertreter der 27 EU-Länder am Montag. Die drei Länder hatten in der vergangenen Woche offizielle Anträge auf eine EU-Mitgliedschaft beim Rat eingereicht. Mit der Weiterleitung an die Kommission erfolgt ein erster Schritt auf dem Weg zu offiziellen Beitrittsverhandlungen. Nach Angaben eines EU-Vertreters dauert eine solche Einschätzung in der Regel ein bis anderthalb Jahre. Der Chef des Europäischen Rates Charles Michel sagte, die EU wolle in den nächsten Tagen über den jüngst gestellten Beitrittsantrag der Ukraine beraten. Über einen Beitritt zur Europäischen Union entscheiden schlussendlich die EU-Länder, sie müssen einstimmig dafür sein. Einen Beitritt im Schnellverfahren, wie vom ukrainischen Präsidenten Selenskyj gefordert, wird es aber nicht geben können (ZDF).

Deutscher Journalistenverband fordert Evakuierung aller Auslandsreporter aus Russland
Der Deutsche Journalisten Verband (DJV) hat alle deutschen Auslandsreporter in Russland aufgefordert, aus Sicherheitsgründen schnellstmöglich das Land zu verlassen. Die Bundesregierung müsse bei der Evakuierung helfen, sagte der DJV-Vorsitzende Frank Überall.  Angesichts des neu erlassenen Mediengesetzes sei die freie Arbeit von Journalisten in Russland nicht mehr sicher, warnte Überall. Sie seien von drakonischen Strafen bedroht, wenn sie wahrheitsgemäß berichten (Stuttgarter Nachrichten).

Proteste gegen den Ukraine-Krieg in Russland
Bei neuen Anti-Kriegs-Demonstrationen am Wochenende sind in Russland nach Angaben der russischen Menschenrechtsorganisation OVD-Info mehr als 4.400 Menschen festgenommen worden. Zu den Protesten gegen den Krieg in der Ukraine hat der inhaftierte Kritiker der russischen Regierung, Alexej Nawalny, aufgerufen. Insgesamt sollen den Angaben zufolge seit Beginn der russischen Invasion in der Ukraine vor anderthalb Wochen etwa 13.000 Menschen bei den kremlkritischen Protesten in Russland festgenommen worden sein (Tagesschau).

Öpreis steigt auf Rekordniveau – Mögliches Ölembargo gegen Russland
Ein möglicher Importstopp für Öl aus Russland hat die Ölpreise zeitweise auf den höchsten Stand seit 2008 getrieben. Auf fast 140 Dollar ist der Preis für ein Fass Öl angestiegen. Er liegt damit in der Nähe des Rekordniveaus von fast 150 Dollar aus dem Jahr 2008, als die globale Finanz- und Wirtschaftskrise die Ölpreise nach oben schnellen ließ (Tagesschau).

6. März 2022

Lagebericht

Die russische Armee versucht weiterhin, große Städte wie Kiew und Charkiw einzukesseln und in die Außenbezirke einzudringen. In der bereits von Russland besetzten südukrainischen Gebietshauptstadt Cherson sollen russische Truppen eine große Militärbasis nahe der Stadt unter ihre Kontrolle gebracht haben. In der Innenstadt kommt es derweil zu großen Demonstrationen der ukrainischen Bevölkerung gegen die russischen Besatzer. Für die Städte Mariupol und Wolnowacha, die seit Tagen fortwährenden Angriffen ausgesetzt sind,  war sowohl für gestern als auch heute eine Feuerpause zwischen Russland und der Ukraine vereinbart worden, um die Bevölkerung über humanitäre Korridore in Sicherheit bringen zu können. Die Waffenruhe wurde jedoch beide Male gebrochen und die Evakuierung gestoppt. Die humanitäre Versorgungslage in den umkämpften Städten wird immer schwieriger, da die Bewohner teils vom Strom abgeschnitten sind und Lebensmittel und Trinkwasser knapp werden. Es sehe nach einer systematischen Zerstörung der Infrastruktur des Landes aus, Häfen Eisenbahn, Energieversorgung würden systematisch zerstört. Experten befürchten, es könnte, ebenso wie im Tschetschenienkrieg in Grosny geschehen, zur Zerstörung von Städten kommen.

Bürgermeister Vitali Klitschko beschreibt die Lage in der ukrainischen Hauptstadt Kiew als „schwierig, aber unter Kontrolle”. Es gibt Berichte über vereitelte Anschläge auf Präsident Selenskyj in Kiew. Beide wollen weiterhin in Kiew bleiben und die Hauptstadt verteidigen. Derweil hat die russische Armee versucht, von Südwesten näher in Richtung  Hauptstadt Kiew vorzudringen. In der Nacht haben Einheiten versucht, in die südwestlichen Außenbezirke vorzustoßen. Zudem näherten sie sich der Autobahn von der Kiewer Vorstadt Browary nach Boryspil, wo der internationale Flughafen Kiews liegt. Der kilometerlange Militärkonvoi ungefähr 30 Kilometer vor Kiew verharrt weitgehend in seiner Position. Der Stillstand resultiere britischen Erkenntnissen zufolge aus „entschiedenem ukrainischen Widerstand, technischen Problemen und Stau”. Nach Einschätzung von Ex-General Erich Vad hätte das ukrainische Militär aber auch kaum Möglichkeiten den Konvoi anzugreifen, die russische Armee würde sich Zeit lassen, da sie sich sehr sicher fühle. 

In den nördlich der Hauptstadt gelegenen Städten Irpin und Tschernihiw wurde von zahlreichen Angriffen berichtet. Im südwestlich von KIew gelegenen Winnyzja  wurde der Flugplatz der ukrainischen Luftwaffe mit Langstrecken-Präzisionswaffen außer Gefecht gesetzt.

Auch im Osten der Ukraine sind die russische Armee und die von ihr unterstützten Separatisten weiter auf dem Vormarsch. Bei den Angriffen hätten sich die russischen Streitkräfte elf Kilometer weit ins Landesinnere bewegt und fünf weitere Ortschaften unter ihre Kontrolle gebracht, teilte das Ministerium in seinem täglichen Bulletin mit. Insgesamt seien nun in den Regionen Luhansk und Donezk elf Ortschaften unter ihre Kontrolle.

Weiterhin sollen im Nordosten des Landes die Städte Sumy und Lebedin von russischen Truppen beschossen worden sein.

Im Süden des Landes setzt die russische Armee ihre Angriffe ebenfalls fort. Nachdem die Waffenruhe zur Schaffung humanitärer Korridore  in Mariupol und Wolnowacha gescheitert ist,  setzt Russland die Offensive dort unvermindert fort. Im eingekesselten und unter Beschuss liegenden Mariupol wird die Lage immer schwieriger. Der Bürgermeister der Stadt  berichtet von einer  „humanitären Blockade”. Die Stadt sei ohne Strom, Heizung, Mobilfunk und Wasserversorgung. „Wir können nicht all die Leichen wegbringen, die auf der Straße liegen", sagte der stellvertretende Bürgermeister. Es sei unmöglich, die toten Zivilisten zu zählen. Die Zahl der Verletzten sei in die Tausende gestiegen. Das russische Militär greife nach Angaben des britischen Militärgeheimdienstes in der Ukraine besiedelte Gebiete in einer Weise an wie in Tschetschenien 1999 und in Syrien 2016. Ziele seien unter anderem die Städte Charkiw und Mariupol, heißt es im jüngsten Geheimdienstbericht.

In der bereits von Russland besetzten südukrainischen Gebietshauptstadt Cherson sollen russische Truppen eine große Militärbasis nahe der Stadt unter ihre Kontrolle gebracht haben. In der Stadt kommt es derweil zu großen Demonstrationen der ukrainischen Bevölkerung gegen die russischen Besatzer. Die Einwohner protestieren wütend gegen bewaffnete Soldaten und stellen sich teils auch gepanzerten Fahrzeugen in den Weg.

Im Süden des Landes arbeitet die russische Armee ferner weiterhin daran, eine Landbrücke zur annektierten Insel Krim zu schaffen. Ferner soll sie sich auf dem Vormarsch auf das im Süden gelegene Atomkraftwerk Juschnoukrajinsk befinden, warnt Präsident Selenskyj. Auch eine Bombardierung von Odessa stehe bevor.

Das russische Militär hat nach Angaben des ukrainischen Außenministers bislang im Krieg hohe Verluste zu verzeichnen. Dutzende Kampfflugzeuge, Hubschrauber und Hunderte Panzerfahrzeuge seien abgeschossen worden, mehr als 10.000 russische Soldaten seien getötet worden.

Putin hatte den Westen indes vor der Durchsetzung einer Flugverbotszone über der Ukraine gewarnt: „Jede Bewegung in diese Richtung wird von uns als Teilnahme des jeweiligen Landes an einem bewaffneten Konflikt betrachtet.”

Das UN-Welternährungsprogramm ist besorgt über die Versorgungslage der Zivilbevölkerung. Russland sei dabei, die Bevölkerung von der Versorgung mit Strom und Lebensmitteln abzuschneiden. Es warnte sowohl vor einer Zuspitzung der Lage in der Ukraine als auch vor zunehmendem Hunger weltweit.

Migrationsexperte: 10 Millionen Flüchtende „nicht unrealistisch"
Wegen des Ukraine-Kriegs könnten zehn Millionen Menschen zu Flüchtenden werden, sagt Migrationsforscher Gerald Knaus. Nach Schätzung des UN-Flüchtlingshilfswerks UNHCR sind bislang rund 1,5 Millionen Menschen aus der Ukraine geflohen (ZDF).

Bemühungen um Deeskalation – Wer könnte vermitteln?
Die Bemühungen um ein Ende des Ukraine-Krieges werden fortgesetzt. Nachdem Israels Premier Bennett beim russischen Präsidenten war, sprachen auch die Regierungschefs Frankreichs und der Türkei mit Putin. Der Kreml erklärte anschließend, dass „eine Aussetzung der Spezialoperation (in der Ukraine) nur möglich ist, wenn Kiew seine Feindseligkeiten einstellt und die bekannten Bedingungen Russlands erfüllt”.
In der Frage nach der Vermittlerrolle hat sich der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell für China ausgesprochen. „Es gibt keine Alternative. Wir (Europäer) können nicht die Vermittler sein, das ist klar (...) Und es können auch nicht die USA sein. Wer sonst? Es muss China sein, ich vertraue darauf”, sagte Borrell (Tagesschau).

Ukrainischer Präsident hat USA um weitere Hilfe gebeten
Selenskyj hatte sich gestern in einem eindringlichen Appell an den US-Senat gerichtet, mehr Flugzeuge für die Ukraine zu beschaffen. Er sagte, die Ukraine würde den Kampf und das Fliegen übernehmen, aber er brauche die Flugzeuge. Die Ukraine müsse die Möglichkeit bekommen, ihren Luftraum zu sichern, entweder durch eine von der NATO durchgesetzte Flugverbotszone oder durch die Bereitstellung von mehr Kampfflugzeugen. Mitglieder des US-Kongresses haben ihm die Freigabe der vom Weißen Haus beantragten zehn Milliarden Dollar (neun Milliarden Euro) versprochen. Mit dem Geld soll nach Angaben des Weißen Hauses zusätzliche humanitäre, sicherheitstechnische und wirtschaftliche Unterstützung „in der Ukraine und der Nachbarregion“ finanziert werden. Weiterhin gab es ein Telefonat zwischen Biden und Selenskyj, in dem der US-amerikanische Präsident der Ukraine seine Unterstützung zusicherte (ORF).

Ukraine bittet erneut um Flugverbotszone
Präsident Selenskyj hat nochmals seine Bitte um eine Flugverbotszone über der Ukraine wiederholt. „Die Welt ist stark genug", um den ukrainischen Luftraum abzuriegeln, so Selesnkyj. Die USA und die NATO schließen dies jedoch nach wie vor aus  Auch EU-Ratspräsident Charles Michel hat einer Flugverbotszone über der Ukraine eine Absage erteilt.

Russlands Präsident Putin warnt Nachbarländer der Ukraine
Putin hat die Nachbarländer der Ukraine vor einer Stationierung ukrainischer Kampfflugzeuge gewarnt: „Jede Bewegung in diese Richtung wird von uns als Teilnahme des jeweiligen Landes an einem bewaffneten Konflikt betrachtet”. Wenn ukrainische Flugzeuge von ihrem Territorium aus Kampfeinsätze starteten, könnte Moskau die Länder als Teil des Konflikts betrachten. Einige ukrainische Kampf­flugzeuge seien bereits nach Rumänien und in andere Nachbarländer verlegt worden. Zuvor hatte Putin bereits vor der Durchsetzung einer Flugverbotszone über der Ukraine gewarnt (Redaktionsnetzwerk Deutschland).

Polen wird keine Kampfflugzeuge in die Ukraine schicken
Nach Aussage von US-Außenminister Antony Blinken würden die USA erwägen, Flugzeuge nach Polen zu entsenden, sofern Polen  Kampfflugzeuge in die Ukraine liefern werde. Polen widerspricht jedoch  Berichten, wonach das Land die Ukraine mit Kampfflugzeugen sowjetischer Bauart ausstatten will. „Polen wird seine Kampfjets nicht in die Ukraine schicken und auch nicht erlauben, seine Flughäfen zu nutzen" (Tagesspiegel).

Russland kündigt Ausweitung der Angriffe auf ukrainische Waffenindustrie an
Russland hat eine Ausweitung seiner Angriffe auf Gebäude der ukrainischen Waffenindustrie angekündigt. „Als Teil der Aufgabe, die Ukraine zu entmilitarisieren, werden die russischen Streitkräfte ukrainische Unternehmen des militärisch-industriellen Komplexes mit hochpräzisen Waffen bekämpfen”, sagte der Sprecher des Verteidigungsministeriums (n-tv).

Selenskyj warnt vor Vormarsch auf drittes Atomkraftwerk
Nach Angaben des ukrainischen Präsidenten marschierten russische Truppen auf ein drittes Atomkraftwerk zu. Bedroht sei derzeit das Atomkraftwerk Juschnoukrajinsk im Süden des Landes, etwa 120 Kilometer nördlich von Mykolajiw. Russische Streitkräfte im Verlauf des Krieges bereits das ebenfalls im Süden gelegene Atomkraftwerke Saporischschjai unter ihre  Kontrolle gebracht sowie die stillgelegte Anlage in Tschernobyl (Redaktionsnetzwerk Deutschland).

USA und EU beraten über Ölimport-Stopp
Die US-Regierung berät mit ihren europäischen Verbündeten nach Angaben von Außenminister Antony Blinken über einen möglichen Importstopp für Öl aus Russland. CDU-Außenpolitiker Röttgen appellierte an die Bundesregierung, die Gas- und Ölimporte „jetzt” zu stoppen: „Wir müssen alles, was in unserer Macht steht, tun, um die Ukraine in ihrem Kampf gegen Putin und für ihre Freiheit zu unterstützen” (Süddeutsche).

USA, Großbritannien und Kanada rufen Bürger zur Ausreise aus Russland auf
Die US-Regierung verschärft wegen des Ukraine-Kriegs ihre Reisewarnung weiter. Amerikaner sollen Russland „sofort“ verlassen. Auch Großbritannien empfiehlt Landsleuten, das Land zu verlassen. Auch Großbritannien empfiehlt Landsleuten, das Land zu verlassen. In der Nacht zum Sonntag schloss sich auch Kanada dem Aufruf an (t-online).

Auswärtiges Amt rät zu „äußerster Zurückhaltung” bei privater Russlandkritik oder Ausreise
Angesichts des verschärften russischen Mediengesetzes warnt das Auswärtige Amt: Auch private Äußerungen in sozialen Netzwerken könnten in Russland gefährlich sein. Das Gesetz ermöglicht willkürliche Strafen bis zu 15 Jahren Haft. Deutsche in Russland mahnte das Ministerium zu „äußerster Zurückhaltung” und riet „alternativ zur Ausreise” (Bayerischer Rundfunk).

5. März 2022

Lagebericht

Nachdem es aufgrund des massiven Widerstands der ukrainischen Streitkräfte sowie strategischer Fehler und logistischer Probleme der russischen Armee bislang aus Sicht Russlands nicht zu den geplanten Eroberungen von zentralen Städten und Gebieten kam, setzt Putins Armeen nun vermehrt auf Flächenbombardements. Die Offensive wird mit Luftunterstützung und dem Einsatz von Hochpräzisionswaffen fortgesetzt. Hauptziel sei es dabei, die Städte Kiew und Charkiw zu umzingeln und mit Bombardements zu zermürben. Wegen der anhaltenden Bombardierung wird die humanitäre Lage vor Ort immer schlechter. Die Ukraine forderte eine Feuerpause und die Schaffung humanitärer Korridore, um die Versorgung der Bevölkerung mit Lebensmitteln und medizinischer Hilfe zu gewährleisten. Offenbar hat  Russland eine solche Feuerpause für humanitäre Korridore in Mariupol und für die Stadt Wolnowacha angeordnet. Die Einstellung des Feuers trete um 8.00 Uhr (MEZ) in Kraft, damit Zivilisten die eingekesselten Städte verlassen können, teilte das russische Verteidigungsministerium mit. Die Bevölkerung von Mariupol und Wolnowacha sollte während einer mehrstündigen Feuerpause die Städte verlassen können. Da die Gefechte jedoch weitergingen, stockt die Evakuierung. Das russische Militär setzte nach eigenen Angaben seine Angriffe auf Mariupol und Wolnowacha fort.

Die Hauptstadt Kiew ist weiter unter Beschuss. Jede Stunde gebe es einen Bombenalarm, während die russische Armee die Umzingelung der Stadt vorantreibt. Mittlerweile hätte rund die Hälfte der Bewohner Kiews die Hauptstadt verlassen. Das entspricht rund drei Millionen Einwohnern, so Kiews Bürgermeister Klitschko. Die ukrainischen Streitkräfte würden jedoch weiter gegen die russische Vereinnahmung ankämpfen. Ärzte in den Kliniken hoffen auf die Schaffung eines humanitären Korridors, um Menschen evakuieren zu können. Die über 60 Kilometer lange Militärkolonne vor Kiew kommt indes kaum weiter voran. Beschädigte und zerstörte Fahrzeuge behinderten die Weiterfahrt für die anderen, hieß es aus westlichen Regierungskreisen. Das ukrainische Militär habe den Konvoi mehrfach aus der Luft angegriffen. Für großangelegte Attacken habe es aber nicht die Kapazitäten, hieß es.

Auch die Bombardements auf die Stadt Charkiw im Nordosten geht unvermindert weiter. Die russische Armee versucht, wie in Kiew auch einen Ring um die Stadt zu ziehen.

Russische Truppen haben ferner mehrere Großstädte im Süden der Ukraine eingekesselt und blockiert, darunter die Hafenstadt Mariupol. Nach Angaben von Bürgermeister Wadym Boitschenko stehe der Hafen nach tagelangen „rücksichtslosen” Angriffen unter russischer „Blockade”. „Unsere Priorität ist die Herstellung eines Waffenstillstands, damit wir die lebenswichtige Infrastruktur wiederherstellen und einen humanitären Korridor einrichten können, um Lebensmittel und Medikamente in die Stadt zu bringen”, so der Bürgermeister. Das russische Verteidigungsministerium hat nach eigenen Angaben ab acht Uhr morgens eine Waffenruhe angeordnet, damit die Stadt evakuiert werden kann. Da die Gefechte weitegingen, wurde die Evakuierung jedoch abgebrochen.

Die strategisch wichtige südukrainische Hafenstadt Cherson ist mittlerweile vollständig in russischer Hand. Bereits gestern wurde eine weitgehende Einnahme gemeldet.

Russische Truppen versuchten zudem weiter, die administrativen Grenzen der Regionen Luhansk und Donezk zu erreichen, um so einen Landkorridor von der von Russland  annektierten Halbinsel Krim zu den Separatistengebieten zu schaffen.

Putin: Westliche Sanktionen gleichen Kriegserklärung
Russlands Präsident Putin hat scharfe Kritik an westlichen Sanktionen gegen sein Land geübt. Diese glichen einer Kriegserklärung, sagte er. In einer im staatlichen Fernsehen übertragenen Rede vor Pilotinnen der staatlichen Fluggesellschaft Aeroflot warnte Putin außerdem vor einer Flugverbotszone über der Ukraine. „Jede Bewegung in diese Richtung wird von uns als Beteiligung des jeweiligen Landes an dem bewaffneten Konflikt betrachtet.” Es spiele dann auch keine Rolle, welcher Organisation diese Länder angehörten (Der Standard).

Feuerpause für humanitäre Korridore in Mariupol und Wolnowacha – Evakuierung abgebrochen
Das russische Verteidigungsministerium hat eine Feuerpause für Mariupol und Wolnowacha im Osten der Ukraine angeordnet, damit Zivilisten aus den von russischen Streitkräften belagerten Städten herausgeholt werden können. Russische Streitkräfte sollen am Vormittag aufhören zu schießen, so das russische Verteidigungsministerium. Dann sollen die humanitären Korridore für fünf Stunden für die Zivilisten geöffnet werden. „Die humanitären Korridore und Wege raus sind mit der ukrainischen Seite abgestimmt", teilte das Ministerium in Moskau mit. Da die Feuerpause gebrochen wurde, wurde die Evakuierung vorerst ausgesetzt – beide Seiten geben sich die Schuld dafür. Das russische Militär setzte nach eigenen Angaben seine Angriffe auf Mariupol und Wolnowacha fort (Welt).

UN-Welternährungsprogramm warnt vor Hunger in Ukraine und weltweit
Das Welternährungsprogramm (WFP) der Vereinten Nationen ist besorgt über die Versorgungslage der Zivilbevölkerung in der Ukraine. „Die Lage für die Menschen in der Ukraine hat sich durch die erbitterten Kämpfe dramatisch zugespitzt”, sagte Martin Frick, Direktor des WFP in Deutschland. Die Menschen würden in Kellern ausharren und könnten nur unter größter Gefahr Besorgungen machen. „Gerade aus Kiew und Charkiw erreichen uns Berichte, dass Nahrungsmittel ausgehen und Trinkwasser knapp wird”, sagte Frick. Die Priorität der UN-Organisation sei es jetzt, Versorgungswege nach Kiew und in die Epizentren des Konflikts zu etablieren, bevor die Kämpfe weiter eskalierten. Doch nicht nur in der Ukraine verschärft sich die Hungerkrise wegen des Kriegs. Zuletzt stark gestiegene Lebensmittelpreise könnten auch den globalen Hunger weiter befeuern. In einem Jahr, in dem die Welt bereits mit einem „noch nie dagewesenen Ausmaß an Hunger konfrontiert” sei, sei es besonders „tragisch”, wenn der Hunger nun ausgerechnet Europas Kornkammer erreiche, erklärte der Exekutivdirektor des Welternährungsprogramms (WFP), David Beasley (ZDF).

Bundesregierung will Verletzte aus Ukraine versorgen
Die Bundesregierung bereitet sich darauf vor, verletzte und kranke Ukraine-Flüchtlinge auf Krankenhäuser im gesamten Bundesgebiet zu verteilen. „Zu den Verwundeten des Krieges kommen noch diejenigen, die ihre medizinische Versorgung verlieren”, sagte Gesundheitsminister Karl Lauterbach. Dazu zählten Krebspatienten oder Dialyse-Patienten. „Weil wir mit sehr vielen Fällen rechnen, werden wir die Menschen auf die Bundesländer verteilen. Das wäre sinnvoll nach demselben Kleeblatt-Prinzip, mit dem wir auch Covid-Patienten versorgt haben”, so der Minister (ZDF).

Neues russischen Mediengesetz: BBC, CNN, Bloomberg ARD und ZDF senden nicht mehr in Russland
Nachdem die britische BBC, der US-Sender CNN und die Agentur Bloomberg ihre Berichterstattung in Russland gestoppt haben, setzen nun auch ARD und ZDF ihre Berichtserstattung aus. Grund hierfür ist das neue Mediengesetz, das in Russland in Kraft getreten ist. Es sieht künftig bei Verbreitung kritischer Informationen über den Krieg in der Ukraine bis zu 15 Jahre Haft vor. Seit Jahren erleben Journalisten und Medienhäuser in Russland zunehmende Repression. Doch mit dem neuen Mediengesetz „fällt endgültig Dunkelheit über Russland, über Informationen und über Fakten”, sagt Katja Gloger von der Organisation „Reporter ohne Grenzen”. Das sei ein Zeichen, dass sich das autoritäre Putin-Regime zu einem diktatorischen wandle (Tagesspiegel).

Facebook und Twitter in Russland gesperrt
Nachdem zunächst die Sperrung des Online-Netzwerks Facebook angekündigt wurde, haben die russischen Behörden nun auch noch die Sperrung von Twitter angeordnet. Über die Plattformen haben sich bisher viele Menschen in Russland abseits der staatlichen Medien über den Einmarsch in die Ukraine informiert (ZDF).

Prorussische Demonstration: Putin wird in Belgrad gefeiert
Weltweit wird der russische Angriff auf die Ukraine verdammt. Doch in Serbien gehen Menschen auf die Straße und bejubeln Putins Feldzug. In der serbischen Hauptstadt Belgrad sind rund tausend prorussische Demonstranten auf die Straße gegangen, um ihrer Unterstützung für den russischen Einmarsch in die Ukraine Ausdruck zu verleihen. Mit russischen Flaggen und Bildern von Kremlchef Wladimir Putin zogen die Demonstranten am Freitagabend durch das Stadtzentrum. Viele skandierten dabei NATO-feindliche Parolen. „Die Ukraine wird derzeit von Neonazis befreit”, sagte ein junger Demonstrant (Spiegel).

Behörden verzeichnen Anfeindungen gegen Russen in Deutschland
Der Krieg in der Ukraine wirkt sich auch auf die russische Community in Deutschland aus, wie Recherchen von Report Mainz zeigen. Es gab erste Angriffe gegen vermeintlich russischsprachige Menschen. Behörden rechnen mit weiteren Straftaten (Tagesschau).

4. März 2022

Lagebericht

Während die russische Armee ihre Angriffe auf Kiew und andere größere Städte in der Ukraine fortsetzt, weiter versucht, sie einzukesseln und die dortige Infrastruktur zu zerstören, kam es am frühen Morgen auch zu einem Angriff auf ein Gebäude des größten ukrainischen Atomkraftwerks bei Saporischschjaim Süden des Landes. Da ein Viertel der Energieversorgung der Ukraine von diesem Kraftwerk abhängt, ist es offenbar das Ziel Russlands, auch diese Versorgung zu unterbrechen. Der Angriff sei keine Drohung an den Westen, sagte Carlo Masala, Politikwissenschaftler der Universität der Bundeswehr in München: „Ich glaube, es ging darum, die Infrastruktur des Landes zu zerstören”. Allerdings  könnte auch aufgrund eines längeren Stromausfalls im AKW eine gefährliche Situation entstehen, sofern das Kühlen der Brennstäbe nicht mehr ausreichend funktioniert, Durch die Angriffe auf das AKW werde die Ukraine unter Druck gesetzt, in den Verhandlungen weitere Zugeständnisse zu machen, so die Einschätzung von Cindy Wittke vom Leibniz-Institut für Ost- und Südosteuropaforschung, es handle sich um "eiskaltes Taktieren".
Auf dem Gelände wurde ein Gebäude für Ausbildungszwecke getroffen, die Reaktorblöcke waren nicht betroffen. Zunächst hatte Russland durch weiteren Beschuss die Löscharbeiten an dem dort ausgebrochenen Feuer verhindert, mittlerweile ist der Brand jedoch gelöscht. Es trete keine Strahlung aus, die Strahlungswerte seien normal. Das Atomkraftwerk werde sicher heruntergefahren. Die russische Armee hat nach Angaben Kiews das Gelände des ukrainischen Atomkraftwerks Saporischschja besetzt. „Das Betriebspersonal kontrolliert die Energieblöcke und gewährleistet deren Betrieb”, teilte die ukrainische Atomaufsichtsbehörde mit. Der Chef der internationalen Atomenergiebehörde Grossi möchte die Sicherheit der Anlage vor Ort überprüfen.

„Die Hauptanstrengungen der Besatzer konzentrieren sich auf die Einkreisung Kiews", heißt es im Morgenbericht der ukrainischen Armee.  Russische Truppen setzen nach ukrainischen Armeeangaben ihren Vormarsch auf die Hauptstadt Kiew unvermindert fort. Die Stadt löste seit Mitternacht mehrfach Luftalarm aus. Laut ukrainischer Darstellung sollen sich russische Truppen von dem strategisch wichtigen Flugplatz Hostomel nordwestlich von Kiew zurückgezogen haben.

Die südukrainische Hafenstadt Mariupol sei inzwischen komplett eingeschlossen. „Der Feind hatte einen erheblichen technischen Vorteil", hieß es seitens der ukrainischen Armee. Zudem sei das Flugabwehrsystem an der Schwarzmeerküste angegriffen worden.

Auch die Stadt Charkiw im Nordosten der Ukraine ist zwar noch unter ukrainischer Kontrolle, steht aber massiv unter Beschuss und ist heftigst umkämpft.

Außenminister von NATO, G7 und EU beraten über Ukraine-Krieg
Angesichts des fortgesetzten Angriffskrieges Russlands gegen die Ukraine kommen die Außenminister der EU-Staaten heute erneut zu einem Sondertreffen in Brüssel zusammen. Ebenso wollen die Außenminister der 30 NATO-Länder über die Lage beraten sowie die G7.
NATO-Treffen der Außenminister:
NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg stellte eine düstere Prognose: „Die nächsten Tage werden wahrscheinlich noch schlimmer werden”, sagte er nach Beratungen der NATO-Außenminister. Er appellierte an Russlands Präsident Wladimir Putin, den Krieg sofort und ohne Bedingungen zu beenden, die Truppen aus der Ukraine abzuziehen und an den Verhandlungstisch zu kommen. „Die NATO will keinen Krieg mit Russland.” Es müsse alles dafür getan werden, damit sich der Krieg nicht über die Ukraine hinaus ausweite. Die NATO werde dem ukrainischen Wunsch nach Durchsetzung einer Flugverbotszone über der Ukraine nicht nachkommen. Die Alliierten seien sich einig, dass NATO-Flugzeuge nicht im ukrainischen Luftraum operieren sollten. „Wir haben als NATO-Verbündete die Verantwortung, eine Eskalation dieses Krieges über die Ukraine hinaus zu verhindern, denn das wäre noch gefährlicher, verheerender und würde noch mehr menschliches Leid verursachen", sagte Stoltenberg (Auswärtiges Amt)
Welche Optionen hat die NATO in der aktuellen Lage? (Deutsche Welle)

Neues Gesetz in Russland: Bis zu 15 Jahre Haft für „Falschnachrichten"
Das russische Parlament hat ein neues Mediengesetz erlassen, das hohe Geldbußen und lange Haftstrafen bis zu 15 Jahren für die Veröffentlichung von „Falschnachrichten” über die russischen Streitkräfte vorsieht. Laut Gesetzestext stehen konkret das Verbreiten vermeintlicher Falschinformationen über russische Soldaten, das Diskreditieren russischer Streitkräfte und auch Aufrufe zu Sanktionen gegen Russland unter Strafe. Das Gesetz gelte auch für Ausländer. Die britische BBC hat als erstes Konsequenzen gezogen und stoppt  jegliche Form von Berichterstattung auf dem Gebiet der Russischen Föderation. Seit Beginn der russischen Invasion ist es Medien in Russland  verboten, in der Berichterstattung über den Krieg gegen die Ukraine Begriffe wie „Angriff”, „Invasion” und „Kriegserklärung” zu verwenden. Moskau bezeichnet den Krieg als militärische „Sonderoperation” (Tagesschau).

Heißer Draht zwischen USA und Russland – militärische Hotline eingerichtet
Die US-Regierung hat wegen des Kriegs in der Ukraine eigenen Angaben nach eine Hotline mit Russland eingerichtet, um militärische Zwischenfälle zu vermeiden. „Die Vereinigten Staaten verfügen über eine Reihe von Kanälen, um kritische Sicherheitsfragen mit den Russen im Falle eines Notfalls oder einer Notsituation zu besprechen“, hieß es auf Nachfrage aus dem Pentagon. Das Verteidigungsministerium habe am 1. März einen Kanal mit dem russischen Verteidigungsministerium eingerichtet, um Fehleinschätzungen, militärische Zwischenfälle und Eskalationen zu verhindern, hieß es weiter (Stuttgarter Zeitung).

Ukrainischer Präsident warnt vor Gefahr einer nuklearen Katastrophe
Nach dem russischen Angriff auf das Atomkraftwerk von Saporischschja hat der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj Russland „Nuklearterror" vorgeworfen. Kein anderes Land der Welt habe jemals Atomanlagen beschossen, sagte Selenskyj in einer in der Nacht zum Freitag veröffentlichten Videobotschaft. „Der Terroristen-Staat verlegt sich jetzt auf Nuklearterror.“ Selenskyj hat nach eigenen Angaben die Anführer der USA, Großbritanniens, der Europäischen Union und der Internationalen Atomenergieorganisation (IAEA) über die ernste Gefahr einer nuklearen Katastrophe informiert. „Wenn es eine Explosion gibt - das ist das Ende für alle. Das Ende für Europa. Die Evakuierung von Europa", sagte er in der Nacht zum Freitag. Nur schnelles Handeln durch Europa könne die russischen Truppen stoppen. „Lassen Sie nicht den Tod Europas durch eine Katastrophe in einem Kernkraftwerk zu", erklärte er.

Ukrainischer Energieminister fordert NATO-Unterstützung
Der ukrainische Energieminister Herman Haluschtschenko forderte die NATO zum Eingreifen auf. Angesichts des Angriffs auf das AKW fordere man „nicht nur eine professionelle Einschätzung der Geschehnisse, sondern ein echtes Eingreifen mit den härtesten Maßnahmen, auch durch die NATO und die Länder, die Atomwaffen besitzen“, so Haluschtschenko. Er habe um eine Schließung des Luftraums über der Ukraine gebeten (Handelsblatt).

Ukrainische Botschaft bittet um deutsche Kampfpanzer und U-Boote
Die ukrainische Botschaft in Berlin bittet die Bundesregierung um Lieferung weiterer Waffensysteme für den Kampf gegen die russischen Angreifer, darunter Kampfpanzer, U-Boote und Kampfflugzeuge.

Kanzler Scholz warnte vor direkter Konfrontation mit Russland und schließt NATO-Beteiligung aus
Bundeskanzler Olaf Scholz hatte am Abend zuvor von Russland eine Waffenruhe in der Ukraine gefordert und zugleich betont, dass es keine Konfrontation der Nato mit Russland geben dürfe. Er hat noch einmal klargestellt, dass die Nato sich nicht an dem Krieg um die Ukraine beteiligen wird.
CDU-Chef Friedrich Merzhält indes einen Eingriff der NATO in den Ukraine-Krieg für möglich, wenn es gezielte Angriffe auf Atomkraftwerke geben sollte. „Es kann eine Situation geben, in der dann auch die NATO Entscheidungen treffen muss, Putin zu stoppen”, sagte Merz am Freitag. So weit sei es aber nicht, betonte er. Wenn allerdings Atomkraftwerke angegriffen würden, „wenn möglicherweise sogar die Reaktorblöcke getroffen werden sollten, dann sind wir unmittelbar bedroht von den Auswirkungen dieses Krieges”. In diesem Fall müsse die NATO darüber nachdenken, ob das auch ein Angriff auf das eigene Territorium sei (Tagesschau).

Baerbock: Putin treibt auch „sein eigenes Land in den Ruin"
Außenministerin Annalena Baerbock hat dem ukrainischen Volk im Krieg gegen Russland Solidarität versichert. „In dieser Situation wollen wir auch heute in Brüssel, im Kreis der NATO ebenso wie in EU und G7, noch einmal unmissverständlich deutlich machen: Wir werden die Ukrainerinnen und Ukrainer niemals ihrem Schicksal überlassen.“ Baerbock weiter: „Mit seinem Krieg gegen die Ukraine treibt er auch sein eigenes Land in den Ruin“ (n-tv).

London fordert nach AKW-Angriff Sitzung des UN-Sicherheitsrats
Nach dem russischen Angriff auf das Atomkraftwerk Saporischschja in der Ukraine fordert Großbritannien eine Dringlichkeitssitzung des UN-Sicherheitsrats. Das „rücksichtslose" Verhalten von Russlands Präsident Wladimir Putin könne „direkt die Sicherheit von ganz Europa bedrohen", erklärte das Büro von Premierminister Boris Johnson in der Nacht zum Freitag.

Frankreich verlegt Flugzeugträger zur Aufklärung und Abschreckung
Frankreich hat seinen im Nahen Osten eingesetzten Flugzeugträger „Charles de Gaulle" im Mittelmeer für Aufklärungsflüge über den baltischen Staaten und Polen verlegt.  Im Mittelmeer solle das Schiff eine Position erreichen, die es den Flugzeugen ermögliche, Aufklärungsmissionen durchzuführen. „Unsere Mission ist strikt abschreckend, wir haben keine kriegerischen Absichten", sagte die Ministerin. Als „Polizei des Himmels" sollten Rafale-Kampfjets und Aufklärungsflugzeuge von dem Flugzeugträger aus eingesetzt werden (Handelsblatt).

3. März 2022

Lagebericht

Russland hat seine Angriffe auf die großen Städte der Ukraine weiter fortgesetzt. In der Hauptstadt Kiew kam es zu mehreren schweren Explosionen. Mittlerweile ist Cherson und damit die erste Großstadt der Ukraine vollständig von der russischen Armee eingenommen, wie die ukrainischen Behörden bestätigten. Die Angriffe auf die strategisch wichtige Hafenstadt Mariupol laufen weiter, die kritische Infrastruktur wurde zerstört. Die ostukrainische Millionenstadt Charkiw erlebte ebenfalls erneut schwere Angriffe. Die Stadt fordert von Russland eine Feuerpause, um Zivilisten in Sicherheit bringen zu können. Das russische Militär versuche eine „systematische Zerstörung der kritischen Infrastruktur” in den Großstädten, sagt der Forschungsleiter für Sicherheitspolitik der Universität Bonn. Damit werde versucht, Kommunikationswege zu unterbrechen, um mit militärischem Druck den Widerstand der Bevölkerung zu brechen. Der Großteil der Zivilbevölkerung wolle aber nicht aus der Stadt, sondern kämpfen. Auch „sehr, sehr viele Frauen”  hätten zu den Waffen gegriffen, weil sie ihre Stadt verteidigen wollen.

Was Opferzahlen anbelangt beruhen diese auf  Angaben der Kriegsparteien und können derzeit nicht überprüft werden. Mittlerweile sollen nach Angaben der Ukraine insgesamt 2.000 Zivilisten getötet worden sein. Russland dementiert vehement, Zivilisten zu attackieren. Sobald die ukrainische Seite zur Schaffung eines humanitären Korridors bereit sei, werde Russland die sichere Ausreise sowohl nach Russland als auch in andere Länder gewährleisten. Was die Anzahl getöteter Soldaten anbelangt, beziffert Russland selbst seine Verluste mit knapp 500 Soldaten, die Ukraine hingegen spricht von 7.000 getöteten russischen Soldaten. Auf ukrainischer Seite habe es bislang 2870 getötete „Soldaten und Nationalisten” gegeben, gab das russische Verteidigungsministerium bekannt. Die ukrainischen Behörden machten  bislang keine Angaben über die Anzahl getöteter Soldaten in den eigenen Reihen

In der Hauptstadt Kiew wurde Luftalarm ausgelöst, es kam es zu mehreren schweren Explosionen. Ein Einschlag wurde nahe des Hauptbahnhofs gemeldet, auch ein Radio- und Fernsehzentrum soll getroffen worden sein. Ukrainische Medien berichteten zudem über Kämpfe in Vororten der Millionenstadt. Der Kiewer Bürgermeister Vitali Klitschko schrieb:„Der Feind versucht, in die Hauptstadt durchzubrechen.“

Die bereits gestern heftig umkämpfte Hafenstadt Cherson im Süden soll mittlerweile vollständig in Händen der russischen Armee sein. Dies bestätigten die ukrainischen Behörden.  Die russischen „Besatzer” seien in allen Stadtteilen und „sehr gefährlich”. Chersons Bürgermeister schrieb, er habe den Russen „keine Versprechungen gemacht” und sie „aufgefordert, nicht auf Menschen zu schießen”.

Auch die Hafenstadt Berdjansk wurde bereits von russischen Truppen erobert. Ein Angriff auf die strategisch wichtige Hafenstadt Mariupol läuft unvermindert weiter. Die Stadt sei über 14 Stunden ununterbrochen angegriffen worden, sagte der Bürgermeister. „Heute wollen sie uns einfach alle vernichten.” Auch Wohngebäude würden von der russischen Armee beschossen.
Die Stadt sei nach den jüngsten Angriffen ohne Licht, Wasser und Heizung. Die Stadtwerke würden darangehen, die kritische Infrastruktur wiederherzustellen. Die Versorgungslage sei kritisch, da die Stadt von drei verschiedenen Truppenbewegungen eingezwängt sei.

Die ostukrainische Stadt Charkiw erlebte ebenfalls erneut Angriffe. Dort schlugen zwei Raketen in ein Verwaltungsgebäude ein. Die Ukraine fordert Russland zu einer Feuerpause in den Regionen Charkiw und Sumy auf, um Zivilisten in Sicherheit bringen zu können. Ferner meldet das russische Verteidigungsministerium, die Einnahme der der Stadt Balaklija in der Nähe der von  Charkiw.

Verhandlungen zwischen Russland und der Ukraine: Einigung auf humanitäre Korridore
Die erste Verhandlungsrunde zwischen den ukrainischen und russischen Delegationen an der Grenze zu Belarus war ergebnislos verlaufen. Die Gespräche an der russisch-belarussischen Grenze wurden heute fortgeführt. Die Parteien haben sich auf die Schaffung humanitärer Korridore verständigt, um Zivilisten aus besonders umkämpften Kriegsgebieten herausholen zu können. Der russische Delegationsleiter Wladimir Medinski sprach von einer „möglichen vorübergehenden Einstellung der Feindseligkeiten” in den entsprechenden Gebieten für den Zeitraum der Evakuierung. Der ukrainische Präsidentenberater Podoljak sagte, die „humanitären Korridore” sollten auch genutzt werden, um die Bevölkerung mit Lebensmitteln und Medikamenten zu versorgen (Tagesschau).

Selenskyj fordert russische Reparationszahlungen für Wiederaufbau
 Die Kriegsschäden in der Ukraine sind jetzt bereits groß. Weitere Zerstörung ist zu befürchten. Doch Präsident Selenskyj verspricht den vollständigen Wiederaufbau. Von Russland fordert er Reparationszahlungen:  „Ihr werdet uns alles ersetzen, was ihr der Ukraine angetan habt. In vollem Umfang”, sagte der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj (n-tv).

Macron telefoniert erneut mit Putin
Heute hat Frankreichs Präsident Emmanuel Macron erneut mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin telefoniert. Er wolle weiter mit Putin im Gespräch bleiben. „Ich habe mich entschlossen, mit Präsident Putin in Kontakt zu bleiben,  so lange ich kann und so lange es nötig ist, (...) um eine Ausweitung des Konfliktes zu verhindern", sagte Macron in einer Fernsehansprache an seine Landsleute. Der Élysée verlautet, Macron tue das „in Abstimmung mit dem ukrainischen Präsidenten Selenskyj und in enger Abstimmung mit den Verbündeten. Dem französischen Staatspräsidenten komme es darauf an, „Putin immer wieder Alternativen aufzuzeigen in jeder Situation, sodass dieser sehe, dass er Optionen habe und nicht auf Eskalation setzen müsse" (ZDF).

Eine Million Menschen aus Ukraine geflohen
In weniger als einer Woche seit dem russischen Einmarsch in die Ukraine sind bereits mehr als eine Million Menschen geflohen. Davon geht das UN-Flüchtlingshilfswerk UNHCR aus. Es sei ein "Exodus", sagt das UNHCR.  Dieser Umfang sei in diesem Jahrhundert ohne Beispiel. Aktuelle Daten, wie sich die Anzahl an Flüchtlingen derzeit in den verschiedenen Ländern aufteilt, gibt es beim Mediendienst Integration.

Internationaler Strafgerichtshof hat offizielle Ermittlungen zu Kriegsverbrechen eingeleitet
Der Internationale Strafgerichtshof hat offizielle Ermittlungen zu Kriegsverbrechen in der von Russland angegriffenen Ukraine eingeleitet.
Es sei anzunehmen, dass „sowohl Kriegsverbrechen als auch Verbrechen gegen die Menschlichkeit in der Ukraine begangen wurden“, so der Chefankläger. Das Ermittlungsverfahren starte „sofort“. Diese beziehen sich nun den Angaben zufolge zunächst auf mögliche Verbrechen, die vor der Invasion Russlands begangen wurden. Angesichts der Ausbreitung des Konflikts sollten die Ermittlungen seiner Ansicht nach aber erweitert werden (FAZ).

Internationale Atomenergiebehörde verurteilt russische Einnahme von AKW
Die Internationalen Atomenergiebehörde verurteilte Russlands militärische Einnahme von ukrainischen Atomanlagen. Eine entsprechende Resolution des IAEA-Gouverneursrates wurde laut Diplomaten nur von Russland und China abgelehnt. 26 stimmten dafür und fünf enthielten sich der Stimme. Die IAEA ruft Russland auf, Angriffe insbesondere auf Atomanlagen einzustellen. Durch mögliche atomare Vorfälle würde nicht nur die Bevölkerung der Ukraine sondern auch die der internationalen Gemeinschaft gefährdet (Handelsblatt).

Fast 7.000 russische Wissenschaftler wenden sich gegen Ukraine-Krieg
In Russland haben sich fast 7.000 Wissenschaftler und Akademiker bis Donnerstag gegen den Krieg in der Ukraine gewendet und einen offenen Brief an Präsident Putin unterzeichnet. „Wir, russische Wissenschaftler und Wissenschaftsjournalisten, protestieren aufs Schärfste gegen die militärische Invasion der Ukraine durch die russischen Streitkräfte", heißt es in dem Brief, der auf der Nachrichtenwebsite trv-science.ru veröffentlicht wurde. „Humanistische Werte sind das Fundament, auf dem die Wissenschaft aufgebaut ist", schreiben die Unterzeichner. Kein geopolitisches Interesse könne „diesen Tod und das Blutvergießen rechtfertigen". Ein Krieg werde nur „zum totalen Niedergang unseres Landes führen" (science).

Weitere Waffenlieferungen aus Deutschland
Deutschland will offenbar weitere Waffen an die Ukraine liefern. Das Wirtschaftsministerium genehmigte laut Medienberichten die Abgabe von 2.700 Flugabwehrraketen vom Typ „Strela“. Dabei soll es sich um Waffen sowjetischer Produktion aus ehemaligen Beständen der Nationalen Volksarmee (NVA) der DDR handeln. Die Ukraine hatte eine sehr lange Liste an die NATO geschickt und um weitere  Waffen, Munition, Sanitätsmaterial und Transportfahrzeuge gebeten (Tagesschau).

Russland und Belarus von Paralympics in Peking ausgeschlossen
Das IPC beugt sich dem Druck seiner Mitgliedsverbände und lässt wegen des Ukraine-Kriegs nun doch keine russischen und belarussischen Aktiven bei den Winter-Paralympics in Peking starten. Zuvor war eine Teilnahme erlaubt worden (Tagesschau).

2. März 2022

Lagebericht
Sowohl die Luftangriffe Russlands auf die Ukraine als auch die Gefechte zwischen der russischen und ukrainischen Armee gehen unvermindert weiter. Die Kämpfe verlagern sich immer mehr um und in die Großstädte. Insbesondere Charkiw im Osten und Cherson im Süden des Landes waren in den letzten 24 Stunden schwer umkämpft. Es wird vermehrt von Angriffen auch auf Wohngebiete berichtet, weshalb auch viele zivile Opfer zu beklagen sind. Die Hauptstadt Kiew rüstet sich derweil gegen einen Großangriff. Russland ist dabei, neue Truppen und Material zusammenzuziehen und hat sich offenbar von der Strategie verabschiedet, nur militärische Ziele anzugreifen. Es wird immer wieder auch von Einschüssen in Wohngebiete berichtet. Der Militärhistoriker Sönke Neitzel geht davon aus, dass Russlands Präsident Putin nun bald eine militärische Entscheidung erzwingen wolle und „All-in” gehen werde.

Die Hauptstadt Kiew bereitet sich auf einen Großangriff vor. Der 64 Kilometer lange russische Militärkonvoi bewegt sich weiter auf die Hauptstadt Kiew zu, kommt jedoch derzeit nur wenig voran. Die Bürgerinnen und Bürger Kiews unternehmen alles, was in ihrer Macht steht, um den bevorstehenden Angriff etwas entgegenzusetzen. Sie errichten behelfsmäßige Barrikaden auf den Straßen, stellen massenweise Molotowcocktails her und knüpfen Tarnnetze aus Altkleidung. Eine ukrainische Brauerei hat von Bier auf die Herstellung von Molotowcocktails umgestellt.

Die ostukrainische Stadt Charkiw ist nach wie vor heftig umkämpft. Sie wurde in der Nacht wieder beschossen. Es soll auch direkte Kämpfe zwischen der ukrainischen und russischen Armee gegeben haben. Zudem sollen russische Luftlandetruppen in die Stadt eingedrungen sein. Ein militärmedizinisches Zentrum soll angegriffen worden sein. Auch die örtliche Zentrale der Polizei und des Geheimdienstes  sollen teilweise zerstört worden sein. Es gebe praktisch kein Gebiet mehr in Charkiw, in dem noch keine Artilleriegranate eingeschlagen ist. Insgesamt gab es in Charkiw laut ukrainischen Angaben in den vergangenen 24 Stunden 21 Todesopfer und 112 Verletzte.

Im Süden der Ukraine hat Russland laut eigenen Angaben das Gebiet um das Kernkraftwerk „Süd-Ukraine” bei Saporischschjaunter seine Kontrolle gebracht. Laut einem Brief der russischen Botschaft an die Internationale Atomenergiebehörde (IAEA) sorgen die Mitarbeiter im nun eingenommenen AKW weiterhin für den sicheren Betrieb. Die Strahlenwerte seien normal. In der Ukraine sind 15 Kernreaktoren in vier Kraftwerken in Betrieb. IAEA-Chef Rafael Grossi hatte deshalb bereits vor der Gefahr eines schweren Atomunfalls im Zuge der Kampfhandlungen gewarnt. Am Mittwoch tagt der Gouverneursrat der IAEA, um die Lage zu besprechen.

Der russischen Armee ist es offenbar laut eigenen Angaben gelungen, die südukrainische Stadt Cherson einzunehmen. Die ukrainische Seite bestreitet das. Die Stadt an der Mündung des Flusses Dnjepr wurde von der russischen Armee zunächst eingekesselt, dann wurde der Hafen, der Bahnhof und Verwaltungsgebäude eingenommen. Die Rede ist von zahlreichen toten Zivilisten, die versuchten, Cherson unter anderem mit Molotowcocktails zu verteidigen. Auch unter den ukrainischen Soldaten soll es zahlreiche Tote und Verletzte gegeben haben.

Die  140 Kilometer westlich von Kiew gelegene Großstadt Schytomyr wurde von einem Luftangriff erschüttert. Der Angriff galt demnach der 95. Brigade der ukrainischen Armee. Vermutlich Marschflugkörper des russischen Typs „Kalibr“ hätten mehrere Gebäude beschädigt.

In der Hafenstadt Mariupol im Südosten der Ukraine habe sich die Situation zunächst gebessert, dann aber sei ein neuer Angriff erfolgt. Mariupol liegt nahe der sogenannten Kontaktlinie zwischen prorussischen Separatisten und ukrainischer Armee im Verwaltungsbezirk Donezk. Die Stadt hat strategisch große Bedeutung.  

Auch im Osten der Ukraine wird weiter gekämpft. 40.000 Menschen sollen dort ohne Strom sein. Bewohner könnten wegen der ständigen Kämpfe die Gegend nicht verlassen. Es gebe kaum Wasser, wenige Lebensmittel, große Zerstörung.

Belarus verlegt weitere Truppen an Grenze
Belarus verkündet die Entsendung weiterer Militäreinheiten an die ukrainische Grenze. „Fünf taktische Bataillonsgruppen” sollen zusätzlich zum „Schutz” der Grenzregion im Süden entsandt werden. Kiew befürchtet schon seit längerem, dass Minsk an der Seite Putins in den Krieg eingreifen will. Präsident Lukaschenko versicherte jedoch, dass sich sein Land nicht an der Offensive in der Ukraine beteiligen werde. „Das ist nicht unsere Aufgabe”, bekräftigte er (n-tv).

UN-Vollversammlung verurteilt mit großer Mehrheit russischen Einmarsch in die Ukraine
Die UN-Vollversammlung hat den Angriff Russlands auf die Ukraine mit großer Mehrheit verurteilt und Russland zum Ende seiner Aggression aufgefordert. 141 Mitgliedstaaten der Vereinten Nationen stimmten in New York für eine entsprechende Resolution. 35 Länder enthielten sich, darunter China und Indien. Fünf Länder lehnten den Beschluss ab. Neben Russland auch Belarus, Nordkorea, Syrien und Eritrea. In der Geschichte der UN-Resolutionen hatte eine Resolution bislang maximal 117 Stimmen erhalten. Eine angenommene Resolution in der Vollversammlung ist, anders als Resolutionen des UN-Sicherheitsrats, völkerrechtlich nicht bindend (Tagesschau).
UN: Resolution ES-11/1 der Generalversammlung, verabschiedet am 2. März 2022

Ukraine meldet mehr als 2.000 tote Zivilisten
Bei der russischen Invasion in der Ukraine sind nach Angaben des ukrainischen Rettungsdienstes bislang mehr als 2.000 Zivilisten getötet worden. Hunderte Gebäude seien zerstört worden, darunter Krankenhäuser, Kindergärten und Wohngebäude, heißt es in einer Erklärung. „Jede Stunde verlieren Kinder, Frauen und Verteidigungskräfte ihr Leben“ (Tagesschau).

Bidens Rede zur Lage der Nation: „Putin hat sich verkalkuliert”
US-Präsident Joe Biden hat den russischen Staatschef Wladimir Putin in seiner Rede zur Lage der Nation wegen des Angriffskriegs auf die Ukraine scharf attackiert. Er bezeichnete ihn  als „russischen Diktator”. Putin habe versucht, „die Grundfesten der freien Welt zu erschüttern”, sagte Biden. Er kündigte schwere Konsequenzen für die russische Invasion in der Ukraine an. „Er hat keine Ahnung, was auf ihn zukommt”, sagte er. Wenn Diktatoren für ihre Aggressionen keinen Preis zahlten, verursachten sie noch mehr Chaos. Das habe die Geschichte gezeigt (Tagesschau).

Kreml-Kritiker Nawalny ruft zu täglichen Protesten auf
Alexej Nawalny hat die Menschen aufgerufen, jeden Tag um 19.00 Uhr und am Wochenende um 14.00 Uhr gegen den Krieg zu protestieren,  sagte seine Sprecherin Kira Jarmisch. „Lassen Sie uns wenigstens nicht zu einer Nation von verängstigten Schweigern werde. Von Feiglingen, die so tun, als würden sie den aggressiven Krieg gegen die Ukraine nicht bemerken, den unser offensichtlich wahnsinniger Zar entfesselt hat”, heißt es in einem  bei Twitter veröffentlichten Aufruf (ZDF).

Bisher 5.300 Flüchtlinge in Deutschland eingetroffen
In Deutschland sind bisher mehr als 5.300 Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine eingetroffen. Da es keine regelmäßigen Kontrollen zu EU-Nachbarländern wie Polen mit direkten Grenzen zur Ukraine gebe, sei es aber „sehr gut möglich, dass schon wesentlich mehr Menschen Deutschland erreicht haben”, sagte ein Sprecher des Bundesinnenministeriums. Eine verlässliche Prognose über die erwartete Zahl von Kriegsflüchtlingen sei angesichts der „sehr unübersichtlichen” Lage in der Ukraine derzeit noch nicht möglich. Bei den bisher Eingetroffenen handele es sich hauptsächlich um Frauen und Kinder, sagte der Sprecher. Der ganz überwiegende Teil habe die ukrainische Staatsbürgerschaft. Die Flüchtlinge bräuchten bei Vorlage eines biometrischen Reisepasses kein Visum, erläuterte der Sprecher. Mit einem am Donnerstag auf EU-Ebene erwarteten Beschluss zur Aktivierung einer Richtlinie aus dem Jahr 2001 könnten die Betroffenen bis zu drei Jahre in Deutschland bleiben (Stern).
Die meisten Flüchtlinge aus der Ukraine befinden sich derzeit in Polen. Wie viele Menschen aus der Ukraine sind bislang geflohen? In welchen Ländern sind sie angekommen? Wie ist ihre  rechtliche Situation? Zahlen und Fakten vom Mediendienst Integration.

USA sperren Luftraum für russische Flugzeuge
Nach der Europäischen Union und Kanada schließen auch die USA ihren Luftraum für russische Flugzeuge. Dies werde Russland weiter isolieren, sagt US-Präsident Joe Biden in seiner ersten offiziellen Rede zur Lage der Nation (n-tv).

Weltbank und IWF: Milliardenhilfe für Ukraine
Der Internationale Währungsfonds (IWF) und die Weltbank wollen in den kommenden Wochen und Monaten zusätzliche Finanzmittel in Milliardenhöhe für die Ukraine bereitstellen. Der Krieg treibe die Rohstoffpreise in die Höhe, was die Inflation weiter anheizen könnte. Auch die Störungen auf den Finanzmärkten würden sich weiter verschärfen. Die verhängten Sanktionen würden erhebliche wirtschaftliche Auswirkungen haben (n-tv).

China setzt Handel und Finanzgeschäfte mit Russland fort
China will sich den Finanzsanktionen gegen Russland wegen des Kriegs in der Ukraine nicht anschließen. Peking werde den Handel und die Finanzgeschäfte mit allen betroffenen Parteien normal fortsetzen, teilte der Vorsitzende der Bankenaufsicht, Guo Shuqing, mit. „Wir lehnen die finanziellen Sanktionen ab, vor allem diejenigen, die einseitig verhängt wurden, weil sie kaum eine rechtliche Grundlage haben und keine guten Auswirkungen haben werden", sagte Guo. China ist ein wichtiger Abnehmer von russischem Öl und Gas und die einzige Weltmacht, die den Angriff Russlands auf die Ukraine bislang nicht verurteilt hat. Wird China die EU als Russlands Handelspartner ersetzen? (Deutsche Welle)

1. März 2022

Lagebericht
Besonders umkämpft sind nach wie vor die beiden Städte Kiew und Charkiv im Norden des Landes. In der Nacht soll es wieder mehrere Angriffe gegeben haben, die sich auch am Rag fortsetzten. Da nach Angaben von Experten das militärische Vorrücken Russlands in den letzten Tagen nicht wie geplant erfolgt und ins Stocken geraten sei, ist Russland offenbar dabei, neue Truppenverlegungen in die Wege zu leiten. Zum einen wird über neue Truppenverlegungen in Belarus berichtet, zum andern sei Russland dabei, seine Ost-Truppen näher an Europa heranzurücken. Den russischen Angriffen fallen zunehmend auch Zivilisten zum Opfer. Das russische Militär setzt zunehmend auf den Einsatz von Artillerie, was iin stark bewohnten Gebieten die Gefahr von Opfern unter den Zivilisten erhöht. Offenbar soll Russland nun auch Bomben zum Einsatz bringen, die weiter streuen und eine größere Explosionskraft haben wie etwa Streubomben und Vakuumbomben.

Die Hauptstadt Kiew  kommt zunehmend in Bedrängnis. Ein 64 km langer Militärkonvoi mit Panzerfahrzeugen nähert sich weiter der Stadt. Sie erstrecke sich vom Flughafen Hostomel im Nordwesten Kiews bis zum Dorf Prybirsk, das zwischen Kiew und Tschernobyl liegt. Der Generalstab der ukrainischen Armee erklärte am Dienstag, dass sich die russischen Streitkräfte in den letzten 24 Stunden neu formiert und gepanzerte Fahrzeuge und Artilleriewaffen angehäuft hätten, „vor allem um Kiew und die anderen großen Städte der Ukraine einzukreisen und unter ihre Kontrolle zu bringen”. Die russische Armee hatte die Bevölkerung aufgefordert, Kiew auf einer bestimmten Schnellstraße zu verlassen. Die ukrainische Bevölkerung und Militärs hingegen leisten weiterhin Widerstand und bereiten sich auf einen erneuten russischen Angriff, unter anderem errichteten sie behelfsmäßige Barrikaden auf den Straßen. In Kiew werde die Versorgungslage zunehmend schlechter, berichtete ein ORF-Korrespondent. Die Zahl der Supermärkte werde weniger, es seien kaum noch Lebensmittel zu kaufen,  die meisten Apotheken im Zentrum seien ebenfalls geschlossen, Nachschub komme kaum noch an, so der Korrespondent: „Die Versorgungslage wird in wenigen Tagen völlig katastrophal sein”.
Die russische Armee teilte mit, Angriffe auf Gebäude der ukrainischen Sicherheitsdienste in Kiew vorzubereiten, um „Cyberangriffe auf Russland zu stoppen”. Bewohner anliegender Gebäude sollten sich in Sicherheit zu bringen. Der Fernsehturm Kiews wurde getroffen, weshalb die Ausstrahlung von Fernsehprogrammen für eine gewisse Zeit unterbrochen war.

Auch um andere Gebietshauptstädte  wie Charkiw ziehen sich die russischen Truppen zusammen. Eine gewaltige Explosion erfolgte nach einem Einschlag direkt im Zentrum der Stadt auf dem Freiheitsplatz neben dem Regierungsgebäude. Bei Angriffen werden offenbar zunehmend auch  Zivilisten getroffen. Der Bürgermeister Charkiws, Ihor Terechow, sagte, es würden Wohnblöcke beschossen und Zivilisten getötet:"Das ist ein Vernichtungskrieg gegen die Zivilbevölkerung."

Im Süden setzt Russland seine Angriffe ebenfalls fort. Die ukrainische Hafenstadt Mariupol steht ihrem Bürgermeister zufolge unter ständigem Beschuss. Dabei sei Infrastruktur sowie Schulen und Häuser zerstört worden, sagt Wadym Boitschenko. „Es gibt viele Verletzte. Es wurden Frauen und Kinder getötet.” Wohngebiete würden seit fünf Tagen angegriffen. Russland hat die Bevölkerung aufgerufen, die Stadt zu verlassen.

Die russischen Streitkräfte haben nach Angaben aus Moskau offenbar ein wichtiges Küstengebiet im Südosten der Ukraine eingenommen. Die Armee habe "die Kontrolle über die Regionen der Ukraine entlang der Küste des Asowschen Meeres übernommen", erklärte der Sprecher des russischen Verteidigungsministeriums. Der Zugang zum Asowschen Meer gilt als strategisch wichtig. Die Ukraine hat damit den Zugang verloren und Russland hat eine Landverbindung zwischen seinem Kernland und der 2014 annektierten Halbinsel Krim geschaffen.

Da das militärische Vorrücken aus der Sicht Russlands in den vergangenen Tagen nicht wie gewünscht erfolgte und ins Stocken geriet, ist Russland offenbar dabei, neue Truppenverlegungen in die Wege zu leiten. Die USA veröffentlichten Bilder über neue Truppenverlegungen von Kampfhubschraubern und Fahrzeugen in Belarus, weniger als 30 Kilometer von der ukrainischen Grenze entfernt. Indes hat der belarussische Präsident Lukaschenko mitgeteilt, Belarus habe keine Pläne, sich an der russischen Militäroperation in der Ukraine zu beteiligen,  Vorwürfe, russische Truppen griffen die Ukraine von belarussischem Territorium aus an, weist er zurück.
Ferner wird berichtet, Russland verlege Truppen aus dem äußeren Osten Russlands näher an Europa heran. Die militärischen Einheiten würden Übungen in der Provinz Astrachan im Südwesten an der Grenze des asiatischen und des europäischen Teils des Landes abhalten, zitierte die Agentur das zuständige Militärkommando. Die Truppen würden vor allem die Verlegung von militärischen Einheiten über große Entfernungen üben.

Offenbar soll Russland nun auch Bomben zum Einsatz bringen, die weiter streuen und eine größere Explosionskraft haben. Nach Darstellung der ukrainischen Botschafterin in den USA hat Russland am Montag auch eine sogenannte Vakuum-Bombe eingesetzt, was nach der Genfer Konvention verboten sei. Eine Aerosolbombe, umgangssprachlich Vakuum-Bombe genannt, verwendet Sauerstoff aus der Umgebungsluft, um eine Hochtemperaturexplosion zu erzeugen. „Die Verwüstung, die Russland der Ukraine zufügen will, ist groß”, so die ukrainische Botschafterin.
Auch Amnesty International hat Russland den Einsatz international geächteter Streumunition in der Ukraine vorgeworfen. Das Recherche-Netzwerk Bellingcat hat Kriegsvideos aus der Ukraine ausgewertet. Demnach nutzt die russische Armee auch Streubomben, die besonders oft zivile Opfer fordern.

Ukraine verklagt Russland vor dem Internationalen Gerichtshof wegen Völkermord
Ein Vorwand für die russische Invasion in der Ukraine ist ein angeblicher Völkermord, ein „Genozid", den die Ukraine an der in der Ukraine lebenden  russischen Bevölkerung begehe.  Den Vorwurf weist die Ukraine entschieden zurück und beschuldigt ihrerseits Russland, einen Völkermord zu planen.  Die Ukraine hat deshalb beim höchsten UN-Gericht eine Völkermordklage gegen Russland eingereicht und fordert Sofortmaßnahmen gegen Russland. Der Chefankläger am Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag, Karim Ahmad Khan, will Ermittlungen wegen potenzieller Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit in der Ukraine aufnehmen. Dies solle „so schnell wie möglich” geschehen (Redaktionsnetzwerk Deutschland).

Lawrow-Rede im UN-Menschenrechtsrat
Per Video war der russische Außenminister Lawrow  zugeschaltet und verlas eine lange Erklärung, in der er den Angriff auf die Ukraine mit Menschenrechtsverletzungen sowie Atom-Ambitionen auf ukrainischer Seite rechtfertigte. Aus Protest haben einige Diplomaten vor der Rede des russischen Außenministers Lawrow den Saal des UN-Menschenrechtsrats verlassen.
Putin teilte bekräftige indes seine Forderung, die Regierung in Kiew müsse die „Volksrepubliken” Luhansk und Donezk sowie Russlands Souveränität über die Schwarzmeer-Halbinsel Krim , teilte der Kreml mit. Zudem müsse die Ukraine entmilitarisiert und in einen neutralen Status überführt werden (RND).

UN: Finanzbedarf von 1,5 Milliarden für Ukraine-Hilfe
Das UN-Nothilfebüro Ocha teilte mit, die Vereinten Nationen bräuchten knapp 1,5 Milliarden Euro für humanitäre Hilfe im Ukraine-Krieg. Die Vereinten Nationen schätzen, dass zwölf Millionen Menschen innerhalb der Ukraine Hilfe und Schutz benötigen werden, während mehr als vier Millionen ukrainische Flüchtlinge in den kommenden Monaten in Nachbarländern versorgt werden könnten (Tagesschau).

EU-Sondersitzung im Europäischen Parlament: Selenskyj fordert Beweis für Unterstützung
Der Sondersitzung zugeschaltet war der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj, in einem eindringlichen Appell forderte er einen Beweis, dass die EU die Ukraine unterstützt und einen  EU-Beitritt der Ukraine ermöglicht.EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hat der Ukraine mindestens 500 Millionen Euro an humanitärer Hilfe in Aussicht gestellt. Die Mittel aus dem EU-Haushalt sollten sowohl im Land selbst als auch für die Flüchtlinge eingesetzt werden, sagte von der Leyen bei der Sondersitzung des Europaparlaments (Spiegel).

Mastercard und Visa sperren russische Finanzinstitute aus
Auch die Kreditkartenanbieter Mastercard und Visa setzen die Sanktionen gegen Russland rasch um. Sie schlossen eine Reihe russischer Geldhäuser aus ihrem Zahlungssystem aus - mit unmittelbaren Folgen für die Kunden (Tagesschau).

Keine Waffenlieferungen des Westens an die Ukraine über ungarischem Hoheitsgebiet
Der ungarische Ministerpräsident Viktor Orban will es nicht zulassen, dass Waffenlieferungen des Westens an die Ukraine über ungarisches Hoheitsgebiet durchgeführt werden. „Es ist das Interesse der ungarischen Menschen, dass sich Ungarn aus diesem Krieg heraushält", so Orban. Aus diesem Grunde werde Ungarn weder Waffen noch Soldaten ins Kriegsgebiet schicken. In der EU hatte Orban die Sanktionsbeschlüsse gegen Russland sowie die Entscheidung, die Ukraine mit Waffen zu unterstützen, mitgetragen. Zugleich verurteilte er den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine eher halbherzig (Tagesschau).

Türkei verweigert russischen Kriegsschiffen Durchfahrt durch Bosporus
Die Türkei verweigert Kriegsschiffen die Durchfahrt durch den Bosporus und die Dardanellen. Die Regierung beruft sich dabei auf den Vertrag von Montreux. Im Krieg mit der Ukraine warten derzeit mindestens vier russische Kriegsschiffe auf die Erlaubnis zur Durchfahrt (Tagesschau).

Wie unterstützt Deutschland die Ukraine?

Das Auswärtige Amt hat seit Beginn des russischen Angriffskrieges nach eigenen Angaben 430 Millionen Euro für humanitäre Hilfe und zehn Millionen Euro für internationale Katastrophenhilfe zur Verfügung gestellt. Mit diesem Geld würden internationale und Nichtregierungsorganisationen unterstützt.

Wann endet der Ukraine Krieg 2022?

Russischer Überfall auf die Ukraine 2022.

Wer hilft der Ukraine militärisch?

Krieg in der Ukraine Militärische Unterstützungsleistungen für die Ukraine. Deutschland unterstützt die Ukraine mit Ausrüstungs- und Waffenlieferungen – aus Beständen der Bundeswehr und durch Lieferungen der Industrie, die aus Mitteln der Ertüchtigungshilfe der Bundesregierung finanziert werden.

Wer profitiert vom Krieg in der Ukraine?

Bislang stammten 55 Prozent des von Deutschland verwendeten Gases aus Russland, gerade sind es rund 35 Prozent, bis Ende 2022 sollen es nur noch 30 Prozent sein. So verdiente der Kreml in den ersten hundert Kriegstagen 7,81 Milliarden Euro, also rund 78 Millionen Euro am Tag – allein aus Deutschland.