Pflegeleistungen nach sgb xii § 61 – 66

Gewährung der häuslichen Pflege vom 01.09.2013 (Gz.: BGV -G232/171.22-1/132.50-2). Stand 17.02.2016 bis 30.06.2018.

Infoline Sozialhilfe: Arbeitshilfe zu §§ 61-66

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Geändert zum 17.02.2016: Ziffer 3.10: zusätzliche Ziffern 3.10.1 und 3.10.2 eingefügt 
Geändert zum 01.01.2016: Ziffer 3.10: neuer Basispunktwert ab 01.01.2016
Geändert zum 18.03.2015: 
- Aktualisierung der Ziffern 1.2.3.1, 2.1.3, 2.1.4, 2.2.2, 3.1 und 3.3 wegen der Auswirkungen des Fünften Gesetzes zur Änderung des Elften Buches Sozialgesetzbuch (Pflegestärkungsgesetz 1)
- Aktualisierung der Ziffern 1.3, 2.2.4, 3.8, 3.10 und 3.11
- Wegfall Ziffer alt 2.5
- Ziffer alt 2.6 jetzt Ziffer neu 2.5

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Inhaltsverzeichnis

1.      Voraussetzungen und Verfahren der Leistungsgewährung
1.1    Anspruchsberechtigte Personengruppen
1.2    Leistungskonkurrenz
1.2.1 Nachrang der Sozialhilfe bei Selbsthilfemöglichkeit
1.2.2 Nachrang der Hilfe zur Pflege nach anderen Regelungen
1.2.3 Abgrenzung der Hilfe zur Pflege zu anderen Regelungen
1.2.3.1 Zusätzliche Betreuungs- und Entlastungsleistungen nach § 45 b SGB XI
1.2.3.2 Leistungen der häuslichen Betreuung nach § 124 SGB XI
1.2.4 Ausschluss anderer Leistungen der Sozialhilfe
1.3    Feststellung der Pflegebedürftigkeit bei pflegeversicherten Personen
1.4    Feststellung der Pflegebedürftigkeit bei nicht pflegeversicherten Personen
1.5    Bedarfsfeststellung
1.5.1 Zuständigkeit
1.5.2 Feststellung des Bedarfs unterhalb der Pflegestufe I bei der Gewährung von Sachleistungen
1.5.3 Feststellung des Bedarfs ab Pflegestufe I bei der Gewährung von Sachleistungen
1.5.4 Härtefallregelung bei Pflegestufe III bei pflegeversicherten Pflegebedürftigen
2.      Leistungsarten
2.1    Gewährung von Pflegegeld nach § 64 SGB XII
2.1.1 Weitergewährung von Pflegegeld
2.1.2 Anrechnung von Pflegegeld
2.1.3 Pflegegeld im Zusammenhang mit der Kombinationsleistung nach § 38 SGB XI
2.1.4 Pflegegeld im Zusammenhang mit den „anderen Verrichtungen“ nach § 61 Abs. 1 Satz 2 SGB XII
2.1.5 Beratungseinsätze zur Überprüfung der Pflegequalität
2.2    Gewährung von Pflegesachleistungen nach § 65 Abs. 1 SGB XII
2.2.1 Leistungserbringung
2.2.2 Sachleistungen im Zusammenhang mit der Kombinationsleistung nach § 38 SGB XI
2.2.3 Leistungen der sozialpflegerischen Betreuung im Rahmen der „anderen Verrichtungen“ nach § 61 Abs. 1 Satz 2 SGB XII
2.2.4 Kosten für die Fußpflege im Rahmen der „anderen Verrichtungen“ nach § 61 Abs. 1 Satz 2 SGB XII
2.3    Gewährung von Pflegehilfsmitteln
2.3.1 Bewilligung
2.3.2 Hausnotrufsystem
2.3.3 Übernahme von Telefonanschlusskosten
2.4.   Gewährung von Leistungen der Tagespflege
2.5    Besitzstandsregelungen zu Art. 51 Pflege VG
3.      Vergütungssystem
3.1    Grundlagen
3.2    Leistungskomplexe
3.3    Zeitabhängige Vergütung
3.4    Wegepauschalen
3.5    Zuschläge für Wochenende, Feiertage und ungünstige Zeiten (22.00 – 6:00 Uhr)
3.6    Doppelter Einsatz von Pflegekräften
3.7    Zeitabhängige Vergütungen für umfängliche Pflegebedarfe
3.7.1 Stundenvergütungen für Grundpflege und hauswirtschaftliche Versorgung
3.7.2 Stundenvergütungen für Anwesenheitsbereitschaft/Assistenz
3.7.3 Voraussetzungen für eine Stundenbewilligung
3.8    Altenpflegeausbildungsumlage
3.9    Investitionskosten
3.10  Erbringung von Pflegesachleistungen durch auswärtige Pflegedienste
3.11  Leistungsabrechnung
4.      Inkrafttreten

1. Voraussetzungen und Verfahren der Leistungsgewährung

1.1 Anspruchsberechtigte Personengruppen

Leistungen der Hilfe zur Pflege können sowohl pflegeversicherte als auch nicht pflegeversicherte Pflegebedürftige erhalten.

Nach der Feststellung des Umfangs der Pflegebedürftigkeit durch den medizinischen Dienst der Krankenversicherung (bei pflegeversicherten Antragstellern) bzw. durch die zuständige bezirkliche Stelle - GS oder GA - (bei nicht pflegeversicherten Antragstellern) kann Sozialhilfe gewährt werden, wenn die sozialhilferechtlichen Voraussetzungen vorliegen. Im Rahmen der Nachrangigkeit der Sozialhilfe werden die erforderlichen Leistungen für folgende anspruchsberechtigte Personengruppen gewährt:

  • Pflegebedürftige Menschen, die zwar pflegeversichert, aber nicht pflegebedürftig im Sinne der Pflegeversicherung sind ( Hilfebedarf unterhalb Pflegestufe I bzw. für weniger als 6 Monate ),
  • Pflegebedürftige Menschen, die zwar Leistungen der Pflegeversicherung erhalten, diese jedoch wegen der in der Höhe begrenzten Leistungsbeträge der Pflegeversicherung den individuellen Pflegebedarf nicht abdecken,
  • Pflegebedürftige Menschen, die Hilfen im Sinne der anderen Verrichtungen(§ 61 Abs. 1 Satz 2 SGB XII) benötigen, die nicht im Leistungsspektrum der Pflegeversicherung enthalten sind,
  • nicht pflegeversicherte pflegebedürftige Menschen.

1.2 Leistungskonkurrenz
1.2.1 Nachrang der Sozialhilfe bei Selbsthilfemöglichkeit

Falls Angehörige innerhalb der Bedarfsgemeinschaft oder im Sinne des § 39 SGB XII im gleichen Haushalt leben, die zur Leistung fähig sind, ist eine Leistungsgewährung für die Erbringung von Leistungen Dritter nicht möglich. Dies gilt nicht, wenn pflegerische Leistungen nicht zuzumuten sind. Außerdem ist zu prüfen, ob nahe stehende Personen oder Nachbarn die Hilfe als Hilfsperson unentgeltlich leisten können und wollen.

1.2.2 Nachrang der Hilfe zur Pflege zu Leistungen nach anderen Regelungen

Pflegegeld und andere Leistungen nach § 65 (2) SGB XII sind nicht zu gewähren, wenn der pflegebedürftige Mensch gleichartige Leistungen nach anderen Rechtsvorschriften, z.B. Pflegegeld nach § 37 SGB XI bzw.§ 123 SGB XI , erhält. In diesem Fall ist mit der vorrangigen Leistung nach dem SGB XI der Bedarf an Grundpflege und hauswirtschaftlicher Versorgung sichergestellt; ein Anspruch auf zusätzliche Leistungen nach dem SGB XII besteht nicht.
Leistungen nach § 65 (1) SGB XII sind insoweit nicht zu gewähren, als der pflegebedürftige Mensch in der Lage ist, zweckentsprechende Leistungen nach anderen Rechtsvorschriften, z.B. § 36 SGB XI bzw.§ 123 SGB XI  in Anspruch zu nehmen.
Erhält eine Person Pflegesachleistungen nach § 65 (1) SGB XII oder gleichartige Leistungen nach anderen Rechtsvorschriften, z.B. § 36 SGB XI bzw. nach § 123 SGB XI, ist das Pflegegeld der jeweiligen Pflegestufe in der Regel um 2/3 zu kürzen.
Bei teilstationärer Betreuung oder einer vergleichbaren nicht nach dem SGB XII durchgeführten Maßnahme kann das Pflegegeld angemessen gekürzt werden.
Erhält der pflegebedürftige Mensch Leistungen nach § 72 SGB XII (Blindenhilfe) oder gleichartige Leistungen nach anderen Rechtsvorschriften, z.B. Blindengeldgesetz, sind diese mit 70% auf das Pflegegeld anzurechnen, also das Pflegegeld um diesen Betrag zu kürzen.

1.2.3 Abgrenzung der Hilfe zur Pflege zu anderen Regelungen

1.2.3.1 Zusätzliche Betreuungs- und Entlastungsleistungen nach § 45b SGB XI

Die zusätzlichen Betreuungs- und Entlastungsleistungen nach § 45b SGB XI sind nicht auf die Hilfe zur Pflege nach dem SGB XII anzurechnen . Da es sich bei diesen Leistungen nicht um gleichartige Leistungen der Hilfe zur Pflege nach dem SGB XII handelt, sind im Rahmen der Hilfe zur Pflege auch keine ergänzenden Leistungen für Pflegebedürftige der Pflegestufen 0 – III oder Ersatzleistungen für nicht pflegeversicherte Pflegebedürftige zu gewähren.

1.2.3.2 Leistungen der häuslichen Betreuung nach § 124 SGB XI

Die Leistungen der häuslichen Betreuung nach § 124 SGB XI sind nicht im Rahmen der Hilfe zur Pflege nach dem SGB XII abrechenbar, da sie nur zwischen den Pflegekassen und den Leistungsanbietern vereinbart worden sind.

1.2.4 Ausschluss anderer Leistungen der Sozialhilfe

Die Leistungen der häuslichen Pflege nach SGB XI und/ oder SGB XII (Pflegesachleistungen/ Pflegegeld) beinhalten die Grundpflege und die hauswirtschaftliche Versorgung. Eine parallele Gewährung von Leistungen nach § 27 (3) "Hilfe zur Verrichtung einzelner für den Lebensunterhalt erforderlicher Tätigkeiten“ oder § 70 „Hilfen zur Weiterführung des Haushalts“ SGB XII kommt daher nicht in Betracht.

1.3 Feststellung der Pflegebedürftigkeit bei pflegeversicherten Personen
Die Feststellung der Pflegebedürftigkeit erfolgt durch die Pflegekasse; die Entscheidung der Pflegekasse auf der Grundlage des Gutachtens des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK-Nord) über die Zuordnung in eine Pflegestufe ist verbindlich (§ 62 SGB XI), d.h. ergänzende Leistungen des Sozialhilfeträgers sind nur innerhalb der festgestellten Pflegestufe zu gewähren.

1.4 Feststellung der Pflegebedürftigkeit bei nicht pflegeversicherten Personen
Für diesen Personenkreis ist der Sozialhilfeträger originär zuständig. Für die Feststellung der Pflegebedürftigkeit einschließlich des Grades der Pflegebedürftigkeit bei Antragstellern ab 18 Jahren ist die zuständige bezirkliche Stelle (GS oder GA) zuständig. Bei Antragstellern unter 18 Jahren ist der MDK-Nord mit der Feststellung der Pflegebedürftigkeit zu beauftragen. Das Ergebnis der Begutachtung durch den MDK-Nord ist verbindlich (§ 62 SGB XII), d.h. Leistungen des Sozialhilfeträgers sind nur innerhalb der festgestellten Pflegestufe zu gewähren.

1.5 Bedarfsfeststellung

1.5.1 Zuständigkeit

Hinsichtlich der Ausgestaltung und des Umfangs des Hilfebedarfs bei pflegeversicherten und nicht pflegeversicherten Pflegebedürftigen ist die zuständige bezirkliche Stelle (GS oder GA) zuständig. Eine Bedarfsfeststellung erfolgt, wenn

  • der MDK-Nord keine Pflegebedürftigkeit feststellt, der Antragsteller jedoch einen geringeren Hilfebedarf nach § 61 Abs. 1, Satz 2 SGB XII ("Pflegestufe 0") geltend macht,
  • erstmalig ein ergänzender Hilfebedarf geltend gemacht wird, weil die Sachleistungen der Pflegeversicherung wegen der in der Höhe begrenzten Leistungsbeträge nicht ausreichen oder sich dieser Bedarf ändert ,
  • eine pflegefachliche Begründung zur Unterstützung eines Höherstufungsantrages bei der Pflegekasse gegen die Einstufung der pflegebedürftigen Person in eine Pflegestufe benötigt wird,
  • der pflegebedürftige Mensch einen Bedarf im Rahmen der „Anderen Verrichtungen“ (§ 61 Abs.1, Satz 2 SGB XII) hat,
  • zu prüfen ist, ob nach den Kriterien des § 13 Abs. 1 SGB XII ein Wechsel in die stationäre Pflege erfolgen soll,
  • in besonders gelagerten Einzelfällen durch den doppelten Einsatz von Pflegekräften einzelne Leistungskomplexe doppelt abgerechnet werden sollen.

Die Bedarfsfeststellung umfasst auch die Planung der Hilfeleistungen. Dabei sind alle Hilfen aus dem sozialen Umfeld (Familie, Nachbarschaft, Angebote im Stadtteil usw.) auszuschöpfen. Dies soll in der Regel durch Information, Beratung und Unterstützung bei der Organisation der Hilfe erreicht werden. Die Bedarfsfeststellung durch die zuständige bezirkliche Stelle (GS oder GA) erfolgt in Anwesenheit des Pflegebedürftigen. Der Zeitpunkt für eine erneute Bedarfsfeststellung wird als ein Ergebnis der Bedarfsfeststellung abhängig von Zustand und Prognose im Einzelfall festgelegt. Bedarfsfeststellungen nach Aktenlage sind grundsätzlich nur möglich, wenn der Einzelfall bekannt ist. Diese Feststellung unterbricht nicht den maximalen Zeitraum von 24 Monaten zwischen zwei Bedarfsfeststellungen.

Der Antragsteller erhält einen Bescheid über die Feststellung der Pflegebedürftigkeit und den Leistungsumfang.

1.5.2 Feststellung des Bedarfs unterhalb der Pflegestufe I bei der Gewährung von Sachleistungen
Ist keine Pflegebedürftigkeit im Sinne von § 61 Abs. 1 Satz 1 SGB XII (bei nicht pflegeversicherten Antragstellern) bzw. § 15 Abs. 1 Nr. 1 SGB XI (bei pflegeversicherten Antragstellern) festgestellt worden, kann im Einzelfall jedoch ein geringerer Hilfebedarf gemäß § 61 Abs. 1 Satz 2 SGB XII bestehen und Leistungen § 65 Abs. 1 SGB XII in Betracht kommen.

Werden derartige Leistungen durch private Hilfspersonen im Rahmen von Beihilfe bzw. Aufwendungsersatz gem. § 65 Abs. 1 Satz 1 SGB XII erbracht, ist Anlage 1 "Erbringung von Leistungen durch private Hilfspersonen im Rahmen der Pflegestufe 0" anzuwenden.

Werden derartige Leistungen durch einen Pflegedienst erbracht, können pro Monat maximal Sachleistungen in Höhe von 27.000 Punkten ( bei 30-Tage-Monaten ) bzw. 27.900 Punkte ( bei 31-Tage-Monaten ) bewilligt werden.

1.5.3 Feststellung des Bedarfs ab Pflegestufe I bei der Gewährung von Sachleistungen
Für die Bedarfsfeststellung und die Leistungsbewilligung ist folgendes Schema anzuwenden:

1. Schritt:

Vor Bewilligung der Sozialhilfeleistungen muss der Pflegedienst einen unterschriftsreifen Entwurf eines Vertrages zwischen dem pflegebedürftigen Menschen und dem Pflegedienst über die vereinbarten Leistungen (§ 3 HmbLPG und § 120 SGB XI) und den individuellen Pflegeplan - auch im Sinne eines Kostenvoranschlages - vorlegen, aus dem hervorgeht, welche Leistungskomplexe im Einzelfall erbracht werden sollen. Die sich daraus ergebenden Punktzahlen sind im Verfahren hinterlegt. Falls eine B - Verordnung vorliegt, d.h. der behandelnde Arzt die Versorgung mit Arznei, Verband- und Heilmitteln verordnet hat, muss der Pflegedienst dies ebenfalls mitteilen.

2. Schritt

Zunächst ist zu prüfen, ob die maximale monatliche Punktzahl der jeweiligen Pflegestufe nicht überschritten wird.

Folgende Punktzahlen sind für die einzelnen Pflegestufen maßgeblich:

Pflegestufe I

bei 30 Tagen: 27.000 bis 54.000 Punkte

bei 31 Tagen: 27.900 bis 55.800 Punkte

Pflegestufe II

bei 30 Tagen: 54.000 bis 90.000 Punkte

bei 31 Tagen: 55.800 bis 93.000 Punkte

Pflegestufe III = ab 93.000 Punkte

Hierin ist bereits die hauswirtschaftliche Versorgung enthalten, sodass weitere Leistungen nach den § 27 Abs. 3 SGB XII bzw. § 70 SGB XII nicht gewährt werden dürfen.

3. Schritt:

Bei Pflegestufe I

Die Leistungskomplexe sind mit dem von der zuständigen bezirklichen Stelle (GS oder GA) bzw. MDK-Nord festgestellten Hilfebedarf abzugleichen. Übersteigt die Punktsumme der beantragten Leistungskomplexe die Punktzahlen der Pflegestufe I, sind der pflegebedürftige Mensch  und der Pflegedienst schriftlich darauf hinzuweisen, dass der Hilfebedarf den Leistungsumfang der Pflegestufe I überschreitet und eine Reduzierung vorzunehmen ist .

Ergibt die Prüfung durch die zuständige bezirkliche Stelle (GS oder GA), dass der Bedarf - ohne dass die Pflegestufe II erreicht wird (da nicht mindestens dreimal täglich ein Hilfebedarf zu verschiedenen Zeiten besteht) - gerechtfertigt ist, kann die o.g. Punktzahl der Pflegestufe I überschritten werden.

Liegen nach Auffassung der zuständigen bezirklichen Stelle (GS oder GA) die Voraussetzungen der Pflegestufe II vor, ist bei nicht pflegeversicherten Pflegebedürftigen unter 18 Jahren und bei allen pflegeversicherten Pflegebedürftigen eine Neubegutachtung ( Höherstufungsantrag ) durch den MDK-Nord zu veranlassen. Bis zur Feststellung des MDK-Nord erfolgt die Bewilligung im Rahmen der Punktzahl der Pflegestufe I. Bei nicht pflegeversicherten Pflegebedürftigen über 18 Jahren erfolgt eine Neueinstufung durch die zuständige bezirkliche Stelle (GS oder GA).

Bei Pflegestufe II

Übersteigt die Punktsumme der beantragten Leistungskomplexe die Punktzahlen der Pflegestufe II, ist eine Prüfung durch die zuständige bezirkliche Stelle (GS oder GA) vorzunehmen.  

Ergibt die Prüfung, dass der beantragte Leistungsumfang dem tatsächlichen Hilfebedarf des pflegebedürftigen Menschen entspricht und ein Höherstufungsantrag beim MDK-Nord für die Pflegebedürftigen unter 18 Jahren deshalb aussichtslos ist, weil ein nächtlicher Betreuungsbedarf nicht gegeben ist, ist der von der zuständigen bezirklichen Stelle (GS oder GA) festgestellte Leistungsumfang zu bewilligen. Erhöht sich der Pflegebedarf um eine nächtliche Betreuung, ist für die nicht pflegeversicherten Pflegebedürftigen unter 18 Jahren und für alle pflegeversicherten Pflegebedürftigen eine Neubegutachtung ( Höherstufungsantrag ) durch den MDK-Nord zu veranlassen.

Bis zur Feststellung des MDK-Nord erfolgt die Bewilligung im Rahmen des bisherigen Leistungsumfanges. Bei nicht pflegeversicherten Pflegebedürftigen über 18 Jahren erfolgt eine Neueinstufung durch die zuständige bezirkliche Stelle (GS oder GA).

Bei Pflegestufe III

Die beantragten Leistungskomplexe im Rahmen der Pflegestufe III sind dann grundsätzlich zu bewilligen, wenn sie mit dem von der zuständigen bezirklichen Stelle (GS oder GA) bzw. MDK-Nord empfohlenen Verrichtungen ( in Art und Umfang ) übereinstimmen.

1.5.4 Härtefallregelung bei Pflegestufe III bei pflegeversicherten Pflegebedürftigen

Die Pflegebedürftigkeit kann im Einzelfall einen außergewöhnlich hohen Umfang annehmen, der weit über die Kriterien zur Einstufung des Betroffenen in Pflegestufe III hinausgeht. Solche Härtefälle sind über den § 36 Abs. 4 SGB XI abgesichert. Die Spitzenverbände der Pflegekassen haben unter Beteiligung des Medizinischen Dienstes der Krankenkassen Richtlinien zur Anwendung der Härtefall-Regelung beschlossen. Diese bestimmen die Merkmale zur Annahme eines Härtefalls und sind für die Pflegekassen (§ 46 SGB XI) und den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung verbindlich.

Ein Härtefall kann danach gegeben sein, wenn

  • die Grundpflege für den Bedürftigen auch nachts nur von mehreren Pflegekräften gemeinsam (zeitgleich) erbracht werden kann oder
  • Hilfe bei der Körperpflege, der Ernährung oder der Mobilität mindestens 7 Stunden täglich, davon wenigstens 2 Stunden in der Nacht, erforderlich ist.
  • Zusätzlich muss ständige Hilfe bei der hauswirtschaftlichen Versorgung erforderlich sein.

Diese Voraussetzungen können insbesondere bei folgenden Indikationen gegeben sein:

  • Krebserkrankungen im Endstadium
  • AIDS-Erkrankungen im Endstadium
  • hohe Querschnittslähmung und Tetraplegie
  • Enzephalomyelitis disseminata im Endstadium
  • apallisches Syndrom
  • schwere Ausprägung der Demenz
  • bei schweren Fehlbildungssyndromen und Fehlbildungen im Säuglings- und Kleinkindalter    
  • schwerste neurologische Defektsyndrome nach Schädelhirnverletzungen
  • Endstadium der Mukoviszidose
  • MS

Pflegeversicherte Hilfeempfänger, deren Pflegebedarf nicht mit den Leistungen der Pflegeversicherung für die Pflegestufe III abgedeckt werden können, sind zu veranlassen einen Antrag an die Pflegeversicherung auf eine erneute Begutachtung durch den MDK zu stellen. Ziel ist es, eine Einstufung als Härtefall zu erreichen, damit der pflegebedürftige Mensch entsprechend § 36 Abs. 4 SGB XI und § 43 Abs. 3 SGB XI höhere Leistungen der Pflegeversicherung erhält.

2. Leistungsarten

2.1 Gewährung von Pflegegeld nach § 64 SGB XII
Das Pflegegeld nach § 64 SGB XII ist dem Pflegebedürftigen nur dann zu gewähren, wenn er mit dem Pflegegeld dessen Umfang entsprechend die erforderliche Pflege in geeigneter Weise selbst sicherstellt. 

2.1.1 Weitergewährung von Pflegegeld

Bei Durchführung einer vollstationären Krankenhausbehandlung oder Rehabilitationsmaßnahme, die nicht länger als 4 Wochen dauert, ist das Pflegegeld nicht zu kürzen. Damit soll die vorhandene Pflegebereitschaft der Pflegeperson erhalten und die häusliche Pflege unmittelbar nach Beendigung der Maßnahme sichergestellt werden. Bei Abwesenheiten von mehr als 4 Wochen ist das Pflegegeld tageweise zu kürzen; bei der Kürzung ist der Kalendermonat mit 30 Tagen anzusetzen.

2.1.2 Anrechnung von Pflegegeld
Erhält eine Person für die nicht erwerbsmäßige Betreuung eines Pflegebedürftigen von diesem das ihm gewährte Pflegegeld, ist dieses nicht als Einkommen auf die Sozialhilfe anzurechnen. Das Pflegegeld dient der Erhaltung der Pflegebereitschaft von Angehörigen, Freunden oder. Dieser Anreiz soll erhalten bleiben.

2.1.3 Pflegegeld im Zusammenhang mit der Kombinationsleistung nach § 38 SGB XI

Eine Kombinationsleistung nach § 38 SGB XI wird durch die Pflegekasse nur dann gewährt, wenn der Pflegebedürftige damit seine Pflege voll sicherstellen kann. In diesem Fall sind keine Sachleistungen nach § 65 (1) SGB XII zu gewähren. Der Pflegebedürftige kann jedoch einen Anspruch auf die Zahlung des anteiligen, auf 1/3 gekürzten, Pflegegeldes nach § 64 SGB XII haben, wenn sich dieses rechnerisch ergibt und eine sozialhilferechtliche Bedürftigkeit vorliegt. Werden Kombinationsleistungen nach § 38 SGB XI gewährt, ist der in der Leistung des SGB XI-Pflegegeldes enthaltene Teilbetrag auf mindestens 1/3 des maßgebenden SGB XII-Pflegegeldes unter Beachtung der jeweiligen Pflegestufe aufzustocken. Grundlage für eine derartige Aufstockung sind ausschließlich die Leistungsbeträge des SGB XII-Pflegegeldes und nicht evtl. Leistungsbeträge nach § 123 SGB XI.

Beispiel:

Ein pflegebedürftiger Mensch der Pflegestufe II nimmt Sachleistungen in Höhe von 1029,60 € in Anspruch ( = 90% der zustehenden Sachleistung i. H. v. 1144,00 € ). Er erhält somit gem. § 38 Satz 2 SGB XI nur noch 10% des ihm zustehenden Pflegegeldes von 458,00 € = 45,80 € monatlich.

Sozialhilferechtlich erhält er dagegen mindestens 1/3 seines Pflegegeldes von 458 € = 152,67 € monatlich. Er hat demnach neben den Pflegeleistungen nach SGB XI noch einen Anspruch auf ein Pflegegeld von mindestens 106,87 € (152,67 € abzüglich 45,80 €).

An die Entscheidung in welchem Verhältnis er Geld- und Sachleistung in Anspruch nehmen will, ist der pflegebedürftige Mensch gemäß § 38 SGB XI für die Dauer von sechs Monaten gebunden. Erst, wenn er die Wahl der Kombinationsleistung bei der Pflegeversicherung zurückgenommen hat und er die Sachleistungen der Pflegeversicherung voll ausnutzt, können über den Leistungsumfang der Pflegeversicherung hinausgehende Sachleistungen der Hilfe zur Pflege nach dem SGB XII gewährt werden.

2.1.4 Pflegegeld  im Zusammenhang mit den „anderen Verrichtungen“ nach § 61 Abs. 1 Satz 2 SGB XII

Gemäß § 61 Abs. 1 Satz 2 SGB XII ist Hilfe zur Pflege auch Kranken und Behinderten zu gewähren, die der Hilfe für andere Verrichtungen als nach Abs. 5 (Verrichtungen im Bereich der Körperpflege, Ernährung, Mobilität und der hauswirtschaftlichen Versorgung ) bedürfen. Die Hilfe zur Pflege (d.h. der Pflegebegriff und der Leistungsumfang) nach dem SGB XII geht hier also weiter als nach dem SGB XI. Der Bedarf pflegebedürftiger Menschen an sozialpflegerischer Betreuung ist vom Leistungskatalog der Pflegeversicherung im Bereich der ambulanten Pflege nicht erfasst, demzufolge decken die vorhandenen Leistungskomplexe derartige Bedarfe auch nicht ab.

Notwendige Leistungen der sozialpflegerischen Betreuung können im Sinne anderer Verrichtungen für bestimmte Personengruppen im Rahmen der Hilfe zur Pflege gewährt werden. Als notwendig wird die Begleitung sowie Unterstützung pflegebedürftiger Menschen bei der Herstellung und Pflege von Sozialkontakten angesehen, d.h., dass z.B. Tagesstrukturierende Maßnahmen nicht hierunter fallen. Ziel ist es, sozialer Isolation und Kontaktarmut entgegenzuwirken.

Berechtigter Personenkreis

Allein lebende pflegebedürftige Menschen, deren soziales Umfeld nicht in der Lage ist, die sozialpflegerische Betreuung zu übernehmen. Der individuelle Bedarf ist von der zuständigen bezirklichen Stelle (GS oder GA) festzustellen.

Leistungsumfang

Pflegebedürftige Menschen der Pflegestufen I - III erhalten neben den Sachleistungen nach SGB XI bzw. SGB XII ein gekürztes (in der Regel um 2/3), der jeweiligen Pflegestufe entsprechendes, SGB XII-Pflegegeld. Aufgrund der individuellen Pflegesituation kann das Pflegegeld auch um einen geringeren Anteil gekürzt bzw. in voller Höhe gezahlt werden. Der individuell festgestellte notwendige (Zeit-) Bedarf an sozialpflegerischer Betreuung im Sinne „Anderer Verrichtungen“ ist aus dem Pflegegeld zu bestreiten; dabei ist das Pflegegeld unter Berücksichtigung des festgestellten Bedarfes entsprechend geringer zu kürzen (Stunden x Vergütungssatz).

Beispiel ( Pflegestufe I ):

Pflegegeld: 81,34 € (1/3 von 244,00 €)

Bedarf an sozialpflegerischer Betreuung

(10 Stunden mtl. x - z.B. – € 10,06: = 100,60 €)

Auszahlungsbetrag Pflegegeld: 181,94 €

Der jeweilige Pflegegeldbetrag (100% ) bildet die maximale Obergrenze für die Leistungsgewährung.

Pflegebedürftige Menschen der „Pflegestufe 0“ erhalten kein Pflegegeld nach § 64 SGB XII; sollte im Einzelfall ein Bedarf an sozialpflegerischer Betreuung bestehen, kann für diesen Zweck eine entsprechende Beihilfe gemäß § 65 Abs. 1 Satz 1 SGB XII gewährt werden, die unterhalb des Betrages des Pflegegeldes in Pflegestufe I liegt.

Die Inanspruchnahme der bewilligten Leistung ist vierteljährlich durch entsprechende Leistungsnachweise zu belegen; die Notwendigkeit einer weiteren Leistungsgewährung ist jährlich zu prüfen.

Leistungserbringung

Die Leistungen sind ausschließlich durch privat organisierte Hilfen oder von Freiwilligen im Bundesfreiwilligendienst bzw. Freiwilligen Sozialem Jahr zu erbringen. Für den Einsatz von Freiwilligen im Bundesfreiwilligendienst bzw. Freiwilligen im Sozialem Jahr, u.a. auch zentral für Hamburg angesiedelt beim Bezirksamt Altona, Fachamt Gesundheit, Geschäftsstelle Bundesfreiwilligendienst und für alle anderen Einsatzstellen gilt der jeweilige Vergütungssatz (zur Zeit 10,06 € Stunde einschließlich Wegepauschale).

Die Höhe des jeweils aktuellen Vergütungssatzes ist der Datenbank Pflegedienste zu entnehmen.

Für den Einsatz von privat organisierten Hilfen sind maximal je Stunde 9,71 € einschließlich Wegepauschale als angemessen anzusehen.

2.1.5 Beratungseinsätze zur Überprüfung der Pflegequalität

Die Regelungen des § 37 Abs. 3 und 6 SGB XI finden analoge Anwendung. Die Kosten für die Durchführung der Beratungseinsätze sind im Rahmen der Hilfe zur Pflege zu übernehmen.

2.2 Gewährung von Pflegesachleistungen nach § 65 Abs. 1 SGB XII

2.2.1 Leistungserbringung

Pflegesachleistungen werden von Pflegediensten im Rahmen von Leistungskomplexen oder auf Basis von Zeitvergütungen erbracht. Die hierfür maßgeblichen Abrechnungsmodalitäten sind Ziffer 3 dieser Arbeitshilfe zu entnehmen.

Werden unterhalb der Pflegestufe I Leistungen durch private Hilfspersonen erbracht, ist Anlage 1 "Erbringung von Leistungen durch private Hilfspersonen im Rahmen der Pflegestufe 0" anzuwenden.

Hinweis: Hinsichtlich der Voraussetzungen und der Bewilligung von Leistungen für Menschen mit intensivem Pflege- und Betreuungsbedarf ist eine Fachanweisung vorgesehen, die auch Regelungen zum Arbeitgebermodell enthalten wird. Bis zum Vorliegen der genannten Fachanweisung gelten die Ziffern 3.7 bis 3.7.3 dieser Arbeitshilfe.

2.2.2 Sachleistungen im Zusammenhang mit der Kombinationsleistung nach § 38 SGB XI

Eine Kombinationsleistung nach § 38 SGB XI wird durch die Pflegekasse nur dann gewährt, wenn der Pflegebedürftige damit seine Pflege voll sicherstellen kann. In diesem Fall sind keine ergänzenden Sachleistungen nach § 65 (1) SGB XII zu gewähren. Der Pflegebedürftige kann jedoch einen Anspruch auf die Zahlung des anteiligen, auf 1/3 gekürzten, Pflegegeldes nach § 64 SGB XII haben, wenn sich dieses rechnerisch ergibt und eine sozialhilferechtliche Bedürftigkeit vorliegt. Werden Kombinationsleistungen nach § 38 SGB XI gewährt, ist der in der Leistung des SGB XI-Pflegegeldes enthaltene Teilbetrag auf mindestens 1/3 des maßgebenden SGB XII-Pflegegeldes unter Beachtung der jeweiligen Pflegestufe aufzustocken. Grundlage für eine derartige Aufstockung sind ausschließlich die Leistungsbeträge des SGB XII-Pflegegeldes und nicht evtl. Leistungsbeträge nach § 123 SGB XI.

Beispiel:

Ein pflegebedürftiger Mensch der Pflegestufe II nimmt Sachleistungen in Höhe von 1029,60 € in Anspruch ( = 90% der zustehenden Sachleistung i. H. v. 1.144,00 € ). Er erhält somit gem. § 38 Satz 2 SGB XI nur noch 10% des ihm zustehenden Pflegegeldes von 458€ = 45,80 € monatlich.

Sozialhilferechtlich erhält er dagegen mindestens 1/3 seines Pflegegeldes von 458 € = 152,67 € monatlich. Er hat demnach neben den Pflegeleistungen nach SGB XI noch einen Anspruch auf ein Pflegegeld von mindestens 106,87 € (152,67 € abzüglich 45,80 €).

An die Entscheidung in welchem Verhältnis er Geld- und Sachleistung in Anspruch nehmen will, ist der pflegebedürftige Mensch gemäß § 38 SGB XI für die Dauer von sechs Monaten gebunden. Erst, wenn er die Wahl der Kombinationsleistung bei der Pflegeversicherung zurückgenommen hat und er die Sachleistungen der Pflegeversicherung voll ausnutzt, können über den Leistungsumfang der Pflegeversicherung hinausgehende Sachleistungen der Hilfe zur Pflege nach dem SGB XII gewährt werden.

2.2.3 Leistungen der sozialpflegerischen Betreuung im Rahmen der „anderen Verrichtungen“ nach § 61 Abs. 1 Satz 2 SGB XII

Notwendige Leistungen der sozialpflegerischen Betreuung können im Sinne anderer Verrichtungen für bestimmte Personengruppen im Rahmen der Hilfe zur Pflege gewährt werden. Bei der Gewährung dieser Leistungen ist die Anlage 2 anzuwenden: "Vereinbarung mit den ambulanten Pflegediensten über Leistungen der Hilfe zur Pflege nach § 61 Abs. 1 Satz 2 SGB XII andere Verrichtungen".

2.2.4 Kosten für die Fußpflege im Rahmen der „anderen Verrichtungen“ nach § 61 Abs. 1 Satz 2 SGB XII

Kosten für die Fußpflege können unter der Voraussetzung, dass keine medizinische Indikation vorliegt oder sie allein aus kosmetischen Gründen erfolgen soll, bis zu einer Höhe von 25,00 Euro je Anwendung im Rahmen der anderen Verrichtungen übernommen werden. Im Einzelfall ist bei besonderer Begründung auch die Anerkennung eines höheren Betrages möglich. Voraussetzung für die Kostenübernahme ist die vorherige Bestätigung einer erheblichen Bewegungseinschränkung durch die zuständige bezirkliche Stelle (GS oder GA). In der Stellungnahme ist neben der grundsätzlichen Befürwortung auch die Häufigkeit der durchzuführenden Maßnahme festzulegen. Ein Nachweis über die Inanspruchnahme ist nur dann vorzulegen, wenn im Einzelfall begründete Zweifel an der Inanspruchnahme bestehen.

2.3 Gewährung von Pflegehilfsmitteln

Pflegebedürftige Menschen haben Anspruch auf Versorgung mit Pflegehilfsmitteln, die zur Erleichterung der Pflege oder zur Linderung der Beschwerden beitragen oder eine selbstständigere Lebensführung ermöglichen.

2.3.1 Bewilligung

Die Spitzenverbände der Pflegekassen haben ein Verzeichnis der zu gewährenden Pflegehilfsmittel gem. § 78 Abs. 2 SGB XI in Verbindung mit § 40 SGB XI beschlossen. Für pflegeversicherte Personen sind diese Hilfsmittel seitens der Pflegekassen zu gewähren. Für nicht pflegeversicherte Personen ist nach entsprechender Bedarfsfeststellung das erforderliche Hilfsmittel zu bewilligen, soweit es Bestandteil des Pflegehilfsmittelverzeichnisses ist.

2.3.2 Hausnotrufsystem

Personen, die einen geringeren Hilfebedarf als den der Pflegestufe I haben und nicht zum Personenkreis nach § 45a SGB XI gehören, und einen Neuantrag auf Kostenübernahme für ein Hausnotrufsystem stellen, können Geräte der Firmen, die einen Vertrag mit den Pflegekassen haben, bewilligt werden. Die jeweils aktuellen Vertragspartner können bei den Pflegekassen erfragt werden. Die Kosten werden in Höhe der von den Pflegekassen anerkannten Beträge berücksichtigt.

Hinweis: Die Übernahme von Kosten für den Hausnotruf nach dieser Ziffer ist zu unterscheiden von der Übernahme der Kosten für den Hausnotruf in Servicewohnanlagen nach § 2 Abs. 2 oder in Wohngemeinschaften nach § 2 Abs. 3 des Hamburgischen Wohn- und Betreuungsqualitätsgesetzes (HmbWBH) entsprechend der Fachanweisung zu § 35 SGB XII Kosten der Unterkunft und Heizung. Die Übernahme der Kosten für den Hausnotruf nach Ziffer 2.3.2 erfolgt nicht aus Mitteln der Kosten der Unterkunft und Heizung.

2.3.3 Übernahme von Telefonanschlusskosten

In begründeten Einzelfällen können Kosten für einen erstmaligen Telefonanschluss übernommen werden. Die Notwendigkeit kann z.B. anerkannt werden bei alleinstehenden pflegebedürftigen Menschen, die sonst keine Möglichkeit haben, mit der Außenwelt in Verbindung zu treten.

Erstanschlüsse werden lediglich von der Telekom durchgeführt.

Telefongrundgebühren (voll/ermäßigt) können nicht übernommen werden

2.4 Gewährung von Leistungen der Tagespflege

Zur Aufrechterhaltung der  häuslichen Pflege, haben Pflegebedürftige daneben Anspruch auf teilstationäre Pflege in Einrichtungen der Tagespflege. Bei der Gewährung dieser Leistung ist die Arbeitshilfe "Hilfe zur Pflege nach § 61 SGB XII in Tagespflegeeinrichtungen" anzuwenden.

2.5.Besitzstandsregelungen zu Art. 51 PflegeVG

2.5.1 Personenkreis
Nach Art. 51 PflegeVG in der Fassung vom 15.12.1995 sind die Personen von der Besitzstandsregelung erfasst, die am 31. März 1995 Pflegegeld nach § 69 BSHG (in der Fassung bis 31.3.1995) bezogen haben. Dazu gehören auch:

  • Personen, die zwar nicht tatsächlich am 31. März 1995 Leistungen erhalten, aber aufgrund eines rückwirkenden Bescheides für den Zeitraum bis zum 31. März 1995 Pflegegeld nach § 69 BSHG (in der Fassung bis 31.3.1995) erhalten haben.
  • Personen die grundsätzlich für den Zeitraum bis 31. März 1995 Leistungen nach § 69 BSHG (in der Fassung bis 31.3.1995) zuerkannt bekommen haben, aber tatsächlich wegen eines Krankenhausaufenthaltes am 31. März 1995 nicht im Leistungsbezug standen.

2.5.2 Sachliche Voraussetzungen

Art. 51 PflegeVG sieht keine allgemeine zeitliche Begrenzung für die Besitzstandsleistungen vor. Sie können jedoch ruhen oder entfallen.

  • Ruhen des Anspruchs

Nach Art. 51 Abs. 5 S. 1 PflegeVG ruht der Anspruch auf Besitzstandspflegegeld für die Dauer der Unterbringung in einer vollstationären Einrichtung ( z.B. Krankenhaus, Pflegeheim, Reha-Einrichtung ).

  • Wegfall des Anspruchs

Nach Art. 51 Abs. 5 S. 2 Nr. 2 PflegeVG, wenn die Dauer der Unterbringung in einer vollstationären Einrichtung zwölf Monate übersteigt.

Nach Art. 51 Abs. 5 S. 2 Nr. 1 PflegeVG, wenn die Pflegebedürftigkeit der Personen sich soweit verringert, dass sie überhaupt keinen Anspruch mehr auf Pflegegeld nach § 69 BSHG (in der Fassung bis zum 31.3.1995)  haben. Bei befristet festgestellter Pflegebedürftigkeit ist daher zu überprüfen, ob die Leistungsvoraussetzungen weiterhin vorliegen. Bei einem geringeren Pflegebedarf darf das Besitzstandspflegegeld nicht gekürzt werden.

2.5.3 Umfang der Besitzstandsleistung - Kürzungstatbestände

Als Ausgangsbetrag - Bruttobetrag - für die Bemessung des Besitzstandspflegegeldes ist die tatsächliche Höhe des am 31.3.1995 bezogenen BSHG-Pflegegeldes anzusetzen, ggf. zuzüglich der Geldleistung nach § 57 SGB V.

Art. 51 Abs. 4 PflegeVG sieht folgende Kürzungstatbestände vor; der Ausgangsbetrag mindert sich um

  • den Betrag des Pflegegeldes nach § 37 SGB XI,
  • den Wert der Sachleistungen nach § 36 SGB XI,
  • den Wert der Kombinationsleistungen nach § 38 SGB XI oder § 41 SGB XI,
  • den Betrag des Pflegegeldes nach § 64 SGB XII,
  • die Kostenübernahme nach § 65 Abs. 1, Satz 2 SGB XII.

Neben der Sachleistung nach SGB XI und/ oder SGB XII ist Pflegegeld entsprechend der vom Medizinischen Dienst Krankenversicherung (MDK) festgestellten Pflegestufe zu gewähren. Von der Kürzungsmöglichkeit des § 66 Abs. 2 SGB XII um bis zu 2/3 ist in der Regel Gebrauch zu machen.

2.5.4 Geldleistung nach § 57 SGB V

Haben Personen neben dem Pflegegeld nach § 69 BSHG in der Fassung bis 31.3.1995 auch die Geldleistungen nach § 57 SGB V erhalten, dann setzen Sie diesen Betrag zusätzlich zu dem BSHG-Pflegegeld als Ausgangsbetrag (Bruttobetrag für die Bemessung des Besitzstandspflegegeldes an (Art. 51 (1) PflegeVG).

2.5.5 Einkommen und Vermögenseinsatz

Nach Art. 51 (3) PflegeVG ist Pflegegeld im Rahmen der Besitzstandsregelungen nur zu gewähren, wenn die Vorschriften des SGB XII über den Einsatz von Einkommen und Vermögen den Bezug des Pflegegeldes nicht ausschließen, d.h. Bedürftigkeit im Sinne des SGB XII vorliegt. Bei der Bedürftigkeitsprüfungen ist also das aktuelle Einkommen und Vermögen sowie die tatsächlichen Verhältnisse für Familienzuschläge (aktuelle Höhe und Anzahl) und die aktuellen Kosten der Unterkunft zugrunde zu legen. Aber: demgegenüber sind jedoch die am 31. März 1995 maßgeblichen Grundbeträge der Einkommensgrenzen nach § 81 BSHG und die Beträge der Verordnung zur Durchführung des § 88 (2) Nr. 8 BSHG anzusetzen.

Die eingefrorenen Grundbeträge belaufen sich für

§ 81 (1) BSHG auf1.499 DM (heute: 766,43 €)

§ 81 (2) BSHG auf2.998 DM. (heute: 1.532,86 €)

Die eingefrorenen Beträge der Durchführungs-VO zu § 88 (2) Nr. 8 BSHG belaufen sich für

Pflegebedürftige auf 4.500 DM (heute: 2.300,81 €)  bzw. 8.000 DM bei Höchstpflegegeld (heute: 4.090,34 €).

Ehegatte auf 1.200 DM (heute: 613,55 €).

Kind auf 500 DM (heute: 255,65 €).

Eine Veränderung der tatsächlichen Verhältnisse ( Einkommen, Vermögen, Familienzuschläge, Kosten der Unterkunft ) wirkt sich - positiv wie negativ - auf die Besitzstandsleistungen aus. Dies ergibt sich daraus, dass der Gesetzestext zur Berechnung bzw. Festsetzung der Besitzstandsleistungen ausdrücklich auf die tatsächlichen Verhältnisse abstellt. Die eingefrorenen Grundbeträge bilden lediglich einen Bestandteil der Einkommensgrenze.

2.5.6 Berücksichtigung von Leistungen nach § 70 SGB XII

Werden neben den Leistungen der Pflegeversicherung bzw. originären Leistungen nach §§64 und 65 Abs. 1 Satz 2SGB XII auch Leistungen im Rahmen der Besitzstandsregelung gewährt, gilt der Grundsatz, dass der Bedarf an hauswirtschaftlicher Versorgung mit abgedeckt ist. Die parallele Gewährung von Leistungen nach § 70 SGB XII ist nicht möglich.

Werden dagegen nur Leistungen im Rahmen der Besitzstandsregelung gewährt, können parallel Leistungen nach § 70 SGB XII gewährt werden, da im BSHG-Pflegegeld nach altem Recht kein Anteil an hauswirtschaftlicher Versorgung enthalten war.

2.5.7 Empfänger von Leistungen nach dem Bundesversorgungsgesetz (BVG)

Für die Empfänger von Leistungen nach dem BVG gelten die Regelungen des § 27 j BVG unverändert weiter. 

3. Vergütungssystem

3.1 Grundlagen

Ab dem 01.01.2015 entfällt für die Pflegedienste die bisherige gesetzliche Verpflichtung, eine zeitabhängige Vergütung parallel zum Leistungskomplexsystem anzubieten und damit auch die Vorlage von zwei Kostenvoranschlägen. Die Kostenträger und die Verbände der Leistungserbringer in Hamburg haben sich nicht darauf einigen können, dass die zeitbezogene Vergütung grundsätzlich entfallen kann, deshalb existiert keine einheitliche Regelung für die Stundenvergütung von Pflegeleistungen. Maßgeblich ist die aktuelle Vertragsgrundlage des jeweiligen Pflegedienstes. Pflegedienste, die ab dem 01.01.2015 eine Erhöhung ihres Punktwertes vereinbart haben bieten keine zeitbezogene Vergütung mehr an. Pflegedienste, die ihre am 31.12.2014 geltende Vereinbarung  beibehalten, können aufgrund der Weitergeltungsregelung weiterhin parallel zu den Leistungskomplexen auch Leistungen nach Zeit anbieten. In diesen Fällen ist Ziffer 3.3. anzuwenden.

Für die Abrechnung mit dem Sozialhilfeträger bleibt die bisherige Praxis bestehen:

  • Grundlage für die Bedarfsfeststellung und die Bewilligung ist das Leistungskomplexsystem.
  • Eine Abrechnung nach Stunden kann weiterhin nur dann gewährt werden, wenn der Kostenvoranschlag des Pflegedienstes auf Stundenbasis kostengünstiger ist als die Abrechnung nach Leistungskomplexen.
  • Für die Versorgung von pflegebedürftigen schwerstbehinderten Menschen mit umfänglichen Pflegebedarf (s. Ziffer 3.7) wird eine Zeitvergütung mit den Pflegediensten vereinbart, die diese Versorgung im Einzelfall übernehmen.

3.2 Leistungskomplexe

Leistungskomplexe setzen sich jeweils aus verschiedenen Verrichtungen zusammen. Den Leistungskomplexen sind Punktzahlen und Punktwerte zugeordnet, aus deren Multiplikation sich die Vergütung eines Leistungskomplexes ergibt. Eine Auflistung der Leistungskomplexe mit Punktzahl und Erläuterungen sind der Übersicht "Leistungskomplexe" zu entnehmen. Die jeweiligen aktuellen Punktwerte des jeweiligen ambulanten Pflegedienstes sind der Datenbank Pflegedienste zu entnehmen.

Die hauswirtschaftliche Versorgung pflegebedürftiger Menschen erfolgt ebenfalls über die Leistungskomplexe; eine parallele Gewährung von Leistungen nach § 27 Abs. 3 bzw. § 70 SGB XII ist nicht möglich.

Hinsichtlich dieses Grundsatzes gilt folgende Ausnahme: Pflegebedürftige unterhalb der Pflegestufe I, die lediglich einen geringen pflegerischen Hilfebedarf bei der Badehilfe (LK 23) haben, können parallel Leistungen nach § 27 Abs. 3 SGB XII bzw. § 70 SGB XII erhalten.

Dies gilt jedoch nicht für Pflegebedürftige in Pflegestufe 0, die wegen ihrer Zugehörigkeit zum Personenkreis nach § 45 a SGB XI Pflegesachleistungen nach § 36 SGB XI erhalten; hier ist die Leistungsgewährung komplett auf die Hilfe zur Pflege umzustellen.

3.3 Zeitabhängige Vergütungen

Vereinbarungen über eine zeitabhängige Vergütung für Pflege- und hauswirtschaftliche Leistungen (900 Punkte= 1 Std. mit minutengenauer Abrechnung) gelten weiter, solange der jeweilige Pflegedienst nach dem 01.01.2015 keine neue Vergütungsvereinbarung nach § 89 SGB XI abschließt. Die nach Zeit abrechenbaren Leistungsarten Grundpflege und Hauswirtschaftliche Versorgung (s. aber auch Ziffer 3.1) sind der Übersicht „Nach Zeitaufwand abrechenbare grundpflegerische und hauswirtschaftliche Leistungen“ zu entnehmen; die häuslichen Betreuungsleistungen sind gegenüber dem Sozialhilfeträger nicht abrechenbar (s. Ziffer 1.2.3.2).Die Einzelleistungen werden nach dem Zeitaufwand vergütet, der für den jeweiligen individuellen Leistungseinsatz vor Ort benötigt wird. Der Leistungseinsatz beginnt mit der frühesten Verrichtung, spätestens an der Wohnungstür / mit dem Betreten der Häuslichkeit (Wohnung) und endet mit dem Verlassen der Häuslichkeit. Bei Einsätzen außerhalb der Häuslichkeit beginnt der Einsatz mit der Begrüßung und endet mit der Verabschiedung. Der Leistungseinsatz beinhaltet auch den Zeitaufwand für die erforderliche Vor- und Nachbereitung der Leistungserbringung vor Ort sowie die Dokumentation der Leistung in der Patientenpflegedokumentation vor Ort (Leistungszeit).

Die Vergütung für den jeweiligen individuellen Leistungseinsatz ergibt sich aus der Multiplikation der tatsächlichen Leistungszeit in Minuten und der Vergütung je Leistungsminute. Beispiel: Punktwert (z.B. 0,0452) x 900 dividiert durch 60 Minuten ergibt den jeweiligen Minutenwert (hier: 0,6780 €). Bei einer Leistungszeit von z. B. 13 Minuten ergibt sich eine Vergütung von 8,814 € = gerundet 8,81 €. Die so ermittelte Einsatzvergütung ist Grundlage der Abrechnung und nicht die vertraglich vereinbarte Leistungszeit. Für An- und Abfahrt kann die Wegepauschale aus dem Leistungskomplexsystem unter den dort genannten Voraussetzungen abgerechnet werden (s. Ziffer 3.4). Alle Vergütungen gelten unabhängig von dem Wochentag und der Uhrzeit.

3.4 Wegepauschalen
Neben den Leistungskomplexen der Grundpflege und der hauswirtschaftlichen Versorgung können Wegepauschalen abgerechnet werden, die sich aus der Anzahl der Hausbesuche berechnen, unabhängig davon, wie viele Leistungskomplexe je Besuch erbracht werden.

Die Höhe der jeweilig abrechenbaren Wegepauschale (LK 18 a, b,c ) ergibt sich aus der Multiplikation der jeweiligen Punktzahl und des jeweiligen Punktwertes des ambulanten Pflegedienstes. Wenn im Rahmen des Hausbesuchs gleichzeitig auch Leistungen der Behandlungspflege erbracht wurden ( d.h. wenn eine so genannte "B-Verordnung" vorliegt oder die Leistung bei mehreren Patienten in einem Haushalt durch dieselbe Pflegekraft durchgeführt wird, ist die gekürzte Wegepauschale (LK 18 b) abzurechnen.

3.5 Zuschläge für Wochenende, Feiertage und ungünstige Zeiten (22:00 – 6:00 Uhr)
Diese Zuschläge können abgerechnet werden, indem auf die Punktzahl des erbrachten Leistungskomplexes ein Zuschlag in Höhe von 10% berechnet wird. Zu beachten ist, dass die Leistungskomplexe 10,12,14a,17a und b und 20 in der Regel nicht an Wochenenden und Feiertagen und ungünstigen Zeiten erbracht werden dürfen. Auf das Wegegeld und die zeitabhängigen Vergütungen (s. Ziffer 3.3) sind ebenfalls keine Zuschläge zu berechnen.

3.6 Doppelter Einsatz von Pflegekräften
In besonders gelagerten Einzelfällen, z.B. bei extrem übergewichtigen Personen, kann zur Erbringung bestimmter Leistungskomplexe der Einsatz einer weiteren Pflegekraft des Pflegedienstes erforderlich sein. Der betroffene Leistungskomplex kann doppelt abgerechnet werden, wenn die zuständige bezirkliche Stelle GS (oder GA) die Notwendigkeit festgestellt hat. In Frage kommen nur die Leistungskomplexe im Rahmen der Grundpflege und der Mobilität. In diesen Fällen können auch die Wegepauschalen und die Zuschläge für Wochenende, Feiertage und ungünstige Zeiten doppelt abgerechnet werden. Für eine doppelte Abrechnung kommen keinesfalls die Leistungskomplexe 7, 11, 12, 14a und 14b, 15a und 15b, 16 und 17a und b in Betracht.

Bei einer Leistungserbringung auf Basis der zeitabhängigen Vergütung kann die Vergütung entsprechend der Anzahl der eingesetzten Pflegekräfte mehrfach je Einsatz abgerechnet werden; die vorgenannten Zuschläge können jedoch generell nicht abgerechnet werden (s. Ziffer 3.3).

3.7 Zeitabhängige Vergütungen für umfängliche Pflegebedarfe

Für pflegebedürftige schwerstbehinderte Menschen (Pflegeversicherte und Nichtversicherte), die aufgrund ihrer Lebenssituation und der Schwere ihrer Behinderung einen kontinuierlichen Bedarf an Grundpflege und hauswirtschaftlicher Versorgung von mindestens acht Stunden täglich haben  und bei denen eine Abrechnung der Pflege nach Leistungskomplexen nicht sinnvoll oder möglich ist, weil die Verrichtungen nicht planbar sind, kann immer eine Leistungsbewilligung nach Stunden erfolgen.

3.7.1 Stundenvergütungen für Grundpflege und hauswirtschaftliche Versorgung

Anstatt einer Abrechnung nach Leistungskomplexen können die Leistungen für die Grundpflege und hauswirtschaftliche Versorgung auf Basis der Stundenvergütung abgerechnet werden (ein Vergleichsangebot auf der Basis von Leistungskomplexen muss nicht vorgelegt werden). Die jeweiligen Vergütungssätze sind der Datenbank Pflegedienste zu entnehmen. Das Wegegeld kann einmal täglich abgerechnet werden.

3.7.2 Stundenvergütungen für Anwesenheitsbereitschaft / Assistenz

Ist im Rahmen einer Abrechnung nach Stunden in Zeiten der Gesamtversorgung, in denen regelhaft keine Leistungen der Grundpflege, Hauswirtschaft oder Eingliederungshilfe erbracht werden, jedoch ein nicht planbarer Hilfebedarf auftreten kann, die Erbringung von Assistenzleistungen bzw. Anwesenheitsbereitschaft erforderlich, kann dies zusätzlich abgerechnet werden. Für die Bemessung des Stundensatzes ist entscheidend, durch wen die Leistung erbracht wird. Möglich ist der Einsatz von Freiwilligen des Bundesfreiwilligendienstes bzw. des Freiwilligen Sozialen Jahres oder von sonstigen geeigneten Assistenten. Die jeweiligen Vergütungssätze sind der Datenbank Pflegedienste zu entnehmen. Das Wegegeld kann einmal täglich abgerechnet werden.

Wird die Anwesenheitsbereitschaft von Angehörigen, Freunden, Bekannten und Nachbarn abgedeckt, beträgt die Vergütung für selbst beschaffte oder andere Hilfen: 9,71 € je Std.

Stunden für eine zusätzliche Anwesenheitsbereitschaft können nur dann bewilligt werden, wenn keine Angehörigen, Freunde, Bekannte, Nachbarn zur Verfügung stehen.

3.7.3 Voraussetzungen für eine Stundenbewilligung

Zu prüfen ist das Vorliegen folgender Voraussetzungen:

  • Gehört die Person zu dem in § 53 SGB XII beschriebenen Personenkreis?
    Ist die Person in Pflegestufe III - in besonderen Fällen auch Pflegestufe II - eingestuft?
    Hat die Person einen kontinuierlichen Bedarf an Grundpflege und hauswirtschaftlicher Versorgung von mindestens 8 Stunden täglich?
  • Wenn die o.g. Voraussetzungen vorliegen, ist durch GS bei der Landesärztin für Körperbehinderte die Erstellung eines individuellen Hilfeplans in Zusammenarbeit mit dem pflegebedürftigen Menschen und dem Pflegedienst zu veranlassen. Aus dem Hilfeplan soll detailliert hervorgehen, welche individuellen Zeitanteile jeweils für welche Leistung - Pflege, Hauswirtschaft und Anwesenheitsbereitschaft - erbracht werden müssen.
  • Hat der ambulante Pflegedienst, der die Versorgung übernehmen möchte, eine Vereinbarung über die Erbringung von Leistungen durch Freiwillige des Bundesfreiwilligendienstes bzw. des Freiwilligen Sozialen Jahres oder eine Anwesenheitsbereitschafts- und Assistenzvereinbarung abgeschlossen? Falls nicht, muss der Dienst einen Antrag auf Abschluss einer solchen Vereinbarung bei der BGV, G233, stellen.

Zu prüfen ist grundsätzlich immer, inwieweit der Einsatz eines Freiwilligen des Bundesfreiwilligendienstes bzw. des Freiwilligen Sozialen Jahres den Betreuungsbedarf des pflegebedürftigen Menschen decken kann.

3.8 Altenpflegeausbildungsumlage

Zur Finanzierung der Ausbildung in der Altenpflege berechnen alle Pflegedienste einen prozentualen Aufschlag auf den Rechnungsbetrag der erbrachten Pflegeleistungen (nicht auf die Investitionskosten und auf hauswirtschaftliche Leistungen nach den §§ 27 Abs. 3 und 70 SGB XII). Dieser Aufschlag wird jährlich spätestens bis zum 31. Dezember eines Jahres jeweils mit Wirkung zum 01. Februar des folgenden Jahres per Bescheid der Hamburgischen Pflegegesellschaft e.V. als beliehene Stelle für die Durchführung der Altenpflegeumlage neu festgesetzt. Die Höhe des prozentualen Aufschlags ist für den jeweiligen Dienst der Datenbank Pflegedienste zu entnehmen.

3.9 Investitionskosten
Investitionskosten können von ambulanten Pflegediensten abgerechnet werden, wenn sie eine Vereinbarung mit dem Sozialhilfeträger gemäß § 75 Abs. 5 SGB XII abgeschlossen haben. Die Höhe des vereinbarten Betrages ist der  Datenbank Pflegedienste zu entnehmen.

Investitionskosten werden nicht von den Pflegekassen übernommen.

Abrechnung:

Die Investitionskosten können pro Tag und pflegebedürftigem Menschen nur zusätzlich in Verbindung mit der Erbringung von Leistungskomplexen oder Stundenvergütungen abgerechnet werden. Investitionskosten sind auch dann im Rahmen der Hilfe zur Pflege bewilligen, wenn die pflegebedürftige Person keine ergänzende Sozialhilfe für die Pflegeleistungen erhält. Entscheidend ist, dass die sozialhilferechtlichen Voraussetzungen erfüllt sind und eine Kopie der Leistungsabrechnung mit der Pflegekasse vorgelegt wird. Für Leistungen nach dem SGB V oder den §§ 27 (3), 53, 54, 70 und 71 SGB XII dürfen Investitionskosten nicht in Rechnung gestellt und nicht bewilligt werden.

Zu bewilligen sind Investitionskosten auch bei Leistungen im Rahmen des Leistungskomplexsystems unterhalb der Pflegestufe 1 (Pflegestufe „0“) und der „Anderen Verrichtungen“ nach § 61 Abs. 1 Satz 2 SGB XII.

3.10 Erbringung von Pflegesachleistungen durch auswärtige Pflegedienste

3.10.1 Soll ein Pflegedienst, der keinen Sitz in Hamburg hat die erforderlichen Leistungen bei pflegebedürftigen Hilfeempfängern, die in Hamburg leben und für die der Sozialhilfeträger Freie und Hansestadt Hamburg Kostenträger für die Leistungen nach dem 7. Kapitel SGB XII ist, durchführen, ist folgendes Verfahren einzuhalten:

  • Der Pflegedienst weist eine abgeschlossene Vergütungsvereinbarung mit dem örtlichen Träger der Sozialhilfe vor. Voraussetzung für die Leistungserbringung ist, wie auch in Hamburg, eine Zulassung nach § 72 SGB XI.
  • Die Hilfebedarfsfeststellung erfolgt weiterhin durch die zuständige bezirklichen Stelle (GS oder GA) nach Hamburger Leistungskomplexen. In einem Kostenvoranschlag für die Abdeckung des hier ermittelten Bedarfs, legt der auswärtige Dienst sein Angebot zur Leistungserbringung dar. Der Bedarf muss im vollen Umfang, unabhängig von der dortigen Definition der Leistungskomplexe und der Investitionskosten, maximal zum Preis nach Hamburger Basispunktwert (2015: 0,0452 und 2016: 0,0464) abgedeckt werden.
  • GS gleicht in dem Fall den Endbetrag ab und stimmt bei gleichem bzw. niedrigerem Wert einer Leistungserbringung durch den auswärtigen Pflegedienst zu.
  • Sollten Mängel in der Leistungserbringung bekannt werden, wird der Hinweis von GS über die BGV/G233 an die Pflegekassen in Hamburg transportiert, welche die Pflegekassen in Schleswig-Holstein bzw. Niedersachsen über die Situation informieren. Die Pflegekassen können dann Qualitätsprüfungen beauftragen, die durch den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) durchgeführt werden.

3.10.2 Erbringt ein Pflegedienst, der keinen Sitz in Hamburg hat die erforderlichen Leistungen bei pflegebedürftigen Hilfeempfängern, die außerhalb von Hamburg leben und für die der Sozialhilfeträger Freie und Hansestadt Hamburg lediglich Kostenträger nach § 98 Abs. 5 SGB XII ist, gelten die jeweiligen Vergütungsvereinbarungen mit dem örtlichen Träger der Sozialhilfe.

3.11 Leistungsabrechnung

Abrechnungen der Leistungserbringer sind nur dann zu bearbeiten, wenn der monatliche Leistungsnachweis beigefügt und korrekt ausgefüllt ist. Die vom Pflegedienst durchgeführten Leistungen sind täglich mit Handzeichen und Uhrzeitangabe von der durchführenden Pflegekraft abzuzeichnen und durch Unterschrift des pflegebedürftigen Menschen/bzw. Angehörigen monatlich zu bestätigen. Nicht korrekt ausgefüllte Leistungsnachweise sind konsequent zurückzuweisen.

Die Rechnungsbearbeitung erfolgt auf der Grundlage des qualifizierten Summenabgleichs:

Mit der Grundbewilligung wird für einen idealtypischen Monat ( 31 Tage mit 10 Tagen Wochenende/Feiertage) die Leistungshöhe festgelegt. Basis für die Berechnung der Marge ist der Betrag der Grundbewilligung.

Sofern die Rechnung nicht mehr als

  • 4 % der Rechnungssumme nach oben
  • 6 % der Rechnungssumme nach unten
    (für Februar 12 % nach unten)

abweicht, kann die Rechnung ohne Prüfung der Einzelpositionen angewiesen werden.

Liegt der Rechnungsbetrag außerhalb der zulässigen Marge, erhält die Sachbearbeitung einen Hinweis. Der Grund hierfür ist zu prüfen und das Ergebnis in einem Vermerk darzustellen.

Bei Über- oder Unterschreitung der Marge in mehr als drei aufeinander folgenden Monaten, erhält die Sachbearbeitung einen Hinweis. Es ist dann eine Überprüfung durch den zuständigen Fachdienst zu veranlassen (gilt nicht bei Abweichungen durch Krankenhausaufenthalt, Reha oder Kurzzeitpflege).

Rechnungen, die nach diesem Verfahren vom bewilligten Leistungsumfang abweichen, ohne dass die Abweichung und ihre Dauerhaftigkeit kurz erläutert sind, sind konsequent zurückzuweisen.

Wie stelle ich einen Antrag auf Hilfe zur Pflege?

Der Antrag auf „Hilfe zur Pflege“ kann beim Sozialamt des zuständigen Bezirksamtes gestellt werden. Wichtig dabei ist, dass alle angeforderten Unterlagen eingereicht und alle finanziellen Belastungen belegt werden. Dies ist eine sogenannte Mitwirkungspflicht.

Wann geht man zum Sozialamt?

Sozialhilfe umfasst hauptsächlich Leistungen für Menschen, die nicht erwerbsfähig und nicht in der Lage sind, für ihren Lebensunterhalt selbst aufzukommen. Sozialhilfeleistungen gibt es nur, wenn weder der Betroffene selbst, noch Angehörige, noch andere Sozialversicherungsträger für dessen Bedarf aufkommen können.