Ist Harry Quebert eine wahre Geschichte?

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Es ist der Aufmacher jeder Nachrichtensendung. Im Garten des hochangesehenen Schriftstellers Harry Quebert wurde eine Leiche entdeckt. Und in einer Ledertasche direkt daneben: das Originalmanuskript des Romans, mit dem er berühmt wurde. Als sich...

Ist Harry Quebert eine wahre Geschichte?

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Sollen wir mit der guten oder mit der besseren Nachricht anfangen? Mit der guten! Man kann einen Roman, einen umfangreichen noch dazu, tatsächlich zu Ende lesen, dessen sogenanntes Vorwort mit einem Satz beginnt, dessen Umsetzung in der Wirklichkeit wir uns lieber nicht vorstellen: „Das Buch war in aller Munde.“

Marcus Goldman, der Autor des bewussten Buches, eines Millionensellers, hat im selben Absatz auch noch eine unangenehme Begegnung mit seinem Doorman. Als der Goldmans Buch mit dem Titel „Die Wahrheit über den Fall Harry Quebert“ zu Ende gelesen hatte, „nagelte er mich vor dem Fahrstuhl fest, um mir sein Herz auszuschütten“. Wir erwähnen es nur vorsichtig, sonst bekommt die Sache mit Joël Dickers in Frankreich hochgefeiertem und millionenfach verkauftem Krimi „Die Wahrheit über den Fall Harry Quebert“ eine Schlagseite, die der Roman eigentlich nicht verdient. Die bessere Nachricht ist nämlich: Man kann einen Roman, der so fatal beginnt, nicht nur zu Ende lesen, sondern das auch noch mit Gewinn.

Joël Dicker kannte keiner, als im vergangenen Jahr sein zweiter Roman erschien. Geboren in Genf, sieben Jahre lang Herausgeber und Redakteur der Tierzeitschrift „Gazette des Animaux“, studierter Jurist, Autor eines ziemlich gefloppten Erstlings. „Die Wahrheit über den Fall Harry Quebert“, ein Roman-im-Roman-im-Roman, der sich unter anderem ums Bestsellerschreiben, den literarischen Ruhm und dessen schreibhemmende Folgen dreht, wurde unversehens, aber geschickt gesteuert von Dickers französischem Verleger, zum Millionenerfolg, erhielt den großen Romanpreis der Académie française, erscheint jetzt in 30 Ländern (in Deutschland mit einer mutigen Startauflage von 100.000 Exemplaren) und machte den jetzt 28-Jährigen so bekannt wie Marcus Goldman, den fabelhaften Schriftsteller in seinem eigenen Buch.

Nun nach Aurora, New Hampshire. Ein Gemeinwesen, das es natürlich gar nicht gibt. Man muss es sich als amerikanische Ostküstenidylle vorstellen. So still, so pastellig, so friedlich wie von Edward Hopper zwischen Atlantik und tiefdunklen Wäldern hingemalt. „Man meint, hier könnte nichts Böses geschehen.“ Da wohnt ganz allein in einer riesigen Schriftstellervilla der Schriftsteller Harry Quebert, den wir uns als Quersumme von John Irving, Norman Mailer und Philip Roth vorstellen müssen. 1976 hat er einen Klassiker veröffentlicht. „Der Ursprung des Übels“ heißt er. Die Geschichte einer tragisch endenden sehr besonderen Liebe.

15 Millionen verkaufte Exemplare, National Book Award, National Literary Award (den es gar nicht gibt). Kolumnist für den „Boston Globe“. Ein Aushängeschild der liberalen Intelligenzija.

Zu dem flüchtet im Jahr 2008 Marcus Goldman, den er mal seinen klügsten und hoffnungsvollsten Schüler genannt hat. Was er zu bestätigen schien, denn Goldman hat als Debüt einen Millionenseller geschrieben. Leider hat er im Überschwang der Gefühle gleich einen Fünf-Bücher-Vertrag unterzeichnet. Nun sitzt er am Zweitling. Monate hat er vor leeren Seiten zugebracht, nichts fällt ihm ein, alles hat er versucht. Er hat den Verleger im Nacken und den Bankrott vor Augen. Harry, der sonst immer half, soll helfen. Das tut er auch. Aber anders als gedacht.

„Die Wahrheit über den Fall Harry Quebert“ ist ein aus einem Blatt Papier gefaltetes Origamihaus mit 31 Zimmern. An jeder Zimmertür hängt ein Schild, auf dem Harry Quebert seinem Schüler Weisheiten zum Bestsellerschreiben aufgemalt hat, Lebensregeln zur Schriftstellerei als Beruf und Berufung – dass ein Buch ein Kampf ist, was die Schriftstellerkrankheit ist (nicht mehr schreiben zu wollen, aber es auch nicht mehr lassen zu können). In den einzelnen Zimmern geht es dann in zum Teil atemberaubenden chronologischen Sprüngen durch die Geschichte des Falles Nola Kellergan von den späten Sechzigern bis ins Jahr 2008. Dicker wechselt die Perspektive, die Tonlage, zitiert aus Queberts Werk, schlägt in immensem Tempo mehr Haken durch die Gänge und Winkel seines scheinbar irrwitzigen Romanhauses, als einem von Hunden gejagten Hasen auf freiem Feld guttäte. Anders als der Hase kommt Dicker (und sein Leser) am Ende aber heil heim in seine Sasse. Schwer atmend allerdings.

Alles beginnt am 30. August 1975. Deborah Cooper, eine für seltsame Anzeigen bekannte Seniorin, meldet der Polizei telefonisch, dass sie gesehen hat, wie Nola Kellergan von einem Mann in den Wald gejagt wird. Minuten später ist Deborah Cooper tot und Nola, die ganz Aurora den Kopf verdrehte wie weiland Lolita Nabokovs Humbert Humbert, verschwunden. Das bleibt sie auch. So lange, bis Marcus Goldman durch Zufall herausfindet, dass Quebert und Nola just in jenem Sommer eine Affäre hatten. Und sich „Der Ursprung des Übels“ auch anders lesen lässt. Als dann in Queberts Garten die sterblichen Überreste des rätselhaften Mädchens gefunden werden und Harry als Mörder und Mädchenverführer ins Gefängnis kommt, hat Harry seinem Schüler tatsächlich geholfen, hat ihm zu einer Geschichte verholfen. Marcus Goldman sucht die Wahrheit im Fall Harry Quebert. Joël Dicker hält sich an beinahe jedes der Bestsellerrezepte Queberts bis hin zu dem, ein Zeitgeschichtsverweissystem in die Geschichte einzubauen, dass Leser, die mit dem Plot nichts anfangen können, am Ende ein bisschen gebildet aus dem Roman gehen.

Bevor jetzt allerdings der Eindruck entsteht, Dickers irvinesk umfangreicher Roman sei eine gesellschaftliche Analyse – er ist ein Spiel. Dicker spielt mit allem. Mit Anspielungen auf Vladimir Nabokov, mit Plotstrukturen, mit seinen Figuren und ihren Konventionen im klassischen amerikanischen Roman. Harry Quebert zum Beispiel ist die Parodie eines Campus-Roman-Professors. Wie der Mann mit dem, was er in der „Wahrheit“ an Weisheiten von sich gibt, zum Günter Grass der USA geworden sein soll, bleibt herzlich schleierhaft. Wie Dicker trotzdem, trotz seiner Spiellaune und Spielerei, halbwegs tiefe Figuren herausschraffiert, die Balance behält in dieser postmodern-luftküssenden Geschichte, ist schon verblüffend. Und höchst unterhaltsam.

Am Ende kennt man die Wahrheit im Fall Harry Quebert tatsächlich. Und legt das Buch schwer atmend, aber ob der erzählerischen Akrobatik dieses kriminalliterarischen Vexierspiels leicht begeistert beiseite. Könnte sein, dass Dickers „Wahrheit“ bald in aller Munde ist. Nageln Sie mich jetzt aber nicht fest.

Joël Dicker: Die Wahrheit über den Fall Harry Quebert Piper, München736 S., 16,99 Euro

Was geschah mit Harry Quebert?

Quebert lädt ihn zu Besuch in seiner Strandvilla ein. Dort kommt es zu einem schockierenden Ereignis: Die Polizei findet im Garten die Leiche eines Mädchens, das bereits vor Jahren verstorben ist. Quebert gibt zu, vor 30 Jahren mit der damals 15-Jährigen eine Affäre gehabt zu haben und wird verhaftet.

Wer hat Nola umgebracht?

Chief Pratt hat Deborah Cooper erschossen und Nola wurde von Travis kurz darauf erschlagen.

Wie endet Harry Quebert?

Nachdem die Morde aufgeklärt sind und Quebert von jedem Verdacht reingewaschen ist, lässt Goldman am Ende auch dem zu Unrecht beschuldigten Caleb nachträglich Gerechtigkeit widerfahren.

Wann kommt der Film die Wahrheit über den Fall Harry Quebert?

Die Wahrheit über den Fall Harry Quebert Sendetermine 12.11.2020 – 06.10.2022 – fernsehserien.de.