Freistellungsbescheinigung nach § 48b estg voraussetzungen

Das BMF hat seine Aussagen zum Steuerabzug bei Bauleistungen partiell überarbeitet. Für die Praxis relevant sind insbesondere die neuen Aussagen zu Freistellungsbescheinigungen nach § 48b EStG.

Was ist eine Bauabzugsteuer?

Um die illegale Beschäftigung im Baugewerbe einzudämmen, hat der Steuergesetzgeber in 2001 einen Steuerabzug bei Bauleistungen eingeführt: Erbringt jemand im Inland eine Bauleistung (Leistender) an einen Unternehmer oder an eine juristische Person des öffentlichen Rechts (Leistungsempfänger), ist der Leistungsempfänger verpflichtet, von der Gegenleistung eine Bauabzugsteuer in Höhe von 15 % einzubehalten und an das Finanzamt abzuführen (§ 48 Abs. 1 Satz 1 EStG).

Steuerabzug entfällt bei Vorlage einer Freistellungsbescheinigung

Dieser Steuerabzug direkt an der Quelle erfolgt für Rechnung des Leistenden und soll das Steueraufkommen sichern; die Steuer darf vom Leistenden später auf seine zu entrichtende Einkommen-, Lohn-, bzw. Körperschaftsteuer angerechnet werden. Kann der Leistende dem Leistungsempfänger hingegen eine Freistellungsbescheinigung des Finanzamts (§ 48b EStG) vorlegen, entfällt die Pflicht zum Steuerabzug; gleiches gilt bei der Einhaltung bestimmter Freigrenzen oder im Falle der sog. Zwei-Wohnungs-Regelung.

Neues Anwendungsschreiben

Mit Schreiben vom 19.7.2022 hat das BMF seine aus dem Jahr 2002 stammenden Verwaltungsaussagen zur Bauabzugsteuer aktualisiert und die zwischenzeitlich ergangene BFH-Rechtsprechung eingearbeitet.

Bauunternehmer sollten zum Jahreswechsel die Freistellungsbescheinigung zur Bauabzugssteuer auf ihre Gültigkeit prüfen.

Unternehmer, die Bauleistungen erbringen und ihren Kunden deshalb eine Freistellungsbescheinigung des Finanzamts zur Bauabzugsteuer ausgehändigt haben, sollten die Gültigkeit dieser Freistellungsbescheinigung überprüfen. Viele Freistellungen verlieren zum Jahreswechsel ihre Gültigkeit.

Bauabzugsteuer: Diese Unternehmer sollten prüfen, ob die Freistellungsbescheinig noch gilt

Den Check der Freistellungsbescheinigung sollten folgende Unternehmer durchführen:

  • Unternehmer, die Bauleistungen in Auftrag gegeben haben und
  • Zusammenschlüsse von Unternehmern, wie zum Beispiel Personengesellschaften oder Arbeitsgemeinschaften aus dem Baugewerbe.
  • Auch Generalunternehmer, die nicht selbst als Bauunternehmer tätig werden, aber mit dem Leistungsempfänger über die Leistungen der Subunternehmer abrechnen, fallen unter den Anwendungsbereich des Steuerabzugs für Bauleistungen nach § 48 EStG.

Es empfiehlt sich, die an Kunden ausgehändigten Freistellungsbescheinigungen zur Bauabzugsteuer schnellstmöglich zu prüfen, um zu verhindern, dass die Kunden bei Begleichung von Rechnungen im Januar die 15%ige Bauabzugsteuer einbehalten und ans Finanzamt abführen. Das gilt ebenso für eine Zahlung mittels Aufrechnung. Auch hierfür muss zum Zeitpunkt der Aufrechnung eine gültige Freistellungsbescheinigung vorgelegt werden.

Das Bundeszentralamt für Steuern erteilt dem Leistungsempfänger im Wege der elektronischen Abfrage Auskunft über eine elektronisch gespeicherte Freistellungsbescheinigung.

Praxis-Hinweis: Bagatellgrenze

Es besteht keine Steuerabzugspflicht, wenn die Gegenleistung im laufenden Kalenderjahr voraussichtlich 15.000 EUR bzw. 5.000 EUR nicht übersteigt. Die Freigrenze von 15.000 EUR ist bei Leistungsempfängern anzuwenden, die ausschließlich steuerfreie Vermietungsumsätze nach § 4 Nr. 12 UStG ausführen. Für steuerpflichtige Umsätze gilt die Freigrenze von 5.000 EUR. Unter die Freigrenze von 5.000 EUR fallen auch Unternehmer, die juristische Personen des öffentlichen Rechts sind. Hierfür muss der Unternehmer eine Prognose seiner voraussichtlichen Gegenleistungen je leistendem Unternehmer vornehmen.

Praxis-Tipp: Wie das Überschreiten der Freigrenze vermieden werden kann

Häufig kann durch die Verschiebung bereits einer Gegenleistung in das neue Kalenderjahr das Überschreiten der Freigrenzen von 15.000 EUR bzw. 5.000 EUR vermieden werden.

Freistellungsbescheinigung für Bauleistungen ist ungültig: Was Bauunternehmer tun sollten

Ist eine Freistellungsbescheinigung zum Jahreswechsel ungültig geworden, sollten Bauunternehmer folgendermaßen vorgehen:

  • Beim Finanzamt ist umgehend eine neue Freistellungsbescheinigung zur Bauabzugsteuer zu beantragen und an die Unternehmenskunden auszuhändigen.
  • Stehen Zahlungen an, sollte ein Zahlungsaufschub gewährt werden, bis die neue Bescheinigung vorliegt. Das verhindert den Einbehalt der Bauabzugsteuer durch den Auftraggeber.

Gültigkeit der Freistellungsbescheinigung – Unternehmer muss 6 Monate vor Ablauf tätig werden

Die Freistellungsbescheinigung gilt ab dem Tag der Ausstellung (Ausstellungsdatum). Der Unternehmer sollte 6 Monate vor Ablauf der Bescheinigung einen Antrag auf Erteilung einer neuen Freistellungsbescheinigung stellen. Das Finanzamt erstellt dann eine Folgebescheinigung. Es erfolgt keine automatische Verlängerung, möchte der Unternehmer eine Folgebescheinigung muss er diese schriftlich beantragen.

Erfüllt der leistende Unternehmer seine steuerlichen Pflichten zuverlässig und wird der Steueranspruch nicht gefährdet, ist jedem Unternehmer, der entsprechende Leistungen ausführt eine Freistellungsbescheinigung auszustellen.

Achtung: Gefährdungstatbestände

Bereits das Vorhandensein nachhaltiger Steuerrückstände oder die wiederholte Angabe unrichtiger Angaben in der Steuererklärung kann als Gefährdungstatbestand angesehen werden und die Ausstellung einer Freistellungsbescheinigung verhindern. Auch wenn der leistende Unternehmer seiner Anzeigepflicht gem. § 138 AO nicht erfüllt, wird dies als Gefährdungstatbestand angesehen. Jedoch darf die Freistellungsbescheinigung vom Finanzamt nicht als Druckmittel für rückständige Steuerbeträge eingesetzt werden.

Wird der Betrieb eingestellt, ist das kein Grund die ausgestellte Freistellungsbescheinigung zu widerrufen. Lediglich eine Gewerbeuntersagung führt zu einer Widerrufung der ausgestellten Freistellungsbescheinigung.

Existenzgründer und auftragsbezogene Tätigkeiten

Bei Existenzgründern und Unternehmern, die nur kurzfristig – auftragsbezogen – im Inland ausführen, muss das Finanzamt nach § 48b Abs. 2 EStG eine Freistellungsbescheinigung erteilen. Ein Ermessen hat das Finanzamt in diesen Fällen nicht.

Freistellungsbescheinigung aus der Sicht des Auftraggebers

Für Unternehmer, die Bauleistungen im Sinn von §§ 48 ff. EStG in Auftrag gegeben haben, ist es enorm wichtig, im Zeitpunkt der Begleichung der Rechnung eine gültige Freistellungsbescheinigung des Auftragnehmers in den Händen zu halten. Ist die Freistellungsbescheinigung ungültig und die Bauabzugsteuer wird nicht eingehalten, kann das Finanzamt den Auftraggeber für den nicht einbehaltenen Betrag in Haftung nehmen.

Freistellungsbescheinigung für Bauleistungen ist ungültig: Was Auftraggeber tun sollten

Hat die vom Auftragnehmer ausgehändigte Freistellungsbescheinigung zum Jahreswechsel ihre Gültigkeit verloren, weil die Bescheinigung vom Finanzamt nur auf längstens 3 Jahre ausgestellt werden kann, empfiehlt sich für den Auftraggeber folgende Vorgehensweise:

Wie funktioniert 48 EStG?

Einkommensteuergesetz (EStG) § 48 Steuerabzug Bauleistungen sind alle Leistungen, die der Herstellung, Instandsetzung, Instandhaltung, Änderung oder Beseitigung von Bauwerken dienen. Als Leistender gilt auch derjenige, der über eine Leistung abrechnet, ohne sie erbracht zu haben.

Wann fällt Bauabzugssteuer an?

Wer unternehmerisch tätig ist und Arbeiten an oder in einem Haus verrichten lässt, muss seit 2002 in bestimmten Fällen 15 Prozent des Rechnungsbetrags einbehalten und an das Finanzamt abführen. Das ist die sogenannte Bauabzugsteuer, die zur Gruppe der Quellensteuern gehört.

Für was ist die Freistellungsbescheinigung?

Die Freistellungsbescheinigung nach Paragraf 48b EStG dient der Vermeidung der Bauabzugsteuer. Die Bescheinigung hat zugleich eine wichtige Funktion bei der Umsatzsteuer, da sie zum Nachweis der Eigenschaft als Bauleistender bei der Umkehr der Steuerschuldnerschaft (§ 13b UStG) benötigt wird.

Wie funktioniert Bauabzugssteuer?

Bestimmte Leistungsempfänger (Auftraggeber) haben für inländische Bauleistungen einen Steuerabzug in Höhe von 15 % der Gegenleistung einzubehalten. Der einbehaltene Betrag wird an das für die Besteuerung des Einkommens des Leistenden zuständige Finanzamt abgeführt.