Aussendienst fahrzeit gleich arbeitszeit

Das Arbeitszeitgesetz regelt die Bereiche Mehrarbeit, Überstunden, Feiertagsarbeit und den Schutz bestimmter Arbeitnehmergruppen. Ergänzt wird es durch: weitere Bestimmungen in Gewerbeordnung, Ladenschlussgesetz, Arbeitsförderungsgesetz (für Kurzarbeit), Beschäftigungsförderungsgesetz.

Grundsätzlich beschreibt der Begriff Arbeitszeit die Zeit vom Beginn der Arbeit bis zum Ende. Pausen über 15 Minuten werden nicht mitgerechnet.

Was gehört zur Arbeitszeit?

Nicht zur Arbeitszeit gehören Ruhepausen, wohl aber Zeiten der Arbeitsbereitschaft (Flüge oder Zugfahrten sind keine Arbeitszeit, anders Lenken eines Kfz; beim Beifahrer ist die Abgrenzung schwierig).

Unter Ruhepausen werden Unterbrechungen der Arbeit verstanden, die mindestens 15 Minuten andauern. Die Mittagspause gehört somit regelmäßig nicht zur Arbeitszeit. Anders wäre dies zu beurteilen, wenn im Tarifvertrag oder einer Betriebsvereinbarung ein anderes vereinbart wurde.

Viele Arbeitnehmer müssen zumindest von Zeit zu Zeit zu einem Kunden fahren - die Fahrtzeit zum ersten Kunden wird bei ausschließlich im Außendienst arbeitenden Arbeitnehmern voll zur Arbeitszeit gerechnet, da die Fahrt bereits zur arbeitsvertraglichen Hauptpflicht gehört. Gleiches gilt für die Rückfahrt vom letzten Kunden. Ist der Arbeitnehmer nicht ausschließlich im Außendienst tätig, so ist die Zeit, die üblicherweise zur Anfahrt in die Firma benötigt wird, keine Arbeitszeit, darüber hinausgehende Zeit, die für die Anfahrt zum ersten Kunden benötigt wird, ist indes Arbeitszeit. Die Zeit, die benötigt wird, um zum Arbeitsplatz zu fahren ist nämlich grundsätzlich keine Arbeitszeit, wenn es sich nicht um Außendienstmitarbeiter handelt.

Arztbesuche gehören nicht zur Arbeitszeit, diese sind grundsätzlich in der Freizeit durchzuführen. Ein anderes gilt nur in Notfällen oder wenn kein Termin in der Freizeit von Seiten des Arztes möglich ist. Mit entsprechender ärztlicher Bescheinigung besteht sodann Anspruch auf Vergütung auch für diesen Zeitraum.

Wie lange und wann darf gearbeitet werden?

Der Arbeitszeitschutz regelt nur die höchstzulässigen Zeiten. Durch allgemeine Arbeitszeitverkürzungen liegen die tatsächlichen Arbeitszeiten meist darunter. Die maximale Arbeitszeit ist im Arbeitszeitgesetz festgelegt und beträgt maximal 10 Stunden am Tag, jedoch nur ausnahmsweise. Im 6-Monats-Durchschnitt muss eine durchschnittliche Arbeitszeit von 8 Stunden werktäglich erreicht werden. Dies ist insbesondere bei Gleitzeit zu beachten. Die arbeitsvertragliche Vereinbarung einer größeren Stundenzahl ist nicht zulässig.

Beginn und Ende der Arbeitszeit sowie Pausen werden vom Arbeitgeber im Rahmen seines Direktionsrechts festgelegt. Zu beachten ist jedoch, dass eine Arbeitszeit ohne Pause nicht länger als 6 Stunden andauern darf. Nach dem Ende der Arbeitszeit ist eine Ruhepause von mindestens 11 Stunden erforderlich. Dieser Zeitraum kann u.U. auf 10 Stunden verkürzt werden, wenn innerhalb des gleichen Monats eine Pause von 12 Stunden an einem anderen Tag erfolgt. Arbeitnehmer müssen jedoch an mindestens 15 Sonntagen im Jahr frei haben und für einen gearbeiteten Sonn- oder Feiertag einen Ersatzruhetag erhalten.

An Sonntagen und gesetzlichen Feiertagen ist keine Beschäftigung erlaubt, sofern keine der zahlreichen Ausnahmen zur Anwendung kommt.

Weitere Informationen zum Thema

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Arbeitszeit und Weisungsrecht

Urteile zum Thema Arbeitszeit

Die Vergütungspflicht für Fahrzeiten kann nicht durch eine Betriebsvereinbarung eingeschränkt werden, wenn sie bereits durch einen Tarifvertrag geregelt ist. Dies hat das BAG im Fall eines Außendienstmitarbeiters klargestellt und die Sache an die Vorinstanz zurück verwiesen.

Die Frage nach der Vergütung von Fahrzeiten und ob diese auch zur Arbeitszeit im Sinne des Arbeitszeitgesetzes zählen, beschäftigt die Gerichte regelmäßig. Der direkte Weg eines Arbeitnehmers zur Arbeit und zurück wird nicht als Arbeitszeit anerkannt. Fahrzeiten eines Außendienstmitarbeiters sind dagegen grundsätzlich Arbeitszeit. Doch handelt es sich bei Fahrten eines Außendienstmitarbeiters zum ersten Kunden und vom letzten Kunden zurück nach Hause um vergütungspflichtige Arbeitszeit? Das BAG musste sich mit dieser Frage auseinandersetzen.

Betriebsvereinbarung: An- und Abfahrtszeiten zu Kunden keine Arbeitszeit?

An- und Abfahrten zum Kunden unter 20 Minuten Fahrt wurden in dem aktuellen Fall durch eine Betriebsvereinbarung als Arbeitszeit ausgeschlossen. Die Erfurter Richter hielten diese Regelung für unwirksam. Hintergrund war eine tarifvertragliche Regelung.

Die Betriebsvereinbarung regelt, dass die Anfahrtszeit zum ersten Kunden sowie die Abfahrtszeit vom letzten Kunden nicht zur Arbeitszeit zählen, es sei denn An- und Abreise dauern länger als 20 Minuten. In diesem Fall zählt die 20 Minuten übersteigende Fahrtzeit zur Arbeitszeit. Der Arbeitgeber stellte entsprechend die Fahrzeiten des Arbeitnehmers von der Wohnung zum ersten Kunden und vom letzten Kunden nach Hause - bis zu einer Dauer von 20 Minuten - nicht als Zeiten geleisteter Arbeit in das Arbeitskonto ein. Der Arbeitnehmer erhielt dafür auch keine Vergütung.

Der Arbeitnehmer, in dem Fall ein Servicetechniker im Außendienst, verlangte daraufhin, seinem Arbeitszeitkonto Fahrtzeiten im Umfang von 68 Stunden und 40 Minuten gutzuschreiben und hilfsweise an ihn 1.219,58 Euro brutto nebst Zinsen zu zahlen. Der Arbeitgeber verweigerte die Zahlung unter Hinweis auf die Regelung in der Betriebsvereinbarung, die einen Anspruch auf Vergütung ausschließe. Der Arbeitgeber ist aber an die Tarifverträge des Groß- und Außenhandels Niedersachsen gebunden. Kraft dynamischer Bezugnahme im Arbeitsvertrag finden diese Tarifverträge auf das Arbeitsverhältnis Anwendung.

BAG: Vergütungsanspruch nicht ausgeschlossen durch Betriebsvereinbarung

Während die Vorinstanzen die Klage abwiesen, entschied das Bundesarbeitsgericht, dass der Außendienstarbeiter mit den Fahrten von seiner Wohnung zum ersten Kunden und vom letzten Kunden zurück seine vertraglich geschuldete Arbeitsleistung erfülle. Ein daraus resultierender Vergütungsanspruch werde durch die Regelung in der Betriebsvereinbarung nicht ausgeschlossen.

Verstoß gegen Tarifsperre

In der Begründung wiesen die obersten Arbeitsrichter darauf hin, dass Regelungen in einer Betriebsvereinbarung, welche die vergütungspflichtigen Fahrtzeiten eines Außendienstmitarbeiters verkürzen, unwirksam sind, wenn diese laut dem einschlägigen Tarifvertrag uneingeschränkt der entgeltpflichtigen Arbeitszeit zuzurechnen und mit der tariflichen Grundvergütung abzugelten sind. Nach Überzeugung des Gerichts handelte es sich im konkreten Fall um einen Verstoß gegen die Tarifsperre des § 77 Abs. 3 Satz 1 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG), da die Regelung in der Betriebsvereinbarung einen tariflich geregelten Gegenstand betraf. Nach dem einschlägigen Tarifvertrag sind sämtliche Tätigkeiten, die ein Arbeitnehmer in Erfüllung seiner vertraglichen Hauptleistungspflicht erbringt, mit der tariflichen Grundvergütung abzugelten.

Tarifvertrag: An- und Abfahrtszeit zum Kunden ist Arbeitszeit

Dazu gehören aus Sicht des Gerichts bei Außendienstmitarbeitern die gesamte, für An- und Abfahrten zum Kunden aufgewendete Fahrtzeit. Da der Tarifvertrag keine Öffnungsklausel zugunsten abweichender Betriebsvereinbarungen enthalte, sei die Regelung wegen Verstoßes gegen die Tarifsperre unwirksam. Arbeitsentgelte, die durch Tarifvertrag geregelt sind, können nicht Gegenstand einer Betriebsvereinbarung sein.

Kein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats

Das BAG wies darauf hin, dass die Tarifsperre auch nicht wegen eines Mitbestimmungsrechts des Betriebsrates aufgehoben sei. Aufgrund der Bindung des Arbeitgebers an die fachlich einschlägigen Tarifverträge des Groß- und Außenhandels Niedersachsen, welche die Vergütung für geleistete Arbeit auch in Bezug auf Fahrtzeiten der Außendienstmitarbeiter abschließend regeln, bestehe schon insoweit kein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats.

Das BAG kam deswegen zu dem Ergebnis, dass der Außendienstmitarbeiter vom Arbeitgeber die Vergütung der umstrittenen Fahrtzeiten verlangen kann, soweit die vertraglich geschuldete regelmäßige Arbeitszeit überschritten wurde. Ob dies der Fall ist, konnte das BAG nicht abschließend entscheiden und entschied die Sache zurück an das Landesarbeitsgericht.

Hinweis: BAG, Urteil vom 18.03.2020, Az: 5 AZR 36/19; Vorinstanz: LAG Düsseldorf, Urteil vom 14.12.2018; Az: 10 Sa 96/18

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Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat nun festgestellt, dass die Fahrten, die Arbeitnehmer ohne festen oder gewöhnlichen Arbeitsort zwischen ihrem Wohnort und dem Standort des ersten und des letzten Kunden des Tages zurücklegen, Arbeitszeit darstellen.

Wo fängt die Arbeitszeit an?

Denn die eigentliche Arbeitszeit beginnt formal mit dem Betreten des Firmengeländes. Das heißt: Der Gang vom Eingang bis zum konkreten Arbeitsplatz zählt ge nauso dazu wie die Zeit, bis alle Arbeitsgeräte einsatzbereit sind, zum Beispiel das Hochfahren des Computers oder das Einräumen ei ner Auslage.

Was gehört in die Arbeitszeit?

Unter der Arbeitszeit versteht man die Zeit vom Beginn bis zum Ende der Arbeit – ohne die Ruhepausen. So ist es im Arbeitszeitgesetz (§ 2 Abs. 1 ArbZG) geregelt. Die Mittagspause oder andere Pausenzeiten zählen deshalb grundsätzlich nicht zur Arbeitszeit.

Ist der Heimweg Arbeitszeit?

Fahren Arbeitnehmer von ihrem Wohnort mit dem Firmenfahrzeug direkt zum ersten Kunden und am Ende des Tages vom letzten Kunden nach Hause zurück, stellt die für die An- und Heimfahrt aufgewendete Zeit Arbeitszeit dar. Dies hat der EuGH mit Urteil vom 10. September 2015, C-266/14 entschieden.