Wie lange ist Putin noch im Amt

Dass Amtseinführung und Vereidigung auf den 7. Mai fallen, ist kein Zufall. Wladimir Putin hat im Verlauf seiner Karriere schon immer dieses Datum verwendet. Es liegt günstig in einer Art kalendarischer Dramaturgie, die alljährlich die einrahmenden Feiertage mit sich bringen.

Seit dem 1. Mai, auch in Russland der Tag der Arbeit, und noch bis zum 9. Mai, dem Tag des Sieges über Nazi-Deutschland, befinden sich weite Teile des Landes in einer frühlingshaften Ferienstimmung - die Hauptstadt Moskau ist deutlich weniger geschäftig als zu anderen Zeiten.

Moskau hat zu jeder Amtseinführung die Bühne für ihre Symbolik geboten. Vor sechs Jahren hatten die Dramaturgen es so eingerichtet, dass der gewählte Präsident vom Sitz der Regierung, wo er vier Jahre lang als Ministerpräsident gearbeitet hatte, in einem überlangen, schwarzen Mercedes einige Kilometer zum Kreml gefahren wurde, zum Sitz des Präsidenten.

Ein Amtsantritt zum Wohlfühlen

Das Fernsehen zeigte damals etwas, was sonst zu keiner Uhrzeit vorkommt: menschenleere Moskauer Straßen. Noch am Tag zuvor hatte es eine Großdemonstration gegen Putins erneuten Amtsantritt gegeben, die gewaltsam aufgelöst wurde. Alexej Wenediktow, Chefredakteur des Senders Echo Moskwy, darüber, weshalb diesmal anders geplant worden ist:

"Alle Möglichkeiten wären schlecht: Variante A: Putin fährt durch die leere Stadt - dann könnte man sagen, er habe Angst vor dem Volk; Variante B: Putin fährt ohne Konvoi durch die Stadt - dann könnte man sagen, er habe sich im Kreml eingekapselt; Variante C: Wenn die drei Millionen Moskauer, die für ihn gestimmt haben, mit Flaggen an den Straßen stünden - könnte man sagen: Sie sind dort zusammengetrieben worden. Also wird es so: Putin, ein Mensch, dem Symbole viel bedeuten, wird nach der Vereidigung draußen im Hof des Kremls Freiwillige treffen, die an seinem Wahlkampf teilgenommen haben."

Symbolpolitik und Widerstand

Viele der Freiwilligen, die ihm geholfen haben, sind Anfang zwanzig. In der Zeit vor der Wahl hatte sich Putin wiederholt im Kreis junger Russinnen und Russen gezeigt, was so interpretiert wurde, als wolle der immerhin schon 18 Jahre lang Regierende unter Beweis stellen, er habe noch politische Ideen für deren Zukunft.

Dass sie auf die Politik Wladimir Putins längst nicht mehr setzen, haben vorgestern Tausende andere junge Leute in Dutzenden Städten des Landes buchstäblich demonstriert. Sie sind einem neuerlichen Aufruf des Oppositionsaktivisten Alexej Nawalnyj gefolgt und haben ihrer Unzufriedenheit Ausdruck verliehen. Weil die Teilnahme an nicht genehmigten Demonstrationen strafbar ist, sind nach Angaben einer NGO landesweit mehr als 1.600 Menschen festgenommen worden.

Weniger Geld für das Militär?

Sobald Wladimir Putin heute den Eid auf die russische Verfassung geleistet haben wird, beginnt seine zweite sechsjährige Amtszeit, seine insgesamt vierte als Präsident der Russischen Föderation. Eine der Kernfragen, auf die es nach wie vor keine präzisen Antworten gibt, lautet: Welche Politik wird er insbesondere im Innern betreiben?

Es gibt Meldungen russischer Medien, denen zufolge dem Präsidenten Reformvorschläge vorliegen, ausgearbeitet unter Federführung des einstigen wirtschaftsliberal handelnden Finanzministers Alexej Kudrin, der Putin weiter berät. Im Grundsatz solle es mehr Geld für den Gesundheitssektor, für Bildung und Infrastruktur geben, weniger dagegen für das Militär.

Andrej Kolesnikow, Politologe am Carnegie Center in Moskau, warnt aber im Sender Doschd vor großen Erwartungen an kommende Veränderungen: "Die Autoren wissen, was die Militärlobby ist, was die Rüstungslobby ist. Sie wissen, was die Lobby der Mitarbeiter in den Sicherheitsorganen und im Geheimdienst ist. Deswegen wollen sie ihnen nur allmählich das Geld kürzen. Es wird keine Revolution geben. Das ist ein langsamer, rationaler und gradueller Prozess."

Außerdem wird erwartet, dass auf Russland Steuererhöhungen sowie ein höheres Renteneintrittsalter zukommen. Als sicher gilt auch, dass die Regierung umgebildet wird. Maßgeblich sind die Posten des Ministerpräsidenten, des Finanzministers sowie die Minister für Äußeres und Verteidigung. Möglich, dass die einflussreiche Präsidialverwaltung teilweise neu aufgestellt wird. Die neue Regierung könnte innerhalb weniger Tage ihre Arbeit aufnehmen.

Russische Partei macht Vorschlag: Bald kein „Präsident“ mehr? Partei will Putin zum „Herrscher“ machen

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Wie lange ist Putin noch im Amt

Getty Images Wladimir Putin

    Donnerstag, 14.07.2022, 07:52

    Das Wichtigste

    • Hat Wladimir Putin bald einen neuen Titel?
    • Eine russische Partei schlägt vor, Putin nicht mehr "Präsident" zu nennen.
    • Die Kritik: Der Titel sei zu westlich. Stattdessen solle lieber der Begriff "Pravitel" verwendet werden.

     

    Eigentlich hätte Wladimir Putin 2024 abtreten müssen. Doch aufgrund einer Verfassungsänderung kann der russische Präsident in Russland noch bis 2036 weiterregieren. Doch nennt sich Putin dann weiter Präsident? Die Liberal-Demokratische Partei Russlands (LDPR) plant, Putins Jobbezeichnung zu ändern. Die kuriose Begründung: „Präsident“ sei ein westlich geprägter Begriff und stamme aus den USA. Außerdem habe der Begriff noch nicht vollends Fuß gefasst in Russland.

    Der Vorschlag der LDPR, die auch im russischen Parlament sitzt und als Kreml-treu gilt: Putin solle in Zukunft als „Pravitel“ bezeichnet werden, was übersetzt so viel wie „Herrscher“ bedeutet, zitieren mehrere Medien, darunter „ Newsweek “, die russische Staatsagentur Ria Novosti. Der Begriff sei „verständlicher“ für das russische Volk.

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    Bereits 2020 hatte der damalige Parteichef der LDPR, Wladimir Schirinowski, vorgeschlagen, den russischen Präsidenten „Oberster Führer“ zu nennen. Ein Kreml-Sprecher hatte damals gesagt, Putin selbst habe keine Meinung dazu.

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    til

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    Leser-Kommentare (69)

    Bei den folgenden Kommentaren handelt es sich um die Meinung einzelner FOCUS-online-Nutzer. Sie spiegeln nicht die Meinung der Redaktion wider.

    Donnerstag, 21.07.2022 | 15:38 | Klaus Rosalewski

    Dei Parteigenossen wollen es, und das Volk?

    Dieser kleine Größenwahnsinnige Putin und deren Kreml Genossen mögen es so wollen. Aber habe diese denn auch mal das Volk Gefragt? Die sollten mal eine Bürgerbefragung per Briefwahl machen dann kann man sehen wie viele Bürger klar und ohne Zwang zu dieser Entscheidung stehen. Wer fühlt sich unter solch einem Herscher schon Wohl? Wie heißt es doch: Nicht die Götter sondern, Die Genossen müssen Verrückt sein.

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    Weitere Kommentare (10)

    Sonntag, 17.07.2022 | 17:18 | Erwin Schmaderer

    Egal

    welche Bezeichnung man Putin zuerkennt. Die ganze Diskussion ist unsinnig, da Putin Putin bleibt, egal ob Präsident oder Führer!

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    Sonntag, 17.07.2022 | 10:25 | Rudi Menter

    Warum nicht einmal ehrlich zu sich selber sein?

    Wenn Russland sein politisches System endlich so einschätzt, wie es der Rest der Welt macht, dann sollten sie auch so konsequent sein und Putin den Titel des Führers geben. Noch passender wäre der Ober-Kleptokrat, aber soviel Selbstreflexion darf man dann wohl doch nicht erwarten.

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    Samstag, 16.07.2022 | 13:18 | Hubert Schulze  | 1 Antwort

    Wie wäre es

    mit "Cäsar"? Okay, das gabs zwar auch schonmal, kommt aber seinem Ego doch ziemlich nahe. Auch zur damaligen Zeit wurde der Imperialismus verherrlicht und aktiv gelebt.

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    • Sonntag, 17.07.2022 | 10:27 | Rudi Menter

      Der verhinderte Imperator

      Damals im römischen Reich war der Imperialismus allerdings noch mit Erfolg gekrönt, was man von dem russischen Überfall zum Glück ja nicht wirklich sagen kann.

    Freitag, 15.07.2022 | 15:41 | Robert Hillmann

    das

    Wort Schlächter würde es besser treffen. Bereit in Syrien hatte es sich diese Bezeichnung verdient. Jetzt macht er in der Ukraine weiter.

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    Freitag, 15.07.2022 | 11:05 | Adrian Letec

    Wie alt soll denn der Putin werden?

    vielleicht eine Chance für Doppelgänger in den nächsten 200 Jahren. Es soll sich nichts und es wird sich nichts ändern in Russland. Man muss sich also leider auch militärisch sehr vorsehen, je näher man an Russland dran ist.

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    Mittwoch, 13.07.2022 | 22:07 | Jürgen Davenport

    Pravitel

    Wenn „oberster Herrscher“ der Begriff ist, den die russische Seele versteht und will, darf man sich nicht wundern, wie einfach dieses gern leidende Volk zu lenken ist!

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    Mittwoch, 13.07.2022 | 00:04 | Ulrike Dreher  | 1 Antwort

    gibt es wiklich noch jemanden

    der meint, man könnte Putin "nicht mit Hitler vergleichen"??? Führerkult? Großmachtsphantasien? Größenwahn? Menschenverachtend? Massenmörder? Foltergefängnisse? Propaganda? Unterdrückung der eigenen Bevölkerung? Keine Rechtsstaatlichkeit, Meinungsfreiheit, Pressefreiheit, Menschenwürde? Genozid? Diktatur? Ermordung politischer Gegner? Angriffskrieg unter dem Vorwand der "Selbstverteidigung"? Von wem rede ich wohl???? Hitler oder Putin? Wenn Sie diese Frage nicht beantworten können... Kann man die beiden wohl doch ganz gut vergleichen...

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    • Donnerstag, 14.07.2022 | 11:40 | horst rüttinger

      Fr. Dreher,

      Ihren Kommentar kann man nur unterschreiben, alles richtig, dass wir in Deutschland soviele Leute haben, die das immer noch nicht kapiert haben ist mehr als verwunderlich, wahrscheinlich sind sie der Propaganda des Putin Regimes erlegen, unfassbar.

    Dienstag, 12.07.2022 | 21:17 | Thomas Sachse  | 1 Antwort

    Putin auf dem Weg zu goldenen Denkmälern

    Treffender wäre noch „Imperator“, „Größter Feldherr aller Zeiten“ oder einfach nur „Führer“. Toll ist, das die Antourage im Kreml scheinbar jeden noch so kindlich-absurd-größenwahnsinnigen Wunsch, des „Herrschers“ mit so viel Begeisterung von den Augen abliest und in stets vorauseilenden Gehorsam, brav erfüllt. Ganz nach dem Prinzip „Führer befiel, wir folgen“ Es muss sehr frustrierend sein, wenn man heute als Russe ein gebildeter und reflektierter Mensch ist.

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    • Sonntag, 17.07.2022 | 11:04 | Rudi Menter

      T. Sachse

      Der Begriff "Führer" ist politisch völlig passend. Der Titel des "Größten Feldherren aller Zeiten" ist angesichts der mangelhaften Erfolge seiner Armee zum Glück aber nicht zutreffend.

    Dienstag, 12.07.2022 | 19:26 | Joachim Gsell

    Völligen Wahn

    An solchen Aussagen steht man dass nicht nur Putin fem Größen Wahnsinn verfallen ist sondern auch andere in Russland. Ich sehe darin eine große Gefahr für ganz Europa denn selbst wenn Putin nicht mehr wäre würde dass Machtstreben womöglich kein Ende finden.

    Wie lange kann Putin noch bleiben?

    In der Verfassungsänderung von 2020 wurde beschlossen, die Zählung der bisherigen Amtszeiten von Putin zu annullieren. Dies erlaubt ihm, sich 2024 und 2030 zur Wiederwahl zu stellen und so bis 2036 weiterzuregieren.

    Wann ist die nächste Wahl in Russland?

    Im Juni 2021 teilte die Zentrale Wahlkommission mit, dass die Wahlen in einem dreitägigen Zeitraum von 17. bis 19. September 2021 stattfinden.

    Ist Putin Milliardär?

    Daneben wird regelmäßig über das Vermögen von Wladimir Putin spekuliert, es werden Beträge bis zu 70 Mrd. US-Dollar genannt.

    Wer würde nach Putin Präsident?

    Dmitri Anatoljewitsch Medwedew (russisch Дми́трий Анато́льевич Медве́дев Dmitrij Anatol'evič Medvedev; * 14. September 1965 in Leningrad) ist ein russischer Politiker. Der Gefolgsmann Wladimir Putins war von 2008 bis 2012 Präsident Russlands und anschließend bis 2020 Ministerpräsident der Russischen Föderation.