1. Was ist eine Abmahnung und welche Funktion hat sie?Eine Abmahnung ist eine förmliche Rüge des Arbeitgebers, wenn der Arbeitnehmer Pflichten verletzt hat (bzw. der Arbeitgeber dieser Auffassung ist). Anders als nach einer Kündigung besteht das Arbeitsverhältnis nach einer Abmahnung unverändert fort. Show
Die Abmahnung erfüllt im Arbeitsrecht im Wesentlichen drei Funktionen:
Eine Abmahnung hat aus Sicht des Arbeitgebers meist folgenden Hintergrund: Aus verhaltensbedingten Gründen kann er – außer in einigen Ausnahmefällen – nur dann kündigen, wenn zuvor mindestens eine, regelmäßig sogar mehrere Abmahnungen wegen gleichgelagerter Pflichtverstöße ergangen sind. Ist die Pflichtverletzung hingegen so schwer, dass sie eine fristlose außerordentliche Kündigung rechtfertigt, muss meist nicht abgemahnt werden. Dasselbe gilt, wenn selbst nach der Abmahnung nicht zu erwarten ist, dass der Arbeitnehmer sein Verhalten bessern wird. Neben dieser Wirkung hat die Abmahnung einen weiteren Nachteil für Arbeitnehmer: Sie wird in aller Regel in der Personalakte geführt und belastet somit das Arbeitsverhältnis. Das kann insbesondere Beförderungen erschweren. 2. Welche Gründe berechtigen zur Abmahnung?Grob gesagt darf der Arbeitgeber immer dann abmahnen, wenn der Arbeitnehmer eine Pflicht verletzt. Mögliche Pflichtverletzungen sind so vielfältig wie das Arbeitsleben selbst. Hier einige typische Beispiele:
In vielen Fällen stellt sich allerdings heraus, dass der Arbeitgeber gar nicht abmahnen durfte. Das gilt insbesondere für diese Fälle:
Außerdem muss die Abmahnung verhältnismäßig sein. Einzelne Bagatellverstöße berechtigen nicht zur Abmahnung. Allerdings kann ihre Zusammenschau eine Abmahnung rechtfertigen. Beispiel: A kommt an einem Tag eine Minute zu spät. Dies genügt nicht für eine Abmahnung. Erscheint er hingegen immer wieder wenige Minuten zu spät, ist eine Abmahnung gerechtfertigt. Ob es sich bei dem abgemahnten Verhalten tatsächlich um einen Pflichtverstoß im Arbeitsverhältnis handelt, stellt sich von Fall zu Fall unterschiedlich dar. Es ist deshalb ratsam, sich an einen Rechtsanwalt für Arbeitsrecht zu wenden. Dieser kann beurteilen, ob ein konkretes Verhalten tatsächlich abgemahnt werden kann oder ob eine Abmahnung beispielsweise unverhältnismäßig und damit unwirksam wäre. 3. Formale Voraussetzungen für die Wirksamkeit einer AbmahnungArbeitgeber müssen einige formale Voraussetzungen beachten, wenn sie eine Abmahnung aussprechen möchten. Inhaltliche AnforderungenUm die Rüge- und Warnfunktion auch entsprechend erfüllen zu können, muss die Abmahnung das genaue Fehlverhalten des Mitarbeiters deutlich machen. Nur allgemeine, pauschale Formulierungen reichen hierfür nicht aus. Es muss vielmehr die konkrete Pflichtverletzung des Arbeitnehmers an Tag X benannt werden. Beispiele:
Grundsätzlich können verschiedene Pflichtverstöße in einer Abmahnung zusammengefasst werden. Der Arbeitgeber sollte sich dabei jedoch darüber im Klaren sein, dass bei der Unwirksamkeit auch nur eines Vorwurfs letztlich die ganze Abmahnung unwirksam ist. Unter Umständen besteht dann aber noch die Möglichkeit, die an sich berechtigten Abmahnung nochmals einzeln vorzunehmen. Darüber hinaus müssen auch die dem Arbeitnehmer drohenden arbeitsrechtlichen Konsequenzen konkret genannt werden. Andernfalls handelt es sich um eine bloße Ermahnung, die anschließend nicht zur Kündigung berechtigt. Beispiele für das Androhen von Konsequenzen im Sinne einer Abmahnung:
FormvorschriftenDie Abmahnung im Arbeitsrecht ist gesetzlich gar nicht geregelt. Besondere Formvorschriften gibt es deswegen auch nicht. Eine Abmahnung kann dementsprechend auch nur mündlich ausgesprochen werden und damit wirksam sein. Es liegt allerdings auf der Hand, dass eine schriftlich ergangene Abmahnung eine deutlich größere Beweisfunktion hat, was in einem möglichen Kündigungsschutzprozess beiden Seiten zugutekommen kann. Zugang beim ArbeitnehmerWirksam wird eine Abmahnung erst mit dem Zugang beim Arbeitnehmer. Das bedeutet, eine mündlich ausgesprochene Abmahnung gegenüber dem Mitarbeiter wird also auf der Stelle wirksam. Eine von der Post zugestellte schriftliche Abmahnung wird meist kurz nach dem Einwurf in den Briefkasten wirksam. In aller Regel tritt die Wirksamkeit noch an demselben Werktag ein. Ob der Empfänger das Schreiben tatsächlich liest, ist unbedeutend. Es empfiehlt sich deshalb besonders, die Abmahnung per Boten oder per Einwurfeinschreiben zu schicken, sodass der Postbote den Einwurf in den Briefkasten genau dokumentiert. Anhörung des ArbeitnehmersIm öffentlichen Dienst muss der Arbeitgeber den Mitarbeiter grundsätzlich vor einer Abmahnung zu dem Vorwurf anhören. Viele Arbeitgeber tun dies aber nicht, weil bei einer späteren Kündigung auch ohne vorherige Anhörung noch auf die Abmahnung Bezug genommen werden kann. Trotzdem können Arbeitnehmer in diesem Fall auf Entfernung der Abmahnung aus der Personalakte klagen. Berechtigung zur AbmahnungZur Abmahnung berechtigt ist grundsätzlich jeder, der dem betroffenen Mitarbeiter gegenüber weisungsbefugt ist. 4. Fristen für die AbmahnungViele Arbeitgeber gehen davon aus, für die Erteilung einer Abmahnung nur wenig Zeit zu haben. Tatsächlich müssen aber gar keine Fristen eingehalten werden. Daher können auch länger zurückliegende Pflichtverstöße noch nachträglich abgemahnt werden. Nach Möglichkeit sollten Arbeitgeber allerdings zeitnah abmahnen. Das hat zwei Gründe:
In der Abmahnung muss außerdem auch keine Frist gesetzt werden, innerhalb derer der Arbeitnehmer sein Verhalten zu ändern hat. Der Arbeitnehmer soll die beanstandete Pflichtverletzung in Zukunft ja generell nicht wiederholen. Einer gesonderten Fristsetzung bedarf es deshalb nicht. Auch für die Wirkungsdauer einer Abmahnung bestehen keine generellen Regelungen oder Fristen. Allgemein wird von einer Dauer von etwa zwei Jahren ausgegangen, was jedoch auch von der Schwere des Pflichtverstoßes abhängig ist. Arbeitgeber können sich also meist recht lange auf eine Abmahnung stützen, wenn sie später verhaltensbedingt kündigen. 5. Wie sollte sich ein Arbeitnehmer nach einer Abmahnung verhalten?Dem Arbeitnehmer stehen mehrere Möglichkeiten zur Verfügung:
Welches Vorgehen am sinnvollsten ist, hängt stark vom Einzelfall ab. Manchmal sollte man sogar gar nichts unternehmen – das gilt besonders bei formalen Fehlern. Geht man nämlich gegen die Abmahnung vor und weist den Arbeitgeber auf seinen Fehler hin, kann dieser die Abmahnung leicht wiederholen – dieses Mal wirksam. Fällt ihm die formale Unwirksamkeit hingegen erst nach einer Kündigung auf, ist es zu spät. Dann bestehen gute Chancen auf Erhalt des Arbeitsplatzes oder eine hohe Abfindung. Gut zu wissen: Es ist sinnvoll, sich frühzeitig mit der Abmahnung auseinanderzusetzen. Allerdings kann man auch nach einiger Zeit noch gegen die Abmahnung vorgehen. Insbesondere gilt nicht die dreiwöchige Klagefrist wie im Rahmen einer Kündigung und auch Ausschlussfristen im Arbeitsvertrag hindern den Arbeitnehmer nicht daran, gegen die Abmahnung vorzugehen. 6. Fazit
7. Häufige FragenMuss die Abmahnung schriftlich ausgesprochen werden? Wie kann man sich gegen eine ungerechtfertigte Abmahnung wehren?Ist die Abmahnung unberechtigt, so kann der Arbeitnehmer die Beseitigung und Rücknahme verlangen und dies notfalls auch gerichtlich durchsetzen.
Kann man gegen eine Abmahnung Widerspruch einlegen?Wer sich dazu entschließt, gegen eine Abmahnung Widerspruch einzulegen, muss dies in Form einer schriftlichen Gegendarstellung (§ 83 Abs. 2 BetrVG) tun. Für diesen Widerspruch gibt es keine Fristen – es steht dem Arbeitnehmer also jederzeit frei, gegen eine Abmahnung in der Personalakte Widerspruch einzulegen.
Sollte man auf eine Abmahnung reagieren?Auf eine Abmahnung müssen Sie nicht schnell reagieren. Wenn Sie gegen ihre Abmahnung vorgehen wollen, brauchen Sie nämlich keine Fristen einhalten. Überlegen Sie deshalb lieber in Ruhe zu Hause oder mit Ihrem Anwalt, was Sie tun können und wollen. Oft wird eine Abmahnung persönlich übergeben.
Was passiert wenn man die Abmahnung nicht unterschreibt?Muss ich eine Abmahnung unterschreiben? Nein. Eine Unterschrift ist nicht erforderlich. Verlangt der Arbeitgeber eine Unterschrift, so sollte insbesondere darauf geachtet werden, ob mit der Unterschrift nur der Erhalt und das Datum des Erhalts der Abmahnung oder auch der Inhalt der Abmahnung anerkannt werden soll.
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