Was ist die 3 6 9 12 Regel?

Einen sinnvollen Umgang mit Medien zu lernen, ist ein Prozess. Dieser Lernprozess muss in kleinen Schritten erfolgen, wenn das Kind nicht überfordert werden soll. Alles, was aus dem Fernseher, dem Computerspiel oder aus anderen Medien auf kleine Kinder einströmt, kommt zunächst „ungefiltert“ bei ihnen an. Sie müssen erst noch lernen, wie sie das Gesehene und Erlebte einordnen und wie sie damit umgehen können. Und sie müssen auch noch lernen, sich trotz aller Anziehungskraft der Medien auch wieder mit anderen Dingen zu beschäftigen. Zu einer guten Medienerziehung gehört deshalb, das Kind vor einer Überforderung durch Medien zu schützen.

Dabei stellt sich zunächst die Frage, wann überhaupt welche Medien für Kinder geeignet sind. Wie Kinder Medien nutzen, wahrnehmen, verstehen und interpretieren hängt von ihrem Entwicklungsstand und ihren Medienerfahrungen sowie – vor allem bei älteren Kindern – auch von der aktuellen Lebenssituation ab. Entsprechend unterscheidet sich auch das „geeignete“ Einstiegsalter. Es gibt aber verschiedene Empfehlungen, die unter anderem von der „3-6-9-12“-Regel aufgegriffen werden. Diese schlägt folgende Richtwerte vor:

  • Keine Bildschirmmedien unter 3 Jahren
  • Keine eigene Spielekonsole vor 6 Jahren
  • Kein Handy oder Smartphone vor 9 Jahren
  • Keine unbeaufsichtigte Computer-/Internetnutzung vor 12 Jahren

Wenn Sie sich als Eltern entschieden haben, dass Ihr Kind bestimmte Mediengeräte nutzen und Medieninhalte konsumieren darf, bedarf es weiterer klarer Regeln, zum Beispiel wie viel und wie lange es fernsehen oder am Computer spielen darf, welche Sendungen es sehen und welche Spiele es spielen darf usw. Mit zunehmendem Alter kann und sollte das Kind dann immer mehr in die Entscheidungen miteinbezogen werden, zum Beispiel bei der Auswahl von Spielen und Sendungen. So kann es in kleinen Schritten zu einem immer selbstständigeren Umgang mit Medien finden.

Vor zwei Wochen habe ich wieder einmal einen medienpädagogischen Elternbildungsabend durchgeführt. Dafür habe ich auch die Broschüren von Jugend und Medien konsultiert und diesen Flyer für die Zuhörenden ausgedruckt.

Aufgefallen ist mir dabei die griffige Faustregel, die ich dann etwas abgewandelt habe: 

Was ist die 3 6 9 12 Regel?

Es stellte sich heraus: Ich habe eine veraltete Version der Broschüre verwendet, in der Zwischenzeit wurde die Faustregel umformuliert.

.@phwampfler Interessantes Referat. Auch wir haben unsere #Faustregeln zur #Mediennutzung aktualisiert. https://t.co/jRS6qQQdEz pic.twitter.com/l57hQqPxsO

— Jugend und Medien (@jugendundmedien) January 24, 2017

Was auch immer die präzisen Vorschläge oder Hinweise sind: Einig sind sich Fachleute darin, dass

  • Kinder bei der (digitalen) Mediennutzung begleitet werden sollten
  • die Angebote auf ihre kognitive Entwicklung abzustimmen sind (so können kleine Kinder schlicht nicht verstehen, wer ein Instagram-Bild sehen kann)
  • Eltern vernünftige Grenzen setzen sollen, gegen die sich Kinder dann gegebenenfalls wehren können.

In Bezug auf konkrete Zeitangaben, die Frage, ob Dreijährige auf einem iPad Apps benutzen sollen oder ob sie gar beim Zahnarzt oder im Zug mit einem Mobiltelefon »ruhig gestellt« werden sollen, gehen die Meinungen auseinander. Das hat auch damit zu tun, dass sich Grenzen laufend verschieben: Mit welchen Geräten Medien konsumiert werden und welche Dienste on-/offline sind, verändert sich laufend.

Debatten zu diesem Thema – wie die kürzlich im Mamablog von Nadia Meier angestoßene – verlaufen zwar oft sehr hitzig, sind aber meist wenig ergiebig: Eltern, die sich über die Mediennutzung ihrer Kinder Gedanken machen, werden ihre kognitive und emotionale Entwicklung einbeziehen und vernünftige Entscheidungen fällen – im Kontext ihrer pädagogischen Begleitung. Leitplanken ergeben sich so von selbst – aber nicht für die Eltern, welche sich nicht um Medienpädagogik kümmern können oder wollen.

Hier liegt denn letztlich auch das wesentliche Problem: Medienpädagogische Empfehlungen erreichen betroffene Eltern gar nicht, auch, weil ihnen häufig die Ressourcen für solche Erwägungen fehlen. Moralische Grabenkämpfe über 15 Minuten Medienzeit pro Tag oder das Erlauben von Apps oder WhatsApp zu führen, helfen jedoch niemandem. Sie führen möglicherweise zum Gefühl der moralischen Überlegenheit – Meier zitiert sogar aus Goethes Zauberlehrling – oder zu einem schlechten Gewissen: Für die Entwicklung von Kindern haben aber Entscheidungen in diesem Bereich einen zu vernachlässigenden Einfluss.

Auch Forderungen wie die, wonach Kinder Langweile aushalten müssen oder nicht mit Reizen überschüttet werden dürften,  sind letztlich nichts anderes als Abgrenzungs- und Legitimierungsversuche zwischen konkurrenzierenden Eltern. Lockerheit und das Bewusstsein, dass pädagogische Entscheidungen oft von einer großen Unsicherheit begleitet werden und einen Anteil Willkür enthalten, helfen weiter als das Bestehen auf festen medienpädagogischen Positionen.