Wann muss ein Spielplatz gebaut werden NRW?

Laut Landesbauordnung muss jedes Haus mit mindestens drei Wohnungen und Garten einen Spielplatz haben. Und zwar „unabhängig davon, ob Kinder das Haus bewohnen“.

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DeizisauDa ist er nun, der Spielplatz. Einer dieser Bausätze, die „Floppi“ oder „Tabaluga“ heißen und die man in jedem Baumarkt kaufen kann. Ein Kletterturm mit kobaltblauem Dach, Schaukel und Plastikrutsche. Eine Bank aus Holz ist auch dabei. 1700 Euro hat Armin Huttenlocher dafür bezahlt. Ihm gehört das Haus in der Deizisauer Zehntstraße, in dessen Garten der nagelneue Spielturm steht. „Wie das Gesetz vorschreibt, hat der Spielplatz drei unabhängig voneinander zu bespielende Spielflächen“, sagt Huttenlocher mit sanfter Stimme und blinzelt in die Wintersonne. „Unter dem Dächlein könnte man sogar einen kleinen Sandkasten anlegen.“

Es ist kein Zufall, dass Huttenlocher den Konjunktiv benutzt, wenn er über den Spielplatz spricht. Denn in dem Haus leben gar keine Kinder.

Vier Jahre kämpfte der 56-Jährige gegen den Spielplatz und gegen die Mühlen der Bürokratie. Sein Fall beschäftigte die Baubehörde des Gemeindeverwaltungsverbands Plochingen, das Regierungspräsidium, das Wirtschaftsministerium in Stuttgart und sogar den Petitionsausschuss des Landtags von Baden-Württemberg. Ein paar hundert Seiten füllen seine Akte inzwischen. Zweimal verhängten die Behörden jeweils 500 Euro Zwangsgeld gegen Huttenlocher. Jetzt haben sie ihn so weit. „Michael Kohlhaas hisst die weiße Flagge“, sagt er, in Anlehnung an die berühmte Erzählung von Kleist über einen Pferdehändler, der das Unrecht bekämpft, das ihm der Staat antut, und darüber zum Mordbrenner wird.

Ziviler Ungehorsam

Dabei ist Armin Huttenlocher – dunkel gekleidet mit einem Schal um den Hals – ein friedlicher Mensch. Er ist in dem Haus in Deizisau groß geworden, dann zog es ihn in die Welt. Seit vielen Jahren lebt er als Politikberater mit seiner Familie in der georgischen Hauptstadt Tiflis, seine Frau gehört der Regierung Georgiens als Ministerin für Versöhnung an. Der Konflikt mit den Baubehörden seines Heimatorts bahnte sich im Jahr 2015 an, nachdem Huttenlocher das Dachgeschoss in Deizisau hatte ausbauen lassen. So schuf er zu den zwei bestehenden Mietwohnungen eine dritte – und wurde damit zu einem Fall für die Landesbauordnung. Die besagt, dass bei einem Haus, in dem es mindestens drei Wohnungen mit „mehr als zwei Aufenthaltsräumen“ gibt, ein Spielplatz im Garten erforderlich ist. Und zwar „unabhängig davon, ob Kinder das Haus bewohnen“, wie ihn das Bauamt belehrte.

So nahm die Geschichte ihren Lauf. Huttenlocher versuchte die Behörden von der Absurdität der Vorschrift zu überzeugen, zunächst mit der Kraft des Wortes, später mit Hartleibigkeit, also zivilem Ungehorsam. Er versuchte, es auszusitzen, und kam den wiederholten Aufforderungen des Bauamts nach dem Spielplatz nicht nach. Er bot stattdessen an, einem Deizisauer Kindergarten 1000 Euro zu spenden. Er bot an, einen Spielplatz zu errichten und diesen auch nachzuweisen, sobald in seinem Haus eine Familie mit Kind wohne. Vergebens. In einem der vielen Schreiben aus dem Bauamt findet sich der schöne Satz: „Die Herstellung von erforderlichen Kinderspielplätzen von dem Vorhandensein von Kindern abhängig zu machen, würde bei der Überwachung jeden Rahmen sprengen und wurde weder vom Gesetzgeber noch von der Rechtssprechung in den Bereich der Abweichungsmöglichkeiten aufgenommen.“ Wolfgang Kissling, Verbandsbaudirektor im Plochinger Bauamt, sagt auf Anfrage, dass es nicht im Ermessen der Behörde liege, wie man die Landesbauordnung anwendet. Und ja, „in Einzelfällen kann man die Sinnhaftigkeit hinterfragen.“

Vollends zur Posse wurde die Sache, als ein aufmerksamer Bürger aus Deizisau – ein Ingenieur, Huttenlocher nennt ihn Blockwart – das Fehlen des Spielplatzes und die aus seiner Sicht zögerliche Haltung der Baubehörde in einer Petition an den Landtag monierte. So musste sich erst das Regierungspräsidium in Stuttgart damit befassen und Stellung nehmen, dann war das Wirtschaftsministerium dran. Schließlich entschied der Petitionsausschuss des Landtags, dass – was Wunder – den Paragrafen Folge zu leisten sei.

„Ein Denkmal des Amtsschimmels“

Am Ende war es Huttenlocher zu viel, und nach dem zweiten Zwangsgeld auch zu teuer. Er kapitulierte, wenn auch widerwillig. Seit ein paar Tagen steht der Spielplatz, den niemand braucht, auf der kleinen Rasenfläche zwischen dem Jägerzaun und der Fassade seines Mietshauses. „Was ist das für eine Luxusgesellschaft, die ihren Bürgern den Bau von Spielplätzen vorschreibt, es aber nicht schafft, Kita-Plätze für alle Kinder bereit zu stellen“, sagt Huttenlocher desillusioniert. Inzwischen ist er wieder bei seiner Familie in Tiflis. Er hat den einsamen Kletterturm in seinem Garten extra von allen Seiten fotografiert, um ihn zuhause seiner Frau zu zeigen. „Das ist der unsinnigste Spielplatz aller Zeiten“, sagt er, „ein Denkmal des deutschen Amtsschimmels“.

Was sagt das Gesetz?

Landesbauordnung (LBO), § 9, Absatz 2: Bei der Errichtung von Gebäuden mit mehr als zwei Wohnungen, die je mindestens zwei Aufenthaltsräume haben, ist auf dem Baugrundstück oder in unmittelbarer Nähe auf einem anderen geeigneten Grundstück, dessen dauerhafte Nutzung für diesen Zweck öffentlich-rechtlich gesichert sein muss, ein ausreichend großer Spielplatz für Kleinkinder anzulegen. Dies gilt nicht, wenn in unmittelbarer Nähe eine Gemeinschaftsanlage geschaffen wird oder vorhanden ist oder wenn die Art der Wohnungen oder die Lage der Gebäude dies nicht erfordern. Die Kinderspielplätze müssen stufenlos erreichbar sein.

Allgemeine Ausführungsverordnung des Wirtschaftsministeriums zur LBO, § 1: (1) Kinderspielplätze müssen in geeigneter Lage und von anderen Anlagen, von denen Gefahren oder erhebliche Störungen ausgehen können, ausreichend entfernt oder abgeschirmt sein. Sie müssen für Kinder gefahrlos zu erreichen sein.

(2) Die nutzbare Fläche der nach § 9 Abs. 2 LBO erforderlichen Kinderspielplätze muss mindestens 3 qm je Wohnung, bei Wohnungen mit mehr als drei Aufenthaltsräumen zusätzlich mindestens 2 qm je weiteren Aufenthaltsraum, insgesamt jedoch mindestens 30 qm betragen. Diese Spielplätze müssen für Kinder bis zu sechs Jahren geeignet und entsprechend dem Spielbedürfnis dieser Altersgruppe angelegt und ausgestattet sein.

Einen Kommentar zum Thema finden Sie hier.

Wann muss ein Vermieter einen Spielplatz stellen?

Das Errichten eines Kinderspielplatzes auf privatem Gelände ist Pflicht. Es ist in jedem Bundesland mittlerweile Gesetz, außer in Niedersachsen. Die Pflicht, ab wieviel Mietparteien ein solcher Spielplatz errichtet werden muss, ist jedoch von Bundesland zu Bundesland verschieden. Ab 2-7 Mietparteien.

Wie viele Spielplätze pro Einwohner?

Die gängige Faustformel „ein Spielplatz pro 1.000 Einwohner“ wird gerade in der Großstadt kaum erreicht. Die Folge: Motorische Störungen wie Haltungsschäden oder Atemprobleme nehmen zu. Die Aufgabe für dicht bebaute Städte und Kommunen: Mit Freiraum zum Spielen einen bedeutsamen Beitrag zur Lebensqualität schaffen.

Was regelt die Bauordnung NRW?

Die Landesbauordnung 2018 regelt die baulich-technischen Anforderungen an die Bauvorhaben und die Abwehr von Gefahren, die von der Errichtung, dem Bestand und der Nutzung baulicher Anlagen ausgehen.

Wie weit muss ein Spielplatz vom Haus entfernt sein?

Zudem setze eine Vereinbarkeit von Bolzplätzen und Wohnbebauung einen Mindestabstand von 80 bis 100 Metern voraus. Ein solcher Abstand werde hier deutlich unterschritten.