Wann ist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand möglich?

die Beseitigung eines durch Versäumnis eines Fristablaufs entstandenen Rechtsnachteils durch richterliche Entscheidung, etwa im Zivilprozess (§§ 233–238 ZPO).

Zulässig nur bei Notfristen und Fristen zur Begründung der Berufung und Revision.

Voraussetzung ist, dass die Partei ohne ihr Verschulden an der Einhaltung der Frist gehindert war.

Das Verschulden des Prozessbevollmächtigten gilt als eigenes Verschulden der Partei. Zukünftig ( ab dem 1.1.2014) wird ein Fehlen des Verschuldens vermutet, wenn eine Rechtsbehelfsbelehrung nach § 232 ZPO n.F. unterblieben oder fehlerhaft ist (vgl. § 233 S. 2 ZPO n. F.; §§ 26 Abs. 2, 28 EGGVG, § 11 Rechtspflegergesetz, § 68 Abs. 2 Gerichtskostengesetz, § 31 Abs.4 Kostenordnung, § 33 Abs. 5 S. 1 Rechtsanwaltsvergütungsgesetz.

Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wird nur auf Antrag der säumigen Partei gewährt, der binnen zwei Wochen nach Beseitigung des Hindernisses gestellt werden muss. Er muss Glaubhaftmachung der Tatsachen enthalten, auf die die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gestützt wird. Gleichzeitig muss die versäumte Prozesshandlung, z.B. Rechtsmitteleinlegung, nachgeholt werden.

Über den Antrag wird grundsätzlich zusammen mit der Hauptsache entschieden; gewährt das Gericht die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, so gilt die Prozesshandlung als rechtzeitig vorgenommen.

Ähnliche Grundsätze gelten in anderen Verfahren, z.B. im Verwaltungsverfahren (§ 32 VwVfG), in der Verwaltungsgerichtsbarkeit (§ 60 VwGO), in der Sozialgerichtsbarkeit (§ 67 SGG) und der Finanzgerichtsbarkeit (§ 56 FGO, § 110 AO).

Nach der AO ist der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand binnen eines Monats nach Wegfall des Hindernisses zu stellen. Die versäumte Handlung ist innerhalb der Auftragsfrist nachzuholen. Der Antrag ist durch Darlegung der Tatsachen glaubhaft zu machen. Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand oder Nachholung der versäumten Handlung ist nicht mehr möglich, wenn seit dem Ende der Frist ein Jahr verstrichen ist (Ausnahme im Fall höherer Gewalt).

Im Strafprozess gilt das Verschulden des Beschuldigten. Unverschuldet ist die Fristversäumung immer, wenn gesetzlich vorgeschriebene Rechtsmittelbelehrungen unterblieben sind (§ 44 StPO). Der Antrag ist binnen einer Woche nach Wegfall des Hindernisses zu stellen (§ 45 StPO).

infoCenter (Stand: April 2020)

I. Definition der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand

[i]

Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ist bei Versäumung einer gesetzlichen Frist zu gewähren, wenn der Antragsteller verhindert war, die Frist einzuhalten und ihn hieran kein Verschulden trifft. Die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand hat zur Folge, dass der Betroffene so gestellt wird, als habe er die Frist gewahrt; bereits eingetretene Rechtsfolgen entfallen rückwirkend. Hierzu muss die versäumte Handlung unter Angabe der Hinderungsgründe innerhalb eines Monats nachgeholt werden. Im finanzgerichtlichen Verfahren kommt Wiedereinsetzung unter den gleichen Voraussetzungen nur innerhalb von zwei Wochen nach Wegfall des Hindernisses in Betracht.

Wiedereinsetzung ist zu gewähren, wenn die gesetzlichen Voraussetzungen vorliegen, es handelt sich nicht um eine Ermessensentscheidung.

II. Versäumung einer gesetzlichen Frist

Die Wiedereinsetzung ist grundsätzlich möglich für alle nicht verlängerbaren gesetzlichen Fristen, z.B.

  • die Einspruchsfrist nach § 355 Abs. 1 AO,

  • Fristen nach §§ 18 Abs. 2a S. 2 UStG, § 18 Abs. 9 S. 3 UStG, § 19 Abs. 2 UStG, § 23 Abs. 3 UStG und § 24 Abs. 4 UStG oder

  • die Fristen in § 110 AO selbst.

Soweit die AO Fristverlängerung vorsieht (insbesondere bei Steuererklärungsfristen) , kommt statt der Wiedereinsetzung eine - auch rückwirkende - Fristverlängerung in Betracht (AEAO zu § 110 Nr. 3).

Zahlungsfristen können durch Stundung oder Zahlungsaufschub (§§ 222, 223 AO) verlängert werden, unverschuldeten bzw. unbilligen Rechtsfolgen (Säumniszuschläge) der Versäumung von Zahlungsfristen kann auch durch Erlass begegnet werden.

Behördliche Fristen sind nach § 109 Abs. 1 AO - auch rückwirkend - verlängerbar, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand scheidet daher aus. Nach Ablauf einer vom Finanzamt nach § 364b Abs. 1 AO gesetzten Frist kann allerdings gem. § 364b Abs. 2 Satz 3 AO Wiedereinsetzung in den vorigen Stand in Frage kommen ( AEAO zu § 364b Nr. 4).

Die vom Finanzamt zu beachtenden Festsetzungs- und Zahlungsverjährungsfristen nach §§ 169, 228 AO sind nicht wiedereinsetzungsfähig.

Im finanzgerichtlichen Verfahren sind ebenfalls alle gesetzlichen Fristen wiedereinsetzungsfähig, insbesondere

  • die Klagefrist gem. § 47 FGO,

  • die Frist für die Einlegung und Begründung einer Nichtzulassungsbeschwerde (§ 116 Abs. 2 und 3 FGO) und einer Revision (§§ 120 Abs. 1 und 2, 117 Abs. 7 FGO),

  • nicht aber Antrag auf Verlängerung der Revisionsbegründungsfrist;

  • richterliche Fristen nur, soweit die sinngemäße Anwendung angeordnet ist (§§ 62 Abs. 3 S. 4, § 65 Abs. 2 S. 3 FGO).

  • zur Kostentragung vgl. § 136 Abs. 3 FGO

  • Im Falle der Versäumung einer Frist nach § 79b FGO ist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht möglich, es können aber Entschuldigungsgründe geltend gemacht werden.

Wann kann man Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand beantragen?

§ 44 StPO ermöglicht auf Antrag die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, wenn jemand ohne Verschulden verhindert war, eine Rechtsmittelfrist einzuhalten. Die Versäumung einer Rechtsmittelfrist gilt gemäß § 44 Satz 2 StPO als unverschuldet, wenn eine entsprechende Rechtsmittelbelehrung unterblieben ist.

Was bedeutet Wegfall des Hindernisses?

Liegt ein Irrtum über Tatsachen vor, so fällt das Hindernis an dem Tag weg, an dem der für die Patentanmeldung Verantwortliche den Irrtum hätte bemerken müssen. Dies ist nicht zwangsläufig der Tag, an dem die Mitteilung nach R. 112(1) EPÜ (R. 69 (1) EPÜ 1973) eingeht (s.