Lea Wohl von Haselberg, vergangenes Jahr trat das neue Leitungsteam des Jüdischen Filmfestivals Berlin Brandenburg mit der Ansage an, keine Mottos mehr setzen zu sollen. Über der neuen Ausgabe steht nun: „Jewcy Movies“. Was hat es damit auf sich? Französische Komödie, argentinische Mockumentary, Geschichtsdrama, Dokumentarfilme: die Genrevielfalt ist riesengroß. Gibt es bei all dem dennoch einen roten Faden, der hier und da aufblitzt? Welche zum Beispiel?
Warum zum Beispiel haben Sie sich als Jurorin gerade für die französische Komödie „Rose“ stark gemacht? Gleichzeitig hat er diesen Moment, wo es ungewöhnlich wird. Das ist vor allem die Protagonistin, die keine junge Frau ist, sondern die fast achtzig ist und auch noch eine Sexualität hat, die sie leben möchte. Weibliche Sexualität wird ohnehin weniger thematisiert als männliche – und wenn, dann von jungen Frauen. Dazu kommt, dass Rose eine sephardische Jüdin ist, auch das ist interessant. Wo werden welche Konventionen durchbrochen? Darum geht es uns. Sie lehren an der Filmuniversität Babelsberg zu jüdischer Filmgeschichte. Inwiefern spielt der Horizont der Ufa- und Defa-Geschichte beim Festival eine Rolle? Darin legen wir auch einen Fokus auf das Filmerbe der Defa und suchen nach Schnittstellen mit dem jüdischen Filmerbe. In Babelsberg gab es immer auch jüdische Absolvent:innen – und natürlich gibt es hier die Ufa-Geschichte vor Ort, mit dem Ausschluss jüdischer Filmschaffender ab 1933. In Ihrer Forschung beschäftigen Sie sich mit der Repräsentation des
Jüdischen im bundesrepublikanischen Diskurs. Die Festivalgründerin Nicola Galliner sagte einmal, in Deutschland werde das Judentum immer mit Tod verbunden. Teilen Sie diese Meinung? Empfohlener redaktioneller InhaltAn dieser Stelle finden Sie einen von unseren Redakteuren ausgewählten, externen Inhalt, der den Artikel für Sie mit zusätzlichen Informationen anreichert. Sie können sich hier den externen Inhalt mit einem Klick anzeigen lassen oder wieder ausblenden. Externen Inhalt anzeigen Ich bin damit einverstanden, dass mir der externe Inhalt angezeigt wird. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr Informationen dazu erhalten Sie in den Datenschutz-Einstellungen. Diese finden Sie ganz unten auf unserer Seite im Footer, sodass Sie Ihre Einstellungen jederzeit verwalten oder widerrufen können. Die Wahrscheinlichkeit, einer jüdischen Figur im Fernsehen zu begegnen ist größer als auf der Straße. Gleichzeitig: Wenn man dann Filme über jüdische Erfahrungen macht, kann man nur mit Bildern arbeiten, die das Publikum auch versteht. Das Paradoxe ist nun: Einerseits ist die mediale Repräsentation bedeutsam, weil es für viele Menschen in Deutschland der Begegnungsort mit Jüdinnen und Juden ist. Andererseits ist, was und wie man erzählen kann, ziemlich limitiert. Beobachten
Sie Versuche, sich aus diesem Paradoxon zu lösen?
Filme tun also gut daran, Klischees, die ohnehin
in der Welt sind, gegen den Strich zu bürsten? Gegen den Professor in seiner Villa setzen Sie die Vielfalt im Programm. Um eine annähernde Idee davon zu bekommen, was es heißen kann, jüdisch
zu sein, müsste man eigentlich alle Filme sehen? Damit Sie haben meine letzte Frage schon unmöglich gemacht. Aber ich frage trotzdem, weil Sie auch eine Forschungsgruppe leiten, die so heißt: „Was ist jüdischer Film?“ Zur Startseite |