Georg heym der gott der stadt

Hintergrund

Georg Heym hat dieses Gedicht geschrieben, weil er selbst der Meinung war, dass die damalige Urbanisierung und Industrialisierung etwas ganz Schlechtes sei. Die meist genannten Probleme von Dichtern dieser Zeit waren der Lärm, die Unruhe und der Verkehr. Diese Faktoren haben bei vielen Menschen eine Art Wahnsinn ausgelöst. Bedrohung der Natur durch den Menschen war ebenfalls ein Kritikpunkt sowie die Neuerschaffungen von Großstädten. von Großstädten, Zivilisationskritik sowie die in der Großstadt entstehende Anonymität der Menschen und die Einsamkeit was bei den Expressionisten zu einer gewissen Abscheu dem Menschen gegenüber geführt hat. Der Expressionismus in der Lyrik wurde sehr stark von Heym und seinen Gedichten geprägt, vor allem in der Stadtlyrik. Dies alles führte dann dazu, dass die Expressionistischen Stadtgedichte alle eine sehr negative Haltung Großstädten gegenüber hatten.

Der Gott der Stadt (1910)

1. Auf einem Häuserblocke sitzt er breit.
2. Die Winde lagern schwarz um seine Stirn.
3. Er schaut voll Wut, wo fern in Einsamkeit
4. Die letzten Häuser in das Land verirrn.

5. Vom Abend glänzt der rote Bauch dem Baal,
6. Die großen Städte knien um ihn her.
7. Der Kirchenglocken ungeheure Zahl
8. Wogt auf zu ihm aus schwarzer Türme Meer.

9. Wie Korybanten*- Tanz dröhnt die Musik
10. Der Millionen durch die Straßen laut.
11. Der Schlote Rauch, die Wolken der Fabrik
12. Ziehn auf zu ihm, wie Duft von Weihrauch blaut.

13. Das Wetter schwelt in seinen Augenbrauen.
14. Der dunkle Abend wird in Nacht betäubt.
15. Die Stürme flattern, die wie Geier schauen
16. Von seinem Haupthaar, das im Zorne sträubt.

17. Er streckt ins Dunkel seine Fleischerfaust.
18. Er schüttelt sie. Ein Meer von Feuer jagt
19. Durch eine Straße. Und der Glutqualm braust
20. Und frisst sie auf, bis spät der Morgen tagt.

Georg Heym (1887-1912)

1887 ist Georg Heym  im schlesischen Hirschberg am 30. Oktober geboren als Sohn eines Militäranwalts weshalb er sehr oft umziehen musste.

1899 begann Heym seine ersten Gedichte zu schreiben.

1905 wechselt Heym das Gymnasium aufgrund seiner Noten und eines Schülerstreichs.

1908 veröffentlicht Heym zusammen mit seinem Freund Balcke die Zeitschrift „Kreißende Sonne“ worin auch seine ersten Gedichte enthalten sind,

1907 machte Heym Abitur in Neuruppin und begann daraufhin auf Wunsch seines Vaters ein Jurastudium in Berlin und Jena.

1910 trat er dem expressionistischen „Neuen Club“ in Berlin bei, in dem er viele Freunde fand, die ihm halfen seine eigene Stilrichtung zu finden. In dieser Zeit begann er auch mit dem Thema Großstadt zu arbeiten, was zum expressionistischen Stil gehört.

1911 besteht er seine erste Staatsprüfung. Heym wird von seinem Vorbereitungsdienst entlassen weil er eine wichtige Bauakte verbrannt hat. Er möchte eine neue Karriere anfangen entweder als Offizier oder als Diplomat, wofür er sich für ein Chinesischstudium einschreibt und Orientalische Seminare besucht und sich für Offiziersausbildungen bewirbt. Im Sommer verliebt sich Heym in Hildegard Krohn, der er auch mehrere Gedichte widmet und sein erster Gedichtband „Der ewige Tag“ erscheint, welches als das erste bedeutende Werk im Expressionismus gilt.

1912 ertrinken sowohl Georg Heym als auch sein Freund Ernst Balcke beim Schlittschuhfahren und post mortem veröffentlichen seine Freunde aus dem „Neuen Club“  einen weiteren Gedichtband „Umbra vitae“ von Georg Heym, in dem sowohl „Der Krieg“ als auch „Der Gott der Stadt“ enthalten sind, die die berühmtesten Gedichte von ihm waren.

2. Analyse

Einleitung: Das Gedicht „Der Gott der Stadt“ von Georg Heym aus dem Jahre 1910 ist ein Gedicht aus der Epoche des Expressionismus. In diesem Gedicht geht es um den Gott Baal, der vom Dach eines Häuserblocks aus auf eine Stadt guckt und durch diese Stadt schließlich Feuer schießen lässt.

Inhalt: In der ersten Strophe geht es um den erst in der zweiten Strophe benannten Gott Baal, der auf einem Häuserblock sitzt und voll Wut in die Ferne schaut.

In der zweiten Strophe wird die Abendröte beschrieben, die auf Baals Bauch glänzt und die Städte, die vor ihm niederknien sowie eine große Masse an Kirchenglocken.

In der dritten Strophe werden die Menschen dargestellt, die zu Millionen Lärm machen und die Fabriken, von denen der Qualm zu Baal aufzieht.

In der vierten Strophe wird der Abend zur Nacht und die Apokalypse von Baal wird vorbereitet durch die Naturgewalten, die wie Geier zugucken.

In der fünften und letzten Strophe schlägt Baal zu mit seiner „Fleischerfaust und setzt eine Straße in Flammen und die Menschen werden von dem entstehenden Qualm getötet bis zum nächsten Morgen hin.

Form:

Das Gedicht besteht aus fünf Strophen mit jeweils 4 Versen also insgesamt 20 Versen. Es zieht sich durch alle Strophen ein Kreuzreim mit hauptsächlich männlichen Kadenzen hindurch. Außerdem ist ein durchgehender fünfhebiger Jambus vorhanden. Die Form ist im Gegensatz zum Inhalt sehr strikt gegliedert und sehr gleichmäßig, was typisch für den Expressionismus ist. Das gleichmäßig gegliederte Gedicht steht zum eher ungeordneten und wüsten Inhalt im Kontrast.

Sprachliche Analyse und Interpretation:

Das Gedicht „Der Gott der Stadt“ von Georg Heym ist mit vielen  für den Expressionismus typischen Stilmitteln ausgeschmückt um die negative Haltung gegenüber Großstädten zu verdeutlichen.

Zuerst einmal die Farben die Heym benutzt um Stimmungen zu erzeugen.  Er benutzt Schwarz, und Rot um ein düsteres und zerstörerisches Bild entstehen zu lassen, das der Unterwelt gleicht. Beispiele dafür sind „Die Winde lagern schwarz“ (V.2),  „der rote Bauch“ (V.5). Das Bild der Hölle oder der Unterwelt wird in diesem Gedicht ganz durchzogen durch die Farben aber auch durch Assoziationen mit anderen Wortfeldern wie „Rauch“ und „Feuer“ oder „Glutqualm“  und „Meer von Feuer“.

Die Vergleiche in dem Gedicht haben auch eine nähere Bedeutung. „Die Stürme flattern, die wie  Geier schauen“ (V.15) Der Geier ist auch als Symbol zu sehen für  den Tod wodurch der schlechte Eindruck von der Großstadt verstärkt wird.

Die Hyperbeln, die Heym benutzt sind dafür da, dass die negativen Aspekte der Stadt noch extremer wirken. Zum Beispiel in der dritten Strophe in der „Millionen“(V.10) Lärm erzeugen der „laut“ (V.10) durch die Straßen „dröhnt“ (V.9) oder die „ungeheure“ (V.7) Zahl der Kirchenglocken, die durch eine Metapher  „Meer“(V.8) noch stärker hervorgehoben wird.

Er benutzt auch Metaphern wie „der schwarze Türme Meer“ (V.8), um die gewaltige Ausdehnung der Stadt zu verdeutlichen. Die Stadt wird auch durch Personifikationen als eigenständig denkendes Wesen dargestellt. „Städte knien um ihn her“ (V6) und „Die letzten Häuser in das Land verirren“ (V.4) verleihen der Stadt beinahe menschliche Züge. Man kann auch eine aggressive Wirkung der Stadt erkennen in Vers 8 und 9 „Der Kirchenglocken ungeheure Zahl – wogt auf zu ihm aus schwarzer Türme Meer.“ Ähnlich wie „Die Wolken der Fabrik ziehen auf zu ihm“(V.11f). Aus den genannten Beispielen könnte man schließen, dass die Stadt die Absicht hat, sich noch weiter auszubreiten und die Natur auch weiter zu verdrängen.

Die ebenso typischen Personifikationen wie zum Beispiel „die großen Städte knien…“(V.6) und „Die Winde lagern schwarz um seine Stirn“ (V.2) verdeutlichen  auch die Größe Baals und seine Macht, wobei Baal an sich eine eher untypische Figur für Expressionisten ist, da sie alle der Meinung waren, dass keine Überwesen existieren, die wohlwollend dem Menschen gegenüber sind. Da Baal aber ein Abgott ist, der nur Unheil anrichten will, das in diesem Gedicht auch sehr deutlich wird durch beschreibende Adjektive wie „Wut“ (V.3) und „Zorn“(V.16), ist es nachvollziehbar. Baal steht in diesem Fall für die negative Auswirkung der Großstadt auf die Natur. In dem Gedicht sind auch mehrere Anspielungen auf die Christliche Kirche wie in Vers 8 „Die Kirchenglocken ungeheure Zahl“ oder Vers 12 „wie Duft von Weihrauch zieht“  die aber eine eher ironische Wirkung zeigen, wenn man im Gegensatz dazu Baal sieht, der im Christentum einen Dämon darstellt.

Alles in allem kann man sagen, dass Georg Heym mit diesem Gedicht ein Bild von der Großstadt erzeugt hat, das von Lärm und Unruhe geprägt ist und dass die Stadt als solche für ihn ein sehr düsterer Ort ist, an dem Tag für Tag immer wieder dasselbe geschieht und die Menschen dort kein richtiges Leben mehr führen können (Zivilisationskritik). Außerdem kann man seine Haltung zu der Großstadt erkennen, die eine sehr negative ist. Er beschreibt die „Vergewaltigung der Natur“ also dass die Natur die durch den Menschen stark beschädigt wird was er sehr gut durch verschiedenste Stilmittel zum Ausdruck bringt.

Quellenverzeichnis

Analyse:

  • //lyrik.antikoerperchen.de/georg-heym-der-gott-der-stadt,textbearbeitung,153.html
  • //lyrik.antikoerperchen.de/georg-heym-der-gott-der-stadt,textbearbeitung,60.html
  • //lyrik.antikoerperchen.de/georg-heym-der-gott-der-stadt,textbearbeitung,126.html
  • //lyrik.antikoerperchen.de/georg-heym-der-gott-der-stadt,textbearbeitung,100.html

Biografie:

  • //www.dhm.de/lemo/html/biografien/HeymGeorg/

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Welches Metrum hat die Stadt von Georg Heym?

Das Reimschema lautet: abba, cddc, eee, fff. Daraus folgt, dass in den Quartetten ein umarmender Reim und in den Terzetten ein Endreim vorliegt. Metrisch gesehen ist das Gedicht ein fünfhebiger Jambus (unbetont, betont).

Was ist typisch für Großstadtlyrik?

Was ist typisch für Großstadtlyrik? Typisch für die Großstadtlyrik ist, dass sie die Erfahrungen der Menschen in der Großstadt verarbeitete. Dazu gehören Themen wie Ängste, Entfremdung, Anonymität, aber auch Träume und Hoffnungen.

Wie Duft von Weihrauch Blaut?

„Der Schlote Rauch, die Wolken der Fabrik Ziehn auf zu ihm, wie Duft von Weihrauch blaut. “5. Doch all diese Ehrerbietungen besänftigen diesen unersättlichen Götzen nicht. Er tobt und grollt weiter, bis schließlich in Strophe 4 die Nacht hereinbricht „Der dunkle Abend wird in Nacht betäubt.

Wann wurde das Gedicht die Stadt von Georg Heym geschrieben?

„Die Stadtist ein Sonett (14-zeiliges Gedicht) aus dem Jahr 1911, das von Georg Heym verfasst wurde. Du kannst es der Epoche des Expressionismus zuordnen. Das Gedicht handelt vom eintönigen Leben und der Anonymität in der Großstadt.

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