Das phantom des is-terrors wer ist der abu bakr al-baghdadi

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Abu Bakr al-Baghdadi: So wurde der Theologe zum Terror-Kalifen des IS

Aktualisiert am 19.02.2015, 11:59 Uhr

Er ist der Kopf hinter den brutalen Glaubenskriegern des IS: Abu Bakr al-Baghdadi. Aber bislang wusste man kaum etwas über den Mann, der bislang nur ein einziges Mal öffentlich auftrat. Nun erzählt ein Bericht bei "Anne Will" seine Geschichte - und enthüllt brisante Details.

Seine Stimme klang so schön, so dunkel, wenn er Verse aus dem Koran vortrug. Und er spielte gern Fußball. Das ist es, woran sich diejenigen erinnern, die Abu Bakr al-Baghdadi noch als Kind kennen. Den Mann, der heute als selbsternannter Kalif und Oberhaupt des "Islamischen Staates" Angst und Schrecken verbreitet. Den Mann, der bislang als Phantom galt, weil es nur ein einziges Video von ihm gibt. Doch nun hat ein Reporterteam der ARD und der Süddeutschen Zeitung seinen Werdegang recherchiert. In einem Beitrag im "Weltspiegel", ausgestrahlt gestern im Rahmen von "Anne Will", schildern sie al-Baghdadis Weg von einem ganz normalen Jungen zum meistgesuchten Terroristen der Welt.

Die Geschichte beginnt in Samarra im Irak, 15 Kilometer von den Kämpfen zwischen dem IS und der irakischen Armee entfernt. Vor 44 Jahren wurde al-Baghdadi hier geboren, unter seinem bürgerlichen Namen Ibrahim Awad Ibrahim al-Badri. Hinweise darauf, dass er wirklich vom Propheten abstammt, wie er gern behauptet, gibt es keine. Die Nachbarn von einst kennen den Anführer des IS noch unter seinem Beinamen "der Gläubige". Ein Freund aus Kindertagen erinnert sich: "Er war immer besessen von Macht, er liebte es, mächtig und einflussreich zu sein." Und doch scheint der Aufstieg vom Kind einer ganz normalen Familie zum Terror-Fürsten so unwahrscheinlich. "Wir waren alle total überrascht, ihn plötzlich als Kalifen zu sehen."

Abu Bakr al-Baghdadi: ein Kind der US-Außenpolitik

Aber die Geschichte al-Baghdadis, wie sie die Reporter der ARD erzählen, dient auch als Beleg, wie die US-amerikanische Außenpolitik ihre eigenen Todfeinde ausbildet. Der Junge aus Samarra macht sein Abitur, auch wenn er zuvor einmal sitzen geblieben ist. Extrapunkte bekommt er, weil sein Bruder als Märtyrer starb, im Dienst für die irakische Armee. Nach dem Abitur will er Jura studieren, aber seine Abschlussnote ist zu schlecht. Schließlich schreibt er sich in Bagdad für Koranwissenschaften ein. Seine Magisterarbeit gibt er 1999 ab, danach beginnt er mit der Doktorarbeit. Dann marschieren 2003 die Amerikaner im Irak ein.

Al-Baghdadi wird plötzlich verhaftet, am 4. Februar 2004. Die Gründe dafür liegen im Dunkeln. Wahrscheinlich gehört er zu diesem Zeitpunkt schon den Vorläufern von Al-Kaida an. Im Gefängnis von Bocca im Süden des Landes trifft al-Baghdadi auf die Mischung, die später den IS hervorbringen wird: radikale Geistliche, geschlagene Soldaten und Geheimdienstler Saddam Husseins. An diesem Ort beginnt die Wandlung vom Theologen zum Glaubenskrieger. Im Irak ist das Gefängnis deshalb heute auch als "die Akadamie" bekannt.

Nach zehn Monaten entlassen die Amerikaner al-Baghdadi. Er arbeitet weiter an seiner Doktorarbeit, die er 2007 mit der Note "sehr gut" abschließt. Auch daraus leitet der Kopf des IS heute seine Autorität als "Professor, Lehrer und anerkannter Prediger" ab. Er benutzt sie hauptsächlich, um brutale Grausamkeit theologisch zu rechtfertigen. Es ist nicht klar, wann er sich dem bewaffneten Kampf anschloss. Seine Rolle aber ist eindeutig: Er gibt den Terroristen den Segen des Propheten, er legitimiert Erschießungen und Enthauptungen. Ein ehemaliger Weggefährte erinnert sich: "Er tendierte eher zur Todesstrafe statt zur Gnade."

Al-Baghdadis Aufstieg zum Oberhaupt des IS beginnt, als die Dschihadisten im Irak ihn im Mai 2010 zum Emir wählen. Von nun schwören die Kämpfer einen Eid auf ihren Anführer – selbst die Jüngsten. Vor der Kamera der ARD schildert ein 14-Jähriger, wie er für den IS rekrutiert wurde: "Uns wurde gesagt, wenn wir keinen Eid auf den Herrscher der Gläubigen schwören, kommen wir nicht ins Paradies, wenn wir sterben." Als dieser "Herrscher der Gläubigen" so alt war wie der Junge, lebte er noch in Samarra, und spielte auf staubigen Straßen Fußball.

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Mit dem Tod seines Anführers al-Baghdadi wird der IS nicht verschwinden. Das hängt auch mit dem politischen Chaos in der Region zusammen.

Das phantom des is-terrors wer ist der abu bakr al-baghdadi

Im syrischen Barisha soll Abu Bakr al-Baghdadi getötet worden sein Foto: ap

In den vergangenen Jahren gab es immer wieder Berichte, die den Tod Abu Bakr al-Baghdadis verkündeten, selbsternannter Kalif und Anführer der Terrororganisation „Islamischer Staat“ (IS). Sie stellten sich im Nachhinein stets als falsch heraus. Dass US-Präsident Trump nun verkündete, dass al-Baghdadi tatsächlich getötet worden sei, ist nicht nur ein moralischer Sieg gegen den IS.

Ein gutes Jahr vor den Präsidentschaftswahlen ist die Nachricht, dass es der Trump-Regierung gelungen ist, den meistgesuchten Terroristen der Welt endlich zur Strecke zu bringen, vor allem auch ein willkommener Scoop für den US-Präsidenten.

Der IS wird mit dem Tod seines Anführers nicht verschwinden. Zwar ist die Terrororganisation geschwächt, anders als vor einigen Jahren kontrolliert sie kein eigenes Territorium mehr, und viele ihrer Köpfe wurden getötet. Dennoch hat der IS mutmaßlich Schläferzellen überall auf der Welt. In Syrien und im Irak verüben sie regelmäßig Anschläge.

Der beste Beweis dafür, dass der Terrorismus durch den Tod al-Baghdadis nicht geschwächt werden wird, ist der Aufstieg des IS in den vergangenen Jahren: 2011 wurde der damalige Al-Qaida-Führer Osama bin Laden durch die USA getötet. Wenige Jahre später konnte sich nicht nur al-Qaida im Machtvakuum des Syrien-Kriegs wieder ausbreiten, sondern der IS eroberte auch weite Teile Syriens und des Irak und beherrschte die Region drei Jahre lang brutal.

Hunderte Islamisten aus syrischen Gefängnissen

Das syrische Regime hatte damals ebenso seine Hände im Spiel wie die Türkei. 2011 kamen dank einer Amnestie des Assad-Regimes Hunderte radikale Islamisten aus syrischen Gefängnissen frei, die sich danach dem Aufstand anschlossen. Viele ausländische Dschihadisten gelangten über die damals durchlässige Grenze von der Türkei ins IS-Gebiet nach Syrien und in den Irak.

Solange in der Region Chaos und Anarchie auf der einen, autokratische Regime auf der anderen Seite herrschen, wird auch der Terrorismus nicht verschwinden.

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