Wer ist kein Unternehmer im Sinne des UStG?

Unternehmer ist nach § 2 Abs. 1 Satz 1 UStG, wer eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit selbständig ausübt. Das umfasst jede nachhaltige (d. h. nicht nur einmalige, z. B. Verkauf eines Gebrauchtwagens) Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen (es muss keine Gewinnerzielungsabsicht vorliegen), § 2 Abs. 1 Satz 3 UStG.

Freiberufler, Kleingewerbetreibende, eingetragene Kaufleute, OHGs, KGs, GmbHs, AGs sind alle umsatzsteuerliche Unternehmer. D. h. noch nicht zwingend, dass sie umsatzsteuerpflichtig sind (vgl. z. B. die Kleinunternehmerregelung oder die Steuerbefreiung für Freiberufler wie Ärzte), aber das Tatbestandsmerkmal "Unternehmer" als eines der Kriterien für steuerbare Umsätze ist erfüllt.

Das Unternehmen umfasst dann die gesamte gewerbliche oder berufliche Tätigkeit des Unternehmers (§ 2 Abs. 1 Satz 2 UStG).

Unternehmen Beispiel

Der Unternehmer Bernd Müller besitzt und betreibt 2 Kleingewerbe: einen Getränkemarkt sowie einen Online-Spielzeugversand. Das (umsatzsteuerliche) Unternehmen umfasst sowohl den Getränkemarkt als auch das Spielzeugversandgeschäft. Die Umsatzsteuervoranmeldungen, Umsatzsteuererklärungen etc. umfassen entsprechend beide Gewerbe.

Der Unternehmer ist in den meisten Fällen auch der Steuerschuldner der Umsatzsteuer (§ 13a Abs. 1 Nr. 1 UStG; Ausnahmen regeln § 13a Abs. 1 Nr. 2 bis 6 und Abs. 2 UStG).

Gesetzestechnisch normiert die Neuregelung § 2b UStG lediglich Ausnahmetatbestände von der allgemeinen Unternehmereigenschaft. Diese sind für jede einzelne ausgeübte Tätigkeit separat zu prüfen. Systematisch kommt es damit zu einer Abkehr des traditionellen deutschen Rechtsverständnisses, welche die Steuerfreiheit bisher an das Vorliegen eines BgA koppelte. Gemäß § 2b Abs. 1 UStG „gelten juristische Personen des öffentlichen Rechts nicht als Unternehmer im Sinne des § 2, soweit sie Tätigkeiten ausüben, die ihnen im Rahmen der öffentlichen Gewalt obliegen, auch wenn sie im Zusammenhang mit diesen Tätigkeiten Zölle, Gebühren, Beiträge oder sonstige Abgaben erheben. Satz 1 gilt nicht, sofern eine Behandlung als Nichtunternehmer zu größeren Wettbewerbsverzerrungen führen würde.“

Eine Konkretisierung des Vorliegens größerer Wettbewerbsverzerrungen, im Wege einer Negativabgrenzung, findet sich in den Absätzen 2 und 3 der Vorschrift. Erforderlich für die Anwendung des § 2b UStG ist jedoch zunächst eine Tätigkeit im Rahmen der öffentlichen Gewalt. Ein Tätigwerden auf privatrechtlicher Grundlage hat hingegen stets die Unternehmereigenschaft und damit Umsatzsteuerbarkeit erbrachter Leistungen zur Folge.

Sofern allerdings eine Katalogtätigkeit im Sinne des § 2b Abs. 4 UStG, zum Beispiel die Lieferung von Wasser, Gas, Elektrizität und thermischer Energie, Güter oder Personenbeförderung, Hafen- und Flughafendienstleistungen oder das Telekommunikationswesen betroffen ist, gelten jPöR stets als Unternehmer, sofern auch die übrigen Voraussetzungen des § 2 Abs. 1 UStG vorliegen7.

        1. § 2b Abs. 1 UStG

a) Unternehmereigenschaft juristischer Personen des öffentlichen Rechts

Voraussetzung für die Ausnahmeregelung des § 2b UStG ist zunächst das Vorliegen der Unternehmereigenschaft nach den die allgemeinen Regelungen des § 2 Absatz 1 UStG. 

Juristische Personen des öffentlichen Rechts sind grundsätzlich als Unternehmer anzusehen, wenn sie „selbstständig eine nachhaltige Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen (wirtschaftliche Tätigkeit) ausüben. Unerheblich ist in diesem Zusammenhang, welcher Art die entsprechenden Einnahmen sind. Auch Leistungen, für die als Gegenleistung Zölle, Gebühren, Beiträge oder sonstige Abgaben erhoben werden, können wirtschaftliche Tätigkeiten im Sinne des § 2 Absatz 1 UStG sein“8.

b) Tätigkeit im Rahmen der öffentlichen Gewalt

Tätigkeiten im Rahmen der öffentlichen Gewalt erfordern als Grundlage eine öffentlich-rechtliche Sonderregelung9. Diese kann sich „aus einem Gesetz, einer Rechtsverordnung, einer Satzung, aus Staatsverträgen, verfassungsrechtlichen Verträgen, Verwaltungsabkommen, Verwaltungsvereinbarungen, öffentlich-rechtlichen Verträgen sowie aus der kirchenrechtlichen Rechtsetzung ergeben.“ Erbringt eine jPöR Leistungen jedoch in „privatrechtlicher Handlungsform und damit unter den gleichen rechtlichen Bedingungen wie private Wirtschaftsteilnehmer, werden diese Tätigkeiten gleichwohl nicht von § 2b UStG erfasst“10. Insoweit kommt es also nicht auf den Leistungsgegenstand an, sondern die Form des Handelns (privatrechtlich oder öffentlich-rechtlich).

c) Keine größere Wettbewerbsverzerrung 

Gemäß § 2b Abs. 1 S. 2 UStG kann eine jPöR jedoch auch Unternehmer im Sinne des § 2 Abs. 1 UStG sein, wenn sie im Rahmen der öffentlichen Gewalt tätig ist. Dies ist der Fall, wenn ihre Behandlung als Nichtunternehmer sonst zu größeren Wettbewerbsverzerrungen führen würde. § 2b

Abs. 2 und Abs. 3 UStG sehen als Negativabgrenzung Fälle vor, in denen kein Wettbewerb und folglich keine größere Wettbewerbsverzerrung vorliegt.

„Verzerrungen des Wettbewerbs können nur stattfinden, wenn Wettbewerb besteht. Dies setzt voraus, dass die von einer jPöR auf öffentlich-rechtlicher Grundlage erbrachte Leistung gleicher Art auch von einem privaten Unternehmer erbracht werden könnte. Die Tätigkeit der jPöR muss also marktrelevant sein“11. Eine Wettbewerbsverzerrung im Sinne des § 2b UStG kann sodann entstehen, wenn öffentliche und private Wirtschaftsteilnehmer marktrelevant aufeinandertreffen und die unterschiedliche „Besteuerung die Wettbewerbssituation zugunsten oder zulasten eines Marktteilnehmers verfälscht“12.

Ein solches marktrelevantes Aufeinandertreffen erfordert die reale und nicht nur hypothetische Leistungserbringungsmöglichkeit durch den privaten Unternehmer13. Eine solche Wettbewerbsverzerrung ist schließlich eine „größere“ im Sinne der Norm, wenn sie nicht lediglich unbedeutend ist14.

Sofern mehrere unternehmerische Tätigkeiten ausgeübt werden, welche der jPöR im Rahmen der öffentlichen Gewalt obliegen, ist für jede einzelne Tätigkeit das Vorliegen größerer Wettbewerbsverzerrungen zu prüfen. Nur sofern solche nicht vorliegen, sind die Umsätze gemäß § 2b Abs. 1 UStG nicht steuerbar. § 2b UStG sieht eine Reihe von Sachverhaltskonstellationen vor (§ 2b Abs. 2 und 3 UStG), welche regeln, unter welchen Umständen eine solche Wettbewerbsverzerrung regelmäßig nicht vorliegt.

        2. § 2b Abs. 2 Nr. 1 UStG 

Ein Jahresumsatz der 17.500 Euro nicht übersteigt führt nicht zu einer größeren Wettbewerbsverzerrung. Hierbei handelt es sich nach gesetzgeberischer Wertung stets um unbedeutende Wettbewerbsverzerrungen und damit nicht unternehmerische Tätigkeit  - insofern besteht auch kein Wahlrecht der jPöR15.

        3. § 2b Abs. 2 Nr. 2 UStG

Darüber hinaus liegt auch keine Wettbewerbsverzerrung im Sinne der Vorschrift vor, wenn vergleichbare Leistungen privater Unternehmer aufgrund einer Steuerbefreiung ebenfalls nicht mit Umsatzsteuer belastet werden. Solche Leistungen führen nach Maßgabe des Gesetzes nicht zu einer unternehmerischen Tätigkeit. Sofern jedoch auf die Steuerbefreiung (gemäß § 9 Abs. 1 UStG) verzichtet werden kann, gilt dies nicht16.

        4. 2b Abs. 3 Nr. 1 UStG 

Bezieht sich die Zusammenarbeit der jPöR hingegen alternativ auf Leistungen, welche aufgrund geltender gesetzlicher Bestimmungen nur von jPöR erbracht werden dürfen und somit private Wirtschaftsteilnehmer von der Erbringung ausschließen, liegen nach § 2b Abs. 3 Nr. 1 UStG keine größeren Wettbewerbsverzerrungen vor17.

        5. § 2b Abs. 3 Nr. 2 UStG 

Wird eine Zusammenarbeit hingegen durch gemeinsame spezifische öffentliche Interessen bestimmt (sogenannte Beistandsleistungen), liegen größere Wettbewerbsverzerrungen trotz realem oder potenziellem Wettbewerb ebenfalls nicht vor. Ob gemeinsame spezifische öffentliche Interessen im Sinne der Vorschrift vorliegen, bestimmt sich nach § 2b Abs. 3 Nr. 2 Buchst. a  - d UStG. 

  • § 2b Abs. 3 Nr. 2 Buchst. a UStG: Die Leistungen beruhen auf langfristigen öffentlich-rechtlichen Vereinbarungen. Die Bestimmung dieses Tatbestandsmerkmals erfolgt ex ante. Von einer Langfristigkeit ist regelmäßig bei einem Zeitraum von mindestens fünf Jahren hiervon auszugehen. 
  • § 2b Abs. 3 Nr. 2 Buchst. b UStG: Die Leistungen müssen zudem dem Erhalt der öffentlichen Infrastruktur dienen. Dies umfasst alle Einrichtungen materieller und institutioneller Art, die für die Ausübung öffentlicher Gewalt im Sinne des § 2b Abs. 1 UStG notwendig sind, also insbesondere die Verwaltungs-, Dienstleistungs- oder technische Infrastruktur.
  • § 2b Abs. 3 Nr. 2 Buchst. c UStG: Die Leistungen dürfen ausschließlich gegen Kostenerstattung, also kostendeckend, erbracht werden. 
  • § 2b Abs. 3 Nr. 2 Buchst. d UStG: Die Leistenden erbringen gleichartige Leistungen im Wesentlichen an andere jPöR. 

        6. Gesonderte Prüfung auf mögliche Wettbewerbsverzerrungen

Sofern die Voraussetzungen eines Regelbeispiels, insbesondere des § 2b Abs. 3 Nr. 2 UStG gegeben sind, ist vor dem Hintergrund des Europarechts, nach Auffassung der Finanzverwaltung, abschließend eine gesonderte Prüfung auf das Vorliegen möglicher schädlicher Wettbewerbsverzerrungen, erforderlich18.

Wer ist Unternehmer nach dem UStG?

Umsatzsteuergesetz (UStG) § 2 Unternehmer, Unternehmen (1) Unternehmer ist, wer eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit selbständig ausübt. Das Unternehmen umfasst die gesamte gewerbliche oder berufliche Tätigkeit des Unternehmers.

Wer gilt als Unternehmer?

Sie sind Unternehmerin oder Unternehmer im Sinne des Umsatzsteuerrechts, wenn Sie eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit selbständig ausüben, die auf eine dauerhafte Erzielung von Einnahmen angelegt ist.

Was ist die unternehmereigenschaft?

Es muss eine selbstständige Tätigkeit ausgeführt werden. Die Tätigkeit muss nachhaltig und mit Einnahmeerzielungsabsicht ausgeführt werden. Dies bedeutet, dass eine auf bestimmte Dauer ausgerichtete Tätigkeit auf die Erzielung eines wirtschaftlichen Vorteils gerichtet sein muss.

Wer ist Unternehmer EStG?

Einkommensteuerrechtlich ist Unternehmer, wer einen der in § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bis 3 EStG genannten Betriebe auf eigene Rechnung und Gefahr führt, Unternehmerrisiko trägt und Unternehmerinitiative entfalten kann.

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