Warum respektiert mein Kind mich nicht?

Ein Kind, das rebelliert und keine Autoritäten respektiert, stellt seine Eltern auf die Probe. Und hält ihnen den Spiegel vor: Das Verhalten hat es sich meist abgeschaut.

Eine Mutter macht sich grosse Sorgen um ihren Sohn. Er eckt ständig an, gerade mit Erwachsenen kommt er nicht klar. Regelmässig provoziert er Machtkämpfe mit Lehrpersonen und seinen Eltern. In ihrer Verzweiflung bittet die Mutter Jesper Juul um Hilfe und schreibt ihm unter anderem folgende Zeilen: «Wie kann ich meinem Sohn helfen, seine impulsive Persönlichkeit in den Griff zu bekommen? Wie kann ich ihm beibringen, vor anderen Menschen Respekt zu haben? Wäre Strafen oder Belohnen sinnvoll?»

Für Jesper Juul liegt die Antwort auf der Hand: «Weder noch», schreibt er. Der Grund für das Verhalten des Kindes sei ein ganz anderer: «Er hat es in seiner Familie von seinen Eltern gelernt.»

Lesen Sie nun im ganzen Artikel, was Jesper Juul der Mutter rät und warum es sich lohnt, auch die Familiendynamik unter die Lupe zu nehmen, um dem Sohn zu helfen. 

Eine Mutter schreibt an Jesper Juul: 

Mein Sohn Simon, 7, hat eine starke Persönlichkeit und fordert mich immer wieder
heraus. Simon war von klein auf seinen Altersgenossen überlegen und hat ein grosses Selbstvertrauen.

Sie beurteilen das Verhalten Ihres Sohnes als «richtig oder falsch» als «positiv und negativ».

Mit den zwei jüngeren Geschwistern geht er einfühlsam um. Auch mit seinen Freunden gibt es kaum Probleme. Er ist charmant und sehr beliebt bei anderen Kindern. Die Schwierigkeit liegt im Umgang mit Erwachsenen. Er hört oft nicht, was ich sage. Er macht einfach, was er will. Für mich scheint es so, als würde er mich nicht ernst nehmen.

Eine weitere Herausforderung ist seine Impulsivität. Wenn er sich ungerecht behandelt fühlt oder etwas nicht so abläuft, wie er es sich vorstellt, wird er wütend. Er schreit, wirft Sachen um sich und knallt die Tür. Oft schlägt er dann auch seine Geschwister. Manchmal habe ich das Gefühl, dass er sich wegen jeder Kleinigkeit aufregt.

Es ist sehr anstrengend, vor allem weil seine Stimmung schnell umschlägt. Mein Mann und ich sind sehr streng. Wir wollen unsere Kinder zu respektvollen Menschen erziehen. Neulich haben wir ein Belohnungssystem eingeführt. Wenn sich Simon anständig verhalten hatte, durfte er einen Kleber auf einer Tabelle einfügen.

Das hat leider nur für kurze Zeit funktioniert. Irgendwann war ihm einfach egal, wenn er keinen Sticker bekam. Weil die Tabelle für Simon keinen Anreiz mehr bot, haben wir nun als Belohnung Zeit mit uns vereinbart. Wenn er sich eine Woche anständig aufführt, machen wir zum Beispiel einen Ausflug mit dem Dampfschiff.

Sie lassen Ihrem Sohn nur zwei Optionen: Ihre Wertvorstellungen zu übernehmen – oder sich zu widersetzen.

Aber auch das klappt nicht so richtig. Simon geht gerne in die Schule und lernt schnell. Aber auch in der Schule gerät er immer wieder mit Erwachsenen aneinander, vor allem mit einer Lehrperson. Er respektiert sie nicht und befolgt ihre Regeln nicht. Immer wieder erhalte ich von der Schulleitung negative Rückmeldungen.

Ich mache mir grosse Sorgen um Simon, weil er durch sein Verhalten überall aneckt. Dabei ist er ein so toller Bub. Wie kann ich ihm helfen, seine impulsive Persönlichkeit in den Griff zu bekommen? Wie kann ich ihm beibringen, vor anderen Menschen Respekt zu haben? Wäre Strafen oder Belohnen sinnvoll?

Weder noch! Ich habe das Gefühl, dass an Simon bereits viel zu viele Strategien und Taktiken ausprobiert wurden. Ihr Sohn zeigt sich seinen Eltern und seinen Altersgenossen gegenüber respektlos. So ist er nicht geboren. Damit stellt sich die Frage: Wie konnte er so werden?

Die Antwort liegt auf der Hand: Er hat es in seiner Familie von seinen Eltern gelernt. Nun werden Sie vermutlich laut protestieren und behaupten, dass Sie sich nicht so verhalten, wie ich glaube. Damit Sie mich richtig verstehen: Ich glaube nicht, dass Simon eine Kopie seiner Eltern ist.

Aber sein Verhalten ist eine Folge davon, wie Sie ihm während den ersten zwei bis drei Jahren begegnet sind. Hier ist meine Theorie: Sie beurteilen das Verhalten Ihres Sohnes als «richtig oder falsch» als «positiv und negativ».

Das bedeutet, dass Sie sein Verhalten kategorisieren und in eine Schublade stecken. Ihrem Sohn bleiben zwei Möglichkeiten: Entweder er übernimmt die Werte der Eltern und nutzt diese aktiv in der Beziehung zu anderen Menschen. Oder er widersetzt sich Ihren Wertvorstellungen.

Es ist nicht Ihre Schuld, dass Ihr Sohn so ist, wie er ist. Sein Verhalten ist nur die Folge dessen, wer Sie sind und was Sie tun oder nicht tun.

Das gleiche Muster findet sich häufig in Familien, in denen Eltern nicht wirklich bestimmte Werte leben und sich wie ein Fähnchen im Wind drehen. Das eine Kind wird zum aktiven Moralisten, das andere schwimmt mit dem Strom.

Ich erwähne das in der Hoffnung, vermeiden zu können, dass Sie glauben, die Schuld zu tragen. Es ist nicht Ihre Schuld, dass Ihr Sohn so ist, wie er ist. Sein Verhalten ist nur die Folge dessen, wer Sie sind und was Sie tun oder nicht tun.

Sie schreiben, dass Ihr Sohn einen ausgeprägten Sinn für Gerechtigkeit hat. Das ist bei den meisten Kindern so, aber bei Kindern, die ein zu hohes Mass an Gerechtigkeit erlebt haben – zum Beispiel Werte durchzusetzen, um fair zu bleiben –, passiert eine Art Kurzschluss.

Ihr Sohn hat offensichtlich eine Menge Überzeugungen von Ihnen als deutlich ungerecht erlebt. Es gibt Gründe, warum sich Simon so verhält, wie er sich verhält. Sie loben Ihren Sohn, wenn er sich «gut» verhält. Umso mehr schmerzt es ihn, wenn Sie ihn kritisieren.

Loslassen fällt schwer; das liegt in der Natur von uns Menschen. Aber Sie müssen es versuchen. Ihr Sohn wird nicht aufhören, sich selbst zu verteidigen.

Warum hat mein Kind kein Respekt vor mir?

Viele Kinder und Jugendliche sind nach Einschätzung des Psychiaters Michael Winterhoff in ihrer geistigen Entwicklung auf dem Stand eines Kleinkindes stehengeblieben. Grund dafür sei unter anderem ein partnerschaftliches Erziehungsmodell, so dass den Kindern oft der Respekt vor Erwachsenen fehle.

Wie entsteht Respektlosigkeit bei Kindern?

Neben einem ängstlich-vermeidenden Verhalten sind Bindungsschwierigkeiten oftmals die Ursache, wenn sich Kinder frech und respektlos zeigen. Sie benehmen sich aggressiv gegenüber Erwachsenen und anderen Kindern und zerstören Dinge. In manchen Fällen kommt es zusätzlich zu autoaggressivem Verhalten.

Wie verschaffe ich mir bei meinen Kindern Respekt?

So verschaffen Sie sich Respekt! Besser wäre es, zu Ihrem Kind hinzugehen und seine Aufmerksamkeit einzufordern: „Du, Maxi, ich muss dir etwas sagen! “ Warten Sie darauf, dass er aufschaut, Sie anblickt und sagt: „Ja, Mama? “ Wenn nicht, wiederholen Sie: „Du, ich muss mit dir reden!

Woher kommt Respektlosigkeit?

Respektlosigkeit tritt immer dann auf, wenn zwei oder mehr Menschen ungleich behandelt werden, etwa wenn der Eine sich über den Anderen stellt, ihn niedermacht und nur kritisiert. Dadurch entsteht eine Hierarchie, die vor allem für Liebesbeziehungen ungesund ist.

Toplist

Neuester Beitrag

Stichworte