Sind die Schauspieler Lisa Wagner und Hans Jochen Wagner miteinander verwandt?

Sie strahlt eine Kälte aus, die einen frösteln lässt. Aber manchmal bricht dieser Panzer plötzlich auf. Kommissarin Winnie Heller (Lisa Wagner) hat dann dieses leicht irre Flackern im Blick. Man ahnt, dass sie gleich implodiert. Und für einen Moment fragt man sich, wer diese Heller eigentlich ist: Ermittlerin – oder vielleicht doch eine potenzielle Amokläuferin?

Lisa Wagner, 37, ist eine der jüngsten deutschen TV-Kommissarinnen – und zweifellos die schillerndste. Eine Frau, die souverän auf dem schmalen Grat zwischen Wahrheitssuche und Wahnsinn balanciert. Das ist ihr Markenzeichen. Es hebt sie heraus aus der Masse der Kommissarinnen.

Echte Kriminalisten raufen sich die Haare, wenn sie sehen, mit welcher Nonchalance sich Heller über Vorschriften hinwegsetzt. Wenn sie einen tatverdächtigen Mörder nötigt, nackt zum Verhör zu kommen oder wenn sie mit dem Auto vor Wut immer wieder gegen den Dienstwagen ihres Kollegen Verhoeven (Hans-Jochen Wagner) schrammt, weil er ihr verschwiegen hat, dass er sich in eine andere Dienststelle hat versetzen lassen. Aber das Publikum liebt sie gerade für ihre Unberechenbarkeit. In einem Genre, das die Welt in Gut und Böse teilt, fällt diese Frau aus dem Rahmen.

„Alles nicht so geplant“

Die Rolle der Winnie Heller ist Wagners Gesellenstück fürs Fernsehen. Die Frau hat eine Karriere wie im Bilderbuch gemacht, vom jüngsten Mitglied des Münchner Residenztheaters zum Shootingstar des deutschen Fernsehens, zuletzt gefeiert für ihre Darstellung der Terroristin Beate Zschäpe in dem ZDF-Dokudrama „Letzte Ausfahrt Gera“. Sie hat schon vor ihrem Antritt als Kommissarin den begehrten Grimmepreis gewonnen und im Münchner „Tatort“ als Fallanalytikerin hospitiert. Doch sie ist noch immer erfrischend unprätentiös. Sie sagt: „Ach, das war doch alles gar nicht so geplant.“

Wagner sitzt in einem Restaurant am Potsdamer Platz. Eingehüllt in eine blaue Steppjacke. Ihre blonden Haare trägt sie jetzt halblang, das macht sie weicher. Eine dunkle Hornbrille thront in ihrem Gesicht. Blass und zerbrechlich sieht sie aus, aber hoch konzentriert.

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Vor ihr liegt das Drehbuch für die siebte Folge der ZDF-Krimiserie. Oder besser gesagt: die Rohversion. Mit blauem Kugelschreiber hat sie ihre Anmerkungen an den Rand geschrieben. Und das Skript ist blau, sehr blau. Ihre Rolle sitzt noch nicht, wie eine Rolle sitzen muss, damit sie sich darin wohlfühlt. Sie murmelt etwas von Dialogen, die nicht richtig zu ihr passen.

„TV-Unterhaltung krankt an Wiederholungen“

Doch Wagner ist keine, die dann die Klappe hält und einfach spielt, was da steht. Dazu stellt sie viel zu hohe Ansprüche an sich und ihre Rollen. Sie sagt, Schauspieler seien doch das Kreativpotenzial eines Filmes. Also sollten sie bitte schön auch ein Wort mitreden können. „Wenn du immer nur das machst, was andere von dir wollen, sieht man deine Besonderheit nicht. Es macht dich austauschbar. Du kriegst weniger Angebote. Ein Teufelskreis.“

Eine klare Ansage. Sie hätte auch von Winnie Heller kommen können. Wagner ist genauso impulsiv wie ihre Figur, aber mit dem Kopf durch die Wand zu rennen, das käme ihr nie in den Sinn, sagt sie. Das Team gehe immer vor. „Ich bin immer nur so gut, wie meine Kollegen sind.“

Mit Hans-Jochen Wagner und der Regisseurin Christiane Balthasar hat sie Kollegen gefunden, die auf einer Wellenlänge mit ihr liegen. „Wir hatten einfach Bock darauf, was Schräges zu machen.“ Doch das bedeutete Arbeit, viel Arbeit. Die TV-Unterhaltung kranke an Wiederholungen, sagt Wagner. Ein Drittel des Textes könne man ersatzlos streichen. Nein, sage die Redaktion dann, wenn jemand gerade pinkeln war, wolle er doch wissen, wie es weitergehe. „Worauf ich dann immer erwidere: Wenn es spannend ist, geht der nicht pinkeln.“

Sie kommt ohne viele Worte aus

Die Drehbücher für ihre Krimireihe basieren auf Romanen der Autorin Silvia Roth. Die ersten Folgen waren noch relativ konventionell. Doch danach gelang es ihnen, sich von der Vorlage zu lösen. Produzentin Regina Ziegler hat sich die Rechte an der Figur gesichert. Mit der können sie jetzt machen, was sie wollen. Diesen Freiraum nutzt Lisa Wagner. Sie sagt, in einigen Folgen habe sie 80 Prozent der Dialoge selber geschrieben.

Dabei kommt sie ohne viel Worte aus. Das ist ihr Markenzeichen. Was sie zu sagen hat, vermittelt sie über ihre Körpersprache. Für die Rolle der Beate Zschäpe war sie ein Glücksfall. Denn die hat bislang in dem NSU-Prozess beharrlich geschwiegen. Wagner spielt sie so, wie die Öffentlichkeit sie erlebte, mit leerem Gesicht und tonloser Stimme. Mehr Gespenst als Mensch.

Wagner kippt den letzten Rest Kaffee hinunter. Draußen knallt die Sonne auf den Potsdamer Platz. Ideale Bedingungen, um das Interview bei einem Spaziergang fortzusetzen. Sie sagt, sie schaue sich ihre Rollen vorher SEHR genau an. Und so, wie sie das SEHR betont, ahnt man, dass das eine schwere Geburt werden kann. „Was will der Regisseur sagen? Ist das klar genug herausgearbeitet? Bin ich die Richtige für die Aufgabe?“

Sie braucht nicht viel Geld

Andere Schauspieler stellen sich solche Fragen nicht. Das Angebot an Rollen ist überschaubar. Nur zehn Prozent aller Schauspieler können hierzulande von ihrem Beruf leben. Die meisten sind froh, wenn sie überhaupt engagiert werden. Doch so tickt Lisa Wagner nicht. Sie muss noch keine Familie ernähren. Sie sagt, ihre Bude sei billig. Sie brauche nicht viel Geld. „Lieber einen geilen Film machen als drei 08/15-Filme.“

Sie hat noch ein Bein in der Tür zum Theater, das erlaubt ihr eine gewisse Unabhängigkeit. Erst im Herbst stand sie wieder auf der Bühne des Münchner Residenztheaters, in Sartres Politkrimi „Die schmutzigen Hände“. Im „Resi“ begann 2006 ihre Karriere. Der frühere Intendant Dieter Dorn hat sie von der Schauspielschule direkt in sein Ensemble geholt. Da war sie gerade 19. Heute sagt er, Wagner habe ihn durch ihre Authentizität beeindruckt. Sie besitze das Talent, komplett mit ihren Figuren zu verschmelzen. Eine Eigenschaft, die im Film noch wichtiger sei als beim Theater.

Wagner hechtet jetzt bei Rot über die Straße. Man muss sich beeilen, um mit ihr Schritt zu halten. Sie war sechs, als sie zum ersten Mal auf der Bühne stand, als gestiefelter Kater. Ihr Vater ist Musiklehrer, sie sagt, von ihm habe sie die blühende Fantasie geerbt und von der Mutter die Konsequenz. Eine gute Kombination. Auch Max, ihr jüngerer Bruder, ist Schauspieler geworden. Wagner sagt, es sei noch immer ihr Traumberuf. „Wenn man im Flow ist, dann muss man nicht mehr an sich und seine Probleme denken. Man kann sich nach etwas anderem strecken.“

München findet sie genau richtig

Ab in den Tiergarten. In Berlin kennt sie sich aus. Hier entstehen alle Innenaufnahmen für ihre Krimiserie. Hier lebt ihre Mutter. Für die Wahlmünchnerin ein willkommener Anlass, um Großstadtluft zu schnuppern. So geht das schon, seit sie das ZDF engagiert hat. Sie pendelt zwischen zwei Welten. Dort das Aushängeschild Bayerns, hübsch herausgeputzt, aber die Trottoirs nach Einbruch der Dunkelheit hochgeklappt.

Hier die Großstadt, rau, laut, dreckig. Sie sagt, viele ihrer Freunde seien nach Berlin gezogen. Für Schauspieler sei es eben the place to be. Aber was alle machen, das macht sie noch lange nicht. Mit dem Strom zu schwimmen, das ist nicht ihr Ding. Sie sagt, für jemanden, der so viel unterwegs sei wie sie, sei München genau richtig. „Die Stadt lässt dich in Ruhe. Ich finde das in meinem Job ehrlich gesagt ganz schön.“

Sechs Folgen „Heller“ sind im Kasten, die siebte wird 2017 gedreht – noch mit Hans-Jochen Wagner als Verhoeven, so viel darf schon verraten werden. Dabei hat der seinen Schreibtisch in Folge sechs eigentlich schon geräumt. Im richtigen Leben wird er neuer „Tatort“-Kommissar in Freiburg.

Und wer löst ihn ab? Oder macht sie allein weiter? Wagner schweigt. Doch die Antwort steht in ihrem Gesicht: alles, bloß nicht vorhersehbar. Hat sie keine Angst, dass ihr die Rolle später wie ein Kaugummi am Hacken klebt? Sie winkt ein Taxi heran. Aber die Heller kenne doch keiner, ruft sie, bevor sie einsteigt. Ein glucksendes Lachen ist das letzte, was man von ihr hört. Und den Satz: „Wenn ja, wär blöd.“

Kommissarin Heller, Verdeckte Spuren. ZDF, 21. Januar, 20.15 Uhr.

Hat Hans Joachim Wagner Kinder?

Seit 2014 ist Hans-Jochen Wagner mit der Schauspielerin und Regisseurin Nana Neul verheiratet. Das Paar hat einen Sohn und lebt in Berlin.

Warum hört Lisa Wagner auf?

Lisa Wagner hat Millionenpublikum, aber keinen Promi-Status „Ich werde ab und zu mal angesprochen, aber eigentlich wenig“, sagt Wagner. „Vielleicht hängt das von den Münchnern ab oder ich bekomme das nicht so mit.

Was macht Lisa Wagner jetzt?

Von Ende Juli bis Mitte September 2021 steht Lisa Wagner in einer Ensemblehauptrolle für die Kinoproduktion FREIBAD vor der Kamera. Gedreht wird in Bayern. Regie führt Doris Dörrie, die zusammen mit Karin Kaci und Madeleine Fricke auch das Drehbuch geschrieben hat.

Woher kommt die Schauspielerin Lisa Wagner?

Kaiserslautern, DeutschlandLisa Wagner / Geburtsortnull

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